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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 22.11.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 554/06
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB, BRTV, ZPO, TVG


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 64 Abs. 6
BGB § 247
BRTV § 18
BRTV § 18 Nr. 6
BRTV § 18 Ziff. 5
BRTV § 18 Ziff. 6
ZPO §§ 513 ff.
TVG § 4 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 554/06

Entscheidung vom 22.11.2006

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.05.2006, Az.: 1 Ca 504/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Zahlung von restlicher Sonderzuwendung.

Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 64 Abs. 6 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.05.2006 (dort S. 2 - 8 = Bl. 71 - 77 d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie EUR 561,59 brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 01. Dezember 2005 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Urteil vom 18.05.2006 (Bl. 70 ff. d. A.) der Klage im vollem Umfang stattgegeben und die Berufung zugelassen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Prozessparteien hätten die Zahlung einer jährlichen Sonderzuwendung in Höhe von 100 % des übertariflichen, monatlichen Arbeitsentgeltes vereinbart, so dass der Beklagte die Differenz zwischen der geleisteten Zahlung und der demnach geschuldeten Sonderzuwendung für das Jahr 2005 in Höhe von 561,59 EUR brutto nebst Zinsen nachzahlen müsse. Der Beklagte habe der Klägerin ein Angebot zum Abschluss eines Arbeitsvertrages unterbreitet, als er ihr den Entwurf eines solchen Vertrages vom 05.12.2000 übersandt habe. Diesen Entwurf habe die Klägerin zwar nicht unterzeichnet, jedoch im November 2001 eine Sonderzahlung in der im Vertragsentwurf genannten Höhe entgegen genommen. Mithin sei eine entsprechende Vereinbarung auch für die Zukunft konkludent zustande gekommen.

Die vom Beklagten während der Jahre 2001 bis 2004 an die Klägerin erbrachten Sonderzuwendungen seien nicht auf der Grundlage des Bundesrahmentarifvertrages vom 02.11.2004, geschlossen vom Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken und der Apothekergewerkschaft X. (im Folgenden: BRTV), erfolgt. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte habe die Klägerin die übertarifliche Zahlung im November 2001 nicht mit einer tariflichen Leistung in Verbindung bringen können. Insbesondere enthalte der Vertragsentwurf vom 05.12.2000 unter Ziffer 12 lediglich die Regelung, dass die Bestimmungen des BRTV "im Übrigen" gelten würden. Mithin sei kein Umstand ersichtlich, der für das Eingreifen des Tarifwerkes spreche. Die Tatsache, dass die Klägerin von Beginn des Beschäftigungsverhältnisses an Mitglied der Apothekergewerkschaft X. gewesen sei und der Beklagte Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes, stehe der Annahme einer von der tariflichen Regelung abweichenden, unabhängigen Individualvereinbarung über eine übertarifliche Sonderzahlung nicht entgegen. Aufgrund des Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG) sei eine Kürzung der Sonderzahlung unter Berufung auf § 18 Ziffer 6 BRTV ausgeschlossen. § 18 Ziffer 5 BRTV gehe selbst davon aus, dass Sonderzahlungen auch aufgrund vereinbarter Regelungen gezahlt und als solche auf die tarifliche Sonderzahlung nach § 18 angerechnet werden könnten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 8 ff. des Urteils vom 18.05.2006 (= Bl. 77 ff. d. A.) verwiesen.

Der Beklagte, dem die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 03.07.2006 zugestellt worden ist, hat am 18.07.2006 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am Montag, den 04.09.2006 sein Rechtsmittel begründet.

Der Beklagte macht geltend,

das Arbeitsgericht habe zu Unrecht die zwingende unstreitige beiderseitige Tarifbindung außer Acht gelassen. Die Klägerin habe um die zwingende Tarifbindung gewusst, so dass die nicht zustande gekommene vertragliche Vereinbarung für sie unschädlich gewesen sei. Die in § 18 Nr. 6 BRTV enthaltende Kürzungsbefungnis müsse zu einer Verschlechterung auch einer gegenüber der tarifvertraglichen Regelung günstigeren, faktischen Auszahlung führen. Die vom Erstgericht festgestellte Vereinbarung sei konstruiert.

Die vom Arbeitsgericht zuerkannte restliche Sonderzuwendung könne auch nicht unter dem Gesichtspunkt der betrieblichen Übung zugesprochen werden, da die in der Vergangenheit erfolgten Zahlungen allein in Folge der beiderseitigen Tarifbindung erbracht worden seien.

Außerdem sei der Beklagte nach § 18 Ziffer 6 BRTV zur Kürzung der Sonderzuwendung für das Jahr 2005 berechtigt gewesen, zumal ihm nach dieser Tarifregelung die Möglichkeit eingeräumt worden sei, unter Berücksichtigung seines eigenen wirtschaftlichen status quo und der im Gesundheitswesen angekündigten Restriktionen die tarifliche Sonderzuwendung um die Hälfte zu kürzen. Als Gegenleistung hätten die Tarifparteien dem betroffenen Arbeitnehmer den Verzicht des Arbeitgebers auf eine betriebsbedingte Kündigung für die Dauer von sechs Monaten zugestanden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz des Beklagten vom 04.09.2006 (Bl. 95 ff. d. A.) Bezug genommen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 08.05.2006, 1 Ca 504/06 abzuändern und nach den Schlussanträgen erster Instanz zu erkennen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin führt aus,

sie habe den vom Beklagten vorgelegten Arbeitsvertragsentwurf wegen der Regelungen unter Ziffer 1., 8. und 10. nicht unterzeichnet, die Vereinbarung der Sonderzuwendung sei hiervon nicht betroffen gewesen. Über die Zahlung dieser Sonderzuwendung habe auch zu keinem Zeitpunkt Streit bestanden. Aus dem eigenen Vertragsentwurfstext des Beklagten ergebe sich, dass es sich um eine übertarifliche Leistung habe handeln sollen.

Unabhängig hiervon habe der Beklagte diese Leistung über drei Jahre hinweg vorbehaltlos erbracht, so dass die Klägerin auch aus dem rechtlichen Gesichtspunkt der betrieblichen Übung für das Jahr 2005 eine Sonderzuwendung in übertariflicher Höhe verlangen könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 26.10.2006 (Bl. 109 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 513 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der Klägerin steht ein arbeitsvertraglicher Anspruch auf Zahlung von restlicher Sonderzuwendung für das Jahr 2005 in Höhe von 561,59 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.12.2005 zu. Dies hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen mit vollumfänglich zutreffenden rechtlichen Erwägungen in seinem Urteil vom 18.05.2006 festgestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die erstinstanzlichen Entscheidungsgründe (Bl. 77 ff. d. A.) Bezug genommen und im Hinblick auf die Einwendungen des Berufungsführers folgendes ergänzt: Wie bereits das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat schließt der Umstand, dass zwischen den Parteien, aufgrund Mitgliedschaft in den Tarifparteien, seit Beginn des Beschäftigungsverhältnisses eine Tarifbindung bestand, nicht aus, dass sie individualvertraglich eine außertarifliche Leistung vereinbart haben. Dass dies vorliegend auch tatsächlich der Fall ist, ergibt sich insbesondere aus dem Umstand, dass der Beklagte ab dem November 2001 bis ins Jahr 2004 jährlich eine Sonderzuwendung in übertariflicher Höhe geleistet hat und dieses Verhalten Ziffer 5. des vom Beklagten erstellten schriftlichen Arbeitsvertragsentwurfes vom 05.12.2000 (mit der Maßgabe, dass es sich nicht um einen Jahresgehalt, sondern ein Monatsgehalt als Sonderzahlung handelt) entspricht. Die Höhe der geleisteten Zahlung lässt sich mithin nicht mit der von 2001 bis 2004 geltenden Tarifregelung, die lediglich eine Sonderzuwendung in Höhe eines tariflichen Monatsentgeltes vorsah, vereinbaren. Dass der Beklagte eine außertarifliche Leistung erbringen wollte und dies die Klägerin, aus objektiver Empfängersicht, auch so verstehen durfte, folgt auch aus Ziffer 12. des Arbeitsvertragsentwurfes, wonach die Bestimmungen des BRTV lediglich "im Übrigen" gelten sollten. Aus Sicht der Klägerin stellte sich die Situation zum Zeitpunkt der Zahlung der Sonderzuwendung im November 2001 so dar, dass der Beklagte, obwohl die Klägerin den Vertragsentwurf nicht gegengezeichnet hatte, trotzdem die dort enthaltene außer- und übertarifliche Leistung erbringen wollte. Hieran blieb der Beklagte unter Beachtung des Günstigkeitsprinzips aus § 4 Abs. 3 TVG auch für das Jahr 2005 gebunden.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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