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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 09.05.2005
Aktenzeichen: 8 Ta 92/05
Rechtsgebiete: ArbGG, HGB, GVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b)
ArbGG § 78
HGB § 84
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 3
ZPO §§ 567 ff.
ZPO § 569
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 8 Ta 92/05

Verkündet am: 09.05.2005

Tenor:

I. Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.12.2004, AZ: 8 Ca 2579/04, wird zurückgewiesen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 189,- € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Eröffnung des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen für eine am 14.09.2004 zum Arbeitsgericht erhobenen Kündigungsschutzklage mit dem Antrag: "festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht und nicht durch Kündigung vom 06.09.2004 beendet wurde". Wegen der Einzelheiten des Sachstandes wird auf die Darstellung in den Gründen des Nichtabhilfebeschlusses vom 22.03.2005 (Bl. 55 bis 56 d. A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat in seinem Beschluss vom 21.12.2004 den Rechtsweg aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) ArbGG für eröffnet gehalten, weil der Kläger zwar zeitlich nicht weisungsgebunden und auch eine enge fachliche Weisungsgebundenheit nicht gegeben gewesen sei, dieser jedoch seine Tätigkeit an einem von der Beklagten vorgegebenen Ort und seine Arbeitsleistung persönlich zu erbringen gehabt habe. Außerdem sei der Kläger in der Weise in die Arbeitsorganisation der Beklagten eingebunden gewesen, dass diese ihm ihre Mitarbeiter unterstellt habe. Der Kläger sei nicht frei in seiner Entscheidung gewesen, mit wem er seinen wirtschaftlichen Erfolg erzielen möchte.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Gründe (II) wird auf den Inhalt des vorerwähnten Beschlusses des Arbeitsgerichts Koblenz (Bl. 40 bis 41 d. A.) Bezug genommen.

Gegen den am 19.01.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 31.01.2005 eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten. Zu ihrer Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass das Arbeitsgericht die entscheidungserheblichen Tatsachen für die Abgrenzung von Arbeitnehmern und Selbständigen in Anlehnung an § 84 HGB entwickelten Kriterien fehlgewichtet habe. Der maximale wöchentliche Einsatz des Klägers habe sich allenfalls auf 2 1/2 - Tage beschränkt. Der Kläger habe die Mitarbeiterinnen S und P anlässlich der Aufnahme seiner Zusammenarbeit mit der Beklagten per 01.08.2003 mit eingebracht und deren Einstellung zur Bedingung der vorerst für zwei Jahre in Aussicht genommenen Kooperation gemacht. Einem vom Kläger vorgelegten Schreiben in Sachen "Ergänzung des Mietvertrages A-Stadt, I -straße vom 30.01.2004" sei zu entnehmen, dass das bestehende Mietverhältnis über die Geschäftsräume der Beklagten nur solange Bestand haben solle, wie die Tätigkeit des Klägers für die Mieterin andauere. Desgleichen sei der Bestand des Mietverhältnisses von der Aufrechterhaltung der Zusammenarbeit des Klägers mit den dort genannten Kachelofenbaumeistern abhängig gestellt worden. Da der Kläger sowohl zumindest über die Auswahl des Personals als auch über wesentliche Geschäftsbeziehungen selbst bestimmt habe, könne von einer arbeitnehmertypischen Eingliederung in eine fremde Organisation nicht die Rede sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz vom 24.01.2005 (Bl. 45 bis 46 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, da im vorliegenden Fall ein sic - non - Fall vorläge. Zur weiteren Begründung wird auf den Nichtabhilfebeschluss vom 22.03.2005 verwiesen.

Im Beschwerdeverfahren nahm die Beklagte mit Schriftsatz vom 03.05.2005 Stellung. Hierbei hob sie insbesondere darauf ab, dass im vorliegenden Fall von einer "et-et" - Konstellation auszugehen sei, bei welcher die bloße Rechtsbehauptung des Klägers, er sei Arbeitnehmer, nicht zur Begründung der arbeitgerichtlichen Zuständigkeit ausreiche.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Stellungnahme wird auf den vorerwähnten Schriftsatz (Bl. 63 bis 64 d. A.) verwiesen. Auf den gesamten weiteren Akteninhalt wird Bezug genommen.

II.

1.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten ist gemäß §§ 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG, 78 ArbGG, 567 ff. ZPO statthaft. Sie wurde auch gemäß § 78 ArbGG i. V. m. § 569 ZPO form- und fristgerecht eingelegt.

2.

Das Rechtsmittel ist jedoch unbegründet, da das Arbeitsgericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Eröffnung des Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben sind.

Das Arbeitsgericht hat im angefochtenen Beschluss vom 21.12.2004 den geltenden Rechtsmaßstab unter Bezugnahme auf die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts zutreffend aufgezeigt und eine nach Meinung der Beschwerdekammer zutreffende Bewertung des vorliegenden Falles vorgenommen. Die Kammer nimmt deshalb Bezug die diesbezüglichen Feststellungen im angefochtenen Beschluss vom 21.12.2004, stellt dies fest und sieht hier unter Übernahme der maßgeblichen Beschlussgründe von einer weiteren Darstellung ab.

Lediglich wegen der Angriffe der Beschwerde sind folgende Ergänzungen veranlasst:

Soweit sie insbesondere das vom Arbeitsgericht angenommene Gegebensein eines sog. sic - non - Falls bezweifelt, ist auf die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 17.01.2001 - 5 AZB 18/00 -, an der auch für den vorliegenden Fall festzuhalten ist, zu verweisen. Danach gilt beim Vorliegen einer fristlosen Kündigung und dem Antrag festzustellen, dass diese unwirksam sei und nicht zur Beendigung des "Arbeitsverhältnisses" geführt habe, dass ein sic - non - Fall vorliegt, für den der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen eröffnet ist. Hinsichtlich der Anforderungen an den Vortrag zur Begründung der Rechtswegzuständigkeit kommt es nach dem Stand der Rechtssprechung auf das Klageziel an. Auch im vorliegenden Fall wäre der Erfolg der Klage vom Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft des Klägers abhängig; denn dieser hat mit der zum Arbeitsgericht erhobenen Klage die Feststellung beantragt, "dass das Arbeitsverhältnis der Parteien fortbesteht und nicht durch die Kündigung vom 06.09.2004 beendet wurde." Die statusbegründenden Tatsachen sind für den Rechtsweg und die Sachentscheidung gleichermaßen von Bedeutung, d. h. doppelt relevant. In diesen Fällen reicht die bloße Rechtsbehauptung des Klägers, er sei Arbeitnehmer zur Begründung der arbeitsgerichtlichen Zuständigkeit aus (vgl. Koch, Erfurter Kommentar, 5. Auflage, § 2 ArbGG 60 Rz 47). Selbst aber unter Annahme eines sog. "et - et" - Falles wird nach der von der Beklagten zitierten Literaturstelle die schlüssige Darlegung der Arbeitnehmereigenschaft zur Begründung der Rechtswegzuständigkeit für ausreichend gehalten (vgl. Koch, a. a. O., Rz 79). Auch stünde die Tatsache, dass sich der maximale Arbeitseinsatz des Klägers auf allenfalls 2 1/2 - Tage beschränkt habe, der Annahme einer Arbeitnehmereigenschaft und damit der Rechtswegeröffnung nicht entgegen, da Teilzeitarbeit gerade im Status eines Arbeitnehmers anfällt. Das Miteinbringen von Mitarbeiterinnen sowie die Bindung des Mietverhältnisses an die Dauer der vereinbarten Beschäftigung sind erkennbar keine Kriterien, die der Rechtswegeröffnung zu den Gerichten für Arbeitssachen entgegenstehen; denn es ist nicht erkennbar, dass die diesbezüglichen Rechtsverhältnisse mit dem Kläger begründet wurden.

3.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 78 ArbGG i. V. m. § 97 ZPO.

4.

Die Festsetzung des Beschwerdewertes orientiert sich gemäß §§ 3, 9 ZPO an den Anwaltsgebühren, die im Falle einer Verweisung erstattungsfähig wären.

5.

Für die Zulassung einer weiteren sofortigen Beschwerde bestand keine Notwendigkeit, weil die aufgezeigten Rechtssprechungsgrundsätze in Verbindung mit den tatsächlich getroffenen Feststellungen des Arbeitsgerichts für eine abschließende Bewertung des vorliegenden Falles ausreichen. Diese Entscheidung ist deshalb unanfechtbar.

Ende der Entscheidung

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