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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 28.04.2006
Aktenzeichen: 8 Sa 982/05
Rechtsgebiete: ZPO, KSchG, BetrVG, InsO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 519
ZPO § 520
ZPO § 540
ZPO § 540 Abs. 1 Nr. 1
KSchG § 1 Abs. 5 Satz 4
KSchG § 15 Abs. 4
KSchG § 15 Abs. 5
KSchG §§ 17 ff.
KSchG § 17 Abs. 2
KSchG § 17 Abs. 3 Satz 2
KSchG § 17 Abs. 3 Satz 3
KSchG § 18
BetrVG § 102 Abs. 1 Satz 3
InsO § 109
InsO § 125 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 1
ArbGG § 64 Abs. 2
ArbGG § 64 Abs. 6
ArbGG § 64 Abs. 6 Satz 1
ArbGG § 66 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Sa 982/05

Entscheidung vom 28.04.2006

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 20.10.2005 - 1 Ca 1185/05 - wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung wegen Betriebsstilllegung.

Der am 08.11.1960 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Schuldnerin - Firma C. GmbH & Co. KG - aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages seit 03.11.1997 als Betriebsschlosser in U.-Stadt mit einem Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt ca. 2.100,00 € beschäftigt. Er war in der Betriebsstätte U.-Stadt, in welcher 36 Mitarbeiter beschäftigt wurden und für deren Einsatz vor Ort ein Bauleiter zuständig war, tätig. Die Schuldnerin hatte dort Flächen bei der T. AG mit Montage-Werk und Rundbogenhallen sowie Container mit Büro- und Aufenthaltsräumen angemietet. Sie erbrachte Dienstleistungen ausschließlich gegenüber der T. AG. Der Kläger war Mitglied des bei der Hauptverwaltung der Schuldnerin in R.-Stadt für das gesamte Unternehmen gebildeten Betriebsrats.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Q.-Stadt vom 23.02.2005 wurde der Beklagte zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 08.04.2005, welches dem Betriebsratsvorsitzenden am 12.04.2005 übergeben wurde, hörte die Schuldnerin - durch ihren Geschäftsführer und den Beklagten als vorläufigen Insolvenzverwalter - den Betriebsrat unter Vorlage des Entwurfes eines Interessenausgleichs und Sozialplans zur Kündigung der in der Anlage aufgeführten Mitarbeiter an, unter denen sich auch der Name des Klägers befand. Am 28.04.2005 unterzeichneten der Betriebsratsvorsitzende und die Schuldnerin sowie der Beklagte als vorläufiger Insolvenzverwalter einen Interessenausgleich mit Namensliste, von der zuvor der Name des Klägers auf Betreiben des Betriebsrates gestrichen worden war. Mit Schreiben vom 28.04.2005, welches dem Kläger am 30.04.2005, zuging, kündigte die Schuldnerin mit Zustimmung des Beklagten als vorläufigen Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 30.09.2005 unter gleichzeitiger Freistellung ab 01.05.2005. Zugleich wurde auch allen anderen in U.-Stadt beschäftigten Arbeitnehmern gekündigt. Der dortige Standort wurde von der Schuldnerin vollständig sowie dauerhaft stillgelegt und auch von keinem anderen Unternehmen mehr fortgeführt.

Am 01.05.2005 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Q.-Stadt das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes erster Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 20.10.2005 - 1 Ca 1185/05 -, ergänzt um das nachfolgend dargestellte Berufungsvorbringen, Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat - soweit für das Berufungsverfahren von Interesse - die Klage gegen die ordentliche Kündigung vom 28.04.2005 zum 30.09.2005 abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die ordentliche Kündigung des Klägers als Betriebsratsmitglied sei nach § 15 Abs. 4, 5 KSchG wegen der endgültigen und dauerhaften Schließung des Standortes in U.-Stadt zum 30.04.2005 zulässig. Der von der Schuldnerin auf dem Betriebsgelände der T. AG in U.-Stadt unterhaltene Standort habe die Voraussetzungen einer Betriebsabteilung im Sinne von § 15 Abs. 5 KSchG erfüllt. Selbst auch dann, wenn betriebsratsfähige Teile den Betriebsrat des Gesamtbetriebes mitgewählt hätten, bliebe es auch für § 15 Abs. 4, 5 KSchG dabei, dass diese im Sinne dieser Vorschriften nicht als selbstständige Betriebe, sondern nur als lose Betriebsabteilungen angesehen werden könnten. Für die Erfüllung des Begriffs der Betriebsabteilung im Sinne von § 15 Abs. 5 KSchG sei unerheblich, ob der stillgelegte Betriebsteil in U.-Stadt einen vom arbeitstechnischen Zweck des Gesamtbetriebes abgrenzbaren eigenen Betriebszweck verfolge. Selbst auch dann, wenn man die Beschränkung der in U.-Stadt durchgeführten Arbeiten auf das Betriebsgelände der T. AG für sich genommen nicht als ausreichend ansehen würde, einen eigenen Betriebszweck anzuerkennen, wäre dies jedoch wegen der räumlich weiten Entfernung der Betriebsstätte U.-Stadt von der Hauptverwaltung in R.-Stadt geboten. Die von der Schuldnerin auf dem Betriebsgelände der T. AG in U.-Stadt unterhaltene Betriebsstätte sei ein räumlich und organisatorisch abgegrenzter Teil des Gesamtbetriebes gewesen. Zur Annahme einer Betriebsabteilung im Sinne von § 15 Abs. 5 KSchG genüge eine gewisse Selbstständigkeit dergestalt, dass sie räumlich oder funktional vom (Haupt-) Betrieb abgegrenzt und in organisatorischer Hinsicht eine den Einsatz der Arbeitnehmer bestimmende Leitung eingerichtet sei, die in Teilen das Weisungsrecht des Arbeitgebers ausübe. Die Betriebsabteilung sei auch entsprechend zum 30.04.2005 tatsächlich stillgelegt und allen dort beschäftigten Arbeitnehmer gekündigt worden. Eine Übernahme des Klägers in eine andere Betriebsabteilung sei wegen Einstellung der Betriebstätigkeit in sämtlichen Standorten nicht möglich gewesen. Einen Betriebsteilübergang habe der Kläger nicht schlüssig dargelegt. Eine Sozialauswahl scheide aus, weil der Kläger nicht einseitig im Wege des Direktionsrechts in eine andere Betriebsstätte hätte versetzt werden können. Insoweit lege der Arbeitsvertrag als Beschäftigungsort U.-Stadt fest; er enthielte auch keine Versetzungsklausel. Der Bundesmontagetarifvertrag sei nicht anwendbar, da der Kläger nicht als Monteur, sondern als Betriebsschlosser eingestellt worden sei. Die Kündigung sei auch nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Der Name des Klägers habe sich auf sich der dem Betriebsrat am 12.04.2005 übergebenen Liste befunden. Der Betriebsrat sei über die Stilllegungsabsicht unterrichtet gewesen. Die Kündigung sei auch nicht wegen Verstoßes nach § 17 ff. KSchG unwirksam, weil § 18 KSchG nur die Wirksamkeit der anzeigenpflichtigen Entlassung und nicht die Kündigung beträfe. Außerdem sei noch vor Ausspruch der Kündigung eine Massenentlassungsanzeige am 28.04.2005 erstattet worden. Gemäß § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG ersetze der Interessenausgleich vom 28.04.2005 die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG. Entgegen der Ansicht des Klägers ließe sich aus § 17 Abs. 2 KSchG weder unmittelbar noch in richtlinienkonformer Auslegung entnehmen, dass bei einer Massenentlassung Kündigungen erst nach Abschluss eines Sozialplanes erfolgen dürften.

Zur Darstellung der näheren Einzelheiten der Urteilsbegründung wird auf das vorbezeichnete Urteil (Bl. 164 bis 172 d. A.) verwiesen.

Gegen das dem Kläger am 14.11.2005 zugestellte Urteil richtet sich dessen am 09.12.2005 eingelegte und am 14.02.2006 begründete Berufung.

Der Kläger bringt zweitinstanzlich weiter vor,

die Beklagte sei hinsichtlich des Vorbringens zur Stilllegung bezogen auf die Kündigung präkludiert, da der Betriebsrat im Schreiben vom 08.04.2005 nicht zu einer Stilllegung, sondern zu einer übertragenden Sanierung mit der Erforderlichkeit von Personalanpassungsmaßnahmen angehört worden sei. Das Arbeitsgericht habe auch nicht gewürdigt, dass dem Betriebsrat nicht die Art der Kündigung mitgeteilt worden sei. Im Übrigen ginge das Arbeitsgericht zu Unrecht vom Vorliegen einer Betriebsabteilung am Standort U.-Stadt aus. Insoweit müsse eine solche einen eigenen Betriebszweck verfolgen. Allenfalls könne ein Betriebsteil vorliegen. Ein etwaiger Entschluss zur dauerhaften Schließung zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung sei zu bestreiten. Er - der Kläger - hätte in eine andere Betriebsstätte übernommen werden müssen. Insoweit träfe die Beklagte eine entsprechende Darlegungspflicht. Der Übernahme in eine andere Betriebsstätte stünde auch nicht etwa eine fehlende Versetzungsklausel entgegen, da der Arbeitsvertrag keineswegs regle, dass die Arbeitsleistung etwa ausschließlich in U.-Stadt zu erbringen gewesen sei. Aufgrund der rechtskräftigen Feststellungen im Urteil des Arbeitsgerichts sei das Direktionsrecht der Beklagten erweitert worden. Im Übrigen sei die Kündigung wegen Verstoßes gegen §§ 17 ff. KSchG unwirksam. Der Interessenausgleich vom 28.04.2005 ersetze gerade nicht die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG, weil § 1 Abs. 5 Satz 4 KSchG vorliegend nicht anwendbar sei. Dies ergebe sich daraus, dass nicht alle zu entlassenden Arbeitnehmer, u.a. der Kläger, namentlich im Interessenausgleich genannt gewesen seien.

Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 14.02.2006 (Bl. 188 bis 193 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat zweitinstanzlich zuletzt beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 20.10.2005 - 1 Ca 1185/05 - teilweise, soweit die Klage abgewiesen wurde, abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien auch durch die Kündigung vom 28.04.2005 nicht aufgelöst worden ist.

Der Beklagte hat

Zurückweisung der Berufung

beantragt und erwidert,

der Betriebsrat sei sowohl durch den Beklagten, vertreten durch Frau Rechtsanwältin P., als auch durch Herrn O. (Geschäftsführer der Schuldnerin) darüber informiert worden, dass die Betriebsstätte U.-Stadt stillgelegt werden solle. Am 12.04.2005 habe in den Betriebsräumen der Schuldnerin eine Betriebsratssitzung stattgefunden, an welcher Herr O., der Betriebsrat sowie der vorläufige Insolvenzverwalter, vertreten durch Frau Rechtsanwältin P. teilgenommen hätten. An diesem Tag sei das betriebsverfassungsrechtliche Anhörungsverfahren durch Übergabe des Anhörschreibens eingeleitet worden. Diesem sei als Anlage der Entwurf eines Interessenausgleichs und Sozialplans sowie eine Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer beigefügt gewesen. Bereits in der Entwurfsfassung des Interessenausgleichs sei das Erwerberkonzept integriert gewesen. Bereits hieraus ließe sich die beabsichtigte Stilllegung des Standorts U.-Stadt entnehmen. Darüber hinaus hätten sowohl Frau P. als auch Herr O. die Stilllegung der Betriebsstätte U.-Stadt am 12.04.2005 zum Gesprächsthema gemacht (Beweis: Zeugnis P., O.). Ein bis zum 11.04.2005 eingereichtes Erwerberkonzept habe die Stilllegung des Standorts U.-Stadt festgelegt. Dieses sei Bestandteil des Interessenausgleichs, welcher am 12.04.2005 dem Betriebsrat übergeben worden sei. Das Anhörschreiben sei durch seine Anlagen konkretisiert worden. Der Entwurf des Interessenausgleichs mit dem darin enthaltenen Erwerberkonzept sei am 12.04.2005 übergeben und besprochen worden. An diesem Tag seien dem Betriebsrat auch die Planungszahl für das Erwerberkonzept C. übergeben worden. Die Kostenstelle U.-Stadt mit der Nummer 8100 sei darin nicht enthalten. Die Auffassung des Klägers zur Nicht-Mitteilung der Art der Kündigung sei unzutreffend. Auf Seite 2 des Anhörschreibens sei zu entnehmen, dass aus betriebsbedingten Gründen im Monat April gekündigt werden solle. Eine betriebsbedingte Kündigung sei keine außerordentliche Kündigung.

Die Feststellungen des Arbeitsgerichts zur Annahme der Voraussetzungen einer Betriebsabteilung im Sinne von § 15 Abs. 5 KSchG sei nicht zu beanstanden. Die Betriebsabteilung in U.-Stadt habe einen eigenständigen Betriebszweck, nämlich ausschließlich die Erbringung von Dienstleistungen für die T. AG in U.-Stadt verfolgt. Der Bauleiter N. habe selbstständig Zeitpersonal eingestellt und entlassen, selbstständig sämtliche Anfragen der T. AG bearbeitet und die entsprechenden Projektangebote abgegeben. Eine Übernahme des Klägers in eine andere Betriebsabteilung sei nicht möglich gewesen. Die Schuldnerin habe mit Zustimmung des Beklagten sämtliche Mitarbeiter bis auf ein Abwicklungsteam von acht Mitarbeitern mit Wirkung ab 01.05.2005 freigestellt. Sämtlichen Mitarbeitern, welche auf der Namensliste des Interessenausgleiches genannt seien, seien mit Schreiben vom 28.04.2005 gekündigt worden. Alle anderen Mitarbeiter hätten Aufhebungsverträge unterzeichnet. Er - der Beklagte - habe sämtliche elf Betriebsstätten mit Wirkung ab 01.05.2005 stillgelegt. Insoweit sei eine Sozialauswahl des Beklagten nicht fehlerhaft. Die Umsetzung der Entscheidung, den schuldnerischen Betrieb einzustellen, habe in der Beendigung sämtliche Arbeitsverhältnisse Ende April 2005 und der Freistellung sämtlicher Mitarbeiter bis zum 20.06.2005 hinreichend Ausdruck gefunden. Direkt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 01.05.2005 habe der Beklagte den Nichteintritt sämtlicher Dauerschuldverhältnisse erklärt und die Mietverträge nach § 109 InsO gekündigt. Die Kündigung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen § 17 KSchG unwirksam. Der Betriebsrat sei ordnungsgemäß informiert worden. Die Tatsache, dass der Betriebsrat nicht bereit gewesen sei, den Kläger in die Namensliste aufzunehmen, führe nicht dazu, dass die Massenentlassungsanzeige bezüglich des Klägers unwirksam sei. Der Stand der Beratungen sei hinreichend durch den Abschluss des Interessenausgleiches dargelegt. Über den Stand der Informationen gegenüber dem Betriebsrat sei die Arbeitsverwaltung mit Übersendung des Interessenausgleiches ausreichend unterrichtet worden. Im Übrigen sei das Konsultationsverfahren mit dem Betriebsrat vor Ausspruch der Massenentlassungsanzeige abgeschlossen gewesen.

Zu den weiteren Einzelheiten der Berufungsbeantwortung wird auf das Schreiben des Beklagten vom 10.03.2006 (Bl. 198 bis 211 d. A.) nebst sämtlicher vorgelegter Unterlagen Bezug genommen.

Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Akteninhalt, sämtliche vorgelegte Unterlagen und die Feststellungen in der Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 28.04.2006 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Rechtsmittel der Berufung des Klägers ist gemäß § 64 Abs. 1, 2 ArbGG statthaft. Die Berufung ist gemäß §§ 64 Abs. 6, 66 Abs. 1 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden. Sie ist somit zulässig.

II.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht ist in der Begründung und im Ergebnis zu Recht zur Auffassung gelangt, dass das mit der Schuldnerin seit 03.11.1997 bestehende Arbeitsverhältnis in U.-Stadt durch die ordentliche Kündigung vom 28.04.2005 zum 30.09.2005 beendet worden ist.

Um Wiederholungen zu vermeiden, nimmt die Kammer gemäß §§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 540 ZPO auf den diesbezüglichen begründenden Teil des angefochtenen Urteils Bezug, stellt dies ausdrücklich fest und sieht hier, unter Übernahme der Entscheidungsgründe, von einer weiteren Darstellung ab.

Lediglich wegen der Angriffe der Berufung und der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer sind folgende Ergänzungen veranlasst:

1.

Soweit die Berufung der Auffassung ist, der Beklagte sei hinsichtlich des Kündigungsvorbringens zu einer Stilllegung präkludiert, da der Betriebsrat im Schreiben vom 08.04.2005 nicht zu einer Stilllegung, sondern übertragenden Sanierung mit der Erforderlichkeit von Personalanpassungsmaßnahmen angehört worden sei, kann dem von Seiten der Berufungskammer nicht gefolgt werden. Zwar ist zutreffend, dass das Anhörschreiben vom 08.04.2005 (Bl. 54 d. A.) auf die "Fortführung des schuldnerischen Unternehmens in Form einer übertragenden Sanierung abstellt", hierauf kann jedoch nach dem Stande des Berufungsverfahrens nicht allein abgestellt werden, weil der Beklagte in der Berufungsinstanz vorgetragen hat, dass im Zusammenhang mit der Einleitung des Anhörverfahrens am 12.04.2005 und einer an diesem Tag stattfinden Betriebsratsanhörung unter Teilnahme des Geschäftführers und einer Vertreterin des vorläufigen Insolvenzverwalters sowie des Betriebsrats dem Anhörschreiben der Entwurf eines Interessenausgleichs und Sozialplans sowie die Liste der zu kündigenden Arbeitnehmer beigefügt war. Der Entwurf des Interessenausgleichs und mit dem darin enthaltenen Erwerberkonzept sei am 12.04.2005 auch besprochen worden, ebenso die Planungszahlen. Diesem Sachvortrag des Beklagten ist der erwiderungspflichtige Kläger nicht in zivilprozessual geeigneter Weise entgegengetreten (vgl. BAG, Urteil vom 16.03.2000 - 2 AZR 75/99). Nach den dort entwickelten und für zutreffend gehaltenen Grundsätzen zur abgestuften Darlegungslast hätte seitens des Klägers nämlich deutlich gemacht werden müssen, welche Angaben er aus welchem Grund weiterhin bestreiten wolle. Hieraus ist rechtlich der Schluss zu ziehen, dass die vorliegend ausgesprochene Kündigung nicht an einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrates scheitert.

2.

Schließlich kann auch die weitere Begründung der Berufung, dass dem Betriebsrat nicht die Art der Kündigung mitgeteilt worden sei, zu keiner anderen Beurteilung der Wirksamkeit der Gestaltungserklärung des Beklagten führen. Auch hier hat der Beklagte unwidersprochen vorgetragen, dass im Anhörschreiben vom 08.04.2005 dem Betriebsrat mitgeteilt worden sei, dass den "in der Anlage aufgeführten Mitarbeitern aus betriebsbedingten Gründen im Monat April 2005" gekündigt würde. Hieraus kann in Übereinstimmung mit der Auffassung der Beklagten der Schluss gezogen werden, dass aus der Formulierung "betriebsbedingte Gründe" lediglich eine ordentliche und keine außerordentliche Kündigung in Frage kam. Dies wird auch aus dem Interessenausgleich mit dem integrierten Erwerberkonzept deutlich.

3.

Der Ansicht der Berufung, wonach das Arbeitsgericht zu Unrecht vom Vorliegen einer Betriebsabteilung am Standort U.-Stadt ausgegangen sei, kann ebenfalls nicht gefolgt werden. Unabhängig von den vom Arbeitsgericht getroffenen Feststellungen zur räumlich weiten Entfernung zwischen dem Standort U.-Stadt und der Hauptverwaltung der Schuldnerin - sie beträgt ca. 280 km - liegen die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien zur Annahme einer Betriebsabteilung vor. Danach ist eine Betriebsabteilung ein organisatorisch abgegrenzter Teil des Betriebes, der eine personelle Einheit erfordert, dem eigene technische Hilfsmittel zur Verfügung stehen und der einen eigenen Betriebszweck verfolgt, der auch in einem Hilfszweck bestehen kann (vgl. BAG, Urteil vom 20.01.1984 = AP Nr. 16 zu § 1 KSchG 1969; APS-Böck, Großkommentar zum Kündigungsrecht, § 15 KSchG, Rz. 182). Neben den vom Arbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen, wonach Flächen mit Hallen und Containern auf den T. AG-Gelände gemietet waren, sowie zum Einsatz von 36 Mitarbeitern ist erkennbarer und ausschließlicher Betriebszweck die Erbringung von Dienstleistungen für die T. AG gewesen. Der Bauleiter N. hat im Umfang der Feststellungen des Arbeitsgerichts auch Tätigkeiten selbstständig für die Betriebsabteilung in U.-Stadt verrichtet, indem er sämtliche Anfragen der T. AG bearbeitet und die entsprechenden Projektangebote abgegeben hat.

4.

Soweit der Kläger weiter der Auffassung ist, er hätte in eine andere Betriebsstätte übernommen werden müssen, hat die Beklagte in der Berufungsinstanz - vom Kläger unwidersprochen - vorgetragen, dass die Schuldnerin bis auf ein Abwicklungsteam von acht Mitarbeitern sämtliche Mitarbeiter mit Wirkung ab 01.05.2005 freigestellt habe und sämtliche Mitarbeiter auf der Namensliste entsprechend gekündigt worden seien. Alle elf Betriebsstätten seien mit Wirkung vom 01.05.2005 stillgelegt worden. Eine Vorstellung, wie und wo der Kläger hätte weiterbeschäftigt werden können, ist seinem Sachvortrag jedenfalls nicht zu entnehmen.

5.

Die Kündigung ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 17 ff. KSchG unwirksam. Die Tatsache, dass der Betriebsrat nicht bereit gewesen ist, den Kläger in die Namensliste aufzunehmen, führt nicht zur Unwirksamkeit der Massenentlassungsanzeige. Die Anzeige ist wirksam, weil mit den Feststellungen des Arbeitsgerichts durch die Übersendung des Interessenausgleichs und dessen Diskussion eine ausreichende Unterrichtung des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG erfolgt war. Insoweit trifft auch die Auffassung zu, dass durch § 125 Abs. 2 InsO dem Insolvenzverwalter die Massenentlassungsanzeige erleichtert werden soll und des weiteren, dass § 17 KSchG nicht den Schutz einzelner Arbeitnehmer bezweckt, sondern der Arbeitsverwaltung die Möglichkeit geben soll, einer Massenarbeitslosigkeit zu begegnen.

III.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision bestand angesichts der gesetzlichen Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG keine Notwendigkeit.

Ende der Entscheidung

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