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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 12.03.2004
Aktenzeichen: 8 Sa 2148/03
Rechtsgebiete: BGB, RRG 1972, SGB VI, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BGB §§ 305 ff n. F.
BGB § 625
RRG 1972 § 5 II
SGB VI § 39
SGB VI § 41
SGB VI § 41 S. 2
SGB VI § 41 Abs. 4 S. 2
SGB VI § 41 Abs. 4 S. 3
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 72 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 519
ZPO § 520
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Sa 2148/03

Verkündet am: 12.03.2004

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 12.11.2003 - 8 Ca 2588/03 - wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer formularmäßigen Befristung im Arbeitsvertrag.

Die am 6. Juli 1938 geborene Klägerin wurde von der Rechtsvorgängerin der Beklagten am 1. Juni 1983 eingestellt.

Unter Ziffer 6. Dauer des Dienstvertrages und Kündigung ist im Dienstvertrag u. a. folgende Regelung enthalten: " ... das Dienstverhältnis endet spätestens mit Ablauf des Monats, in welchem die Angestellte das 60. Lebensjahr vollendet". Nach Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über diesen Zeitpunkt hinaus, teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 16. Juni 2003 unter Hinweis auf § 41 S. 2 SGB VI mit, dass das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31. Juli 2003 - Vollendung des 65. Lebensjahres - enden werde.

Hiergegen hat sich die Kläger mit ihrer am 30. Juli 2003 erhobenen Klage gewandt und erstinstanzlich im Wesentlichen vorgebracht,

die arbeitsvertragliche Befristungsregelung sei unwirksam und nähme keinen Bezug auf die Möglichkeit einer Inanspruchnahme einer Altersrente. § 41 S. 2 SGB VI enthielte lediglich eine zugunsten des Arbeitnehmers wirkende Fiktion. Die Beklagte könne sich daher auf diese Vorschrift nicht berufen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit dem 31.07.2003 endet, sondern unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat erstinstanzlich

Klageabweisung

beantragt und ist der Auffassung der Klägerin entgegengetreten.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat das Begehren der Klägerin durch Urteil vom 12.11.2003 - 8 Ca 2588/03 - abgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die arbeitsvertraglich vereinbarte Klausel sei zulässig. Sie verstieße nicht gegen § 305 ff BGB n. F. und hielte einer Inhaltskontrolle stand. § 41 S. 2 SGB VI sei auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar. Die gesetzlichen Voraussetzungen lägen vor, da die Klägerin nach der bei Vertragsschluss geltenden Gesetzeslage, ebenso nach dem bei Vollendung ihres 60. Lebensjahres noch geltenden § 39 SGB VI, zu diesem Zeitpunkt eine Altersrente hätte beantragen können. Dass die arbeitsvertragliche Regelung die Rentenberechtigung als Befristungsgrund nenne, verlange § 41 S. 2 SGB VI nicht. Aufgrund dieser Vorschrift bzw. des am 31.07.1998 geltenden wortgleichen § 41 Abs. 4 S. 2 SGB VI sei das Befristungsende am vorgenannten Tage auf den 31.07.2003 hinausgeschoben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil (S. 3 - 4 = Bl. 56 - 57 d. A.) Bezug genommen.

Gegen das am 27.11.2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 23.12.2003 eingelegte Berufung der Klägerin, die am 26.01.2004 begründet wurde.

Die Klägerin führt zweitinstanzlich im Wesentlichen aus,

das Arbeitsgericht habe unberücksichtigt gelassen, dass mit der formularmäßigen Regelung im Dienstvertrag keine Altersgrenze auf das 65. Lebensjahr, sondern eine solche auf das 60. Lebensjahr festgelegt worden sei. Insoweit greife die Entscheidung des Bundesarbeitgerichts vom 11.06.1997 nicht ein, die sich auf eine Altersgrenzenvereinbarung auf die Vollendung des 65. Lebensjahres bezöge. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts würde durch § 41 S. 2 SGB VI kein Hinausschieben der Altersgrenze auf die Vollendung des 65. Lebensjahres erreicht. Eine unwirksam getroffene Altersgrenzenregelung könne nicht durch eine Altersgrenze zum 65. Lebensjahr ersetzt werden. Diese Funktion habe die sozialrechtliches Bestimmung nicht. Die Altersgrenzenregelung im Dienstvertrag vom 07.05.1986 sei nichtig, da sie nicht an irgendwelche Rentenansprüche anknüpfe. Nichtigkeit sei auch wegen unzulässiger Differenzierung gegeben. In der Literatur (Belling/ Hartmann) würde deutlich gemacht, dass die unterschiedliche Regelaltersgrenze für Männer und Frauen nicht zur gleichen Rentensituation führe. Die Nichtigkeit der mit der Klägerin festgelegten Altersgrenze ergebe sich auch aus dem Verstoß gegen Art. 5 I der Richtlinie 76/ 207 des Rates der Europäischen Gemeinschaft vom 09.02.1976. Die nichtige Vorschrift würde auch nicht durch irgendeine andere ersetzt. Sei die im Dienstvertrag enthaltene Altersklausel nichtig, fehle es von vornherein an jeder Anknüpfungsmöglichkeit für sozialrechtliche Vorschriften, die eine Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 65. Lebensjahr vorsehen. Es läge auch kein Anwendungsfall der sozialrechtlichen Vorschriften Art. 6 § 5 II RRG 1972/ § 41 S. 2 SGB VI vor. Aus dem in den sozialrechtlichen Vorschriften zum Ausdruck gekommenen Gesetzeszweck zugunsten der gesetzlichen Rentenversicherung ergebe sich von vornherein ein eingeschränkter Anwendungsbereich. Die Anwendung dieser Vorschriften scheide in allen Fällen aus, wo es nicht um gesetzliche Rentenansprüche ginge. Es handele sich nicht um eine gesetzliche Ersatzregelung für unwirksame Altersgrenzenvereinbarungen. Ihre Anwendung würde zu einer völlig unzulässigen Differenzierung führen und sei entgegen dem Gesetzeszweck unzulässig. Im Übrigen sei nach der Rechtssprechung des BAG (Urteil vom 17.04.2002 - 7 AZR 40/01) davon auszugehen, dass die Fiktionswirkung der sozialrechtlichen Vorschriften nur eine solche zugunsten des Arbeitnehmers sei, der Arbeitgeber dagegen sich nicht auf diese berufen könne. Sie - die Klägerin - habe sich zu keinem Zeitpunkt für den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses auf diese sozialrechtlichen Bestimmungen berufen. Die Geltendmachung des Wahlrechts durch den Arbeitnehmer erfordere eine ausdrückliche Geltendmachung mit fristgerechter Klageerhebung.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 26.01.2004 (Bl. 86 - 94 d. A.), sowie auf den vom 04.03.2004 (Bl. 120 - 122 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - 8 Ca 2588/03 - vom 12.11.2003 wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit dem 31.07.2003 geendet hat, sondern unverändert fortbesteht.

Die Beklagte hat

Zurückweisung der Berufung

beantragt und erwidert,

die im Dienstvertrag enthaltene Altersgrenzenregelung sei wirksam. Es handele sich um eine in der Praxis übliche Altersgrenzenvereinbarung, die sich sowohl in Einzelarbeitsverträgen als auch in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen fände. Es sei weder notwendig noch üblich, dass bei einer Vereinbarung einer Altersgrenze auf die Vorschrift des § 41 SGB VI hingewiesen würde. Die Regelungskompetenz zur Vereinbarung einzelvertraglicher Vereinbarungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen bestimmter Altersgrenzen stünde den Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer Privatautonomie zu. Die von der Klägerin zitierten Literaturmeinungen, die für die Wirksamkeit einer Altersgrenzenvereinbarung einen ausdrücklichen Bezug zur gesetzlichen Altersrente verlangten, stellten eine Mindermeinung dar, die jedenfalls nicht vom Bundesarbeitsgericht und der herrschenden Meinung in der Literatur geteilt würde. Die Einwände der Klägerin, wonach eine Altersgrenzenvereinbarung einen Verstoß gegen Art. 12 GG und wegen der unterschiedlichen Altersgrenze für Frauen und Männern aus Art. 3 GG darstellen soll, seien von der Rechtssprechung als nicht zutreffend behandelt worden. Den Ausführungen der Klägerin sei nicht zu entnehmen, weshalb der seinerzeit bestehende Vorteil für Frauen, eine ungekürzte gesetzliche Rente schon mit 60 Jahren und damit fünf Jahre früher als Männer beziehen zu können, als Nachteil zu betrachten sei. Gleiches gelte für den von der Klägerin behaupteten Verstoß gegen europäisches Recht. Die seinerzeit an Art. 6 § 5 II RRG 1972 und nunmehr an § 41 S. 2 SGB VI zu messende Regelung führe dazu, dass die auf das Ausscheiden mit dem 60. Lebensjahr gerichtete Altersgrenzenvereinbarung, die von der Klägerin weder drei Jahre vor Erreichen des 60. Lebensjahres abgeschlossen noch bestätigt worden sei, als zu ihren Gunsten auf das 65. Lebensjahr abgeschlossen gilt. Die Ausführungen zur Klagefrist des § 17 TzBfG von drei Wochen gingen an der Gesetzeslage vorbei, da das Teilzeit- und Befristungsgesetz erst am 01.01.2001 in Kraft getreten sei.

Hinsichtlich der Berufungsbeantwortung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 23.02.2004 (Bl. 110 - 116 d. A.) verwiesen. Desweiteren wird auf die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 12.03.2004 (Bl. 123 - 125 d. A.) sowie den gesamten Akteninhalt mit den vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung der Klägerin ist nach § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Es ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i. V. m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt, sowie begründet worden. Es ist somit zulässig.

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass das seit 01.06.1983 bestandene Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.07.2003 sein Ende gefunden hat. Die Altersgrenzenregelung im Dienstvertrag vom 07.05.1986 war wirksam. Sie ist dahingehend ergänzend auszulegen, dass das ursprünglich vereinbarte Arbeitsvertragsende durch Weiterarbeit der Klägerin über den Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus auf den 31.07.2003 hinausgeschoben hat.

1. Der Berufung kann zunächst nicht darin gefolgt werden, dass die Altersgrenzenregelung in Nr. 6 der Dienstvereinbarung vom 07.05.1986 nichtig gewesen sei. Einzelvertragliche Vereinbarungen über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Erreichen einer bestimmten Altersgrenze sind grundsätzlich möglich. Diese Regelungskompetenz steht den Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer Privatautonomie innerhalb der Schranken von Recht und Billigkeit zu (vgl. Urteil vom 20.02.2002 - 7 AZR 748/00 m. w. N. auf BAG GS vom 07.11.1989 - GS 3/85 = BAG 63, 211, BAG vom 25.02.1998 - 7 AZR 641/96 und vom 11.03.1998 - 7 AZR 700/96). Für die Beurteilung der Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Altersgrenze - unabhängig, ob sie als Befristung oder als auflösende Bedingung zu qualifizieren ist - kommt es auf den Zeitpunkt der Vereinbarung an (vgl. BAG Urteil vom 10.06.1992 - 7 AZR 345/91 - nv. zu III 2 b der Gründe). Zum Zeitpunkt des Abschlusses der Dienstvereinbarung im Jahr 1986 mit der Klausel: "Das Dienstverhältnis endet spätestens mit dem Ablauf des Monats, in dem die Angestellte das 60. Lebensjahr vollendet", konnten Frauen Altersrente mit der Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch nehmen (Art. 6 § 5 II RRG 1972), während Männer die Regelaltersrente erst mit Vollendung des 65. Lebensjahres erreichten. Die zum Vorteil der Frauen bestandene sozialrechtliche Regelung wirkte nach dem Willen der Vertragsparteien auf die arbeitsvertraglich vereinbarte Regelung ein. Es ist deshalb nicht notwendig gewesen, dass bei einer Vereinbarung einer Altersgrenze für ein Ausscheiden auf die sozialrechtlichen Bestimmungen expressis verbis hingewiesen wurde. Die vereinbarte Klausel knüpfte erkennbar an die damals gegebene rentenrechtliche Situation an. Sie war - wie die Beklagte vorgetragen hat - in der Praxis üblich und wurde von der Beklagten wie die mit ihrem Schriftsatz vom 24.09.2003 vorgelegten Musterarbeitsverträge (Bl. 34 - 39 d. A.) zeigen, auch so umgesetzt.

2. Soweit die Klägerin unter Berufung auf Belling/ Hartmann (NZA 1993, 1012 ff) die Unwirksamkeit der mit ihr ursprünglich getroffenen Altersgrenzenregelung auf einen Verstoß gegen Art. 12 GG und wegen der unterschiedlichen Altersgrenzen für Frauen und Männern aus Art. 3 GG herleitet, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 28.01.1987 - 1 BvR 455/82 = NJW 1987, 1541 es mit Art. 3 Abs. 2 GG vereinbar erklärt, dass Frauen Altersruhegeld aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Unterschied zu Männern bereits mit Vollendung des 60. Lebensjahres beziehen könnten. Anknüpfend an die frühere Rechtssprechung (BVerfGE 17, 1 (9 f) NJW 1963, 1723) wurde als Begründung u. a. darauf abgehoben, dass die der Frau eröffnete Möglichkeit, Altersruhegeld schon mit 60 statt mit 65 Jahren zu beziehen, aus dem Grund eines sozialen Ausgleichs zu verstehen sei. Wegen der bekannten Mehrfachbelastung der Frauen durch Beruf und Familienarbeit sei die Regelung in Art. 3 GG vereinbar. Die damals bestehende Versorgungsberechtigung ohne Abschläge Regelaltersrente beziehen zu können, stellt jedenfalls keine zur Unwirksamkeit führende Altersgrenzenregelung dar. Die in der Literatur aufgezeigten Auswirkungen zum unterschiedlichen Rentenniveau zwischen Männern und Frauen liegen auch dann vor, wenn die vorgezogene Renteninanspruchnahme der Frauen damals nicht gegeben gewesen wäre.

3. Weder die ursprüngliche, noch die vorliegend auf Vollendung des 65. Lebensjahres abstellenden Altersgrenzenregelung hat eine unverhältnismäßige Beschränkung der durch Art. 12 GG geschützten Berufsfreiheit zur Folge. Art 12 Abs. 1 GG garantiert u. a. die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Dabei geht es um die Entscheidung für eine konkrete Beschäftigungsmöglichkeit oder ein bestimmtes Arbeitsverhältnis. Geschützt wird der Entschluss des einzelnen, eine konkrete Tätigkeit in einem selbst gewählten Beruf zu ergreifen. Dazu zählen bei einem abhängig Beschäftigten die Wahl des Vertragspartners und der damit verbundene Zutritt zum Arbeitsmarkt. Die freie Wahl des Arbeitsplatzes schließt auch den Willen des einzelnen ein, eine von ihm gewählte Beschäftigung beizubehalten oder aufzugeben. Das Grundrecht der Berufsfreiheit schützt gegen alle staatlichen Maßnahmen, die Wahlfreiheit beschränken. Ein Schutz vor privatrechtlichen Dispositionen über das Grundrecht besteht dagegen nicht (vgl. BAG Urteil vom 11.12.1991 - 7 AZR 431/99 = AP Nr. 141 zu § 620 BGB befristeter Arbeitsvertrag). Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Eintritt eines Befristungstatbestandes beruht auf einer privatautonomen Regelung. Hierdurch beschränken sich die Vertragsparteien im Austausch mit der vereinbarten Gegenleistung wechselseitig mit ihren Handlungsfreiheiten. Sie bestimmen auch selbst, in welchem Umfang sie ihre gegenteiligen Interessen ausgleichen. Privatautonomie besteht jedoch nur im Rahmen geltender Gesetze, die ihrerseits grundrechtsgebunden sind. Im Bereich der Beendigung von Arbeitsverhältnissen hat der Gesetzgeber dem durch die geltenden Kündigungsvorschriften Rechnung getragen. Im Bereich von Befristungen wird grundsätzlich ein diese rechtfertigender sachlicher Grund gefordert. Das Bedürfnis des Arbeitgebers nach einer sachgerechten und berechenbaren Personal- und Nachwuchsplanung und die entsprechende Kalkulierbarkeit wurde in diesem Zusammenhang als ausreichender, eine Altersgrenzenvereinbarung tragender Sachgrund anerkannt (vgl. BAG Urteil vom 11.06.1996 - 7 AZR 1986/96).

Mit den vorstehenden Ausführungen ist auch erkennbar, dass Gründe der Diskriminierung, wie sie die Berufung aus der Entscheidung des Arbeitsgerichts Potsdam vom 21.04.1993 - 4 Ca 2600/92 = (NZA 1993 1051) als Verstoß gegen Art. 5 I der Richtlinie 76 207 des Rates der europäischen Gemeinschaft vom 09.02.1976 herzuleiten meint, nicht eingreifen. Die zwischen den Parteien getroffene Beendigungsvereinbarung in Nr. 6 des Dienstvertrages der Klägerin vom 07.05.1986 konnte wirksam getroffen werden. Sie war damals an Art. 6 § 5 II RRG 1972 und ist mittlerweile an § 41 S. 2 SGB VI zu messen. Während des Laufs des Arbeitsverhältnisses eintretende Gesetzesänderungen wirken sich nach der Rechtsprechung des BAG (Urteil vom 20.02.2002 - 7 AZR 748/00 - ) grundsätzlich nur dann auf eine Altersgrenzenvereinbarung aus, wenn sie gerade hierauf gerichtet ist. Durch Art. 1 SGB VI Änderungsgesetz vom 26.07.1994 ist mit Wirkung ab 01.08.1994 (Art. 3 SGB VI Änderungsgesetz zu § 41 Abs. 4 S. 3 SGB VI) - heute gleichlautend § 41 S. 2 SGB VI - dahingehend geändert worden, dass eine Vereinbarung, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einem Arbeitnehmer ohne Kündigung zu einem Zeitpunkt vorsieht, zudem der Arbeitnehmer zur Vollendung des 65. Lebensjahres eine Rente wegen Alters beantragen kann, dem Arbeitnehmer gegenüber als auf das 65. Lebensjahr abgeschlossen gilt, es sei denn, er hat sie innerhalb der letzen drei Jahre vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen oder bestätigt. Eine aus der Verletzung des § 41 Abs. 4 S. 3 SGB VI in der bis zum 31.07.1994 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG 1992) folgende Unwirksamkeit der Altersgrenzenregelung ist durch das am 01.08.1994 in Kraft getretene SGB-Änderungsgesetz (SGB VI ÄndG BGBl. I, 1797) beseitigt worden (vgl. BAG Urteil vom 11.06.1997 - 7 AZR 186/96 = NZA 1997 1290). Die vor Inkrafttreten des SGB VI ÄndG vereinbarte Altersgrenzenregelungen bestanden damit auch ohne erneute Bestätigung (§ 141 BGB) über diesen Zeitpunkt hinaus fort und in der Folge an § 41 IV S. 3 SGB VI neuer Fassung zu messen (zutreffend BAG Urteil vom 11.06.1997, aaO). Um für den ursprünglichen Beendigungszeitpunkt Wirksamkeit zu erlangen, hätte die Klägerin die getroffene Vereinbarung drei Jahre vor dem Ausscheidenszeitpunkt abschließen oder bestätigen müssen (vgl. BAG Urteil vom 17.04.2002, aaO). Da diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, ist die gesetzliche Fiktionsauswirkung (§ 41 S. 2 SGB VI) in die Auslegung einzubeziehen und davon auszugehen, dass die Altersgrenzenvereinbarung vom 07.05.1986 als auf die Vollendung des 65. Lebensjahres mit der Klägerin abgeschlossen gilt.

Soweit die Berufung meint, aus dem Gesetzeszweck der Regelungen zugunsten der gesetzlichen Rentenversicherung ergäbe sich von vornherein ein eingeschränkter Anwendungsbereich, der aus ausschlösse, in ihr so etwas wie eine gesetzliche Ersatzregelung für unwirksame Altersgrenzenvereinbarung zu sehen, kann dem nicht gefolgt werden; denn § 41 SGB VI ist, wie der Vorschrift unschwer zu entnehmen ist, durch arbeitsrechtliche Regelungen flankiert. Sie verbietet zum Schutz des Arbeitnehmers Vereinbarungen, die die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung vorsehen zu einem Zeitpunkt, den der Arbeitnehmer vor Vollendung des 65. Lebensjahres Altersrente beantragen kann. Werden solche Vereinbarungen gleichwohl geschlossen, gelten sie auf die Vollendung des 65. Lebensjahres abgeschlossen, wenn nicht die Vereinbarung innerhalb der letzten drei Jahre vor diesem Zeitpunkt (Zeitpunkt des Ausscheidens: vgl. BAG Urteil vom 17.04.2002, aaO) geschlossen und vom Arbeitnehmer bestätigt worden ist (vgl. auch Schlegel, Personalbuch 2002, 255 Rz 85). Insoweit wird eine Wahlfreiheit des Arbeitnehmers begründet.

Die Fortführung des Arbeitsverhältnisses über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus führte nicht zu einem unbefristeten Arbeitsverhältnis nach § 625 BGB, sondern war aufgrund öffentlichrechtlicher Spezialvorschriften, an denen sich die Parteien eruierten wollten rechtlich erzwungen. Die sich sonst aus dem Vorliegen des § 625 BGB ergebende Wirkung, wonach allein die der gesetzlichen Rechtsfolge des Bestehens eines dauernden Dienstverhältnisses entgegenstehende Vereinbarung der Parteien ihre Geltung verliert (vgl. ErfKom. Müller-Glöge, § 625 BGB Rz 18; MüKoSchwerdtner § 625 Rn 20), tritt wegen der von den Parteien gewollten Orientierung an öffentlichrechtlichen Bestimmungen nicht ein. Die Regelung im Arbeitsvertrag ist damit - entgegen der Ansicht der Klägerin - nicht obsolet geworden, sondern in der vorgenommenen Weise zu interpretieren.

4. Soweit die Klägerin unter Bezugnahme auf Rolfs (ErfKom., 4. Auflage § 41 SGB VI Rz 19), Ausführungen zur Klagefrist für die Ausübung des Wahlrechts nach § 17 TzBfG macht, wird übersehen, dass dieses Gesetz erst am 01.01.2001 in Kraft getreten ist und damit zum Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres der Klägerin am 06.07.1998 nicht galt. Das Arbeitsverhältnis wurde vielmehr nahtlos über das ursprünglich vereinbarte Ende fortgeführt, sodass die aufgezeigte rechtliche Limitierung eingetreten ist.

III.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Für eine Zulassung der Revision sah die Kammer im vorliegenden Fall nicht die sich aus § 72 Abs. 2 ArbGG ergebenen Voraussetzungen. Die bisher entwickelten Rechtssprechungsgrundsätze des BAG reichen für die Bewertung des vorliegenden Falles aus.

Ende der Entscheidung

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