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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 09.05.2005
Aktenzeichen: 7 Sa 57/05
Rechtsgebiete: BGB, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB § 247
BGB §§ 611 ff.
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ZPO § 518
ZPO § 519
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 Sa 57/05

Entscheidung vom 09.05.2005

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 09.12.2004 - 9 Ca 1680/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger aus einem inzwischen beendeten Arbeitsverhältnis noch die Zahlung von Restlohn verlangen kann.

Der am 25.04.1961 geborene Kläger war bei der Beklagten in der Zeit vom 08.03. bis 31.05.2004 auf der Grundlage eines mündlichen Arbeitsvertrages als Monteur bei Vereinbarung eines Bruttostundenlohnes von 13,81 EUR beschäftigt. Mit der Klage begehrt er die Auszahlung eines Restlohns der mit Abrechnung 05/04 (hinsichtlich deren Inhalt im Übrigen auf Bl. 3 d. A. Bezug genommen wird) mit 2.335,42 EUR brutto bzw. 1.467,66 EUR netto abgerechneten Bezüge in Höhe eines Teilbetrages von 1.000,00 EUR netto, den die Beklagte als "Vorschuss" von der Nettozahlung in Abzug gebracht hat

Der Kläger hat vorgetragen,

er habe den zuvor bezeichneten Vorschuss nicht erhalten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.000,00 EUR netto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 06.07.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

der Kläger, der bereits früher einmal bei ihr beschäftigt gewesen sei, was zwischen den Parteien unstreitig ist, habe bereits unmittelbar zum Beschäftigungsbeginn angefragt, ob er nicht einen Vorschuss erhalten könne, da er "finanziell klamm" sei. Dieser Vorschuss sei dem Kläger durch den Geschäftsführer für den Folgetag zugesagt und durch die Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten am 09.03.2004 in bar zur Auszahlung gebracht worden. Mit den Gehaltsabrechnungen für die Monate März und April sei der Vorschuss nicht verrechnet worden, da der Kläger insoweit darum gebeten habe, weil er sich nach wie vor finanziell in einem Engpass befunden habe. Erst mit der letzten Gehaltsabrechnung habe sodann die Vorschusszahlung wegen des Ausscheidens des Klägers berücksichtigt werden müssen. Unstreitig sei keine schriftliche Quittung durch den Kläger unterzeichnet worden, die den Erhalt des Vorschusses bestätige. Dies sei jedoch betriebsüblich, da man sich auch im Hinblick auf die Größe des Betriebes - die Beklagte beschäftigt zwei Arbeitnehmer - wechselseitig vertraue.

Das Arbeitsgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin X. Hinsichtlich des Beweisthemas sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 09.12.2004 (Bl. 30 - 34 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat die Klage daraufhin durch Urteil vom 09.12.2004 abgewiesen. Hinsichtlich des Inhalts von Tatbestand und Entscheidungsgründen wird auf Bl. 38 bis 42 d.A. Bezug genommen.

Gegen das ihm am 04.01.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger durch am 20.01.2005 beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Er hat die Berufung durch am 24.02.2005 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.

Der Kläger wiederholt sein erstinstanzliches Vorbringen und hebt insbesondere hervor, der Abzug des Betrages von 1.000,00 EUR sei erst mit der letzten Gehaltsabrechnung für den Monat Mai 2004 erfolgt. Zu diesem Zeitpunkt sei sein Arbeitsverhältnis bereits gekündigt gewesen. Es habe nahe gelegen, den Vorschuss bei den Gehaltsabrechnungen für die Monate März, April 2004 zu berücksichtigen; zumindest habe in diesen Abrechnungen ein Hinweis auf einen Vorschuss erfolgen können, was nicht geschehen sei. Im Übrigen zeigten die Kontoauszüge des Klägers für die Zeit vom 02.02. bis 31.03.2004, dass das von ihm geführte Konto keine höheren Fehlbeträge ausgewiesen habe. Er sei deshalb auf eine Vorschusszahlung nicht angewiesen gewesen. Im Übrigen widerspreche es jeder Lebenserfahrung, dass ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der sein Arbeitsverhältnis gerade vor einer Woche aufgenommen habe, einen Vorschuss über 1.000,00 EUR gewähre und dies sogar ohne Quittung. Auch habe das Arbeitsgericht die Erklärung des Klägers im Termin vom 09.12.2004 nicht berücksichtigt, der Kläger gehe davon aus, dass der Geschäftsführer der Beklagten 1.000,00 EUR abgezogen habe, weil er die letzten 14 Tage nicht mehr tätig gewesen sei.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 09.12.2004 - 9 Ca 1680/04 - zu verurteilen, an den Kläger 1.000,00 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 06.07.2004 zu zahlen,

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens und hebt insbesondere hervor, irgendwelche Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Beweiswürdigung durch das Arbeitsgericht seien nicht erkennbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze der Parteien, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, sowie die zu den Akten gereichten Schriftstücke verwiesen.

Schließlich wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 09.05.2005.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung ist nach §§ 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist auch gem. §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 518, 519 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Das Rechtsmittel der Berufung hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

Denn das Arbeitsgericht ist sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger von der Beklagten nicht die Zahlung von 1.000,00 EUR netto nebst Zinsen verlangen kann.

Die Kammer teilt ausdrücklich die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass dem Kläger zur vollen Überzeugung auch des Landesarbeitsgerichts nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme beim Arbeitsgericht kein weitergehender Anspruch auf Zahlung eines Nettobetrages von 1.000,00 EUR aufgrund arbeitsvertragsgemäß geleisteter Dienste gemäß den § 611 ff. BGB in Verbindung mit den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen für den Monat Mai 2004 zusteht, weil insoweit die Klageforderung durch Bewirken der geschuldeten Leistung, Erfüllung, erloschen ist (§ 362 Abs. 1 BGB).

Der geltend gemachte Anspruch steht dem Grunde nach dem Kläger zu; dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Insoweit wird zur weiteren Begründung zur Vermeidung von Wiederholungen auf S. 5 der angefochtenen Entscheidung (Bl. 40 d.A.) Bezug genommen.

Allerdings steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur vollen Überzeugung auch des Landesarbeitsgerichts fest, dass die Beklagte am 09.03.2004 an den Kläger Lohnvorschuss in Höhe von 1.000,00 EUR gezahlt hat. Deshalb war sie berechtigt, den Vorschuss mit der zuletzt verbliebenen Lohnforderung zu verrechnen. Die vom Arbeitsgericht als Zeugin vernommene Frau X. hat detailnah und nachvollziehbar geschildert, dass sie auf Bitte ihres Mannes am Montag, den 08.03.2004, den entsprechenden Betrag bei der Volksbank D-Stadt, Filiale W. abgehoben und genau diesen Betrag an den Kläger am nächsten Tag vor Arbeitsbeginn bar ausgezahlt hat. Der Kläger hat dann das Geld entgegengenommen und nachgezählt, wobei auf die Erteilung einer schriftlichen Quittung verzichtet wurde.

Die Kammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass die Angaben der Zeugin glaubhaft sind. Es ist sicher zu berücksichtigen, dass die als Ehefrau des Geschäftsführers der Beklagten ein persönliches und wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Rechtsstreits hat. Dies macht sie jedoch nicht von vornherein unglaubwürdig. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugin die Unwahrheit gesagt hat, sind vorliegend nicht ersichtlich. Der Vorgang und die Daten sind aus der Erinnerung der Zeugin genau belegt, was auch nachvollziehbar ist, weil der 08.03.2004 genau der Tag ist, an dem ihr Mann, der Geschäftsfrüher der Beklagten, Geburtstag hatte. Das eine Quittung nicht ausgestellt worden ist, wie dies allgemein eigentlich üblich ist und ganz sicher auch zur Vermeidung gerichtlicher - zum Beispiel der vorliegenden - Beweisaufnahmen praktiziert werden sollte, ist unerheblich. Die Zeugin hat ohne Weiteres nachvollziehbar ausgeführt, dass generell bei der Beklagten, einem kleinen Betrieb, der lediglich zwei Arbeitnehmer beschäftigt, keine Quittungen ausgestellt werden, weil man eben entsprechendes Vertrauen in die Arbeitnehmer setzt. Von daher ist verständlich, dass das Arbeitsgericht die Aussage der Zeugin für glaubhaft und die Zeugin auch sonst für glaubwürdig befunden hat, ohne die Vorlage eines entsprechenden Bankbeleges zu verlangen. Da es keinen Zwang zur Verwendung bestimmter Beweismittel gibt, soweit solche wie in der ZPO vorgesehen vorgebracht werden, bestand dazu keine Veranlassung.

Aufgrund des folglich gewährten Vorschusses war die Beklagte berechtigt, den Vorschuss mit der verbliebenen Lohnforderung des Klägers für den Mai 2004 zu verrechnen, ohne dass es, weil es sich bei dem Vorschuss um eine vorweg genommene Lohntilgung handelt, auch insoweit folgt die Kammer dem Arbeitsgericht, einer ausdrücklichen Aufrechnungserklärung bedurfte.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung des hier maßgeblichen Lebenssachverhalts.

Zum einen kommt dem Umstand, dass der Vorschuss erst bei der letzten Gehaltsabrechnung abgezogen wurde, keine für die Darstellung des Klägers sprechende Bedeutung zu. Denn wenn der Arbeitnehmer einen Vorschuss geltendmacht, dann gerade deshalb, weil er das Geld dringend und zwar früher als eigentlich fällig, benötigt. Dass diese wirtschaftliche Notsituation auch länger als einen Monat andauern kann, ist selbstverständlich. Von daher war die letzte Entgeltabrechnung für die Beklagte die letzte Möglichkeit, den Vorschuss zu berücksichtigen und dies ist geschehen. Dagegen sprechen auch nicht die Kontoauszüge des Klägers. Denn es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Arbeitnehmer nur dann einen Vorschuss geltendmacht, wenn er ein besonders hohes Defizit auf seinem Konto hat. Ebenso kann ein Vorschuss in Anspruch genommen werden, wenn ein Arbeitnehmer ein Defizit überhaupt erst verhindern will, um nicht hohe Sollzinsen zahlen zu müssen. Im Übrigen widerspricht es gerade nicht jeder Lebenserfahrung, dass ein Arbeitgeber einen gerade eingestellten Arbeitnehmer einen Vorschuss einräumt. Zum einen war der Kläger unstreitig bereits einmal bei der Beklagten beschäftigt, so dass er also persönlich bekannt war. Zum anderen kann der Umstand, dass bei der Beklagten der Arbeitgeber Vertrauen in seine Arbeitnehmer hat, nicht dazu führen, ihn trotz letztlich eindeutiger Beweislage zu benachteiligen. Soweit der Kläger beanstandet, seine Darstellung, die 1.000,00 EUR seien abgezogen werden, weil er die letzten Tage nicht mehr tätig gewesen sei, ist dieser Hinweis schon deshalb nicht nachvollziehbar, weil es an jedem nach Inhalt, Ort, Zeitpunkt und beteiligten Personen substantiierten Tatsachenvortrag insoweit fehlt. Ein substantiiertes Bestreiten durch die Beklagte war folglich nicht möglich.

Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Für eine Zulassung der Revision war angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 ArbGG keine Veranlassung gegeben.

Ende der Entscheidung

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