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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 06.05.2009
Aktenzeichen: 7 Sa 493/08
Rechtsgebiete: RL 57, ArbGG, ZPO, BetrAVG, BGB


Vorschriften:

RL 57 § 2
RL 57 § 4 Abs. 2
RL 57 § 7
RL 57 § 7 Abs. 2
RL 57 § 8
ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO §§ 512 ff.
BetrAVG § 4 a Abs. 1 Nr. 2
BGB § 313 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.07.2008, Az.: 2 Ca 182/08 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die auf eine unverfallbare Betriebsrentenanwartschaft anwendbare Gesamtversorgungsobergrenze. Der Kläger, der am 16.07.1951 geboren wurde, arbeitet seit dem 22.01.1973 bei der Beklagten als kaufmännischer Angestellter. Die Beklagte verabschiedete am 22.12.1959 "Richtlinien für die Zusatz-Altersversorgung der C, gültig ab 01.01.1957" (im Folgenden: RL 57; vgl. Bl. 7 ff. d.A.). Demnach gewährt die Beklagte ihren Arbeitnehmern als Zusatzversorgung Zuschüsse zu Arbeitnehmer-, Witwen- und Waisenrenten der Sozialversicherung. § 7 der RL 57 lautet:

"Als Rentenzuschuss wird ein Betrag gezahlt, der bei Anrechnung sämtlicher in § 8 genannten Bezüge nach 10-jähriger Dienstzeit sowie in den Fällen des § 4 Abs. 2 60% des letzten Monatsbruttoverdienstes (§ 10) beträgt. Er erhöht sich für jedes weitere Dienstjahr um 1% bis zum Höchstsatz von 80% nach 30 Dienstjahren. Der Rentenzuschuss ist jedoch nicht höher als das gesetzliche Altersruhegeld oder die wegen Erwerbsunfähigkeit gezahlte Rente (§ 6)." Am 28.03.1980 fügte die Beklagte der bisher geltenden RL 57 nach dem letzten Satz von § 7 folgenden Zusatz (vgl. Bl. 21 d.A.) an: "Dies gilt nicht für Mitarbeiter mit einer Dienstzeit von 30 Jahren und mehr." Am 09.12.1986 schloss die Beklagte mit dem bei ihr errichteten Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über eine betriebliche Zusatzversorgung (im Folgenden: BV 1986; vgl. Bl. 200 ff. d.A.), wobei Ziffer 2. dieser Betriebsvereinbarung wie folgt lautet: "Diese Bestimmungen gelten uneingeschränkt für alle von der Regelung erfassten Mitarbeiter. Für Mitarbeiter, die vor dem 01.01.1975 ein Arbeitsverhältnis mit der C AG begründet haben und zu diesem Zeitpunkt mindestens das 20. Lebensjahr beendet hatten, wird bei einem Versorgungsfall jedoch mindestens der Zuschuss gewährt, der gegebenenfalls gewährt worden wäre, wenn der Versorgungsfall vor Inkrafttreten dieser Bestimmungen bei dem jeweiligen Mitarbeiter - entsprechend seiner damaligen Voraussetzungen - eingetreten wäre. Ein namentliches Verzeichnis dieser Mitarbeiter ist Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung." Die der BV 1986 beigefügte Namensliste enthielt auch den Namen des Klägers. Mit Schreiben vom 03.12.1987 (Bl. 17 d.A.) bestätigte die Beklagte dem Kläger, dass für ihn seit dem 01.04.1980 eine Zusage für Leistungen der Alters-, Invalidität- und Hinterbliebenenversorgung nach der Altersversorgungsregelung der C AG vom 01.01.1957 bestehe. In der Betriebsvereinbarung, welche die Beklagte mit dem Betriebsrat am 23.11.2006 abschloss (im Folgenden: BV 2006; vgl. Bl. 18 f. d.A.), wurde unter Ziffer 3.1 folgendes geregelt: "Bei Mitarbeitern, für die Versorgungsanwartschaften nach der betrieblichen Versorgungsregelung vom 22.12.1959 - RL 57 - bestehen, gilt die betriebliche Versorgungsregelung vom 22.12.1959 - RL 57 - mit der Einschränkung, dass die sich aus gesetzlichen Renten und der Betriebsrente sich ergebende Summe nicht höher sein darf, als das fiktive monatliche Nettoentgelt, das der Mitarbeiter im letzten vollen Monat vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogen hat. Liegt die Summe höher, wird die betriebliche Versorgung entsprechend gekürzt." Mit seiner beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingereichten Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass bei Erreichen des Versorgungsfalles ihm eine Versorgungsleistung nach der RL 57 zusteht, ohne die Einschränkungen aus der BV 2006. Von einer wiederholenden Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.07.2008 (dort S. 3 f. = Bl. 88 f. d.A.) Bezug genommen. Der Kläger hat beantragt,

festzustellen, dass dem Kläger ab Eintritt des Versorgungsfalls ungekürzt diejenige Versorgungsleistung zusteht, die sich aus der Anwendung der Versorgungsregelung vom 22.11.1959 (RL 57) ergibt. Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 29.10.2008 (vgl. Bl. 43 ff. d.A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Gesamtversorgungsobergrenze aus der BV 2006 sei auf die Versorgungsanwartschaft des Klägers anzuwenden, da die Geschäftsgrundlage für die vorausgegangene Versorgungszusage weggefallen sei. Die Entwicklung der Steuern- und Sozialversicherungsabgaben habe zu einer planwidrigen Überversorgung des Klägers von mehr als 100% des letzten Nettoeinkommens geführt. Das Vertrauen auf einer entsprechende Gesamtversorgung sei nicht schutzwürdig. Die Beklagte habe im Übrigen zur Bezeichnung der neuen Gesamtversorgungsobergrenze von einem fiktiven monatlichen Nettoentgelt ausgehen dürfen, da in Versorgungsordnungen insoweit ein generalisierender und pauschalierender Maßstab angewandt werden dürfe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts wird auf S. 5 ff. des Urteils vom 24.07.2008 (= Bl. 90 ff. d.A.) verwiesen. Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichts Kaiserslautern am 14.08.2008 zugestellt worden ist, hat am 12.09.2008 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 13.10.2008 sein Rechtsmittel begründet. Der Kläger macht geltend,

die Geschäftsgrundlage für die Gesamtversorgungsobergrenze, welche in der RL 57 geregelt sei, sei nicht weggefallen; die Beklagte habe hierzu nichts konkretes vorgetragen und auch keine Modellrechnung vorgenommen. Selbst wenn man von einer planwidrigen Überversorgung des Klägers ausgehe, hätte die Beklagte nicht stärker in die bisherige Versorgungszusage eingreifen dürfen als dies zur Anpassung an die Grundlagen der ursprünglichen Vereinbarung geboten gewesen sei. Die Grenzen des Anpassungsrechtes seien aber im vorliegenden Fall überschritten worden, da dem Kläger nach der Anpassung ein geringerer Nettogesamtrentenbetrag zur Verfügung gestanden habe als dies nach der ursprünglichen Versorgungsregelung beabsichtigt gewesen sei. Nach dieser Versorgungsregelung sei ein maximaler Versorgungsgrad von 94,1% des letzten Nettoeinkommens erreichbar gewesen. Als die Beklagte im Jahr 1980 § 7 der RL 57 ergänzt habe, sei die Nettolohnquote bereits auf 71,65% angestiegen gewesen. Bereits damals habe somit festgestanden, dass die Betriebsrentner eine Gesamtnettorente beziehen würden, die höher sei als ihr letzter Nettolohn aus dem aktiven Arbeitsverhältnis. Diese planmäßige Überversorgung habe die Beklagte durch die Ergänzung des § 7 der Versorgungszusage im Jahr 1980 gebilligt. Zumindest sei aber ein mögliches Anpassungsrecht der Beklagten bei der Neufassung der Gesamtversorgungsobergrenze aus dem Jahr 2006 überschritten worden. Die ursprünglich in der RL 57 vorgesehene Gesamtversorgungsobergrenze hätte nämlich eine Versorgungsquote von 94,1% nach sich gezogen, während die Anwendung der BV 2006 zu einer Gesamtrente des Klägers führe, die knapp 84% seiner letzten Nettovergütung ausmache. Da nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes aber bereits eine Unterschreitung des ursprünglichen Versorgungsgrades um 4% unzulässig sei, könne die neu festgesetzte Gesamtversorgungsobergrenze aus dem Jahr 2006 keinen Bestand haben. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 10.10.2009 (Bl. 109 ff. d.A.) und 09.01.2009 (Bl. 167 ff. d.A.) Bezug genommen. Der Kläger beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.07.2008, Az.: 2 Ca 182/08, zugestellt am 13.08.2008, festzustellen, dass dem Kläger ab Eintritt des Versorgungsfalls ungekürzt diejenige Versorgungsleistung zusteht, die sich aus der Anwendung der Versorgungsregelung vom 12.11.1959 (RL 57) ergibt. Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Die Beklagte führt aus,

die Geschäftsgrundlage für die Bruttogesamtversorgungsobergrenze, welche in der RL 57 vorgesehen gewesen sei, sei entfallen. Der geregelten Bruttogesamtversorgungsobergrenze von 80% entspreche ein Nettoverdienst von cirka 95,1% eines vergleichbaren aktiven Arbeitnehmers. Bei Beibehaltung dieser Gesamtversorgungsobergrenze wäre es zu einer deutlichen Überversorgung des Klägers gekommen. Er hätte mehrere 100 EUR als Gesamtversorgung mehr erhalten als er zuletzt netto in seiner aktiven Zeit verdient hätte. Dies resultiere daraus, dass während der Zeit von 1959 bis heute die Abgabenbelastung von 15% auf nahezu 40% angestiegen sei. In der RL 57 sei im Ergebnis ein Verhältnis von Ruhegeld und Einkommen der aktiven Arbeitnehmer dahingehend festgelegt worden, dass dem Versorgungsempfänger cirka 95,1% des zuletzt erzielten Nettoverdienstes maximal zukommen solle. Der Wegfall der Geschäftsgrundlage ergebe sich im Übrigen aber auch aus einer Störung des Äquivalenzprinzips, zumal die Belastungen, welche durch die RL 57 für die Beklagte geschaffen worden seien, über 50% dessen hinaus angewachsen seien, was im Jahr 1959 habe angenommen werden dürfen. Die Beklagte mache sich daher unzumutbare Mehrbelastungen als zusätzlichen Widerrufsgrund zu eigen. Durch die redaktionelle Änderung der Versorgungsrichtlinien vom 28.03.1980 sei eine planmäßige Überversorgung nicht geregelt worden. Die Änderung beschränke sich darauf, eine unter Umständen zukünftig geringer werdende gesetzliche Alters- und eine zu geringe Erwerbsunfähigkeitsrente auszugleichen sowie langjährigen Mitarbeitern daraus keine Nachteile erwachsen zu lassen. Hieraus könne nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte damit habe auf ihr Recht verzichten wollen, sich zukünftig auf eine Störung der Geschäftsgrundlage zu berufen. Darüber hinaus sei hieraus auch kein zukünftig nicht mehr zerstörbarer Vertrauenstatbestand beim Kläger entstanden. Durch die Gesamtversorgungsobergrenze, welche in der BV 2006 neu geregelt worden sei, sei es nicht zu einer Unterschreitung des Nettoversorgungsgrades entsprechend der Gesamtversorgungsobergrenze aus der RL 57 gekommen. Maßstab für die Frage, ob der ursprüngliche Nettoversorgungsgrad aus der RL 57 unterschritten werde, sei allein, in welchem Umfang die Beklagte dem späteren Versorgungsempfänger einen bestimmten Betrag als Zuschuss zahlen wolle. Außer Betracht zu bleiben habe, inwieweit durch zwischenzeitlich eingetretene Steuer- und Sozialabgabenlasten bei Rentenzahlungen dem Kläger letztlich weniger verbleibe. Diese Abgabenlasten würden ausschließlich den Rechts- und Pflichtenkreis des jeweiligen Versorgungsempfängers berühren; die Beklagte sei nicht zu einer Risikoübernahme insoweit verpflichtet gewesen. Die Beklagte habe auch kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers verletzt und ihr Anpassungsrecht in diesem Zusammenhang nicht verwirkt. Das an den Kläger gerichtete Schreiben vom 03.02.1987 verweise rein deklaratorisch auf die bestehende Altersversorgungszusage. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 02.12.2008 (Bl. 140 ff. d.A.) und 13.01.2009 (Bl. 190 f. d.A.) verwiesen. Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. A. Der vom Kläger im Berufungsrechtszug gestellte Klageantrag auf Feststellung, dass ihm Versorgungsleistungen aus der RL 57 mit der Maßgabe zustehen, die Kürzung durch die BV 2006 sei unwirksam, ist allerdings zulässig. Insbesondere fehlt es für diesen Antrag nicht an dem notwendigen Feststellungsinteresse im Sinne von § 256 Abs. 1 ZPO. Demnach kann auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. Bereits mit dem Entstehen einer Versorgungsanwartschaft wird ein betriebsrentenrechtliches Rechtsverhältnis begründet. Ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung des Inhalts und Umfangs von Versorgungsrechten ergibt sich für den Arbeitnehmer daraus, dass er hierdurch die notwendigen Informationen erlangt, um frühzeitig etwa bestehende Versorgungslücken schließen zu können (vgl. BAG, Urt. v. 28.07.1998 - 3 AZR 100/98 = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Überversorgung m.w.N.). Im vorliegenden Fall hatte der Kläger unter Beachtung von § 2 RL 57 eine unverfallbare Rentenanwartschaft erworben, so dass er, obwohl der Versorgungsfall noch nicht eingetreten ist, bereits jetzt ein rechtliches Interesse daran hat, zu erfahren, ob er etwaige spätere Versorgungslücken derzeit schließen soll. Ob und in welchem Umfang eine zukünftige Versorgungslücke entsteht, ist allerdings im konkreten Fall schwer zu prognostizieren, da sowohl die RL 57 als auch die BV 2006 Gesamtversorgungsobergrenzen mit Parametern enthalten, die erst bei Eintritt des Versorgungsfalles konkret beziffert werden können (§ 7 RL 57: Höchstsatz von 80% des letzten Bruttomonatsverdienstes; BV 2006: fiktives monatliches Nettoentgelt, das der Mitarbeiter im letzten vollen Monat vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogen hat). Hierbei handelt es sich aber um eine Ungewissheit, die im Regelfall mit solchen durchweg üblichen Gesamtversorgungsobergrenzen verbunden ist. Dies hindert nicht daran, unter Heranziehung der derzeitigen Verhältnisse zu klären, welche Gesamtversorgungsobergrenze gilt. Ohne zu verkennen, dass eine entsprechendes Feststellungsurteil partiell den Charakter eines Rechtsgutachtens gewinnt, wird nach Auffassung der Berufungskammer hierdurch doch wenigstens klargestellt, welche Gesamtversorgungsobergrenze zukünftig eingreift. Hierauf kann sich der Inhaber einer unverfallbaren Anwartschaft zukünftig zumindest einstellen und gewinnt so eine geeignete Grundlage für eigene Prognosen zu etwaigen Versorgungslücken. Dafür dass das so definierte rechtliche Interesse ausreichend für eine entsprechenden Feststellungsantrag ist, sprechen im Übrigen auch folgende Erwägungen: In § 4 a Abs. 1 Nr. 2 BetrAVG hat der Gesetzgeber ab 2005 in Abweichung von der früheren Rechtslage auch dem noch aktiven Arbeitnehmer bei berechtigtem Interesse einen Anspruch auf schriftliche Auskunft gegenüber seinem Arbeitgeber darüber zugestanden, in welcher Höhe aus der bisher erworbenen unverfallbaren Anwartschaft bei Erreichen der in der Versorgungsregelung vorgesehenen Altersgrenze ein Anspruch auf Altersversorgung besteht. Hierbei muss dem Gesetzgeber bewusst gewesen sein, dass der Arbeitgeber bei Erfüllung des Auskunftsanspruches teilweise Prognosen für den zukünftigen Zeitpunkt des Versorgungsfalls anstellen und zwangsläufig auch hierbei teilweise die gegenwärtige Rechtslage zugrunde legen muss. Die Einführung dieses gesetzlichen Auskunftsanspruchs lässt eine gesetzgeberische Wertung erkennen, wonach dem Informationsinteresse des Arbeitnehmers, der eine unverfallbare Anwartschaft erworben hat, ein hoher Wert beikommt. Diese gesetzliche Wertung darf auch bei der Beurteilung eines Feststellungsinteresses im vorliegenden Rechtsstreit, welcher den Umfang einer unverfallbaren Anwartschaft zum Gegenstand hat, nicht unbeachtet bleiben. Außerdem kann die rechtliche Überprüfung von Versorgungsordnungen nur unter Heranziehung der geltenden Rechtslage zum Überprüfungszeitpunkt in abstrakter Weise erfolgen und darf im Zusammenhang mit Gesamtversorgungsobergrenzen nicht davon abhängig gemacht werden, welche Rechtssituation beim tatsächlichen Eintritt des Versorgungsfalles bei einem klagenden Arbeitnehmer gerade konkret gegeben ist. Ansonsten wäre je nach Zeitpunkt des Eintritts des Versorgungsfalles für den einen Arbeitnehmer die Versorgungsregelung wirksam und für den anderen nicht. Mithin besteht vorliegend ein rechtliches Interesse des Klägers an Klärung der Frage, ob die Veränderung der Gesamtversorgungsobergrenze durch die BV 2006 wirksam ist oder nicht. B. Die Feststellungsklage ist jedoch unbegründet, da dem Kläger Versorgungsleistungen aus der RL 57 nur mit der Maßgabe zustehen, dass eine Kürzung durch die BV 2006 wirksam ist. Für den Kläger gilt die Gesamtversorgungsobergrenze aus der RL 57 mit der Modifikation durch die BV 2006, da er die Voraussetzungen aus der RL 57 für das Eingreifen der dort festgelegten Gesamtobergrenze erfüllt (1.), in seine im Jahr 2006 bereits unverfallbare Anwartschaft wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage durch die Neubestimmung der Gesamtversorgungsobergrenze eingegriffen werden konnte (2.), der Eingriff verhältnismäßig war (3.) und das Anpassungsrecht der Beklagten bis zum Abschluss der BV 2006 weder durch Vereinbarung noch durch Verwirkung ausgeschlossen wurde (4.). 1. Bei Eintritt des Versorgungsfalles des Klägers ist zunächst von der Gesamtversorgungsobergrenze aus § 7 der RL 57 auszugehen, da er die dort vorgesehenen 30 Dienstjahre abgeleistet haben wird. 2. Die demnach gegebene Gesamtversorgungsobergrenze gilt aber lediglich mit der sich aus Ziffer 3. 1 BV 2006 ergebenden Einschränkung. Demnach darf die sich aus gesetzlichen Renten und der Betriebsrente ergebende Summe nicht höher sein als das fiktive monatliche Nettoentgelt, das der Mitarbeiter im letzten folgenden Monat vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogen hat. Diese Einschränkung aus der BV 2006 gilt für den Kläger, obwohl ihm zum Zeitpunkt von deren Vereinbarung bereits eine unverfallbare Rentenanwartschaft zustand. In den entsprechenden zum Zeitpunkt der Neuregelung erdienten Besitzstand konnte nur ganz ausnahmsweise, bei zwingenden Gründen, eingegriffen werden. Solche Gründe liegen nur vor, wenn sich die Geschäftsgrundlage der ursprünglichen Versorgungsregelung wesentlich geändert hat oder gänzlich weggefallen ist (vgl. BAG, Urt. v. 16.07.1996 - 3 AZR 398/95 = AP Nr. 21 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Eine Anpassungsbefugnis wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage kann sich unter anderem daraus ergeben, dass der für den Arbeitnehmer bei der Versorgungszusage erkennbare Versorgungszweck nunmehr verfehlt wird. Dies ist der Fall, wenn sich aus einer in der Versorgungszusage enthaltenen Gesamtversorgungsobergrenze oder einer Höchstbegrenzungsklausel ergibt, dass die Versorgungszusage nur einen unterhalb der letzten Nettoeinkünfte liegenden Versorgungsgrad angestrebt hat und dieser Versorgungsgrad nunmehr aufgrund der Änderungen insbesondere im Abgabenrecht planwidrig erheblich überschritten wird (vgl. BAG, Urt. v. 23.09.1997 - 3 ABR 85/96 = AP Nr. 26 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Im vorliegenden Fall ist diese Situation eingetreten, da mit der Gesamtversorgungsobergrenze, welche unter § 7 der RL 57 geregelt war, im Jahr 1959, also zum Zeitpunkt der Errichtung der Versorgungsordnung, ein Versorgungsgrad von 93,8% des letzten Nettoeinkommens erreicht werden konnte; dieses Versorgungsziel liegt der RL 57 zugrunde. Der Versorgungsgrad errechnet sich dabei aus folgenden Parametern: Gesamtversorgungsobergrenze von 80% des letzten Bruttomonatsengelts bei einer durchschnittlichen Nettolohnquote aus dem Jahr 1959 in Höhe von 85,3% (vgl. Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1965, S. 554). Während des Zeitraumes 1959 bis 2006, also bis zur Vereinbarung der neu definierten Gesamtversorgungsobergrenze in der BV 2006 fiel die durchschnittliche Nettoverdienstquote bei Arbeitnehmern, infolge einer Erhöhung der gesetzlichen Abgaben, auf 60 bis 64%. Dies hatte zur Folge, dass der Wert der unverfallbaren Anwartschaft des Klägers auf über 120% seines aktiven Nettoarbeitseinkommens anstieg; der entsprechende Versorgungsgrad stieg also auf über 120%. Dies ist mit der durch die Gesamtversorgungsobergrenze aus dem Jahr 1959 verfolgten Absicht nicht mehr vereinbar; es liegt eine planwidrige Entwicklung vor, die zum Wegfall der Geschäftsgrundlage führte. Die so entstandene Planwidrigkeit wurde auch nicht durch die Änderung von § 7 Abs. 2 der RL 57 im Jahr 1980 beseitigt. Damals wurde § 7 hinsichtlich seiner Regelung: "Der Rentenzuschuss ist jedoch nicht höher als das gesetzliche Altersruhegeld oder die wegen Erwerbsunfähigkeit gezahlte Rente (§ 6)", durch den Zusatz ergänzt: "Dies gilt nicht für Mitarbeiter mit einer Dienstzeit von 30 Jahren und mehr." Bereits aus dem Wortlaut der ergänzenden Regelung ergibt sich, dass an der ursprünglich definierten Gesamtversorgungsobergrenze aus der RL 57 nichts geändert wurde, denn es blieb nach wie vor bei einem Höchstsatz von 80% des letzten Monatsbruttoverdienstes nach 30 Dienstjahren. Hier wurde also lediglich ein bestimmter Teilbereich (lange Betriebszugehörigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit) neu geregelt, ohne dass dies die vorliegend streitige Obergrenze betraf. Durch das Schweigen bzw. die bloße Untätigkeit der Arbeitgeberin im Zusammenhang mit der Gesamtversorgungsobergrenze wurde aus der auch bis dahin schon aufgetretenen planwidrigen Lücke keine zugesagte Überversorgung (vgl. BAG, Urt. v. 28.07.1998 - 3 AZR 100/98 = AP Nr. 4 zu § 1 BetrAVG Überversorgung). 3. Infolge des eingetretenen Wegfalls der Geschäftsgrundlage erwuchs der Arbeitgeberin ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht, das sie entsprechend billigem Ermessen nach § 313 Abs. 1 BGB auszuüben hatte. Dies bedeutet, dass der Eingriff in die geltende Versorgungsordnung verhältnismäßig sein musste; es durfte insbesondere nicht stärker eingegriffen werden, als es durch die Anpassung an die Grundlagen der ursprünglichen Vereinbarung notwendig war. Die Anpassung hatte sich an den Bestimmungen der Versorgungsordnung zu orientieren, in die eingegriffen wurde; allerdings war dann, wenn es sich bei der Versorgungsordnung - wie hier - um eine allgemeine Regelung mit kollektiver Wirkung handelte, der Arbeitgeberin eine Pauschalierung möglich. Auch bei einer Nettoobergrenze sind Typisierungen, Pauschalierungen und Generalisierungen zulässig. Das Anpassungsrecht des Arbeitgebers dient andererseits nicht dazu, die Versorgungsordnung umzustrukturieren und veränderte Gerechtigkeitsvorstellungen zu verwirklichen (vgl. BAG, Urt. v. 13.11.2007 - 3 AZR 455/06 = AP Nr. zu § 313 BGB). Diesen rechtlichen Anforderungen wird die Neudefinition der Gesamtversorgungsobergrenze in der BV 2006 gerecht. Hier wurde die ursprüngliche Gesamtversorgungsobergrenze, die ca. 93,8% des aktiven Nettoeinkommens im Jahr 1959 entsprach, auf 100% des fiktiven monatlichen Nettoentgeltes, das der Mitarbeiter im letzten vollen Monat vor Eintritt des Versorgungsfalles bezogen hat, angehoben. Dadurch wurde der mit einer Gesamtversorgungsobergrenze verfolgte Zweck, dem Arbeitnehmer in einem bestimmten Umfang den im Arbeitsleben erreichten Lebensstandard auch im Ruhestand zu erhalten, zwar nicht uneingeschränkt erreicht, da der Kläger aufgrund der Besteuerung seiner Betriebsrente und der Verpflichtung zur Leistung von Sozialabgaben keinen Betrag mehr zur freien Verfügung haben wird, der 93,8% seines letzten Nettoentgelts aus dem aktiven Berufsleben entspricht. Dies hat der Arbeitnehmer aber hinzunehmen, da es nicht Zweck einer Gesamtversorgungsobergrenze ist, dass der Arbeitgeber gesetzliche Abgaben, deren Leistung der Betriebsrentner schuldet, zu übernehmen hat. Einbußen im Lebensstandard des Betriebsrentners, die aus der Neubegründung oder Erhöhung von gesetzlichen Abgabenlasten entstehen, hat dieser zu tragen, ohne vom Arbeitgeber von vornherein einen entsprechenden Ausgleich bei der Definition der Gesamtversorgungsobergrenze verlangen zu können. Denn die gesetzliche Abgabenlast gehörte auch bereits im Jahr 1959, also zur Zeit der Erstellung der RL 57 zum Risikobereich der Arbeitnehmer. Maßgebend für die Erhaltung des Lebensstandards ist der Vergleich zwischen dem letzten Nettoeinkommen des Arbeitnehmers aus dem aktiven Arbeitsverhältnis, das durchaus pauschaliert in einer Betriebsvereinbarung definiert werden kann, und der dem Betriebsrentnern maximal insgesamt zustehenden Rentenversorgung vor der Abführung der gesetzlichen Abgaben (vgl. hierzu BAG, Urt. v. 23.09.1997 a.a.O.; Urt. v. 13.11.2007 a.a.O.). 4. Das Anpassungsrecht der Beklagten, von dem sie in der BV 2006 Gebrauch gemacht hat, ist zuvor weder durch Vereinbarung noch durch Verwirkung ausgeschlossen worden. a) Eine Vereinbarung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger in der schriftlichen Mitteilung der Beklagten vom 03.12.1987 (Bl. 91 d.A.) die Bestätigung erhalten hat, dass für ihn seit dem 01.04.1980 eine Zusage für Leistungen der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung nach der Altersversorgungsregelung der Beklagten vom 01.01.1957 bestehe. Hieraus ergibt sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte für die Zukunft darauf verzichten wollte, den Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen einer planwidrigen Überversorgung geltend zu machen. Es handelt sich hier lediglich um die Mitteilung der im Jahr 1987 bestehenden rentenrechtlichen Situation. b) Die Beklagte hat ihr Recht zur Anpassung der RL 57 auch nicht verwirkt. Sie hat zwar die Gesamtversorgungsobergrenze aus der RL 57 über mehr als 40 Jahre hinweg nicht verändert, so dass das Zeitmoment erfüllt ist. Jedoch fehlt es an dem notwendigen Umstandsmoment, also an Umständen, aufgrund deren bei dem Kläger ein schutzwürdiges Vertrauen auf die Beibehaltung der bisherigen Gesamtversorgungsobergrenze entstehen konnte. Das Vertrauen eines Arbeitnehmers auf eine Gesamtversorgung von mehr als 100% des Nettoeinkommens ist nämlich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes nicht schutzwürdig (vgl. BAG, Urt. v. 28.07.1998 a.a.O., S. 10). Dies gilt auch angesichts der Ergänzung der RL 57 aus dem Jahr 1980, der BV 1986 und der schriftlichen Mitteilung der Beklagten an den Kläger vom 03.12.1987. Hierdurch wurden keine Erwartungen geweckt, die rechlicht schützenswert wären. Das Bundesarbeitsgericht hat ein schutzwürdiges Vertrauen von Arbeitnehmern auch dann verneint, wenn der Arbeitgeber erklärt hat, er beabsichtige den Altbestand von Versorgungsberechtigten auch künftig zu schonen. Hierbei handele es sich um nicht schützenswerte Erwartungen (vgl. BAG, Urt. v. 28.07.1998 a.a.O., S. 10). Unter Beachtung dieser Rechtsprechung konnte daher auch im gegebenen Fall kein schützenswertes Vertrauen auf Seiten des Klägers in den Fortbestand der alten Gesamtversorgungsobergrenze entstehen. Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Unter Beachtung von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hat die Berufungskammer die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen, da insbesondere die Rechtsfrage, wie der Lebensstandard, in den eine neue Gesamtversorgungsobergrenze nicht eingreifen darf, definiert wird, der generellen Klärung bedarf.

Ende der Entscheidung

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