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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 12.01.2005
Aktenzeichen: 8 Ta 266/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 122
ZPO § 124
ZPO § 124 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 124 Nr. 1
ZPO § 138 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Ta 266/04

Verkündet am: 12.01.2005

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 08.11.2004 - 5 Ca 1619/04 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Das Arbeitsgericht traf im Rahmen des vom Kläger am 08.09.2004 eingeleiteten Kündigungsschutzverfahrens, für das der Kläger mit am 15.09.2004 eingegangenem Antrag die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten beantragt hatte, nach Vernehmung des Zeugen M auf Seite 6 des am 04.11.2004 verkündeten Urteils, folgende Feststellung:

"Auf Grund der Aussage des Zeugen M , an deren Richtigkeit die Kammer keinen Zweifel hat, steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass der Kläger an diesem Tag das Fahrzeug seiner Ehefrau mit Dieselkraftstoff des Beklagten betankt hat und damit einen Diebstahl begangen hat."

In Folge dieser Entscheidung lehnte das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 08.11.2004 den gestellten Prozesskostenhilfe- und Beiordnungsantrag des Klägers ab.

In der am 18.11.2004 eingegangenen sofortigen Beschwerde vertritt der Kläger u. a. die Auffassung, dass die Durchführung einer Beweisaufnahme die Schlüssigkeit seines Vortrages zeige und hinreichende Erfolgsaussichten gegeben gewesen wären. Vor der Beweiserhebung hätte rückwirkend Prozesskostenhilfe bewilligt werden müssen.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Landesarbeitsgericht zur abschließenden Entscheidung vorgelegt.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den gesamten Akteninhalt einschließlich der vorgelegten Unterlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige und statthafte sofortige Beschwerde des Klägers ist nicht begründet.

Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass dem Kläger die nachgesuchte Prozesskostenhilfe und Beiordnung zu versagen war.

Im Ansatz zutreffend ist die Auffassung der Beschwerde, dass es grundsätzlich nicht zu seinen Lasten des Klägers gehen kann, wenn es aus nicht in seiner Sphäre liegenden Gründen zu einer Verzögerung über die Entscheidung zum Prozesskosten- und Beiordnungsgesuch kommt. Insoweit kommt es maßgeblich auf den Zeitpunkt an, zu dem das Gericht Prozesskostenhilfe bei ordnungsgemäßem und unverzüglichem Geschäftsgang bewilligen muss und musste. Dieser sogenannte Zeitpunkt der Bewilligungsreife wird als unentbehrlich angesehen, um den Antragsteller vor Nachteilen zu schützen, die eine für ihn unverschuldete Verzögerung des Verfahrens bringen würde. Das Abstellen auf den Zeitpunkt der Bewilligungsreife entspringt dem Regelungszusammenhang der Prozesskostenhilfenormen und auch der gerichtlichen Fürsorgepflicht im gesamten Bewilligungsverfahren (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, 63. Auflage, § 119 Rz 25, 20). Wenn inzwischen jedoch feststeht, dass einer der Fälle des § 124 ZPO vorliegt, wonach das Gericht die Bewilligung der Prozesskostenhilfe u. a. aufheben kann, wenn die Partei durch unrichtige Darstellung des Streitverhältnisses die für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe maßgebenden Voraussetzungen vorgetäuscht hat (§ 124 Nr. 1 ZPO), gelten die aufgezeigten Grundsätze zum Bewilligungszeitpunkt nicht (vgl. u. a. LAG Düsseldorf, Beschluss vom 29.11.1999 - 15 Ta 553/99 -). Die Beschwerdekammer vertritt die Auffassung, dass bei verzögerter Entscheidung des Arbeitsgerichts über einen rechtzeitig gestellten Prozesskostenhilfeantrag die Versagung von Prozesskostenhilfe sowie einer Beiordnung in Betracht kommt, wenn - wie vorliegend - die Voraussetzungen des § 124 Abs. 1 Nr. 1 ZPO - vorliegen. Es wäre mit den gesetzlichen Vorgaben nicht zu vereinbaren, erst Prozesskostenhilfe zu bewilligen, um sie dann unu actu wieder aufzuheben.

Nach dem Stand der Rechtsprechung der Obergerichte (OLG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 25.02.2003, - 4 W 75/02 -; OLG Koblenz, Beschluss vom 22.03.1999, - 2 W 69/99 -; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.06.1996 - 3 WF 158/95 -) kommt die Aufhebung der Prozesskostenhilfe in Betracht, wenn sich nach Durchführung der Beweisaufnahme ergibt, dass der Antragsteller falsch vorgetragen hat. Dem schließt sich die Beschwerdekammer auch für den Fall an, dass sich im Kündigungsschutzverfahren nach durchgeführter Beweisaufnahme die Unwahrheit des nach § 138 Abs. 1 ZPO erklärungspflichtigen Klägers ergibt. Insoweit hat das Arbeitsgericht im angefochtenen Urteil aus der Aussage des Zeugen M die Überzeugung gewonnen, dass der Kläger das Fahrzeug seiner Ehefrau mit Dieselkraftstoff des Beklagten getankt hat und damit einen Diebstahl begangen hat. Nach § 138 Abs. 1 ZPO haben die Parteien ihre Erklärungen über tatsächliche Umstände vollständig und der Wahrheit gemäß abzugeben, sowie sich über die vom Gegner behaupteten Tatsachen zu erklären. Die Beweisaufnahme vor dem Arbeitsgericht hat auch ergeben, dass der Kläger mit seiner Behauptung, dass das Fahrzeug am Vortag des angeblichen Vorfalls voll getankt und nur wenige Kilometer bewegt worden sei, unrichtig und unwahr ist. Aus den Beurkundungen des Zeugen M (Bl. 39 - 40 d. A.) ergibt sich nämlich, dass der Tank des vom Kläger benutzten Fahrzeugs vor dem unerlaubten Tankvorgang auf Reserve gestanden hat und bei einer Kontrolle am Nachmittag desselben Tages die Tankuhr ergab, dass der Tank voll war. Die im Schriftsatz vom 12.01.2005 von der Beschwerde noch vorgebrachten Gründe zum Beschäftigungsort des Klägers ändern an den vorgenannten Feststellungen nichts. Es besteht daher kein Zweifel, dass das Gericht die Prozesskostenhilfe nach den Bestimmungen des § 124 Nr. 1 ZPO hätte aufheben können, mit der Konsequenz, dass die Vergünstigungen des § 122 ZPO entfallen und der Hilfebedürftige alle ungedeckten Kosten als Antragsteller der Instanz schuldet (vgl. Philippi in Zöller, Zivilprozessordnung, 23. Auflage, § 124 Rz 24).

Vor diesem Hintergrund ist die ablehnende Entscheidung des Arbeitsgerichts im konkreten Fall vom Ergebnis her jedenfalls nicht zu beanstanden.

Für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde sah die erkennende Kammer keine Veranlassung.

Ende der Entscheidung

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