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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 16.08.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 364/06
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO §§ 513 ff.
BGB §§ 293 ff.
BGB § 297
BGB § 615
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 364/06

Entscheidung vom 16.08.2006 Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.02.2006, Az.: 2 Ca 1956/05, wird kostenpflichtig zurückgewiesen. 2. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung von Arbeitsvergütung wegen Annahmeverzuges. Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 15.02.2006 (S. 3 - 5 = Bl. 86 - 88 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin hat beantragt,

der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 26.791,64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 443,40 EUR seit 01.02.05 sowie aus jeweils 2.290,89 EUR seit 01.03.05, 01.04.05, 01.05.05, 01.06.05, 01.07.05, 01.08.05, 01.09.05, 01.10.05, 01.11.05, 01.12.05, 01.01.06, und weiteren 1.145,45 EUR seit dem 16.01.2006 zu zahlen. Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen. Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Urteil vom 15.02.2006 (Bl. 84 ff. d. A.) die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Zeit vom 26.01.2005 bis 15.01.2006 in Höhe von 26.791,64 EUR brutto nicht zu, da sich der Beklagte während dieses Zeitraumes nicht in Annahmeverzug befunden habe. Die Klägerin sei nämlich, aufgrund ihrer gesundheitlichen Einschränkungen, während dieser Zeit nicht in der Lage gewesen, die vertraglich geschuldete Arbeitstätigkeit als Gemeindekrankenschwester auszuüben. Darüber hinaus sei der Beklagte auch nicht etwa dadurch in Annahmeverzug geraten, dass eine Beschäftigung der Klägerin auf einem anderen leidensgerechten Arbeitsplatz möglich gewesen sei. Sie habe nämlich nicht dargelegt, dass ein leidensgerechter Arbeitsplatz für sie bei dem Beklagten während des streitgegenständlichen Zeitraumes frei gewesen sei. Der Beklagtehabe die Klägerin auch nicht lediglich mit Teilen der Tätigkeit einer Gemeindekrankenschwester beschäftigen können, bei denen sie nicht in Zwangshaltung oder mit Heben von mehr als 15 kg hätte beschäftigt werden können. Ein diesbezüglicher freier Arbeitsplatz sei nicht vorhanden gewesen und eine Umorganisation dahingehend, dass der Klägerin eine weitere Gemeindekrankenschwester für die Durchführung dieser schweren Arbeitstätigkeiten zur Seite gestellt werde, schulde der Beklagte nicht. Zudem sei der Beklagte - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht verpflichtet gewesen, bei anderen Rechtsträgern des Dachverbandes nach einer freien Arbeitsstelle für die Klägerin zu suchen. Bei dem Beklagten handele es sich um einen selbstständigen Verein, der allein Vertragspartner der Klägerin gewesen sei. Es ergebe sich aus keinem Gesichtspunkt eine rechtliche Verpflichtung für den Beklagten, bei anderen selbstständigen Vereinen, welche dem C-verband angeschlossen seien, darauf hinzuwirken, dass die Klägerin dort beschäftigt werde. Schließlich sei der Beklagte auch nicht gehalten gewesen, ab dem Januar 2003 eventuell freiwerdende Arbeitsstellen "freizuhalten" um diese später der Klägerin, die ab diesem Zeitpunkt eine Umschulung zur Bürokauffrau absolviert habe, zur Verfügung zu stellen. Die Klägerin habe nämlich dem Beklagten unstreitig während der Umschulungszeit ihre Arbeitskraft nie angeboten. Zudem habe sie mit Schreiben vom 01.12.2002 lediglich die voraussichtliche Dauer der Umschulungsmaßnahme von zwei Jahren genannt, so dass für den Beklagten nicht voraussehbar gewesen sei, ob und gegebenenfalls wann die Klägerin ihre Arbeitskraft für welche Tätigkeiten zukünftig zur Verfügung stellen werde. Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 5 ff. des Urteils vom 15.02.2006 (= Bl. 88 ff. d. A.) verwiesen. Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts Koblenz am 01.04.2006 zugestellt worden ist, hat am 28.04.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 03.07.2006 ihr Rechtsmittel begründet, nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 03.07.2006 verlängert worden war. Die Klägerin macht geltend, es sei dem Beklagten möglich und zumutbar gewesen, während des streitgegenständlichen Zeitraumes ihr einen leidensgerechten Arbeitplatz zuzuweisen, nämlich ihre ursprüngliche Arbeitstätigkeit verbunden mit der "Befreiung" von Teilarbeiten. Darüber hinaus habe die Klägerin verschiedene mögliche Alternativarbeitsplätze beschrieben; im Rahmen der abgestuften Darlegungslast hätte daher der Beklagte die Vorgänge um die angebliche Prüfung, ob ein leidensgerechter Arbeitsplatz vorhanden sei, vortragen müssen. Von wesentlicher Bedeutung sei auch, dass die Klägerin vom Beklagten über zwei Jahre hinweg, also während der gesamten Umschulungszeit, in dem Glauben belassen worden sei, sie könne später wieder im Betrieb des Beklagten arbeiten. Aufgrund dessen sei es dem Beklagten zumutbar gewesen, auf zwischenzeitliche Einstellungen oder sonstige die Klägerin verdrängende Umgestaltungen zu verzichten. Zudem sei er verpflichtet gewesen, über den Dachverband der C-vereine eine Lösung zu suchen, die mit Leichtigkeit zu einer Einstellung der Klägerin im Bereich der ausgeschriebenen Stellen geführt hätte. Die Klägerin habe dem Beklagten auch die Dauer der beabsichtigten Umschulungsmaßname bekannt gegeben, zumal entsprechende Umschulungsmaßnahmen einheitlich auf zwei Jahre festgesetzt seien und lediglich im Falle des Nichtbestehens mit einer Verlängerung um ein halbes Jahr zu rechnen gewesen sei. Soweit der Beklagte gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 27.09.2005 eine ordentliche Kündigung zum 31.12.2005 ausgesprochen habe, sei diese unwirksam; das Beschäftigungsverhältnis sei letztlich erst durch die Eigenkündigung der Klägerin zum 15.01.2006 beendet worden. Mithin schulde die Beklage für die Zeit vom 26.01.2005 bis 15.01.2006 Arbeitsentgelt in Höhe von 26.791,64 EUR brutto abzüglich des während dieser Zeit bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 6.864,68 EUR zuzüglich Zinsen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 03.07.2006 (Bl. 117 ff. d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin beantragt,

teilweise abändernd den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 26.791,64 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 443,40 EUR seit 01.02.2005 sowie aus jeweils 2.290,89 EUR seit 01.03.2005, 01.04.2005, 01.05.2005, 01.06.2005, 01.07.2005, 01.08.2005, 01.09.2005, 01.10.2005, 01.11.2005, 01.12.2005, 01.01.2006 und weiteren 1.145,45 EUR seit dem 16.01.2006 abzüglich bereits erhaltender 6.874,68 EUR netto zu zahlen. Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Der Beklagte führt aus, für ihn habe weder eine Verpflichtung noch eine Notwendigkeit bestanden, das Arbeitsverhältnis während der Umschulungsphase zu kündigen. Die Tätigkeit als Gemeindekrankenschwester habe die Klägerin während des geltend gemachten Zahlungszeitraumes unstreitig nicht erbringen können und ein Einsatz der Klägerin auf einem leidensgerechten freien Arbeitplatz sei nicht möglich gewesen, da ein solcher Arbeitsplatz während dieser Zeit nicht zur Verfügung gestanden habe. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 14.07.2006 (Bl. 126 ff. d. A.) verwiesen. Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 513 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht für die Zeit vom 26.01.2005 bis 15.01.2006 ein Anspruch auf Zahlung von Arbeitsvergütung in Höhe von 26.791,64 EUR abzüglich bezogenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 6.874,68 EUR schon dem Grunde nach nicht zu, da der Beklagte während dieser Zeit unter Berücksichtigung von §§ 615, 293 ff. BGB nicht in Annahmeverzug geraten ist. Nach § 297 BGB kommt der Gläubiger nämlich nicht in Annahmeverzug, wenn der Schuldner zur Zeit des Angebots außerstande ist, die Handlung zu bewirken. Ein entsprechendes Unvermögen der Klägerin war im vorliegenden Fall gegeben; dies hat das Arbeitsgericht in seinen schriftlichen Entscheidungsgründen zutreffend und umfassend ausgeführt, so dass die Berufungskammer sich diese Darlegungen zu Eigen macht und auf eine wiederholende Darstellung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG verzichtet. Angesichts der Berufungseinwendungen der Klägerin sind lediglich zwei rechtliche Gesichtspunkte noch einmal hervorzuheben. 1.

Ein anderer, leidensgerechter Arbeitsplatz als jener für eine Gemeindekrankenschwester war während des streitgegenständlichen Zeitraumes bei der Beklagten nicht frei. Hiervon ist auszugehen, nachdem die Klägerin, trotz der Darstellung der Beschäftigungssituation durch den Beklagten in den Geschäftsstellen C-Stadt, X-Stadt und W-Stadt (vgl. den erstinstanzlichen Schriftsatz der Beklagten vom 06.12.2005, S. 4 f. = Bl. 60 f. d. A.) auch im Berufungsverfahren einen freien Arbeitsplatz nicht konkret zu benennen vermochte. 2.

Entgegen den Ausführungen der Prozessbevollmächtigten der Klägerin während der Berufungsverhandlung folgt aus der Tatsache, dass der Beklagte gegenüber der Klägerin nicht bereits im Jahr 2001 eine krankheitsbedingte ordentliche Kündigung erklärt hat, kein besonders schützenswertes Vertrauen der Klägerin auf eine spätere Weiterbeschäftigung. Denn die Klägerin hat in ihrem Schreiben vom 01.12.2002 selbst darum gebeten, das Beschäftigungsverhältnis ruhen zu lassen und nicht aufzulösen. Nach ihren damaligen Ausführungen wollte sie hiermit vermeiden, dass ihr in Zukunft Nachteile in den gesetzlichen Versorgungssystemen entstehen könnten, die sie zum damaligen Zeitpunkt noch nicht habe überschauen können. Wenn die Beklagte auf diesen Wunsch der Klägerin eingegangen ist, vermochte dies - aus objektiver Sicht - keinen Vertrauenstatbestand auf Seiten der Klägerin zu erzeugen. Unabhängig hiervon würde ein entsprechendes Vertrauen auch in keinem rechtlichen Zusammenhang zur Entstehung eines Anspruchs auf Zahlung von Arbeitsvergütung wegen Annahmeverzuges führen. Nach alledem war die Berufung der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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