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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 7 Sa 807/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BZT, ZPO, GewO, BGB


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
BZT § 6 Abs. 3
BZT § 6 Ziff. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO §§ 512 ff.
GewO § 106
BGB § 286 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 288 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 7 Sa 807/06

Urteil vom 18.07.2007

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 22.06.2006, Az: 6 Ca 200/06, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass der Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter ab dem 01.03.2006 durch die Beklagte gemäß Schreiben vom 23.02.2006 unwirksam ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 190,28 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2006 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu tragen.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 6.850,08 EUR festgesetzt.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit des Widerrufs einer Bestellung zum Vorarbeiter sowie um die Zahlung der Vorarbeiterzulage.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs.2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 22.06.2006 (dort Seite 3 bis 5 = Bl. 68 bis 70 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass der Widerruf seiner Bestellung zum Vorarbeiter ab dem 01.03.2006 durch die Beklagte gemäß Schreiben vom 23.02.2006 unwirksam ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 190,28 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozent über dem Basiszinssatz seit 30.03.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - hat mit Urteil vom 22.06.2006 die Klage insgesamt abgewiesen und zur Begründung dieser Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter vom 23.02.2006 sei rechtswirksam erfolgt; der Kläger könne mithin auch die Vorarbeiterzulage in Höhe von 190,28 EUR brutto für den Monat März 2006 nicht mehr verlangen.

Rechtsgrundlage für den Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter sei § 6 Abs. 3 des Bezirkstarifvertrages zum BMT-G vom 11.12.1995 (im Folgenden: BZT), welcher auf das Arbeitsverhältnis unstreitig anwendbar sei. Der tariflich vorgesehene Widerruf sei wirksam, wenn er nicht ohne sachlichen Grund erfolgt sei und billigem Ermessen entspreche. Ein sachlicher Widerrufsgrund ergebe sich im vorliegenden Fall daraus, dass nach dem Erlass einer Deponieverwertungsverordnung die angelieferten Abfallmengen auf der Deponie X. unstreitig stark abgenommen hätten. Statt dessen seien zwar große Mengen von Altmüll umzulagern, dies bedürfe aber keiner weiteren Koordinierung mehr, da man Erfahrungswerte bei der Beklagten aus acht Jahren habe. Die Arbeitsabläufe seien in diesem Bereich bekannt und eingespielt.

Der Widerruf der Bestellung zum Vorarbeiter entspreche auch billigem Ermessen, zumal keine Auswahl unter mehreren Mitarbeitern vorzunehmen gewesen sei und darüber hinaus auch keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich seien, dass der Widerruf der Bestellung allein auf persönlichen Gründen beruhe. Soweit der Kläger persönliche Gründe behaupte, fehle es an einem substantiierten Sachvortrag.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - wird auf das Urteil vom 22.06.2006 (Seite 6 bis 8 = Bl. 71 bis 73 d.A.) verwiesen.

Der Kläger, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 27.09.2006 zugestellt worden ist, hat am 12.10.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 27.12.2006 sein Rechtsmittel begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 27.12.2006 verlängert worden war.

Der Kläger macht geltend,

es sei zwar unstreitig, dass der Eingang an Gewerbemüll nach Erlass der Deponieverwertungsverordnung abgenommen habe, jedoch hätte das Arbeitsgericht beachten müssen, dass zwischen den Parteien der Umfang des Rückgangs der Müllmenge streitig gewesen sei; dementsprechend hätte eine Beweisaufnahme durchgeführt werden müssen. Auf die Tätigkeit des Klägers als Vorarbeiter habe sich der Rückgang der eingegangenen Gewerbemüllmenge nur unwesentlich ausgewirkt. Nur zwei bis drei Mitarbeiter der zwanzigköpfigen Gesamtbelegschaft der Mülldeponie sei mit der Verarbeitung von Gewerbemüll befasst. Die Mitarbeiter, welche früher für den Betreiber der Gewerbeabfallsortieranlage gefahren seien, seien nunmehr mit der Umlagerung von Müll beschäftigt. Seit dem 01.06.2005 übe der Kläger seine Vorarbeitertätigkeit auch im Zusammenhang mit der Umlagerung des Altmülls aus. Am Gesamtarbeitsanfall auf der Mülldeponie habe sich nichts geändert. Der Kläger habe im Übrigen die Vorarbeitertätigkeit nicht nur als Krankheitsvertreter des Deponieleiters W. ausgeübt, sondern ständig.

Der Widerruf der Bestellung zum Vorarbeiter beruhe auf persönlichen Gründen des zweiten Vorstandes der Beklagten, Herrn V.. Dieser habe den Kläger als Konkurrenten um die Gunst einer Mitarbeiterin, nämlich von Frau U. gesehen. Der Kläger habe erfahren, dass der erste Vorstand der Beklagten, Herr T., die Arbeitsleistung des Klägers als tadellos beschrieben habe und sodann wörtlich geäußert habe "man darf sich nicht wundern, wenn man im Revier von Herrn V. wildert".

Nachdem dem Kläger zu Beginn seiner Bestellung zum Vorarbeiter rund 30 Arbeitnehmer unterstellt gewesen seien, seien es im März 2006, einschließlich zweier Leiharbeitnehmer, 26 Arbeitnehmer gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 27.12.2006 (Bl. 99 ff. d. A.) und 12.04.2007 (Bl. 160 f. d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 22.06.2006 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens -

1. festzustellen, dass der Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter ab dem 01.03.2006 durch die Beklagte gemäß Schreiben vom 23.02.2006 unwirksam ist,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 190,28 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz seit dem 01.04.2006 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus,

der Berufungsantrag des Klägers zu Ziffer 1. sei als Feststellungsklage unzulässig, da die dort aufgeworfene Frage bereits inzidenter im Rahmen der Zahlungsklage, welche Gegenstand des Berufungsantrages zu Ziffer 2. sei, beantwortet werden müsse.

Eine Beweisaufnahme durch das Arbeitsgericht sei nicht notwendig gewesen, nachdem der Kläger die von der Beklagten vorgetragenen Müllmengen gerade nicht bestritten habe. Die von der Beklagten dargetane Entwicklung habe sich weiter negativ bestätigt. Im Jahr 2006 seien tatsächlich in der Gewerbeabfallsortieranlage 33.633,02 Tonnen verarbeitet worden. Auch die sonstigen Anlieferungen auf der Deponie seien äußerst bescheiden ausgefallen. Die Beklagte sei zwar bislang noch mit einer größeren Aufgabe befasst gewesen, nämlich der Umlagerung des Altmülls vom Altmüllkörper auf den neu geschaffenen Deponiekörper. Diese Aufgabe sei aber im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung an die Firma S. vergeben worden. Die Beklagte habe sich verpflichtet, dieser Firma für den Zeitraum des Auftrages sechs Mitarbeiter zur Besetzung der Maschinen und Geräte zur Verfügung zu stellen. Einer dieser Mitarbeiter sei der Kläger.

Darüber hinaus habe die Beklagte im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht zwei Deponiemitarbeiter auf den Betriebshof versetzt, da die wirtschaftliche Entwicklung der Beklagten dramatisch sei. So seien die Erlöse im Bereich der Abfallwirtschaft von 12,75 Millionen Euro aus dem Jahre 2005 auf knapp 4,6 Millionen Euro im Jahr 2006 zurückgegangen, die Umsatzerlöse in Höhe von 9,105 Millionen Euro aus dem Jahr 2005 auf nur noch knapp 1,6 Millionen Euro im Jahr 2007. Durch die Beauftragung der Firma S. sei bei der Beklagten eine deutliche Entlastung im Bereich Reparatur und Wartung der eingesetzten Geräte und Fahrzeuge eingetreten. Der Kläger habe während der gesamten Zeit seiner Bestellung Aufsichtsaufgaben nur während der Urlaubs- und Krankheitszeiten des Deponieleiters W. ausgeführt. Während der Anwesenheitszeiten des Deponieleiters habe er keine Vorarbeiterfunktion auszuüben gehabt. Zum Zeitpunkt der Bestellung des Klägers seien auf der Deponie X. 30 Arbeitnehmer beschäftigt gewesen und zum Zeitpunkt seiner Abberufung nur noch 24 Arbeitnehmer. Die zwei Leiharbeitnehmer M. und D. R. seien nicht dem Aufgabenbereich des Klägers zuzurechnen gewesen, so dass die von ihm angegebene unterstellte Arbeitnehmerzahl von 26 nicht zutreffend sei. Im Hinblick auf die Reduzierung der Arbeitnehmerzahl habe die Beklagte den Beschluss gefasst, die Vertretung des Deponieleiters während dessen Krankheits- und Urlaubszeiten durch den Abteilungsleiter der Abfallwirtschaft, Herrn Q., durchführen zu lassen. Herr Q. verfüge über ausreichende zeitliche Kapazitäten, um die Vertretungstätigkeit zu übernehmen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 02.02.2007 (Bl. 128 ff. d. A.), 21.03.2007 (Bl. 152 f. d. A.) und 16.07.2007 (Bl. 172 f. d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist gemäß §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zulässig. Darüber hinaus ist die Berufung auch begründet, da festzustellen war, dass der Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter ab dem 01.03.2006 durch Schreiben der Beklagten vom 23.02.2006 unwirksam ist (A.) und des Weiteren die Beklagte zu verurteilen war, an den Kläger für den Monat März 2006 eine Vorarbeiterzulage in Höhe von 190,28 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 01.04.2006 zu zahlen (B.).

A.

Der Berufungsantrag zu 1. ist zulässig und begründet.

1.

Die mit dem Berufungsantrag zu 1. vom Kläger verfolgte Feststellung ist zulässig, insbesondere fehlt es - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht an dem nach § 256 Abs. 1 ZPO notwendigen Feststellungsinteresse. Das rechtliche Interesse des Klägers an der Feststellung der Unwirksamkeit des Widerrufes seiner Bestellung zum Vorarbeiter ergibt sich daraus, dass mit der Vorarbeiterfunktion eine Rechtsstellung verbunden ist, zu der nicht nur der Bezug einer Vorarbeiterzulage gehört, sondern zum Beispiel auch das Recht der Aufsichtsführung gegenüber den unterstellten Arbeitnehmern. Besteht zwischen den Arbeitsvertragsparteien Streit, ob diese Rechtsstellung noch gegeben ist, bedarf es der Klärung durch eine gerichtliche Feststellung.

Dass die Wirksamkeit des Widerrufes der Bestellung auch als Vorfrage bei dem Zahlungsanspruch, den der Kläger mit dem Berufungsantrag zu 2. verfolgt, zu prüfen ist, lässt das rechtliche Interesse an der ausdrücklichen Feststellung der Unwirksamkeit nicht entfallen. Denn nur so kann zweifelsfrei und deutlich auch gegenüber Dritten sowie für andere rechtliche Zusammenhänge außerhalb des Bereichs der Leistung einer Vorarbeiterzulage klargestellt werden, ob der Kläger die Vorarbeiterfunktion noch ausüben darf oder nicht. Die Feststellungsklage ist mithin geeignet, den Streit der Parteien insgesamt beizulegen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Urteil 06.09.2005 - 5 Sa 230/05 - = juris).

2.

Der Berufungsantrag zu 1. ist auch begründet, zumal der Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter, mitgeteilt im Schreiben der Beklagten vom 23.02.2006, rechtsunwirksam ist.

Nach § 6 Ziffer 1 des auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren BZT bedarf die Abberufung als Vorarbeiter der Schriftform. Diese Regelung lässt erkennen, dass die Tarifparteien die Möglichkeit des Widerrufes der Bestellung zum Vorarbeiter vorausgesetzt haben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes unterliegt in einem solchen Fall der Widerruf dem Direktionsrecht des Arbeitgebers (vgl. BAG, Urteil vom 10.06.1970 - 4 AZR 341/69 - = AP Nr. 1 zu § 9 MTB II m.w.N.). Der im Rahmen des tariflich ausgestalteten Arbeitsvertrages zulässige Widerruf darf nicht ohne sachlichen Grund ausgesprochen werden. Er unterliegt vielmehr einer an § 106 GewO ausgerichteten Überprüfung darauf, dass er nach billigem Ermessen zu erfolgen hat (vgl. BAG, a.a.O.). Die Darlegungslast für das Vorliegen des sachlichen Grundes und die Einhaltung billigen Ermessens trägt derjenige, der widerruft.

Mithin hätte die Beklagte im vorliegenden Fall darlegen müssen, dass der Widerruf vom 23.02.2006 auf einem sachlichen Grund beruht und billigem Ermessen entspricht. Es ist ihr aber nicht gelungen, schlüssig und substantiiert einen sachlichen Widerrufsgrund vorzutragen.

a)

Die Beklagte beruft sich sowohl in dem Widerrufsschreiben vom 23.02.2006 als auch in ihrem schriftsätzlichen Vortrag auf eine geänderte Anlieferungssiuation auf der Deponie. In diesem Zusammenhang ist zwar - wie auch das Arbeitsgericht festgestellt hat - unstreitig, dass es zu einem Rückgang der angelieferten Abfallmengen auf der Deponie X. gekommen ist. Allein dieser Umstand reicht aber nicht aus, um die Abberufung des Klägers als Vorarbeiter zu rechtfertigen. Vielmehr muss der sachliche Grund in einem Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit des Vorarbeiters stehen. Gemäß § 6 Ziffer 1 BZT sind Vorarbeiter Arbeiter, denen durch schriftliche Verfügung die Aufsicht über die Arbeitsleistung einer Gruppe von Arbeitern übertragen ist und die selbst mitarbeiten. Die Gruppe soll außer dem Vorarbeiter in der Regel aus mindestens drei Arbeitern bestehen. Hieraus folgt, dass ein sachlicher Grund für den Widerruf der Vorarbeiterbestellung nur dann gegeben ist, wenn er sich auf die Aufsichts- oder Mitarbeitstätigkeit des Vorarbeiters auswirkt. Infolgedessen hätte die Beklagte schlüssig darlegen müssen, inwiefern der Rückgang der Abfallmenge zu einer Veränderung der Vorarbeitertätigkeit geführt hat und in Zukunft die Notwendigkeit dieser Tätigkeit entfallen lässt. Auf die Erforderlichkeit eines entsprechenden Sachvortrages hat die Berufungskammer die Beklagte mit Auflagenbeschluss vom 28.02.2007 (Bl. 141 d. A.) ausdrücklich hingewiesen. Die Beklagte vermochte aber weder vorzutragen, wie sich der inhaltlich und mengenmäßig konkret zu beschreibende Arbeitsaufwand für den Kläger bis zu dessen Abberufung als Vorarbeiter änderte, noch wie ihre Prognose für die Zeit nach der Abberufung des Klägers als Vorarbeiter hinsichtlich notwendiger Aufsichtstätigkeiten aussieht. Sie wies lediglich darauf hin, dass die Deponiestatistik vom August 2003 Abfälle in einer Größenordnung von 24.000 Tonnen auswies und für den Februar 2006 nur noch 2.641 Tonnen. Derartigem Vortrag ist aber nicht zu entnehmen, dass sich an der Arbeitstätigkeit des Klägers etwas geändert hat.

Soweit sich die Anzahl der dem Kläger unterstellten Arbeitnehmer von rund 30 zum Zeitpunkt der Bestellung zum Vorarbeiter auf 24 zum Zeitpunkt der Abberufung verändert hat, ergibt sich hieraus kein sachlicher Grund für den Widerruf. Denn die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Notwendigkeit einer Aufsicht über die 24 Arbeitnehmer durch einen Vorarbeiter nicht mehr besteht. Soweit sie in diesem Zusammenhang darauf hinweist, der Kläger habe lediglich während der Urlaubs- und Krankheitszeiten des Deponieleiters W. die Aufsichtstätigkeit ausgeübt, kann dies als zutreffend unterstellt werden. Soweit sich die Aufsichtstätigkeit des Klägers tatsächlich seit Beginn der Bestellung zum Vorarbeiter hierauf beschränkte, ist nicht nachvollziehbar, weshalb sie nunmehr, bloß wegen der Reduzierung der Arbeitnehmerzahl um 1/5, nicht mehr notwendig sein soll.

Wenn das Arbeitsgericht einen sachlichen Grund für den Widerruf daraus abgeleitet hat, dass große Mengen von Altmüll umgelagert würden, dies aber keiner weiteren Koordinierung mehr bedürfe, da man Erfahrungswerte aus acht Jahren habe und die Arbeitsabläufe bekannt und eingespielt seien, folgt dem die Berufungskammer nicht. Denn diesem von der Beklagten vorgetragenen Umstand ist nicht konkret zu entnehmen, inwiefern sich durch die Routineabläufe die Vorarbeiterfunktion erübrigt haben soll. Bei allen Arbeitsabläufen, die über längere Zeit durchgeführt werden, ist davon auszugehen, dass aufgrund der bei den beteiligten Arbeitnehmern eintretenden Routine, Einsparpotenziale entstehen. In welchem Umfang sich die eingespielten Arbeitsabläufe aber auf die Aufsichtstätigkeit des Klägers tatsächlich ausgeübt haben, hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen.

Auch soweit die Beklagte im Berufungsverfahren auf ihre dramatische wirtschaftliche Entwicklung hingewiesen hat (Rückgang der Erlöse und Umsatzerlöse) ist kein Zusammenhang mit der vom Kläger als Vorarbeiter geschuldeten Arbeitstätigkeit zu erkennen.

Die Berufungskammer ist sich des Umstandes bewusst, dass die Beklagte nicht - wie im Rahmen zum Beispiel eines Kündigungsschutzprozesses - den Wegfall der Notwendigkeit eines Vorarbeiters bis in die letzte Einzelheit vortragen muss. Das Erfordernis der Darlegung eines sachlichen Grundes macht es aber erforderlich, den Zusammenhang zwischen dem genannten Grund und der Notwendigkeit der Tätigkeit eines Vorarbeiters nachvollziehbar zu machen. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.

b)

Soweit die Beklagte während des Berufungsverfahrens ausgeführt hat, die bisher vom Kläger ausgeübte Aufsichtstätigkeit sei auf den Abteilungsleiter Q. übertragen worden, der ausreichend zeitliche Kapazitäten zur Verfügung habe, ergibt sich auch hieraus kein sachlicher Grund für den Widerruf. Dieser Sachvortrag steht nämlich im Widerspruch zu dem ursprünglich von der Beklagten angegebenen Sachgrund. Hierbei argumentiert die Beklagte nämlich, dass die Vorarbeiterfunktion, aufgrund geringerer Abfallmengen, entfallen sei. Wenn aber überhaupt keine Vorarbeitertätigkeit mehr notwendig ist, bestand auch kein Anlass, Aufsichtsfunktionen auf den Abteilungsleiter Q. zu übertragen. Abgesehen davon, ist auch nicht substantiiert dargelegt, dass der Abteilungsleiter Q. tatsächlich in einem Maße unterbeschäftigt ist, dass er die Arbeitstätigkeit des Klägers übernehmen kann.

c)

Soweit sich die Beklagte schließlich darauf beruft, sie habe die Umlagerung des Altmülls auf die Firma S. übertragen, ist dies für die rechtliche Prüfung im vorliegenden Zusammenhang nicht relevant. Wie sich aus der Vergabebekanntmachung (vgl. Bl. 40 d. A.) ergibt, sollten die Umlagerungsarbeiten ab dem 01.09.2006 für die Zeit bis zum 31.12.2009 auf eine Drittfirma übertragen werden. Dieser Vorgang kann mithin nicht den Widerruf der Bestellung des Klägers zum Vorarbeiter bereits ab dem 01.03.2006 rechtfertigen.

B.

Der zulässige Berufungsantrag zu 2. ist ebenfalls begründet, da die Beklagte dem Kläger für den Monat März 2006 die Zahlung der Vorarbeiterzulage in unstreitiger Höhe von 190,28 EUR brutto schuldet. Nachdem die Vorarbeiterfunktion dem Kläger zum 01.03.2006 nicht rechtswirksam entzogen worden ist, hat die Beklagte für den Monat März 2006 die entsprechende Zulage weiter zu zahlen.

Die zugesprochenen Zinsen ergeben sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB.

Nach alledem war der Berufung insgesamt stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Beachtung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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