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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 28.03.2007
Aktenzeichen: 8 Sa 886/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
BGB § 162 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Sa 886/06

Entscheidung vom 28.03.2007

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 27.09.2006, Az.: 8 Ca 1760/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Höhe einer dem Kläger zustehenden Abfindung.

Der Kläger war bei der Beklagten langjährig als EDV-Systembetreuer beschäftigt. Am 21.06.2002 schlossen die Parteien einen Aufhebungsvertrag, nach dessen Inhalt das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2002 endete. Der schriftliche Aufhebungsvertrag, hinsichtlich dessen Inhalts im Einzelnen auf Blatt 18 bis 21 d.A. Bezug genommen wird, enthält u.a. folgende Regelungen:

"Der Arbeitnehmer erhält für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung in Höhe von 211.370 EUR brutto (in Worten: zweihundertelftausenddreihundertsiebzig Euro).

Weist der Arbeitnehmer bis spätestens 31.03.2003 die Anerkennung einer Schwerbehinderung nach, erhöht sich der Abfindungsbetrag auf 237.186 EUR brutto (in Worten: zweihundertsiebenunddreißigtausendeinhundertsechsundachtzig Euro)."

Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Aufhebungsvertrages betrieb der Kläger seine Anerkennung als Schwerbehinderter. Dieser Umstand war der Beklagten bei Abschluss der Aufhebungsvereinbarung bekannt. Der Anerkennungs-Antrag des Klägers blieb zunächst, auch im Widerspruchsverfahren, erfolglos. Die hiergegen vom Kläger beim Sozialgericht Speyer erhobene Klage führte letztlich dazu, dass das beklagte Land die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers (Grad der Behinderung: 50) mit Schriftsatz vom 17.11.2004 anerkannt hat. In Ausführung dieses Anerkenntnisses erging sodann am 12.01.2005 ein entsprechender Ausführungsbescheid, nach dessen Inhalt beim Kläger seit dem 07.03.2002 ein Grad der Behinderung von 50 gegeben ist. Hiervon unterrichtete der Kläger die Beklagte mit Schreiben vom 15.06.2005.

Die Parteien haben unstreitig die im Aufhebungsvertrag genannte Frist (31.03.2003) betreffend den Nachweis der Anerkennung als Schwerbehinderter bis einschließlich 30.09.2003 verlängert.

Mit seiner am 24.08.2006 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage begehrt der Kläger von der Beklagten, die ihm einen Betrag i.H.v. von 211.370,00 Euro brutto als Abfindung ausgezahlt hat, einen weiteren Abfindungsbetrag von 25.816,00 Euro.

Der Kläger ist der Ansicht, in Folge seiner rückwirkenden Anerkennung als Schwerbehinderter stehe ihm der im Aufhebungsvertrag vereinbarte erhöhte Abfindungsbetrag von insgesamt 237.186,00 Euro zu. Es sei allgemein anerkannt, dass die behördliche Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft auf den Zeitpunkt ihrer Beantragung zurückwirke. Der Schutzzweck des Schwerbehindertenrechts gebiete es daher auch vorliegend, der rückwirkenden Feststellung den Vorrang vor einer vertraglichen Befristung hinsichtlich deren Nachweises einzuräumen. Der Beklagten sei es auch unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben verwehrt, sich auf den Fristablauf zu berufen. Er - der Kläger - habe nämlich auf die Dauer des beim Sozialgericht Speyer durchgeführten Klageverfahrens keinerlei Einfluss gehabt. Der Aufhebungsvertrag sei seinerzeit vor dem Hintergrund geschlossen worden, dass beklagtenseits eine Umstrukturierung geplant gewesen sei, im Rahmen derer sein Arbeitsplatz in Wegfall habe geraten können. Es sei der Beklagten daran gelegen gewesen, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zu beenden. Zum Ausgleich dafür, dass im Falle der Feststellung seiner Schwerbehinderung eine eventuelle einseitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte zusätzlich erschwert worden wäre, habe sich die Abfindung bei nachträglicher Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft erhöhen sollen. Bei der Bemessung der Abfindung habe man sich an einem bestehenden Sozialplan orientiert, wenngleich dieser auch nicht direkt anzuwenden gewesen sei.

Die Beklagte ist der Ansicht, der Kläger habe in Ansehung des Aufhebungsvertrages keinen Anspruch auf die Erhöhung der Abfindung. Die betreffende Bestimmung sei seinerzeit aus Kulanz in den Aufhebungsvertrag aufgenommen worden, nachdem der Kläger bei den Vertragsverhandlungen erklärt habe, dass ein Verfahren auf Anerkennung als Schwerbehinderter anhängig sei. Um diesen Umstand noch innerhalb zumutbarer Zeit berücksichtigen zu können, sei dem Kläger für den Nachweis seiner Anerkennung als Schwerbehinderter zunächst eine Frist bis zum 31.03.2003 eingeräumt worden, um den entsprechenden Bescheid vorzulegen. Diese Frist sei dann schließlich - ebenfalls aus Kulanz - abschließend bis zum 30.09.2003 verlängert worden. Nachdem der Kläger auch innerhalb dieser verlängerten Frist keinen Nachweis über seine Schwerbehinderung vorgelegt habe, bestehe keine Verpflichtung zur Zahlung des erhöhten Abfindungsbetrages. Nach dem Inhalt des Aufhebungsvertrages sei der Anspruch des Klägers auf die Erhöhung seiner Abfindung nicht davon abhängig gewesen, dass er zu irgendeinem Zeitpunkt nachweise, bis 31.03.2003 bzw. 30.09.2003 schwerbehindert gewesen zu sein. Vielmehr sei er verpflichtet gewesen, eine Schwerbehinderung bis zu dem betreffenden Termin nachzuweisen. Dies ergebe sich aus dem insoweit völlig eindeutigen und unmissverständlichen Wortlaut des Aufhebungsvertrages. Im Übrigen habe der Abschluss des Aufhebungsvertrages seinerzeit im Wesentlichen dem Wunsch des Klägers entsprochen. Für den Kläger sei seinerzeit ausweislich des Sozialplans eine Stelle vorgesehen gewesen. Der Kläger habe deshalb überhaupt nicht aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden müssen. Die Klage sei letztlich auch unbegründet, weil die vom Kläger geltend gemachte Forderung nach den Bestimmungen des auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Manteltarifvertrages verfallen sei.

Das Arbeitsgericht hat die auf Zahlung von 25.816,00 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage mit Urteil vom 27.09.2006 abgewiesen. Wegen der maßgeblichen Entscheidungsgründe wird auf die Seiten 3 und 4 dieses Urteils (= Bl. 28, 29 d.A.), verwiesen.

Gegen das ihm am 16.10.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.11.2006 Berufung eingelegt und diese innerhalb der ihm mit Beschluss vom 18.12.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist am 16.01.2007 begründet.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils zu verurteilen, an ihn 25.816,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 07.07.2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Von einer weitergehenden Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Insoweit wird Bezug genommen auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils sowie auf die von den Parteien im Berufungsverfahren zu Akten gereichten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist sowohl form- als auch fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das hiernach insgesamt zulässige Rechtsmittel hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die Klage vielmehr zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung eines (weiteren) Abfindungsbetrages von 25.816,00 Euro.

Der vom Kläger geltend gemachte Zahlungsanspruch lässt sich aus dem Aufhebungsvertrag der Parteien vom 21.06.2002 nicht herleiten. Zwar sieht dieser Vertrag vor, dass sich die dem Kläger zustehende Abfindungssumme durch eine Anerkennung als Schwerbehinderter um 25.816,00 Euro erhöhen kann. Ein Anspruch auf diesen Erhöhungsbetrag sollte dem Kläger nach dem insoweit eindeutigen Vertragsinhalt allerdings nur dann zustehen, wenn er seine Anerkennung als Schwerbehinderter gegenüber der Beklagten bis spätestens 31.03.2003 bzw. bis zum 30.09.2003 (auf dieses Datum haben sich die Parteien unstreitig in Abänderung der schriftlichen Vereinbarung verständigt) nachweist. Dies ergibt sich aus dem klaren und unmissverständlichen Wortlaut der getroffenen Abrede. Danach sollte der Abfindungserhöhungsanspruch des Klägers nicht davon abhängen, ob dieser zu irgendeinem Zeitpunkt nachweist, spätestens am 31.03.2003 bzw. 30.09.2003 bereits schwerbehindert gewesen zu sein. Vielmehr sollte sich die Abfindung nur dann erhöhen, wenn der Kläger den betreffenden Nachweis spätestens bis zum dem genannten Datum erbringt, z.B. durch Vorlage eines Schwerbehindertenausweises oder eines behördlichen Bescheides. Der Umstand, dass die Parteien die vereinbarte Nachweisfrist einvernehmlich bis zum 30.09.2003 verlängert haben, belegt überdies, dass auch die Parteien die betreffende Vertragsklausel in diesem Sinne verstanden haben. Es entsprach darüber hinaus dem berechtigten und im Aufhebungsvertrag ausreichend zum Ausdruck gekommenen Interesse der Beklagten, über die Höhe des an den Kläger letztlich insgesamt auszuzahlenden Abfindungsbetrages binnen angemessener Zeit, d.h. bis zum Ablauf der vereinbarten Frist Gewissheit zu haben. Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit der zwischen den Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit vereinbarten Nachweisfrist bestehen nicht.

Der Kläger hat den Nachweis seiner Anerkennung als Schwerbehinderter unstreitig nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Frist erbracht. Die vertraglich festgelegten Voraussetzungen für eine Entstehung des vorliegend geltend gemachten Zahlungsanspruchs sind daher nicht erfüllt.

Entgegen der Ansicht des Klägers ist es der Beklagten nicht verwehrt, sich auf den Fristablauf zu berufen. Die Beklagte hat insbesondere nicht nach § 162 Abs. 1 BGB den Eintritt einer für die Entstehung des Zahlungsanspruchs notwendigen Bedingung verhindert. Ebenso wie der Kläger hatte auch die Beklagte auf die Dauer des Schwerbehinderten-Anerkennungsverfahrens keinerlei Einfluss. Auch sonstige rechtliche Gesichtspunkte, die einer Berufung der Beklagten auf den Fristablauf entgegen stehen könnten, sind nicht gegeben. Ebenso wenig war die Beklagte unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben oder in Ansehung der arbeitgeberseitigen Fürsorgepflicht gehalten, die Nachweisfrist zu Gunsten des Klägers zu verlängern. Umstände, aus denen sich eine diesbezügliche Verpflichtung der Beklagten herleiten ließe, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Nach alledem war die Berufung des Klägers mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision bestand im Hinblick auf die in § 72 Abs. 2 ArbGG genannten Kriterien keine Veranlassung. Auf die Möglichkeit, die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde anzufechten (§ 72 a ArbGG), wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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