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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 27.08.2008
Aktenzeichen: 8 Sa 154/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, StGB, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 26 Abs. 2
BGB § 174
BGB § 174 Satz 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 389
BGB § 394
BGB § 626 Abs. 1
BGB § 626 Abs. 2
BGB § 812 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 1
BGB § 823 Abs. 2
StGB § 266
ZPO § 138
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 138 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.01.2008, Az.: 3 Ca 1456/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen, über einen Anspruch des Klägers auf Zahlung von Arbeitsvergütung sowie über einen im Wege der Widerklage geltend gemachten Schadensersatzanspruch. Der am 27.09.1959 geborene, seiner Ehefrau zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei dem beklagten Verein seit dem 01.08.1985 als Beratungsstellenleiter beschäftigt. Seine Arbeitsvergütung belief sich zuletzt auf 3.000,00 EUR brutto monatlich. Unter dem 17.07.2007 verfasste der Kläger ein an den Vorstand des Beklagten gerichtetes Schreiben mit folgendem Inhalt: "Sehr geehrter Herr Z, zur Erklärung meines Kassensaldos von ca. 10.000, EUR darf ich Ihnen folgendes mitteilen:

Durch die Aufgabe meines Einzelhandelsgeschäftes im Dezember 2005 hat sich durch die verbleibenden Verpflichtungen ein Finanzloch gebildet. Dieses Loch habe ich mit Bargeldeinnahmen der Firma gestopft, um ein totales finanzielles Desaster abzuwenden. Nur so konnte ich eine Privatinsolvenz vermeiden. Da ich die Vereinseinnahmen korrekt verbucht und auch in der Stichtagsmeldung gemeldet habe, war mir persönlich klar, dass dieses Vorgehen auffällt.

Da die bestehende Verpflichtung zum August 2007 wegfällt, werde ich den Minussaldo natürlich so schnell wie möglich zurückführen und die Tageseinnahmen ab sofort korrekt einzahlen." Der Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 20.07.2007 fristlos sowie vorsorglich ordentlich. Das Kündigungsschreiben ist unterzeichnet von einem der beiden Vorstandsmitglieder, Herrn Z. Der Vorstand der Beklagten besteht ausweislich des Vereinsregisters des Amtsgerichts Nürnberg aus zwei Personen (Herrn Z sowie Frau Y), von denen jedes den Verein einzeln vertreten kann. Diesbezüglich bestimmt auch § 8 Ziffer 4 der Satzung des beklagten Vereins, dass beide Vorstandsmitglieder den Verein allein vertreten können. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 25.07.2007 hat der Kläger die Kündigung "mangels Berechtigung des Unterzeichners bzw. mangels urkundlichen Nachweises der Berechtigung zum Ausspruch einer Kündigung" zurückgewiesen. Gegen die mit Schreiben vom 20.07.2007 ausgesprochene Kündigung richtet sich die vom Kläger am 25.07.2007 beim Arbeitsgericht eingereichte Kündigungsschutzklage. Der Beklagte hat in der Folgezeit weitere Kündigungen ausgesprochen, die der Kläger jeweils mit klageerweiternden Schriftsätzen angegriffen hat. Ausweislich einer vom beklagten Verein dem Kläger für den Zeitraum vom 01.07. bis einschließlich 23.07. erteilten Gehaltsabrechnung wurde vom Arbeitsentgelt des Klägers i. H. von 2.300,00 EUR brutto der sich hieraus ergebende Nettobetrag von 1.699,70 EUR unter der Bezeichnung "Darlehen" in Abzug gebracht. Neben der Feststellung der Unwirksamkeit der seitens des Beklagten ausgesprochenen Kündigungen hat der Kläger erstinstanzlich die Zahlung seiner vollen Arbeitsvergütung von 3.000,00 EUR brutto für den Monat Juli 2007 geltend gemacht. Der Beklagte hat seinerseits den Kläger im Wege der Widerklage auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 10.000,00 EUR in Anspruch genommen. Der Kläger hat beantragt,

1. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung des Beklagten vom 20.07.2007 nicht zum 23.07.2007 beendet wird, 2. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 27.07.2007 nicht zum 30.07.2007 beendet wurde, 3. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 21.09.2007 aufgelöst worden ist, 4. es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 29.09.2007 beendet wurde, 5. es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 23.07.2007 hinaus fortbesteht. 6. Für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen Ziffer 1.bis 4.: Den Beklagten zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzprozesses als Beratungsstellenleiter weiter zu beschäftigen bzw. zu beschäftigen. 7. Den Beklagten unter Abweisung der Widerklage zu verurteilen, an ihn 3.000,00 EUR brutto nebst 5 Prozent Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit 31.07.2007 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt,

den Kläger unter Abweisung der Klageanträge zu verurteilen, an ihn 10.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

hilfsweise:

1. Den Kläger zu verurteilen, durch eine geordnete Zusammenstellung Auskunft darüber zu erteilen, wann er welche Bargeldbeträge aus der Barkasse der Beratungsstelle Ludwigshafen entnommen hat. 2. Den Kläger zu verurteilen, die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Auskunft an Eides Statt zu versichern. 3. Den Kläger nach Maßgabe seiner Auskunft zur Zahlung zu verurteilen. Der Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen. Von einer weitergehenden Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 16.01.2008 (Bl. 184 bis 191 d. A.). Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 16.01.2008 den Kläger verurteilt, an den Beklagten 7.800,30 EUR nebst Zinsen zu zahlen. Die Klage sowie die weitergehende Widerklage hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Zur Darstellung der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 10 bis 21 des erstinstanzlichen Urteils (= Bl. 192 bis 203 d. A.) verwiesen. Gegen das ihm am 20.02.2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19.03.2008 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 16.04.2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 20.05.2008 begründet. Der Kläger macht im Wesentlichen geltend, das Arbeitsgericht habe den Sachvortrag in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht unzutreffend gewürdigt. Insbesondere habe das erstinstanzliche Gericht verkannt, dass sämtliche Kündigungen bereits nach § 174 BGB unwirksam seien. Eine Einzelvertretungsberechtigung eines von mehreren Vorstandsmitgliedern eines Vereins sei gesetzlich nicht vorgesehen. Der Beklagte habe die Alleinvertretungsbefugnis des die Kündigung unterzeichnenden Vorstandsmitglieds bei Kündigungsausspruch nicht offen gelegt. Es wäre für den Beklagten ein Einfaches gewesen, eine von beiden Vorstandsmitgliedern unterzeichnete Kündigungsvollmacht oder aber zumindest die Vereinssatzung vorzulegen. Ihm, dem Kläger, stehe auch der vom Beklagten für den Monat Juli 2007 abgerechnete und damit anerkannte Betrag von 3.000,00 EUR als Arbeitsentgelt zu. Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, Klageforderungen und Widerklageforderungen zu saldieren. Die Widerklage bedürfe der Abweisung. Diesbezüglich habe das Arbeitsgericht die Grundsätze der Darlegungs- und Beweislast verkannt. Er - der Kläger - verfüge über keinerlei Unterlagen, um die angebliche Forderung des Beklagten der Höhe nach näher zu erläutern. Vielmehr sei es Sache des Beklagten, seinen Schadensersatzanspruch substantiiert darzulegen. Zur näheren Darstellung des Vorbringens des Klägers im Berufungsverfahren wird auf dessen Berufungsbegründungsschrift vom 20.05.2008 (Bl. 254 bis 256 d. A.) Bezug genommen. Der Kläger beantragt,

das erstinstanzliche Urteil abzuändern und wie folgt zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung des Beklagten vom 20.07.2007 nicht zum 23.07.2007 beendet wird. 2. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 27.07.2007 nicht zum 30.07.2007 beendet wurde. 3. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 21.09.2007 aufgelöst worden ist. 4. Es wird festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung vom 29.09.2007 beendet wurde. 5. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungstatbestände endet, sondern zu unveränderten Bedingungen über den 23.07.2007 hinaus fortbesteht. 6. Für den Fall des Obsiegens mit den Anträgen Ziffer 1. bis 4.: Den Beklagten zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen bis zur rechtskräftigen Entscheidung des Kündigungsschutzprozesses als Beratungsstellenleiter weiter zu beschäftigen bzw. zu beschäftigen. 7. Die Widerklage wird abgewiesen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Zur näheren Darstellung seines Vorbringens im Berufungsverfahren wird auf die Berufungserwiderungsschrift vom 11.07.2008 (Bl. 269 und 269 R.d.A.) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. II. 1. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklagen des Klägers abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis ist bereits durch die zeitlich erste, mit Schreiben vom 20.07.2007 ausgesprochene fristlose Kündigung des Beklagten aufgelöst worden. Die fristlose Kündigung erweist sich wegen Vorliegens eines wichtigen Grundes i. S. von § 626 Abs. 1 BGB sowie in Ermangelung sonstiger Unwirksamkeitsgründe als rechtswirksam. a) Ein wichtiger Grund i. S. von § 626 Abs. 1 BGB ist nach der gesetzlichen Definition gegeben, wenn Tatsachen vorliegen, die es dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar machen, das Arbeitsverhältnis für die Dauer der ordentlichen Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortzusetzen. Es ist daher zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt - ohne die besonderen Umstände des Einzelfalles - (überhaupt) geeignet ist, einen wichtigen Grund zu bilden. Sodann ist zu untersuchen, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die konkrete Kündigung gerechtfertigt ist, d. h.. ob es dem Kündigenden unzumutbar geworden ist, das Arbeitsverhältnis bis zu dem gemäß § 626 Abs. 1 BGB relevanten Zeitpunkt fortzusetzen. Vom Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber begangene Straftaten, insbesondere Eigentums- oder Vermögensdelikte sind an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Vorliegend steht bereits aufgrund des unstreitigen Sachverhalts fest, dass der Kläger Geldbeträge in einer Gesamthöhe von ca. 10.000,00 EUR, die dem Beklagten zustanden, vereinnahmt und für eigene Zwecke verwendet hat. Dies hat der Kläger vorgerichtlich mit Schreiben vom 17.07.2007 ausdrücklich eingeräumt und im Laufe des vorliegenden Rechtsstreits zu keinem Zeitpunkt in Abrede gestellt. Es kann offen bleiben, ob das Verhalten des Klägers den Tatbestand der Unterschlagung (§ 246 StGB) und/oder den Tatbestand der Untreue (§ 266 StGB) erfüllt, da die strafrechtliche Beurteilung des Fehlverhaltens des Klägers nicht entscheidend ist. Der Kläger hat jedenfalls unstreitig vorsätzlich das Vermögen des Beklagten in erheblichem Umfang geschädigt, was zweifellos einen für sich wichtigen Grund i. S. von § 626 Abs. 1 BGB darstellt. Unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Einzelfalles sowie der Interessen beider Vertragsteile wiegt das Fehlverhalten des Klägers so schwer, dass dem Beklagten nicht zugemutet werden konnte, den Kläger noch wenigstens bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist, d. h. bis zum 29.02.2008 weiter zu beschäftigen. Zwar spricht zugunsten des Klägers seine fast 22-jährige Betriebszugehörigkeit sowie sein Lebensalter von 48 Jahren bei Kündigungsausspruch. Zu seinen Gunsten ist auch die Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner Ehefrau zu berücksichtigen. Dem gegenüber ist jedoch zugunsten des Beklagten zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Stellung als Beratungsstellenleiter zur Begehung einer Straftat zu Lasten des Beklagten ausgenutzt und dadurch das erforderliche Vertrauen in seine Redlichkeit und Zuverlässigkeit vollständig zerstört hat. Dieser Vertrauensverlust wiegt schwerer als die zugunsten des Klägers sprechenden sozialen Gesichtspunkte. Eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist war dem Beklagten daher nicht zuzumuten. Hinsichtlich der Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB bestehen keine Bedenken. Das Berufungsgericht folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils (dort S. 12 vierter Absatz bis Seite 13 erster Absatz = Bl. 194 f. d. A.) und stellt dies hiermit ausdrücklich gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG fest. b) Die Kündigung ist auch nicht nach § 174 BGB unwirksam. Zwar hat der Kläger die ihm am 23.07.2007 zugegangene Kündigung mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 25.07.2007 und damit auch unverzüglich zurückgewiesen. Der Anwendungsbereich des Zurückweisungsrechts des § 174 Satz 1 BGB ist jedoch im vorliegenden Fall nicht eröffnet. § 174 Satz 1 BGB gilt nach seinem Wortlaut und seiner Stellung im BGB nur für rechtsgeschäftlich bevollmächtigte Vertreter (BAG v. 10.02.2005 - 2 AZR 584/03 - AP Nr. 18 zu § 174 BGB). Beruht die Vertretungsmacht nicht auf der Erteilung einer Vollmacht durch den Vertretenen, sondern auf gesetzlicher Grundlage, so scheidet eine Zurückweisung aus. Die gesetzliche Vertretungsmacht beruht nämlich nicht auf einer Willensentscheidung des Vertretenen. Sie kann auch nicht durch eine Vollmachtsurkunde nachgewiesen werden. Grundsätzlich besteht deshalb das Recht zur Zurückweisung gemäß § 174 Satz 1 BGB auch im Falle der organschaftlichen Vertretung nicht. Außer in bestimmten Ausnahmefällen ist auch für eine analoge Anwendung des § 174 BGB bei einer organschaftlichen Vertretungsmacht kein Raum (vgl. BAG v. 10.02.2005, a. a. O., m. w. N.). Bei der in Rede stehenden Vertretung des Beklagten durch das Vorstandsmitglied Z handelt es sich um ein organschaftliches Handeln, auf das § 174 BGB weder direkt noch analog anzuwenden ist. Die Vertretung beruht auf der gesetzlichen Grundlage des § 26 Abs.2 BGB i. V. m. § 8 Abs. 4 der Satzung des Beklagten. Zwar besteht nach § 26 Abs. 2 BGB von Gesetzes wegen eine Gesamtvertretungsbefugnis der Vorstandsmitglieder. Eine hiervon abweichende Regelung findet sich aber in § 8 Abs. 4 der Satzung des Beklagten. Danach können beide Vorstandsmitglieder den Verein jeweils allein vertreten. Die Vertretungsmacht beruht hier nicht auf einer Willensentscheidung, die durch eine Vollmacht nachgewiesen werden könnte. Darüber hinaus ist die Einzelvertretungsmacht der beiden Vorstandsmitglieder im Vereinsregister des Amtsgerichts Nürnberg publiziert. c) Da das Arbeitsverhältnis der Parteien somit bereits durch die zeitlich erste Kündigungserklärung des Beklagten vom 20.07.2007 mit sofortiger Wirkung aufgelöst worden ist, erweisen sich auch die vom Kläger gegen die später ausgesprochenen Kündigungen erhobenen Klagen als unbegründet, da zu deren jeweiligen Zugangszeitpunkten kein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mehr bestanden hat. 2. Das Arbeitsgericht hat auch im Ergebnis zu Recht die Zahlungsklage des Klägers abgewiesen. Die Zahlungsklage ist nicht begründet. Da das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien - wie bereits ausgeführt - mit Zugang der mit Schreiben vom 20.07.2002 ausgesprochenen fristlosen Kündigung am 23.07.2007 geendet hat, hat der Kläger, bezogen auf den betreffenden Monat, nur für die Zeit vom 01. bis 23.07.2007 einen Anspruch auf Arbeitsentgelt erworben. Dieses beläuft sich, ausweislich der in rechnerischer Hinsicht unstreitigen Gehaltsabrechnung (Bl. 105 d. A.) - bei Außerachtlassung der vorliegend nicht im Streit befindlichen "Altersvorsorge - Zusatzleistung" - auf 2.300,00 EUR brutto, woraus sich ein verbleibender Nettoentgeltanspruch von 1.699,70 EUR ergibt. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von 1.699,70 EUR netto ist infolge Aufrechnung erloschen (§ 389 BGB). Da der Kläger unstreitig dem Beklagten zustehende Geldbeträge, die er in seiner Eigenschaft als Beratungsstellenleiter in Empfang genommen und zu verwahren hatte, für eigene Zwecke verwendet hat, steht dem Beklagten gegen ihn sowohl nach § 280 Abs. 1 BGB als auch nach § 823 Abs. 1 BGB i. V. mit § 266 StGB sowie nach § 812 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung des entwendeten bzw. vereinnahmten Geldes zu. Dieser Anspruch übersteigt den Netto-Arbeitsentgeltanspruch des Klägers von 1.699,70 EUR bei weitem. Der Kläger hat diesbezüglich bereits vorgerichtlich eingeräumt, einen Betrag von insgesamt ca. 10.000,00 EUR vereinnahmt zu haben und die Richtigkeit dieser Erklärung im Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits nicht in Abrede gestellt. Zwar hat der Beklagte keine ausdrückliche Aufrechnungserklärung abgegeben. Eine solche kann jedoch auch konkludent erfolgen, was vorliegend bereits dadurch geschehen ist, dass der Beklagte ausweislich des Inhalts der Gehaltsabrechnung für Juli 2007 unter der Bezeichnung "Darlehen" einen Betrag in der vollen Höhe des vom Kläger erdienten Nettoverdienstes von dessen Arbeitsvergütung in Abzug gebracht hat. Im Hinblick auf die vom Kläger zuvor mit Schreiben vom 17.07.2007 gegenüber dem Beklagten eingeräumte Vereinnahmung von Geldbeträgen sowie unter Berücksichtigung des Inhalts des Kündigungsschreibens vom 20.07.2007 war sowohl aus Sicht des Klägers als auch aus Sicht eines Dritten klar und deutlich erkennbar, dass es sich bei dem betreffenden Abzug um eine Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen des Beklagten handelte. Darüber hinaus hat sich der Beklagte in seiner Berufungserwiderung ausdrücklich die vom Arbeitsgericht vorgenommene Saldierung der Schadensersatzforderung mit dem Arbeitsentgeltanspruch des Klägers zu eigen und geltend gemacht, die (teilweise) Unpfändbarkeit des Arbeitseinkommens des Klägers stehe der Zulässigkeit der Aufrechnung nicht entgegen. Der Beklagte hat daher zumindest konkludent die Aufrechnung erklärt. Deren Wirksamkeit scheitert im vorliegenden Fall nicht gemäß § 394 BGB daran, dass das Arbeitsentgelt des Klägers (jedenfalls nicht in vollem Umfang) der Pfändung unterliegt. Das Aufrechnungsverbot tritt nämlich zurück, soweit Treu und Glauben dies erfordern. Zulässig ist daher nach allgemeiner Ansicht die Aufrechnung von Schadensersatzansprüchen, die - wie vorliegend - aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen oder aus vorsätzlichen Vertragsverletzungen resultieren. Da der Kläger die Abführung der in der Gehaltsabrechnung ausgewiesenen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge durch den Beklagten nicht gerügt bzw. bestritten hat, war die Zahlungsklage somit insgesamt abzuweisen. 3. Die Widerklage des Beklagten ist jedenfalls in dem vom Arbeitsgericht ausgeurteilten Umfang begründet. Der Beklagte hat gegen den Kläger - wie bereits ausgeführt - einen Anspruch auf Zahlung der vereinnahmten Geldbeträge aus § 280 Abs. 1 BGB, aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 266 StGB sowie aus § 812 Abs. 1 BGB. Der Höhe nach belief sich dieser Anspruch zunächst jedenfalls auf den insoweit vom Arbeitsgericht in den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils in Ansatz gebrachten Betrag von 9.500,00 EUR. Auch dies ergibt sich aus dem Umstand, dass der Kläger eingeräumt hat, "ca. 10.000,00 EUR" zu Lasten des Beklagten vereinnahmt zu haben und die Richtigkeit dieser Erklärung nicht Abrede stellt. Soweit der Kläger geltend macht, bei dem betreffenden Betrag handele es sich lediglich um eine grobe Schätzung und er verfüge selbst über keine Unterlagen, aus denen sich die exakte Höhe der Geldsumme ergebe, so genügt dieses Vorbringen nicht den Bestimmungen des § 138 ZPO. Danach haben die Prozessparteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben; darüber hinaus ist eine Erklärung mit Nichtwissen nur über solche Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmungen gewesen sind. Hinsichtlich der Höhe des entwendeten Geldbetrages verfügt der Kläger zweifellos über eigene Wahrnehmungen. Ein bloßes Bestreiten mit Nichtwissen unter Hinweis darauf, es habe sich insoweit nur um eine grobe Schätzung gehandelt, ist daher nach § 138 Abs. 4 ZPO nicht zulässig. Vielmehr war der Kläger nach § 138 Abs. 1 ZPO gehalten, sich hierüber vollständig zu erklären. Dem gegenüber konnte sich der Beklagte, der nach seinem Vorbringen über keine eigenen Erkenntnisquellen bezüglich der exakten Geldbeträge verfügt, damit begnügen, seine Zahlungsklage auch der Höhe nach auf die vom Kläger vorgerichtlich abgegebene Erklärung zu stützen. Es wäre sodann Sache des Klägers gewesen, im Einzelnen darzulegen, ob und ggf. in welchem Umfang der tatsächlich vereinnahmte Geldbetrag von der zugestandenen Summe ("ca. 10.000,00 EUR") abweicht. In Ermangelung eines diesbezüglichen Sachvortrages des Klägers ist davon auszugehen, dass ein Schadensersatzanspruch zugunsten des Beklagten zumindest in Höhe der vom Arbeitsgericht diesbezüglich in Ansatz gebrachten Summe von 9.500,00 EUR entstanden ist. Dieser Schadensersatzanspruch ist in Höhe des vom Beklagten gegenüber dem Arbeitsentgeltanspruch des Klägers insoweit aufgerechneten Betrages von 1.699,70 EUR gemäß § 389 BGB erloschen, so dass ein Schadensersatzanspruch - wie erstinstanzlich ausgeurteilt - von 7.800,30 EUR verbleibt. Der Zinsanspruch des Beklagten ergibt sich aus den §§ 288 Abs.1, 291 BGB. III. Die Berufung des Klägers war daher mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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