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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 13.11.2002
Aktenzeichen: 9 Sa 623/02
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG §§ 64 ff.
ArbGG § 69 Abs. 2
ZPO §§ 511 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
LANDESARBEITSGERICHT RHEINLAND-PFALZ IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Aktenzeichen: 9 Sa 623/02

Verkündet am: 13.11.2002

In dem Rechtsstreit

hat die 9. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 13.11.2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Dr. S als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter G und S für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 24.05.2002, Az.: 5 Ca 180/02 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Leistung von Weihnachtsgeld.

Die Klägerin war seit 1984 bei der Beklagten als Abteilungsleiterin gegen Zahlung eines monatlichen Gehaltes in Höhe von zuletzt 4.300,00 DM brutto beschäftigt.

Von Beginn des Arbeitsverhältnisses an erhielt die Klägerin Weihnachtsgeld in Höhe von 60% der vereinbarten monatlichen Bruttovergütung. Auch die übrigen Arbeitnehmer der Beklagten bezogen in der Vergangenheit ein entsprechendes Weihnachtsgeld, das in der Regel im November des jeweiligen Jahres ausgezahlt wurde. In der Abteilung, welche die Klägerin leitete, war ein Zeiterfassungsgerät angebracht; neben diesem Zeiterfassungsgerät wurde zumindest seit 1980 jedes Jahr zum Auszahlungszeitpunkt des Weihnachtsgeldes folgender schriftlicher Aushang angebracht der sich lediglich hinsichtlich der zahlenmäßigen Daten änderte:

"Betr.: Weihnachtsgratifikation für die Hinterkappen-Abteilung

Die Auszahlung der diesjährigen Weihnachtsgratifikation erfolgt mit 40% eines tariflichen Monatsverdienstes = tarifl. Stundenlohn x 173 für alle seit dem 15.12.1972 ununterbrochen Beschäftigte.

Die Zahlung erfolgt als freiwillige Leistung und kann jederzeit frei widerrufen werden.

Sie begründet keinen Rechtsanspruch für die kommenden Jahre.

Wir behalten uns vor, die Zuwendungen in voller Höhe von denjenigen Mitarbeitern, die mehr als DM 100,00 erhalten haben und vor dem 31. März 1981 auf Grund eigener Kündigung oder wegen eines in seinem Verhalten liegenden Grundes aus dem Betrieb ausscheidet, zurückzufordern.

In dem vorgenannten Falle gilt die zu Unrecht erhaltene Zuwendung als Vorschuss und wir sind berechtigt, die vorschussweise gewährte Zuwendung bei der Lohn- bzw. Gehaltsabrechnung einzubehalten."

Mit Schreiben vom 30.08.2002 kündigte die Beklagte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis zum 28.02.2002 aus verhaltensbedingten Gründen. Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat die hiergegen gerichtete Kündigungsachutzklage abgewiesen; die Berufung gegen diese Entscheidung ist vom Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zurückgewiesen worden.

Für das Jahr 2001 zahlte die Beklagte an die Klägerin kein Weihnachtsgeld aus.

Daraufhin hat die Klägerin die vorliegende Klage beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingereicht.

Von der Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zur Vermeidung von Wiederholungen abgesehen; auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 24.05.2002 (S. 3 f. = Bl. 26 f. d.A.) wird Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.319,13 EUR brutto zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 24.05,2002 (Bl. 24 ff. dA) die Klage abgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung von 60% ihres letzten Monatsgehaltes als Weihnachtsgeld für das Jahr 2001, zumal eine ausdrückliche Vereinbarung über die Leistung nicht getroffen worden sei und auch nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung und der Gleichbehandlung die Forderung nicht begründet sei. Soweit eine betriebliche Übung durch die Zahlungen der Beklagten entstanden sei, sei diese durch den Aushang neben der Stechuhr wieder beendet worden. Durch den Aushang sei das Vertrauen der Klägerin auf eine bindende Gewährung des Weihnachtsgeldes in der Zukunft nicht mehr gegeben gewesen. Die Berufung der Klägerin auf den Grundsatz der Gleichbehandlung ergebe keinen Zahlungsanspruch, zumal die Klägerin mit den anderen Arbeitnehmern, welche im Jahr 2001 ein Weihnachtsgeld erhalten hätten, nicht vergleichbar sei. Die Beklagte habe zu Recht zwischen Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis gekündigt sei und den anderen Arbeitnehmern unterschieden.

Die Klägerin, der das Urteil des Arbeitsgerichts am 19.06.2002 zugestellt worden ist, hat gegen diese Entscheidung am 24.06.2002 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 18.ua.2002 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis zum 19.09.2002 verlängert worden war.

Die Klägerin macht geltend,

ihr Vater, der bei ihrem Eintritt in die Firma noch Geschäftsführer gewesen sei, habe mit ihr die Zahlung eines Weihnachtsgeldes in Höhe von 60% des Bruttogehaltes vereinbart. Im Übrigen sei bei der Beklagten eine betriebliche Übung bereits entstanden gewesen, als der jetzige Geschäftsführer seine Funktion noch nicht begleitet habe. Folglich gehe es nicht darum, ob eine betriebliche Übung entstanden sei, sondern ob die bereits entstandene betriebliche Übung beendet worden sei. Hierzu fehle es aber an einer ausdrücklichen Erklärung der Beklagten über die Beendigung der betrieblichen Übung. Für die Frage der Gleichbehandlung könne es nicht auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs ankommen, sondern auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dies folge schon daraus, dass beim rein formellen Abstellen auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs eine Verweigerung der Weihnachtsgeldzahlung selbst dann gerechtfertigt wäre, wenn im Folgejahr die Kündigung zurückgenommen oder von einem Gericht aufgehoben würde.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 17.09.2002 (Bl. 45 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 24.05.2002, Az.: 5 Ca 180/02 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.319,13 EUR brutto zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus,

es liege kein Fall der Ungleichbehandlung vor, da die übrigen Mitarbeiter, welche Weihnachtsgeld erhalten hätten, sich zum Zeitpunkt der Auszahlung in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befunden hätten. Eine Vereinbarung über die Weihnachtsgeldzahlung sei zwischen den Parteien zu keiner Zeit getroffen worden. Die Zahlung des Weihnachtsgeldes habe, insbesondere auch im Hinblick auf die Aushänge neben dem Zeiterfassungsgerät, bereits seit dem Zeitpunkt, als der Vater der Klägerin noch Geschäftsführer gewesen sei, unter einem Freiwilligkeitsvorbehalt gestanden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 21.10.2002 (Bl. 60 f. d.A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 511 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der Klägerin steht aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf die Zahlung von Weihnachtsgeld für das Jahr 2001 in Höhe von 1.319,13 EUR brutto zu.

1.

Der geltend gemachte Weihnachtsgeldanspruch folgt nicht aus einer Vereinbarung zwischen den Parteien. Der dahingehende Tatsachenvortrag der Klägerin wurde von

der Beklagten bestritten, ohne dass die beweispflichtige Klägerin ihren Vortrag unter Beweis stellen konnte.

2.

Die Forderung der Klägerin ergibt sich auch nicht aus dem allgemeinen Grundsatz der Gleichbehandlung, welcher im Arbeitsrecht gilt. Hiernach kann ein Arbeitgeber allenfalls dann zur Gleichbehandlung verpflichtet sein, wenn gleiche Sachverhalte gegeben sind. Im vorliegenden Fall war das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum üblichen Auszahlungszeitpunkt bereits gekündigt. Dieser Umstand unterscheidet ihr Arbeitsverhältnis wesentlich von ungekündigten Arbeitnehmern der Beklagten, die ein Weihnachtsgeld bezogen haben. Denn es ist einem Arbeitgeber unbenommen, bei Sonderzahlungen, die ansonsten an keine Anspruchsvoraussetzungen geknüpft sind, zwischen gekündigten und ungekündigten Arbeitsverhältnissen zu unterscheiden. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Kündigung - wie vorliegend - aus verhaltensbedingten Gründen erfolgt ist. Die Klägerin vermochte keinen konkreten Fall zu benennen, in welchem die Beklagte an einen Arbeitnehmer Weihnachtsgeld gezahlt hätte, dessen Arbeitsverhältnis zu diesem Zeitpunkt bereits gekündigt war. Dem vermag die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenzuhalten, dass auf den Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs nicht abgestellt werden dürfe, da die Kündigung später zurückgenommen oder von einem Gericht für rechtsunwirksam erklärt werden könnte. Letzteres ist zwar richtig, jedoch hat dies letztlich nur zur Folge, dass - falls letztlich keine Kündigung mehr greift - der Arbeitnehmer mit den ungekündigten Arbeitskollegen vergleichbar ist. Dann kann eine Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz erfolgreich sein. Ein solcher Sachverhalt ist hier jedoch nicht gegeben.

3.

Der Klägerin steht die Leistung von Weihnachtsgeld auch nicht nach den Grundsätzen der betrieblichen Übung zu. Kraft betrieblicher Übung entsteht ein Gratifikationsanspruch, wenn der Arbeitgeber eine Gratifikation wiederholt und vorbehaltlos gewährt und dadurch für den Arbeitnehmer ein Vertrauenstatbestand des Inhalts entsteht, der Arbeitgeber wolle sich auch für die Zukunft binden (vgl. DLW/Dörner, C Rz. 853). Die darlegungspflichtige Klägerin vermochte im vorliegenden Fall die wiederholte und vorbehaltslose Zahlung des Weihnachtsgeldes nicht konkret darzulegen. Nachdem im zweitinstanzlichen Verfahren unstreitig geworden war, dass die Beklagte seit 1980 einen Aushang in der Hinterkappen-Abteilung neben dem Zeiterfassungsgerät angebracht hatte, in welchem ausdrücklich auf die Freiwilligkeit, Widerruflichkeit und das Fehlen eines Rechtsanspruches bei der Weihnachtsgeldzahlung hingewiesen wurde, ist nicht ersichtlich, wann vorbehaltlose Zahlungen an die Klägerin geleistet worden sein sollen. Denn allein der Hinweis in dem Aushang, dass für die kommenden Jahre durch die Weihnachtsgeldzahlung ein Rechtsanspruch nicht begründet wurde, bildet den stärksten Vorbehalt, der in diesem Zusammenhang denkbar ist. Ein Vertrauenstatbestand zu Gunsten der Klägerin konnte angesichts dieser Ausgangssituation nicht entstehen: Es besteht letztlich auch kein Zweifel, dass die Aushänge der Beklagten in der Hinterkappen-Abteilung der Klägerin bekannt wären, zumal sie dort als Abteilungsleiterin solche Aushänge teilweise selbst neben dem Zeiterfassungsgerät in der Hinterkappen-Abteilung angebracht hat.

Nach alledem war die Berufung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Für die Zulassung der Revision fehlt es unter Beachtung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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