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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 30.11.2005
Aktenzeichen: 9 Sa 550/05
Rechtsgebiete: ArbGG, TzBfG, BGB, KSchG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
TzBfG § 14
TzBfG § 14 Abs. 1
TzBfG § 14 Abs. 4
TzBfG § 17
TzBfG § 21
BGB §§ 305 ff.
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 305 c
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 1 Satz 1
BGB § 307 Abs. 2
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1
BGB § 307 Abs. 2 Ziffer 1
BGB § 307 Abs. 3 Satz 1
BGB § 307 Abs. 3 Satz 2
BGB § 307 Abs. 3 Satz 3
BGB § 310 Abs. 4
BGB § 310 Abs. 4 Satz 3
KSchG § 2
KSchG § 5
KSchG § 6
KSchG § 7
ZPO §§ 512 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 550/05

Entscheidung vom 30.11.2005

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.05.2005, Az.: 3 Ca 199/05 abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Arbeitsbedingungen, welche für das Beschäftigungsverhältnis maßgeblich sind.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.05.2005 (dort S. 2 - 4 = Bl. 74 - 76 d. A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der auflösenden Bedingung des Arbeitsvertrages vom 30.12.2002/07.01.2003 zum 31.12.2004 beendet worden ist, sondern über den 31.12.2004 hinaus zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 30.12.2002 fortbesteht,

2. hilfsweise,

festzustellen, dass der zwischen den Parteien bestehende Arbeitsvertrag vom 30.12.2002 nicht aufgrund der auflösenden Bedingung gemäß Vereinbarung vom 30.12.2002/07.01.2003 zum 31.12.2004 außer Kraft getreten ist, sondern über den 31.12.2004 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 13.05.2005 (Bl. 74 ff. d. A.) festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der auflösenden Bedingung des Arbeitsvertrages vom 30.12.2002/07.01.2003 zum 31.12.2004 beendet worden ist, sondern über den 31.12.2004 hinaus zu den Bedingung des Arbeitsvertrages vom 30.12.2002 fortbesteht. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die zulässige Klage sei, ausgehend von § 14 TzBfG, hinsichtlich des Hauptantrages begründet. § 14 Abs. 1 TzBfG sei auf die vertragliche Abrede vom 30.12.2002 anwendbar, da die Parteien zwei Arbeitsverträge geschlossen hätten, von denen der zweite Vertrag eine Befristung in Form einer auflösenden Bedingung enthalten habe; des Weiteren sei auflösend bedingt das Ruhen des Erstvertrages und darüber hinaus eine auflösende Bedingung für den Erstvertrag im Falle der unbefristeten Geltung des Zweitvertrages vereinbart worden. Die hier gewählte Vertragsgestaltung unterfalle § 14 TzBfG da der gesetzliche Wortlaut auf die Befristung des "Arbeitsvertrages" und nicht auf die Befristung eines Arbeitsverhältnisses abziele.

Die im Vertrag vom 30.12.2002/07.01.2003 enthaltene Befristungsabrede sei nach § 14 Abs. 1 TzBfG rechtsunwirksam, da es an einem Sachgrund für die Befristung fehle. Insbesondere könne sich die Beklagte nicht auf die Notwendigkeit einer Erprobung des Klägers zur Begründung der Befristung berufen. Der Kläger sei nämlich seit über 15 Jahren - wenn auch nicht schwerpunktmäßig - auf jenem Gebiet tätig gewesen, auf dem ihn die Beklagte nach dem befristeten Arbeitsvertrag nunmehr beschäftigen wolle. Im Übrigen wäre eine Probezeit von zwei Jahren nach der vorausgegangenen Tätigkeit des Klägers im gleichen Bereich auf jeden Fall deutlich zu lang.

Unabhängig hiervon könne ein Sachgrund der Befristung aber auch schon deshalb nicht zugrunde liegen, da der Erprobungszweck nicht zum Vertragsinhalt geworden sei. Auch einer rechtlichen Kontrolle nach §§ 305 ff. BGB würden die Arbeitsbedingungen, welche in einer Betriebsvereinbarung vorformuliert worden seien und der Befristungsabrede vom 30.12.2002 zugrunde liegen würden, nicht standhalten. Die Beklagte weiche nämlich von wesentlichen Grundgedanken des gesetzlichen Vertragsinhaltsschutzes gemäß § 2 KSchG ab, so dass ein Fall des § 307 Abs. 2 Ziffer 1 BGB gegeben wäre. Ein Rechtfertigungsgrund hierfür liege nicht vor, die Erfolgsabhängigkeit des Inhalts von Arbeitsbedingungen sei dem Arbeitsvertrag wesensfremd. Auch die Betriebsvereinbarung, in welcher die Arbeitsbedingungen für den hier geschlossenen befristeten Arbeitsvertrag vorformuliert seien, ändere hieran nichts. Die maßgeblichen gesetzlichen Normen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sowie der §§ 305 ff. seien nämlich für die Betriebsparteien nicht dispositiv.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 5 ff. des Urteils vom 13.05.2005 (= Bl. 77 ff. d. A.) verwiesen.

Die Beklagte, der das Urteil des Arbeitsgerichtes Mainz am 20.06.2005 zugestellt worden ist, hat am 04.07.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 05.09.2005 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 05.09.2005 verlängert worden war.

Die Beklagte macht geltend, das Teilzeit- und Befristungsgesetz sei im vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die vereinbarte Befristung lediglich einzelne Vertragsbedingungen, jedoch nicht das ganze Arbeitsverhältnis erfasse. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers sei nämlich nicht als Ganzes in Frage gestellt worden, vielmehr seien - wie eine Gesamtschau ergebe - lediglich einzelne Elemente des Arbeitsvertrages befristet worden. Auch wenn der gesamte Arbeitsvertrag vom 30.12.2002 außer Kraft getreten sei, habe doch immer für den Kläger eine Rückfallposition auf den früheren Arbeitsvertrag bestanden. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes führe das Bestehen mehrerer Arbeitsverträge nebeneinander nicht zwangsläufig zur Anwendbarkeit des Teilzeit- und Befristungsgesetzes. Aus der Entstehungsgeschichte dieses Gesetzes ergebe sich, dass die Befristung von Beschäftigungsverhältnissen erfasst werden sollte; hierfür spreche der Wortlaut der Richtlinie 1999/70/EG vom 28.06.1999.

Auf die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen sei § 14 TzBfG weder analog noch direkt anwendbar. Der Vertragsinhaltsschutz bei Fortbestand des Grundarbeitsverhältnisses bedinge nämlich eine geringere soziale Schutzwürdigkeit des Arbeitnehmers. Eine Schutzbedürftigkeit bestehe in diesem Zusammenhang nur dann, wenn der Kernbereich des Arbeitsverhältnisses berührt werde, da nur in diesem Fall Änderungskündigungsschutz umgangen werden könne. Im vorliegenden Fall sei dieser Kernbereich jedoch nicht angetastet worden, zumal das Gehalt des Klägers im Arbeitsvertrag vom 30.12.2002 lediglich um ca. 13 % über dem Gehalt des alten Vertrages vom 15.09.2000 gelegen habe.

Selbst wenn man trotzdem von der Anwendbarkeit des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ausgehen würde, sei im gegebenen Fall die Befristung durch den Sachgrund der Erprobung gerechtfertigt. Der Zweck der Erprobung des Klägers habe gerade darin bestanden, zu prüfen, ob er die geforderte Mindestanzahl an Vermittlern erreichen könne. Die Befristung des zuletzt geschlossenen Arbeitsvertrages zum Zwecke der Erprobung sei mithin notwendig gewesen, da der neue Arbeitsplatz deutlich andere Anforderungen an den Kläger gestellt habe. Der Aufbau einer Gruppe von insgesamt zehn Vermittlern könne im Übrigen nicht innerhalb von sechs Monaten bewerkstelligt werden, vielmehr sei hierfür ein Zeitraum von zwei Jahren angemessen. Hieraus ergebe sich die Dauer der vereinbarten Probezeit.

Abgesehen hiervon halte die von den Parteien gewählte Vertragskonstruktion auch einer Überprüfung nach §§ 305 ff. BGB stand. Falls es sich insoweit überhaupt um allgemeine Vertragsbedingungen handele, sei zunächst festzustellen, dass darin keine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c BGB enthalten sei. Darüber hinaus liege auch inhaltlich keine unangemessene Benachteiligung des Klägers vor, zumal für ihn, aufgrund des wieder eingreifenden Arbeitsvertrages vom 15.09.2000 immer eine "Auffangposition" bestanden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 05.09.2005 (Bl. 130 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 13.05.2005, Az.: 3 Ca 199/05 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger führt aus, das Teilzeit- und Befristungsgesetz sei auf den vorliegenden Fall anwendbar, zumal nicht nur einzelne Arbeitsbedingungen unter eine auflösende Bedingung gestellt worden seien, sondern der Arbeitsvertrag vom 30.12.2002 in seiner Gesamtheit der auflösenden Bedingung unterliegen sollte. Mit dem Arbeitsvertrag vom 30.12.2000 sei nicht nur eine andere Tätigkeit des Klägers vereinbart worden, sondern auch eine andere Arbeitsvergütung. Da die Parteien einen komplett neuen Arbeitsvertrag geschlossen hätten, müsse dieser sich an § 14 Abs. 1 TzBfG messen lassen; der Wortlaut dieser gesetzlichen Regelung nehme im Übrigen deutlich Bezug auf die Befristung von Arbeitsverträgen und nicht auf die Befristung von Arbeitsverhältnissen. Selbst wenn man von einer bloßen Änderung von Arbeitsbedingungen ausgehe, sei festzustellen, dass diese Änderungen den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses betroffen hätten, ohne dass ein sachlicher Grund hierfür gegeben gewesen sei. Das Beschäftigungsverhältnis sei insbesondere deshalb erfasst worden, da sich nicht lediglich das Tarifgehalt des Klägers um 13 %, aufgrund des neuen Vertrages, erhöht habe, sondern auch verschiedene weitere Vergütungsbestandteile nach dem neuen Vertag (wie z. B. die Fixvergütung gemäß Ziffer 1, die Betreuungsvergütung gemäß Ziffer 2 und der Entwicklungsbonus gemäß Ziffer 3) nicht mehr ins Verdienen hätten gebracht werden müssen. Diese Gehaltsbestandteile seien in dem alten Arbeitsvertrag nicht garantiert gewesen.

Unter Berücksichtigung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes sei einerseits festzustellen, dass die Beklagte das in §§ 21, 14 Abs. 4 TzBfG vorgesehene Schriftformerfordernis nicht beachtet habe, da die geänderten Verträge erst am 07.01.2003 unterschrieben worden seien, während das befristete Arbeitsverhältnis bereits zum 01.01.2003 aufgenommen worden sei. Für die Befristung fehle es im Übrigen an einem rechtfertigenden Sachgrund, da der Erprobungszweck weder vereinbart, noch tatsächlich verfolgt worden sei. Der Kläger habe nicht darin erprobt werden sollen, ob er Mitarbeiter schulen und führen könne; vielmehr sei allein maßgeblich ein Gruppenausbau auf mindestens zehn hauptberufliche Vermittler gewesen. Die Erprobung sei in diesem Zusammenhang nicht erforderlich gewesen, da er bereits nach dem früheren Vertrag zum Aufbau einer Vermittlergruppe verpflichtet gewesen sei. Auch die Dauer der vorgesehenen Erprobung sei mit zwei Jahren unangemessen lang. Die Anknüpfung an einen Gruppenausbau auf zehn Mitarbeiter sei auch nicht sachgerecht, zumal ein Erfolg insoweit von Umständen abhänge, die nicht in der Macht und im Einflussbereich des Klägers liegen würden.

Im Übrigen sei der Kläger durch den befristeten Arbeitsvertrag vom 30.12.2002 im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen benachteiligt worden, zumal die vereinbarten Vertragsbedingungen dem Änderungskündigungsschutz nach § 2 KSchG unterstanden hätten, wenn sie unbefristet vereinbart worden wären. Die in § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB vorgesehene Sperre finde vorliegend keine Anwendung, da durch den Arbeitsvertrag vom 30.12.2002 eine eigenständige, von der Betriebsvereinbarung losgelöste Vereinbarung getroffen worden sei. Im Übrigen sei die nicht dispositive Regelung aus § 2 KSchG vorrangig gegenüber dem Inhalt der Betriebsvereinbarung.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 29.09.2005 (Bl. 173 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 512 ff. ZPO zulässig.

Darüber hinaus ist das Rechtsmittel der Beklagten auch begründet, da die Klage teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet ist.

A.

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der auflösenden Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 30.12.2002/07.01.2003 zum 31.12.2004 beendet worden ist, fehlt es an dem für eine zulässige Feststellungsklage notwendigen rechtlichen Interesse des Klägers (§ 256 Abs. 1 ZPO).

Insbesondere ergibt sich ein Feststellungsinteresse vorliegend nicht aus § 17 TzBfG in Verbindung mit §§ 5 - 7 KSchG. Denn der hiernach im Falle der Befristung von Arbeitsverträgen zulässige Antrag auf die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung nicht beendet ist, ist im vorliegenden Fall nicht geeignet, das zwischen den Parteien streitige Rechtsverhältnis zu klären. Zwischen den Parteien besteht nämlich kein Streit darüber, dass das Beschäftigungsverhältnis zu keinem Zeitpunkt beendet worden ist. Die nach Auffassung des Klägers unrechtmäßige auflösende Bedingung sollte nach Ziffer 1 und 4 der schriftlichen Vereinbarung vom 30.12.2002 (Bl. 12 d. A.) im Falle des Bedingungseintritts lediglich zum Ende des vereinbarten Vertriebsleitervertrages und zum Wiederaufleben des zuvor gültigen Vertrages führen. Eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses sollte aber nach dem Vertragsinhalt wie auch aus Sicht beider Parteien hiermit zu keinem Zeitpunkt verbunden sein. Mithin bedarf es auch nicht der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die auflösende Bedingung nicht beendet worden ist.

B.

I.

Derjenige Teil des Klageantrages, mit welchem der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.12.2004 hinaus zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 30.12.2002 vom Kläger geltend gemacht wurde, ist zulässig. Das Feststellungsinteresse folgt hier allein schon daraus, dass zwischen den Parteien Streit über den Inhalt der ab dem 01.01.2005 geltenden arbeitsvertraglichen Bedingungen besteht.

II.

Die Klage ist jedoch nicht begründet, da das Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.2005 nicht zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom 30.12.2002, sondern zu jenen des Arbeitsvertrages vom 15.09.2000 (Bl. 14 ff. d. A.) fortbesteht.

Die Regelung in der schriftlichen Vereinbarung vom 30.12.2003 ist rechtswirksam. Soweit sie im vorliegenden Zusammenhang relevant ist, lautet diese Regelung:

" 1. Zwischen den Parteien wird für die Zeit vom 01. Januar 2003 bis 31. Dezember 2004 die Geltung des als Anlage beigefügten Vertriebsleitervertrages vereinbart.

Zugleich tritt für den vorgenannten Zeitraum die Geltung des derzeit gültigen Vertrages außer Kraft.

2. Herr C. verpflichtet sich, alle ihm möglichen und zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, innerhalb des unter Ziffer 1 genannten Zeitraums die Anzahl der in seiner Gruppe zu betreuenden hauptberuflichen Vermittler auf mindestens 10 Personen zu erhöhen und diese Mindestgruppengröße zu halten.

Bei der Bewertung werden nur diejenigen Vermittler berücksichtigt, die mindestens sechs Monate hauptberuflich für die IHM tätig sind und in einem ungekündigten Vertragsverhältnis zur IHM stehen.

3. ...

4. Sofern der von beiden Seiten angestrebte Gruppenausbau auf mindestens 10 Vermittler gelingt, wird die Geltung des als Anlage beigefügten Vertriebsleitervertrags über den 31. Dezember 2004 hinaus auf unbestimmte Zeit verlängert.

Gelingt der erforderliche Gruppenausbau unter Einhaltung der Bewertungsvorgabe gemäß Ziffer 2 Absatz 2 bereits vor Ablauf des in Ziff. 1 festgelegten Zeitraums, so erfolgt die Festschreibung des Vertriebsleitervertrags bereits vorzeitig zu diesem Zeitpunkt.

Mit Festschreibung des neuen Vertriebsleitervertrags verliert zugleich der bisherige Vertrag seine Gültigkeit.

Gelingt der erforderliche Gruppenausbau nicht, tritt mit Ablauf des unter Ziff. 1 genannten Zeitraums der zuvor gültige Vertrag wieder in Kraft."

1.

Im vorliegenden Fall war lediglich rechtlich zu überprüfen, ob die Befristung einzelner Vertragsbedingungen wirksam waren. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes kann der Vertrag vom 30.12.2003 nicht an der gesetzlichen Regelung des Teilzeit- und Befristungsgesetzes gemessen werden. Denn die in der neuen Vertragsregelung enthaltene auflösende Bedingung stellte nicht das gesamte Arbeitsverhältnis und damit auch nicht den Arbeitsvertrag im Sinne des Teilzeit- und Befristungsgesetzes in Frage, zumal diese Bedingung im Falle ihres Eintrittes verknüpft war mit dem erneuten Inkrafttreten des vorausgegangenen Arbeitsvertrages. Mithin konnte nie ein Zweifel daran bestehen, dass jederzeit ein unbefristeter Arbeitsvertrag zwischen den Parteien bestand - fraglich ist nur der Inhalt dieses Vertrages.

Dass die Parteien die unterschiedlichen Vertragsbedingungen in zwei körperlich getrennten Vertragswerken niedergelegt haben, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn durch die Vereinbarung vom 30.12.2003 wurden diese Vertragswerke nahtlos miteinander verknüpft, so dass sie auch nur als Gesamtheit rechtlich beurteilt werden können.

Soweit im Teilzeit- und Befristungsgesetz der Begriff "Arbeitsvertrag" verwendet wird, ist damit nicht jede zeitlich befristete Änderungsvereinbarung und der Arbeitsvertrag in diesem Sinne gemeint, sondern - wie die Verknüpfung in § 17 TzBfG zeigt - nur jener Arbeitsvertrag, dessen Befristung zu einer Beendigung des gesamten Arbeitsverhältnisses führen kann. Das Teilzeit und Befristungsgesetz versteht unter einem befristeten Arbeitsvertrag also nur einen Vertrag, dessen Laufzeit insgesamt begrenzt ist (vgl. BAG, Urteil vom 14.01.2004 - 7 AZR 213/03 = AP Nr. 10 zu § 14 TzBfG).

2.

§ 14 Abs. 1 TzBfG findet auf die Befristung einzelner Vertragsbedingungen keine Anwendung. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes bedarf die Befristung einer Arbeitsvertragsbedingung auch nach dem Inkrafttreten des Teilzeitbefristungsgesetzes am 01.01.2001 - zumindest soweit es sich um Verträge handelt, die vor dem 01.01.2002 geschlossen worden sind - zu ihrer Wirksamkeit eines Sachgrundes, wenn durch die Befristung der gesetzliche Änderungskündigungsschutz objektiv umgangen werden kann (vgl. BAG, Urteil vom 14.01.2004 a.a.O.). Ob diese Rechtsprechung auch auf nach dem 01.01.2002 geschlossenen Verträge über befristete Vertragsbedingungen anzuwenden ist oder im Falle der Regelung in allgemeinen Geschäftsbedingungen ausschließlich die §§ 305 ff. BGB rechtlicher Prüfungsmaßstab sind, kann vorliegend dahinstehen, dass bei Anwendung jedes dieser beiden Prüfkriterien die vereinbarte Regelung wirksam ist.

a)

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes bedarf die vorliegend vereinbarte Befristung eines sachlichen Grundes. Denn die Möglichkeit der Umgehung des gesetzlichen Änderungskündigungsschutzes ist vorliegend gegeben, zumal die Parteien nicht nur den Inhalt der Arbeitsleistung (früher: Aufbau einer Werbegruppe und Vermittlung von Versicherungsverträgen; ab 01.01.2003: Nur noch der Aufbau einer Werbegruppe) sondern auch das Vergütungssystem (früher: Niedrigeres Festgehalt und zusätzlich variable Entgeltbestandteile; ab 01.01.2003: Höheres Festgehalt und andere variable Bestandteile mit einer jährlichen Obergrenze) abgeändert haben.

Diese grundlegende Umstrukturierung der Vertragsbedingungen ist vorliegend durch den sachlichen Grund der Erprobung gerechtfertigt.

Ebenso wie bei der Befristung eines Arbeitsvertrages ist die Erprobung eines Arbeitnehmers geeignet, eine befristete Änderung der Vertragsbedingungen zu rechtfertigen. Bei der Befristung von Arbeitsverträgen fehlt es objektiv an der Notwendigkeit einer Erprobung, wenn der Arbeitnehmer bereits ausreichende Zeit bei dem Arbeitgeber mit den nunmehr von ihm auszuführenden Aufgaben beschäftigt war. Die Dauer der Befristung bedarf für sich allein keiner sachlichen Rechtfertigung. Sie muss sich lediglich am Befristungsgrund orientieren und mit ihm derart in Einklang stehen, dass sie nicht gegen das Vorliegen eines sachlichen Grundes spricht (vgl. BAG, Urteil vom 23.04.2004 - 7 AZR 636/03 = AP Nr. 12 zu § 14 TzBfG).

Selbst wenn diese strengen Anforderungen, welche für die Befristung von Arbeitsverträgen nach § 14 Abs. 1 TzBfG von der Rechtsprechung entwickelt wurden, auf die befristete Änderung der Arbeitsbedingungen übertragen werden - ob geringere Anforderungen zu stellen sind, kann angesichts des Ergebnisses dahinstehen - rechtfertigt im vorliegenden Fall der Erprobungszweck die vereinbarte auflösende Bedingung.

Vorweg ist allerdings klarzustellen, dass - selbst bei Anwendung der Rechtsprechung zu Sachgrundbefristungen nach § 14 Abs. 1 TzBfG - das Schriftformerfordernis (§ 14 Abs. 4 TzBfG) für den der Befristung zugrunde liegenden sachlichen Grund nicht gilt (vgl. BAG, Urteil vom 23.06.2004 a.a.O.).

Die oben dargestellten rechtlichen Voraussetzungen für eine befristete Änderung der Arbeitsbedingungen zum Zwecke der Erprobung sind erfüllt. Durch die gewählten Vertragsbedingungen sollte nämlich überprüft werden, ob der Kläger in der Lage ist, eine Werbegruppe aufzubauen. Diese Erprobung war notwendig, obwohl der Kläger bereits vor der Vertragsänderung hiermit befasst war. Denn aufgrund des früheren Vertrages erledigte der Kläger diese Arbeitsaufgabe nur nebenbei, zumal er zu 80 % seine Arbeitszeit mit Vermittlungstätigkeit befasst war und dementsprechend allenfalls 20 % der Arbeitszeit für den Aufbau einer Werbegruppe verwenden konnte. Nach dem neuen Vertrag sollte er ausschließlich und während der gesamten Arbeitszeit eine Werbegruppe aufbauen. Zweifellos hatte der Kläger seine Fähigkeiten beim Gruppenaufbau vor dem 01.01.2003 bereits teilweise nachweisen können. Allerdings waren es deutlich andere Arbeitsbedingungen, als er, aufgrund des neuen Vertrages, nunmehr zu 100 % seine Arbeitszeit in den Gruppenaufbau investieren musste. Hierzu bedarf es nach Überzeugung der Berufungskammer wesentlich vertiefter und weitgehender Kenntnisse und Erfahrungen vor allem in den Bereichen Personalführung und Gruppenorganisation als bei der vorher verrichteten "Nebentätigkeit". Mithin war es aus objektiver Sicht vertretbar, zu erproben, ob der Kläger in der Lage ist, bei Einsatz seiner vollen Arbeitskraft eine zehnköpfige Werbegruppe aufzubauen.

Dem Erprobungszweck steht - entgegen der Auffassung des Klägers - nicht entgegen, dass der Erprobungserfolg nicht anhand einer Gesamtbeurteilung aller Einzelfallumstände erfolgte, sondern vom Erreichen einer Personalstärke von zehn Gruppenmitgliedern innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren abhängig gemacht wurde.

Zunächst einmal ist es ein sachgerechtes und objektives Kriterium für den Erprobungserfolg, wenn der erfolgreiche Aufbau einer Werbegruppe mit dem Vorhandensein einer bestimmten Anzahl von qualifizierten Gruppenmitgliedern verbunden wird. Das hierbei zufällige Faktoren eine Rolle spielen können, auf welche der Kläger wenig oder keinen Einfluss hat, gleicht sich im Laufe der Erprobungszeit von zwei Jahren teilweise wieder aus, so dass dem keine vorrangige Bedeutung beigemessen werden kann. Des Weiteren erscheint es der Berufungskammer sachlich begründet und transparent, wenn von vornherein das entscheidende Kriterium für den Erprobungserfolg festgelegt ist. Dies ist jedenfalls einer Gesamtbeurteilung vorzuziehen, die am Ende der Probezeit nur pro forma allumfassend erfolgt und letztlich insgeheim doch auf das gleiche Kriterium entscheidend abstellt.

Die Dauer der Erprobung, nämlich zwei Jahre, erscheint angesichts des Zweckes, die Fähigkeit des Klägers beim Aufbau einer mindestens zehnköpfigen Werbegruppe zu erproben, angemessen. Letztlich musste der Kläger fähig und zuverlässige Vermittler von Versicherungen finden und langfristig führen, wobei diese Vermittler professionelle Arbeit in der Werbegruppe leisten sollten. Dies lässt sich bei einer seriösen Betreuung von Versicherungskunden aber nicht innerhalb von sechs Monaten oder einem Jahr ohne weiteres bewerkstelligen. Die zweijährige Probezeit ist daher gemessen am Erprobungszweck - auch unter Berücksichtigung der Vortätigkeit des Klägers - zumindest nicht unangemessen lang.

b)

Eine rechtliche Überprüfung der vertraglichen Vereinbarung vom 30.10.2003 anhand der § 305 ff. BGB führt ebenfalls zur Feststellung der Rechtswirksamkeit der getroffenen Vereinbarung.

aa)

Dabei ist davon auszugehen, dass es sich bei der Vereinbarung vom 30.10.2003 um allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB handelt, zumal die Beklagte einen in der Betriebsvereinbarung Nr. 34 (vgl. Bl. 61 ff. d. A.) zwischen den Betriebsparteien vereinbarten Vertragstext verwendet hat, der dort für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurde. Angesichts der Herkunft der Vertragsformulierungen ist des Weiteren davon auszugehen, dass es die Beklagte war, welche die Vertragsbedingungen dem Kläger bei Vertragsschluss im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB gestellt hat.

bb)

Entgegen der Auffassung des Klägers benachteiligt ihn der Vertrag vom 30.10.2003 nicht unangemessen und unter Verstoß gegen Treu und Glauben. Insbesondere lässt sich dies nicht aus § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB folgern. Diese gesetzliche Regelung ist nämlich nach §§ 307 Abs. 3 Satz 3 BGB in Verbindung mit § 310 Abs. 4 BGB und der Betriebsvereinbarung Nr. 74 ausgeschlossen. Demnach gilt § 307 Abs. 2 BGB nur für Bestimmungen durch die unter anderem von Betriebsvereinbarungen abweichende oder ergänzende Regelungen vereinbart werden. Dies ist vorliegend nicht der Fall, da der Vertrag vom 30.10.2003 vollumfänglich dem Inhalt der Betriebsvereinbarung Nr. 34 entspricht.

Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, die Betriebsvereinbarung sei ihrerseits wegen Umgehung des Änderungskündigungsschutzes unwirksam, folgt dem die Berufungskammer nicht. Durch die Betriebsvereinbarung Nr. 34 wurde vielmehr eine ausgewogene Regelung getroffen, die nicht nur dem Arbeitgeber die Möglichkeit eröffnet, Nachwuchsführungskräfte befristet zu erproben, sondern den Arbeitnehmern auch die Chance gibt, in eine höherwertige Arbeitstätigkeit mit grundsätzlich besserem Verdienst zu wechseln. Soweit dieser Wechsel, mangels Erprobungserfolges, nicht auf Dauer möglich ist, lebt nach der Betriebsvereinbarung Nr. 34 der alte Vertragszustand wieder auf. Diese in der Betriebsvereinbarung geregelte Vertragskonstellation soll nur im Falle des Einverständnisses eines Mitarbeiters Anwendung finden. Hierdurch wird kein Mittel geschaffen, durch das der Arbeitgeber einseitig und unter Umgehung von Änderungskündigungsschutzbestimmungen den Inhalt von Arbeitsverträgen ändern könnte.

Auch im Zusammenhang mit § 307 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 BGB ergibt sich keine Rechtsunwirksamkeit des Vertrages vom 30.10.2003. Eine gegen Treu und Glauben verstoßende unangemessene Benachteiligung ist unter Berücksichtigung obiger Ausführungen auch im Übrigen nicht feststellbar.

Nach alledem war das Urteil des Arbeitsgerichtes entsprechend abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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