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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 05.12.2007
Aktenzeichen: 7 Ta 238/07
Rechtsgebiete: UWG, ArbGG, HGB, GVG


Vorschriften:

UWG § 1
UWG § 13
UWG § 13 Abs. 1 n. F.
UWG § 13 Abs. 1 S. 1
UWG § 17
UWG § 18
UWG § 19
UWG § 27
UWG § 27 Abs. 1
ArbGG § 2 Abs. 1 Ziffer 3
ArbGG § 2 Abs. 1 Ziffer 3 d
ArbGG § 48 Abs. 1
HGB § 60
GVG § 17 a Abs. 4 S. 3 ff.
GVG § 17 a Abs. 3 S. 2
GVG § 23
GVG § 95 Abs. 1 Nr. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz vom 19.09.2007, Az: 10 Ca 1362/01 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Beklagte war bei der Klägerin, die ein Biotechnologieunternehmen betreibt, während der Zeit vom 01.10.1993 bis 31.12.1999, zuletzt als Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, beschäftigt.

Der Beklagte gründete ein eigenes Unternehmen, die Firma Z., wobei zwischen den Parteien der genaue Zeitpunkt der Unternehmensgründung streitig ist.

In ihrer beim Arbeitsgericht Mainz eingereichten Klage hat die Klägerin folgende Anträge angekündigt:

I.

Dem Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,00 DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung, für den Fall der Nichtbetreibbarkeit von Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, untersagt,

ohne Zustimmung der Klägerin Herstellungsanweisungen, Herstellungsprotokolle und Auswertungen von Seren der Klägerin, die aus dem unternehmen der Klägerin stammen und die der Beklagte in auf Diskette gespeicherter Form bei der Klägerin mitgenommen hat, zu verwerten. Dies gilt insbesondere für

1. die Herstellungsanweisungen für:

Y.

X.

W.

V.

U.

T.

2. die Herstellungsprotokolle für:

S.

R.

Q.

P.

O.

N.

3. die Auswertungen von M. Seren.

II.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen, welche Unterlagen und/oder Arbeitsmittel aus dem Besitz und/oder Eigentum der Klägerin, insbesondere welche Herstellungsanweisungen, Herstellungsprotokolle, Analysen, Produktinformationen, Forschungsbeschreibungen, Forschungsergebnisse, Arbeitsanleitungen, Deckblätter für Arbeitsanleitungen, Informationen über Kunden inklusive Kundenlisten, ferner Qualitätskontroll-Zertifikate der Klägerin er

1. sich ohne Zustimmung der Klägerin verschafft und/oder auf Diskette gesichert und aus den Geschäftsräumen der Klägerin selbst mitgenommen hat und/oder durch Dritte hat mitnehmen lassen;

2. ohne Zustimmung der Klägerin verwertet.

III.

Der Beklagte wird verurteilt, sämtliche Unterlagen und/oder Arbeitsmittel im Sinne von Ziffer I. und II., die sich noch in seinem Besitz befinden, an die Klägerin herauszugeben und hinsichtlich solcher Unterlagen und/oder Arbeitsmittel im Sinne von Ziffer I. und II., die von der Staatsanwaltschaft Koblenz bei ihm beschlagnahmt wurden, gegenüber der Staatsanwaltschaft die Zustimmung der Herausgabe an die Klägerin zu erteilen.

IV.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser durch Handlungen des Beklagten gemäß Ziffer I. und II. bereits entstanden ist oder noch entstehen wird,

hilfsweise, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin für seine vorgeschriebenen Handlungen nach Ziffer I. und II. die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben.

V.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, wie und in welchem Umfang er der Klägerin während seiner Zeit als Angestellter der Klägerin (01.10.1993 bis 31.12.1999) Konkurrenz gemacht hat. Insbesondere hat er Auskunft zu erteilen über

- Art und Umfang von Angeboten und Verträgen über Autoimmun-Diagnostika, insbesondere über Anti-dsDNA IgA, Anti-dsDNA igG, Anti-ds DANN IgM, Anti-dsDNA Screen,Rheumafaktor IgA, Rheumafaktor IgG, Rheumafaktor IgM,Rheumafaktor Screen, Anti-Gliadin IgA, Anti-Gliadin IgG, Anti-Transglutaminase IgA, Anti-Transglutaminase IgG, Anti-Cardiolipin IgG/IgM, Anti-Cardiolipin IgA, Anti-beta2-Glycoprotein IgG/IgM, Anti-beta2-Glycoprotein IgA, Anti-Phosphatidyl Serin IgG/IgM, Anti-Phosphatidyl Sesrin IgA, IgG Anti-MPO, anti-PR 3, Anti-GBM, Anti-RNP-70, ANA-Screen, ANACombi und Anti-Centrometer-B,

- Namen und Anschriften der Angebotsempfänger bzw. Vertragspartner;

- Menge der tatsächlich bestellten, hergestellten und ausgelieferten Produkte;

- den mit dem Verkauf der Produkte erzielten Umsatz und die dabei entstandenen Kosten;

- Art und Umfang der betriebenen Werbung,

dies alles unter Vorlage gut lesbarer Belege.

VI.

Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Schadensersatz in einer nach der Erteilung der Auskunft nach Ziffer V. noch zu bestimmenden Höhe zu zahlen.

VII.

Dem Beklagten wird es bei Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 500.000,00 DM für jeden Fall der Zuwiderhandlung, für den Fall der Nichtbetreibbarkeit von Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfalle von Ordnungshaft bis zu zwei Jahren, untersagt, ohne Einwilligung der Klägerin Qualitätskontroll-Zertifikate gemäß nachfolgender Abbildung A 1 zu vervielfältigen und/oder zu verbreiten.

Die Klägerin hat unter anderem geltend gemacht, der Beklagte habe noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses einen Großkunden, die Firma L. abgeworben und mit diesem am 01.11.1999 einen Vertriebsvertrag geschlossen. Anlässlich seines Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis habe der Beklagte wertvolle Substanzen und wichtige Unterlagen bei der Klägerin entwendet; des weiteren habe er urheberrechtlich geschützte Dokumente, ohne Zustimmung der Klägerin, bearbeitet und verbreitet. Die Ansprüche, welche mit den Klageanträgen zu I. bis IV. verfolgt würden, hätten ihre rechtliche Grundlage u. a. in §§ 1, 17, 18 und 19 UWG.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt, wesentlichen Tatsachenvortrag der Klägerin bestritten und gerügt, die Kammer für Handelssachen sei unter Beachtung von § 27 UWG für den Rechtsstreit zuständig.

Mit Beschluss vom 19.09.2007 hat daraufhin das Arbeitsgericht Mainz den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten für eröffnet erklärt. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die ausschließliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes sei gem. § 2 Abs. 1 Ziffer 3 ArbGG gegeben, da nach Buchstabe c) dieser Regelung Arbeitsgerichte auch in jenen Fällen zuständig seien, in welchen um die Nachwirkungen aus einem Arbeitsverhältnis gestritten werde. Eine unerlaubte Handlung im Sinne von Buchstabe b) der Zuständigkeitsregelung müsse zwar im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis begangen worden sein, nicht aber zugleich eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten verkörpern. Für die Bejahung des Zusammenhanges genüge es bereits, dass nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine Verbindung zwischen Gegen- ständen, Regelungen oder Lebenssachverhalten hergestellt werden könne. Im vorliegenden Fall stütze die Klägerin ihre Klageanträge auf Verstöße des Beklagten gegen das UWG, nehme dabei aber auf Tatsachen Bezug (Entwendung von Disketten), die der Beklagte nur während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses mitgenommen haben könne. Auch für die Klageanträge in entsprechender Anwendung von § 60 HGB (Konkurrenz im bestehenden Arbeitsverhältnis) sei eindeutig das ehemalige Arbeitsverhältnis Anknüpfungspunkt. § 27 Abs. 1 UWG sei durch die gesetzliche Regelung des § 13 UWG abgelöst worden, ohne dass sich für den vorliegenden Zusammenhang eine Änderung der Rechtslage ergeben würde. § 27 Abs. 1 UWG habe früher keine Rechtswegbestimmung enthalten, sondern lediglich die gesetzlich angeordnete Geschäftsverteilung im Rahmen der zivilrechtlichen Zuständigkeiten geregelt. Nichts anderes sei auch § 13 UWG n. F. zu entnehmen.

Der Beklagte, dem der Beschluss des Arbeitsgerichtes vom 19.09.2007 am 02.10.2007 zugestellt worden ist, hat am 10.10.2007 sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Beklagte macht geltend,

er bestreite, dass er im Zusammenhang mit dem früher bestehenden Arbeitsverhältnis unerlaubte Handlungen begangen habe. Das gegen ihn durchgeführte Strafverfahren sei dementsprechend zwischenzeitlich eingestellt worden.

Es sei zwar richtig, dass nach § 2 Abs. 1 Ziffer 3 d) ArbGG eine ausschließliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte im vorliegenden Fall begründet sein könnte. Andererseits bestimme aber § 13 Abs. 1 S. 1 UWG, dass alle bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund des UWG geltend gemacht werde, in die ausschließliche Zuständigkeit der Landgerichte falle. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens, mit welchem das UWG im Jahr 2004 reformiert worden sei, sei diese ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte vorgesehen worden.

Das Arbeitsgericht Mainz hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und insbesondere auf die von beiden Parteien eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 4 S. 3 ff. GVG, 78 S. 1 ArbGG, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Mainz hat unter Beachtung von §§ 48 Abs. 1 ArbGG, 17 a Abs. 3 S. 2 GVG, § 2 Abs. 1 Ziffer 3 d) ArbGG zu Recht vorab den zu ihm beschrittenen Rechtsweg für zulässig erklärt.

Nach § 2 Abs. 1 Ziffer 3 d) ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen. Im vorliegenden Fall macht die Klägerin unerlaubte Handlungen des Beklagten geltend, da dieser ihrer Auffassung nach während und nach dem Arbeitsverhältnis wettbewerbswidrige Handlungen vorgenommen hat, insbesondere soll er wertvolle Substanzen und wichtige Unterlagen entwendet und urheberrechtlich geschützte Dokumente rechtswidrig bearbeitet und verbreitet haben. Hierin sind unerlaubte Handlungen zu sehen, welche im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen. Dies hat bereits das Arbeitsgericht in zutreffender Weise in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, worauf verwiesen wird, zumal der Beschwerdeführer dem nicht entgegengetreten ist.

§ 13 Abs. 1 UWG n. F. steht der Rechtswegzuständigkeit des Arbeitsgerichtes nicht entgegen. Diese Gesetzesregelung lautet:

§ 13 Sachliche Zuständigkeit

(1) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, sind die Landgerichte ausschließlich zuständig. Es gilt § 95 Abs. 1 Nr. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes.

(2) ...

Wie bereits die amtliche Überschrift deutlich zeigt, handelt es sich bei dieser Norm nicht um die Regelung der Rechtswegzuständigkeit, sondern der sachlichen Zuständigkeit. Bei der sachlichen Zuständigkeit geht es um die Frage, ob als Gericht erster Instanz das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig ist. Eine Regelung hierzu findet sich nicht nur in § 23 GVG, sondern, soweit Prozessparteien um unlauteren Wettbewerb streiten, auch in § 13 UWG n. F. Bei der Abgrenzung von zivilrechtlichen zu arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, handelt es sich, zumindest seit der Gesetzesänderung vom 01.01.1991 hingegen nicht um eine Frage der sachlichen Zuständigkeit, sondern der Rechtswegzuständigkeit (vgl. § 48 ArbGG, 17 a GVG).

An dieser rechtlichen Ausgangssituation hat sich durch die Neufassung des UWG vom 03.07.2004 nichts geändert. Eine Änderung ergab sich vielmehr lediglich in der Verteilung der sachlichen Zuständigkeit zwischen Amts- und Landgericht für die Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch aufgrund des UWG geltend gemacht wird. Insoweit wurde eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte (Kammer für Handelssachen) durch die Gesetzesnovelle begründet.

Dies lässt sich auch aus der Entstehungsgeschichte des UWG vom 03.07.2004 nachvollziehen. In der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 24.03.2004, die der Bundestag in seiner Sitzung vom 01.04.2004 angenommen hat, heißt es:

" Zu § 13 Abs. 1

Durch die Änderung soll eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit der Landgerichte (Kammern für Handelssachen) in UWG-Sachen eingeführt werden. Der größte Tei von UWG-Sachen fällt streitwertbedingt bei den Landgerichten (Kammern für Handelssachen) an. Dort sind Sachverstand und Erfahrungswissen für diesen Bereich versammelt. Für den Richter am Amtsgericht bedeuten vereinzelte UWG-Sachen einen unverhältnismäßigen Einarbeitungsaufwand. Die geringe Zahl von Fällen lässt einen Aufbau UWG-spezifischer Erfahrung bei den Amtsgerichten nicht zu. (vgl. BT Drucksache 15/2795, Seite 22)."

Mithin sollte durch § 13 UWG n. F. im Vergleich zu der vorausgegangenen Regelung in § 27 UWG a. F. lediglich eine Änderung in der Verteilung der Zuständigkeit zwischen Amts- und Landgericht vorgenommen werden, nicht aber eine Änderung der Rechtswegzuständigkeit.

Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe tatsächlich keine unerlaubten Handlungen im Zusammenhang mit dem frührer bestehenden Arbeitsverhältnis begangen, ist dies im Rahmen der Begründetheit der Klageansprüche zu prüfen, jedoch für die Rechtswegzuständigkeit als eines Teiles der Zulässigkeitsprüfung unerheblich. Insoweit kommt es allein auf die von der Klägerin geltend gemachten Tatsachen an.

Nach alldem war die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Beachtung von §§ 48 Abs. 1, 17 a Abs. 4 S. 5 GVG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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