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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 607/07
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB, KSchG


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO §§ 512 ff.
BGB § 134
BGB § 626 Abs. 1
KSchG § 1 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 04.04.2007 Az.: 6 Ca 1612/06 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit von zwei fristlos und hilfsweise ordentlich erklärten Kündigungen.

Von einer nochmaligen Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG zur Vermeidung von Wiederholungen abgesehen; auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 04.04.2007 (dort Seite 3 - 9 = Bl. 133 - 139 d. A.) wird Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, die dem Kläger unter dem 14.08.2006 erteilten Abmahnungen aus der für ihn geführten Personalakte zu entfernen;

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Zustimmung zur weiteren Ausübung schriftstellerischer und kommentatorischer Leistungen im Rahmen freier Mitarbeiterverhältnisse und im Umfange von max. 5 Stunden/Woche zu erteilen;

3. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigungserklärung der Beklagten vom 19.09.2006 nicht aufgelöst wurde;

4, festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die hilfsweise fristgerecht ausgesprochene Kündigungserklärung vom 19.09.2006 nicht zum 31.03.2007 aufgelöst wird;

5. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigungserklärung der Beklagten vom 20.09.2006 nicht aufgelöst wurde;

6. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die hilfsweise fristgerecht ausgesprochene Kündigungserklärung vom 20.09.2006 nicht aufgelöst wird.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat mit Urteil vom 04.04.2007 (Bl. 131 ff. d. A.) der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht u. a. ausgeführt, die beiden fristlos sowie hilfsweise ordentlich erklärten Kündigungen vom 19.09.2006 und 20.09.2006 seien rechtsunwirksam, da es an dem gesetzlich notwendigen Kündigungsgrund fehle. Eine arbeitsvertragliche Pflichtwidrigkeit des Klägers sei nicht zu erkennen.

Soweit sich die Beklagte zur Begründung der Kündigung vom 19.09.2006 auf einen Verstoß gegen ein vereinbartes sowie das ausdrücklich mit Schreiben vom 14.08.2006 gegenüber dem Kläger ausgesprochene Nebentätigkeitsverbot berufe, fehle es an einer Pflichtwidrigkeit des Klägers, da ein Nebentätigkeitsverbot nicht rechtswirksam geworden sei. Die Beklagte sei nicht berechtigt gewesen, die Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung, welche vom Kläger erstmals mit Schreiben vom 23.08.2006 beantragt worden sei, zu versagen. Das dem Kläger zustehende Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs.1 GG erlaube diesem, während seiner Freizeit grundsätzlich zu tun und zu lassen, was er wolle. Dem stünden keine vorrangigen arbeitgeberseitigen Interessen der Beklagten gegenüber. Diese habe keine tatsächlich eingetretenen betrieblichen Ablaufstörungen, die infolge der Sportberichterstattung während der Freizeit des Klägers eingetreten wären, dargelegt. Auch die pauschale Behauptung der Beklagten, das Durchlaufen der Ausbildung des Klägers zum Maschinenführer erfordere dessen ganzen Einsatz sowie Konzentration, lasse keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung dieser Ausbildung durch die Nebentätigkeit des Klägers erkennen.

Aus dem Gespräch des Klägers mit der Personalleiterin der Beklagten vom 12.0ß9.2006 resultiere keine Pflichtwidrigkeit, welche zur Kündigung berechtigen würde. Selbst wenn unterstellt werde, dass der Kläger im Verlaufe dieses Gespräches über die weitere Durchführung von Nebentätigkeiten die Unwahrheit gesagt habe, sei dieser Vorwurf nicht so gravierend, dass der Beklagten die Weiterbeschäftigung unzumutbar geworden sei. Denn der Kläger, der seit März 1989 bei der Beklagten beschäftigt sei, habe in der Vergangenheit noch keine wirksame Abmahnung erhalten, so dass die fristlose wie auch die ordentliche Kündigung dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht entspreche.

Wenn die Beklagte die Kündigung vom 20.09.2006 darauf stützen wolle, dass der Kläger in einem einstweiligen Verfügungsverfahren beim Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - (AZ. 6 Ga 30/06) eidesstattlich versichert habe, die Beklagte habe Kenntnis von seiner Nebentätigkeit gehabt, diese Angabe jedoch unrichtig sei, könne auch insoweit der Vortrag der Beklagten als zutreffend unterstellt werden, ohne dass sich ein Grund für eine fristlose oder ordentliche Kündigung ergeben würde. Die Angabe des Klägers, die Beklagte habe Kenntnis von seiner schriftstellerischen Berichterstattung über Sportereignisse gehabt, habe nämlich seinem subjektiven Wertungsmaßstab entsprochen. Dass er diese Behauptung wider besseren Wissens aufgestellt habe, behaupte die Beklagte nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 9 ff. des Urteils vom 04.04.2007 (= Bl. 139 ff. d. A.) verwiesen.

Die Beklagte, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 10.08.2007 zugestellt worden ist, hat am 07.09.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 09.11.2007 ihr Rechtsmittel begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.11.2007 verlängert worden war.

Die Beklagte macht geltend,

der Kläger habe während des Gesprächs vom 16.08.2006 die Personalleiterin der Beklagten, Frau X., belogen, als er auf die Frage, ob er die auf einer Internetseite aufgeführten Tätigkeiten noch weiter ausübe, geantwortet habe, er mache diese Nebentätigkeiten schon lange nicht mehr und werde sie auch nicht mehr machen; die einzige Ausnahme sei eine Mitarbeit an einem Buch im "W.". Für die Zeit nach dem 16.08.2006 habe er nämlich sieben Fußballberichte in den Ausgaben der Zeitung "V.", C-Stadt, vom 06.09. und 13.09.2006 geschrieben. Es sei davon auszugehen, dass er selbst bei den Fußballspielen vor Ort gewesen sei, um sich diese Spiele anzuschauen.

Infolgedessen habe der Kläger nicht nur unwahre Angaben gegenüber der Personalleiterin gemacht, sondern auch während einer krankheitsbedingten Fehlzeit - am 06.09. und 13.09.2006 sei der Kläger laut den vorgelegten Bescheinigungen arbeitsunfähig erkrankt gewesen - ein genesungswidriges Verhalten gezeigt.

Des weiteren habe er, obwohl die Beklagte ausdrücklich mit Schreiben vom 14.08.2006 ein Nebentätigkeitsverbot ausgesprochen habe, die Nebentätigkeiten weitergeführt. Insoweit habe ihm jedoch, selbst wenn man unterstelle, dass die Ablehnung der mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 23.08.2006 beantragten Nebentätigkeitsgenehmigung zu Unrecht erfolgt sei, kein Selbsthilferecht zugestanden. Wie im Rahmen einer Selbstbeurlaubung sei auch im Zusammenhang mit einer Nebentätigkeit, angesichts des umfassenden Systems gerichtlichen Rechtsschutzes, ein Selbsthilferecht grundsätzlich abzulehnen.

Schließlich habe der Kläger in dem einstweiligen Verfügungsverfahren mit dem Aktenzeichen 6 Ga 30/06 gegenüber dem angerufenen Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - eidesstattlich versichert, "dass der Beklagten die vom Kläger ausgeübte Nebentätigkeit hinreichend bekannt und dass der zuständige Abteilungsleiter U. hierüber unerrichtet gewesen sei". Diese Behauptung sei wahrheitswidrig, zumal entgegen der Darstellung des Klägers seine Zeitungskommentare und Buchveröffentlichungen keinesfalls ein gelegentliches Gesprächsthema in seiner Abteilung gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 09.11.2007 (Bl. 173 ff. d. A.) und 18.12.2007 (Bl. 200 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 04.04.2007 die Kündigungsschutzklagen gegen die Kündigungen vom 19.09.2006 und 20.09.2006 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger führt aus,

ein Pflichtverstoß liege nicht vor. Soweit die Beklagte rüge, der Kläger habe sich nicht an ein Nebentätigkeitsverbot gehalten, sei bereits nicht erkennbar, auf welche Weise die Betriebsordnung, in der das Nebentätigkeitsverbot enthalten sei, arbeitsvertraglich vereinbart worden sei. Darüber hinaus finde Ziffer 39 dieser Betriebsordnung auf den vorliegenden Fall schon deshalb keine Anwendung, weil der Kläger einen (verbotenen) Nebenberuf zu keiner Zeit ausgeübt habe. Die von ihm durchgeführte Sportberichterstattung habe nämlich nicht der Erhaltung einer Lebensgrundlage gedient. Werde jedwede Nebentätigkeit in einem Formulararbeitsvertrag unter einen Erlaubnisvorbehalt gestellt, sei dies einer uneingeschränkten Klausel mit einem generellen Nebentätigkeitsverbot gleichzusetzen; beides sei unzulässig.

Durch die Sportberichterstattung während der krankheitsbedingten Fehlzeit des Klägers sei dessen Heilungsprozess nicht verzögert worden.

Im übrigen habe er bei der weiteren Durchführung seiner Nebentätigkeit, trotz des ausdrücklichen Verbotes im Schreiben der Beklagten vom 14.08.2006, keine unzulässige Selbsthilfe ausgeübt. Vielmehr habe er alles Zumutbare getan, um die Nebentätigkeitsgenehmigung zu erhalten.

Schließlich habe er auch keine falsche eidesstattliche Versicherung im Rahmen des einstweiligen Verfügungsverfahrens abgegeben. Die von ihm veröffentlichten Kommentare und Buchveröffentlichungen seien in seiner Abteilung seit vielen Jahren gelegentliches Gesprächsthema gewesen. Auch sein Vorgesetzter, Herr U., habe an diesen Gesprächen wiederholt teilgenommen, so dass er Kenntnis von der Nebentätigkeit des Klägers erlangt habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 10.12.2007 (Bl. 184 ff. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gem. §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Die außerordentlich und hilfsweise unter Einhaltung einer Kündigungsfrist erklärten Kündigungen vom 19.09.2006 und 20.09.2006 haben das zwischen den Parteien bestehende Beschäftigungsverhältnis nicht aufgelöst, da für keine dieser Kündigungen der gesetzlich notwendige Kündigungsgrund gegeben ist.

A. Die fristlose Kündigung vom 19.09.2006 ist gem. §§ 626 Abs. 1, 134 BGB nichtig. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann ein Dienstverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbaren Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Der wichtige Grund im Sinne dieser gesetzlichen Regelung ist in zwei Stufen zu prüfen: Zum einen muss ein Grund vorliegen, der ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalles überhaupt an sich geeignet ist, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Zum anderen muss dieser Grund im Rahmen einer Interessenabwägung unter besonderer Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Verhältnismäßigkeitprinzips, zum Überwiegen der berechtigten Interessen des Kündigenden an der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen (vgl. DLW/Dörner, 5. Aufl., D, Rz. 662).

I. Als wichtiger Grund geeignet ist ein Sachverhalt, in welchem ein Arbeitnehmer bei einem arbeitsvertraglich vereinbarten Genehmigungsvorbehalt für Nebentätigkeiten, die Genehmigung nicht einholt. Bei einem Erlaubnisvorbehalt wird dem Arbeitnehmer im Ergebnis nichts anderes angesonnen, als dass er vor Aufnahme einer Nebenbeschäftigung den Arbeitgeber unterrichtet. Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Verpflichtung zur Einholung der Genehmigung, liegt eine Pflichtwidrigkeit vor, auch wenn er Anspruch auf deren Erteilung hat (vgl. BAG, Urteil vom 11.12.2001 - 9 AZR 464/2000 = AP Nr. 8 zu § 611 BGB Nebentätigkeit).

Im vorliegenden Fall kann unterstellt werden, dass zwischen den Arbeitsvertragsparteien ein Erlaubnisvorbehalt durch die arbeitsvertragliche Einbeziehung von Ziffer 39 der Betriebsordnung der Beklagten vom 18.11.1971 (vgl. Bl. 92 ff. d. A.) durch Ziffer 5 des Übernahmevertrages vom 08.12.1994 erfolgt ist. Des weiteren kann unterstellt werden, dass es sich bei der Sportberichterstattung des Klägers nicht um bloße Freizeitgestaltung handelte, wofür allerdings vieles spricht, sondern um eine nebenberufliche Tätigkeit, welche nach Ziffer 39 der Betriebsordnung unter einem Erlaubnisvorbehalt stand. Dann läge zwar der oben erwähnte Sachverhalt, der geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen, vor. Jedoch ist im Rahmen der Interessenabwägung festzustellen, dass aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalles eine außerordentliche Kündigung ausgeschlossen war. Das Fehlverhalten des Klägers erscheint nämlich unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in diesem Zusammenhang so geringfügig, dass noch nicht einmal die Erteilung einer Abmahnung gerechtfertigt wäre.

Der Kläger hat nämlich vor Kündigungsausspruch vorsorglich einen Antrag auf Genehmigung seiner Nebenbeschäftigung gestellt, den die Beklagte mit Schreiben vom 30.08.2006 zu Unrecht abgelehnt hat. Der Kläger hatte bereits zu diesem Zeitpunkt einen Anspruch auf Erteilung der Nebentätigkeitsgenehmigung; es gelten auch insoweit die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichtes, mit welchen die zwischenzeitlich rechtskräftige Verurteilung der Beklagten zu Erteilung einer Nebentätigkeitsgenehmigung begründet worden ist. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt die Berufungskammer auf Seite 12 - 14 des erstinstanzlichen Urteils (= Bl. 142 - 144 d. A.) in diesem Zusammenhang Bezug.

Betriebliche Beeinträchtigungen sind der Beklagten dadurch, dass der Kläger seinen Genehmigungsanspruch nicht bereits vor Ausspruch der Kündigung gerichtlich durchgesetzt hat, nicht entstanden. Hierzu fehlt es an jeglichem substantiierten Sachvortrag der Beklagten. Soweit die Beklagte im Übrigen darauf verweist, der Kläger habe hartnäckig im Wege der Selbsthilfe gegen die Untersagung weiterer Nebentätigkeiten, welche mit Schreiben der Beklagten vom 14.08.2006 erfolgt sei, verstoßen, übersieht sie, dass sie auf gleiche Weise hartnäckig den Genehmigungsanspruch des Klägers ignoriert hat. Angesichts dieser Ausgangslage rechtfertigt das Verhalten des Klägers die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht.

II. Ein Sachverhalt, der generell zur Kündigung geeignet ist, kann sich auch aus einem genesungswidrigen Verhalten eines Arbeitnehmers während einer Arbeitsunfähigkeit ergeben.

Ein solches Verhalten ist aber vorliegend nicht feststellbar. Die Beklagte hat hierzu zwar vorgetragen, der Kläger habe während seiner Arbeitsunfähigkeit am 06.09. und 13.09.2006 Fußballspiele besucht. Es ist aber nicht weiter dargelegt worden, inwiefern diese Besuche ein genesungswidriges Verhalten darstellten. Hierzu hätte es der Darlegung der Art der Erkrankung des Klägers bedurft sowie der Erläuterung, weshalb der Spielbesuch die Genesung dieser Erkrankung verzögert. Hieran fehlt es gänzlich.

III. Auch soweit ein Arbeitnehmer unwahre Angaben gegenüber seinem Arbeitgeber macht, kann es sich um einen zur fristlosen Kündigung geeigneten Sachverhalt handeln.

Im vorliegenden Fall kann wiederum unterstellt werden, dass der Kläger während des Gespräches mit der Personalleiterin der Beklagten am 16.08.2006 wahrheitswidrig erklärte, dass er keine Nebentätigkeiten - außer der Mitarbeit an einem Buch im "W." - mehr ausübe.

Im Rahmen der Interessenabwägung folgt aber aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, dass dieses Verhalten dann allenfalls zu einer Abmahnung berechtigen würde. Der Kläger hat nämlich seit seinem Beschäftigungsbeginn im März 1989 noch keine rechtswirksame Abmahnung erhalten und es ist auch nicht erkennbar, dass der Beklagten schwerwiegende Nachteile durch die Fehlinformation entstanden sind. Im vorliegenden Einzelfall kann daher, wenn es zu unwahren Angaben gegenüber der Personalleiterin gekommen sein sollte, hierauf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht gestützt werden.

B. Auch die fristlose Kündigung vom 20.09.2006 ist rechtsunwirksam, da auch insoweit ein wichtiger Grund, der eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen würde, nicht vorliegt.

Bei Anwendung des bereits unter Buchst. A. dieser Entscheidungsgründe dargestellten Rechtsmaßstabes ergibt sich auch aus dem weiteren Sachverhalt, den die Beklagte zur Untermauerung der Kündigung vom 20.09.2006 dargestellt hat, kein Fehlverhalten, das zur fristlosen Kündigung berechtigen könnte.

Unwahre Angaben eines Arbeitnehmers, die er an Eides statt in einem arbeitsgerichtlichen Rechtsstreit als richtig zusichert, sind zwar generell geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu begründen. Voraussetzung ist dann aber, dass der Arbeitnehmer seine Angaben bewusst wahrheitswidrig macht.

Dies ist im vorliegenden Fall nicht feststellbar. Soweit der Kläger in dem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied -, AZ: 6 Ga 30/2006 an Eides statt versichert hat, "dass der Beklagten die vom Kläger ausgeübte Nebentätigkeit hinreichend bekannt und dass der zuständige Abteilungsleiter U. hierüber unterrichtet gewesen sei" ist nicht erkennbar, dass es sich hierbei um eine bewusst wahrheitswidrige Angabe handelt. Denn der Kläger hat im Rahmen des vorliegenden Kündigungsrechtsstreites ausgeführt, dass über die von ihm veröffentlichten Kommentare und Bücher, welche im Zusammenhang mit regionalen Fußballereignissen standen, in seiner Abteilung bereits seit vielen Jahren gesprochen worden sei. Auch sein Vorgesetzter, Herr U., habe an diesen Gesprächen wiederholt teilgenommen und hierdurch Kenntnis von der Sportberichterstattungstätigkeit des Klägers bekommen.

Demgegenüber hat die Beklagte nicht bestritten, dass über die Sportberichterstattung in der Abteilung des Klägers gesprochen wurde. Sie ist - wie ihr Prozessbevollmächtigter in der Berufungsverhandlung betonte - davon ausgegangen, dass zwar unter Arbeitskollegen entsprechende Gespräche stattgefunden haben können, jedoch ein Vorgesetzter hierdurch keine Kenntnis über die Sportberichterstattung erlangte.

Die Wahrnehmung der Beklagten weicht insofern von der Wahrnehmung des Klägers ab. Dem Kläger blieb es aber unbenommen, in Verfolgung seiner berechtigten Interessen im arbeitsgerichtlichen Eilverfahren seine Wahrnehmung des Sachverhaltes einzuführen. Selbst wenn diese Wahrnehmung objektiv unrichtig gewesen sein sollte, kann dem Kläger aber kein bewusst wahrheitswidriger Vortrag unterstellt werden.

C. Soweit die Beklagte die Kündigungen vom 19. und 20.09.2006 auch hilfsweise fristgerecht erklärte, sind diese Kündigungserklärungen gem. § 1 des im vorliegenden Fall voll umfänglich anwendbaren Kündigungsschutzgesetzes rechtsunwirksam, da die ordentlichen Kündigungen sozial ungerechtfertigt sind. Es fehlt nämlich an einem verhaltensbedingten Kündigungsgrund im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG. Die unter Buchst. A. und B. dieser Entscheidung zu den außerordentlichen Kündigungen gemachten Ausführungen gelten entsprechend. Eine zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigende Pflichtverletzung des Klägers ist auch in diesem Zusammenhang nicht feststellbar.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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