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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Urteil verkündet am 22.02.2006
Aktenzeichen: 9 Sa 867/05
Rechtsgebiete: ArbGG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG §§ 64 ff.
ZPO §§ 511 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Sa 867/05

Entscheidung vom 22.02.2006

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 09.08.2005, Az. 7 Ca 1696/02 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die tarifliche Eingruppierung der Arbeitnehmerin.

Die Klägerin ist seit dem 01.03.1988 bei der Beklagten, die einen Verlag betreibt, beschäftigt und wird seit 1999 als Verlagsangestellte in der Vertriebsabteilung (Kundenservice) eingesetzt. Auf das Arbeitsverhältnis ist der Gehaltstarifvertrag für Angestellte in Buch- und Zeitschriftenverlagen in Nordrhein-Westfahlen vom 21.06.2002 (im Folgenden: GTV) anwendbar. Die Klägerin bezog zuletzt eine monatliche Arbeitsvergütung entsprechend der im GTV geregelten Gehaltsgruppe III, wobei ein Betrag in Höhe von 2.223,00 EUR brutto ohne Zulagen gezahlt wurde.

Eine Arbeitskollegin der Klägerin, Frau X. führt die gleichen Arbeitstätigkeiten wie die Klägerin aus; sie wird von der Beklagten aber nach der Gehaltsgruppe IV des GTV vergütet.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - eingereichten Klage hat die Klägerin die Nachzahlung von Arbeitsvergütung in Höhe der monatlichen Differenz zwischen den tariflichen Gehaltsgruppen III und IV (= 419,00 EUR brutto) für die Zeit von Juli 2002 bis August 2004 verlangt und die zukünftige Bezahlung nach der Gehaltsgruppe IV geltend gemacht.

Von einer wiederholenden Darstellung des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - vom 09.08.2005 (dort S. 3 - 10 = Bl. 209 - 216 d. A.) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht Koblenz - Auswärtige Kammern Neuwied - hat entsprechend seinen Beweisbeschlüssen vom 22.11.2002 (Bl. 76 ff. d. A.) und 10.07.2003 (Bl. 132 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeuginnen X., W., und V. sowie der Zeugen U., T. und S.; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Sitzungsprotokolle vom 03.04.2003 (Bl. 101 ff. d. A.), 10.07.2003 (Bl. 122 ff. d. A.), 25.04.2005 (Bl. 190 ff. d. A.) und 09.08.2005 (Bl. 202 ff. d. A.) verwiesen.

Sodann hat das Arbeitsgericht mit Urteil vom 09.08.2005 (Bl. 207 ff. d. A.) die Klage abgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat es unter andrem ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Leistung von Vergütung nach der Gehaltsgruppe IV GTV ergebe sich nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebiete dem Arbeitgeber lediglich, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befänden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regel gleich zu behandeln. Vorliegend habe aber die Beklagte keine abstrakten Differenzierungsmerkmale auf eine Gruppe von Arbeitnehmern angewandt, sondern lediglich eine einzelne Mitarbeiterin, nämlich Frau X. besser gestellt.

Darüber hinaus sei die Klägerin auch nicht in die Gehaltsgruppe IV eingruppiert. Die Gehaltsgruppe IV GTV unterscheide sich von der Gehaltgruppe III GTV dadurch, dass unter Berücksichtigung der aufgeführten Beispiele eine selbstständige Tätigkeit erforderlich sei. Die darlegungspflichtige Klägerin habe aber Abwägungsprozesse, welche für eine solche Tätigkeit typisch seien, nicht aufgezeigt. Für das Arbeitsgericht sei nicht erkennbar geworden, welche Handlungsspielräume bei der Bearbeitung der Reklamationen bestünden. Auch soweit die Klägerin auf die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen oder Dienstleistern verweise, werde hieraus nicht deutlich, inwiefern sich hieraus Entscheidungsspielräume ergeben würden.

Unabhängig vom Fehlen einer selbstständigen Tätigkeit sei auch nicht feststellbar, dass die Klägerin über die für eine Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV GTV erforderlichen umfangreichen Fachkenntnisse verfüge. Unter Berücksichtigung der Tätigkeitsbeispiele seien hierunter besondere Kenntnisse wie z. B. Fremdsprachen, Rechtskenntnisse, betriebswirtschaftliche Kenntnisse, und Ähnliches zu verstehen. Hierzu sei kein nachvollziehbarer Vortrag durch die Klägerin erfolgt; der Hinweis auf die Beantwortung der Fragen zum Inhalt der Werke und auf die Kenntnisse im Bereich der Abonnementverwaltung sei zu pauschal, als dass die Anforderungen an Qualität und Quantität der Kenntnisse festgestellt werden könnten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 11 ff. des Urteils vom 09.08.2005 (= Bl. 217 ff. d. A.) verwiesen.

Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichts am 04.10.2005 zugestellt worden ist, hat am 26.10.2005 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 04.01.2006 ihr Rechtsmittel begründet nachdem die Berufungsbegründungsfrist bis einschließlich 04.01.2006 verlängert worden ist.

Die Klägerin macht geltend, entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes erbringe sie durchweg selbstständige Leistungen, insbesondere durch die fachfrauliche Beratung von Kunden, bevor diese ihre Bestellung abgeben würden. Die telefonisch zu erbringende Beratungsleistung erfolge in Fragen rund um Loseblattwerke und Kommentare zu Folgendem:

- Krankenhausentgeltrecht (früher Bundespflegesatzverordnung)

- Entscheidungen zum Krankenhausrecht/KHE

- Krankenhausfinanzierungsgesetz/KHG

- Kommentar zur sozialen Pflegeversicherung/SGB XI

- ambulantes Operieren im Krankenhaus

- zugelassene Krankenhäuser

- Leistungsabrechnung und Datenaustausch mit Krankenkassen.

Des weiteren sei sie selbstständig tätig bei der Abonnementfaktura und Rechnungstellung sowie bei der Entgegenahme von Kundenreklamationen. Bei derartigen Reklamationen müsse sie prüfen, ob beispielsweise Inhalte vorhanden, respektive nicht vorhanden seien oder vom Kunden grundsätzlich Gesetzestexte bemängelt würden oder ob Mängel am Werk oder an der von der Beklagten abgeforderten und eingekauften Autorenleistung vorliegen würden.

Dass ihre Arbeitstätigkeit umfangreiche Fachkenntnisse erfordere, folge bereits daraus, dass sie Antworten auf die von Kunden aufgeworfenen Fragen hinsichtlich der genannten Loseblattwerke und Kommentare geben müsse; darüber hinaus auch daraus, dass sie Kundenreklamationen selbstständig bearbeiten müsse. Sie arbeite sich daher in alle Publikationen der Beklagten ein, um über die notwendigen Kenntnisse zu verfügen.

Zu ihren Aufgaben gehöre, Mängel der Kommentare und Loseblattwerke festzustellen und entsprechend zu bearbeiten sowie Autorenleistungen zu überprüfen.

Sie koordiniere und delegiere Arbeiten, wobei dies 20 bis 25 % der täglichen Arbeit ausmache.

Die von der Klägerin geltend gemachte Eingruppierung folge auch aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Sie bilde nämlich zusammen mit Frau XX. (früherer Name: Frau X.) eine Gruppe, für die von der Beklagten selbst gegebene Regeln nicht vorliegen würden. Mithin bestehe die Notwendigkeit im Rahmen der Eingruppierung beide Arbeitnehmerinnen gleich zu behandeln.

Schließlich folge der Anspruch der Klägerin auf Eingruppierung in die Vergütungsgruppe IV GTV aus einer Vereinbarung mit der Beklagten. Im Jahr 1996, als für Frau XX. und die Klägerin die komplette Abwicklung des neu gegründeten Tochterunternehmens der Beklagten, nämlich der Firma R. hinzugekommen sei, hätten die Verantwortlichen Personalgespräche geführt. Hierbei sei mit der Klägerin vereinbart worden, dass sie im Jahre 1999, wie ihre Kollegin Frau XX., höhergruppiert werde.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf die Schriftsätze der Klägerin vom 04.01.2006 (Bl. 250 ff. d. A.) und 20.02.2006 (Bl. 296 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 12.362,63 EUR brutto nebst 5 Prozentpunkten über dem Diskontsatz der Europäischen Zentralbank seit dem 15.7.2002 aus 412,63 EUR, seit dem 15.8.2002 aus 412,63 EUR, seit dem 15.9.2002 aus 412,63 EUR, seit dem 15.10.2002 aus 412,63 EUR, seit dem 15.11.2002 aus 412,63 EUR, seit dem 15.12.2002 aus 412,63 EUR, seit dem 15.1.2003 aus 412,63 EUR, seit dem 15.2.2003 aus 412,63 EUR, seit dem 15.3.2003 aus 412,63 EUR, seit dem 15.4.2003 aus 412,63 EUR, seit dem 15.5.2003 aus 412,63 EUR, seit dem 15.6.2005 aus 412,63 EUR, seit dem 15.7.2003 aus 412,63 EUR, seit dem 15.8.2003 aus 412,63 EUR, seit dem 15.9.2003 aus 419,00 EUR, seit dem 15.10.2003 aus 419,00 EUR, seit dem 15.11.2003 aus 419,00 EUR, seit dem 15.12.2003 aus 419,00 EUR, seit dem 15.1.2004 aus 419,00 EUR, seit dem 15.2.2004 aus 419,00 EUR, seit dem 15.3.2004 aus 419,00 EUR, seit dem 15.4.2004 aus 419,00 EUR, seit dem 15.5.2004 aus 419,00 EUR, seit dem 15.6.2005 aus 419,00 EUR, seit dem 15.7.2004 aus 309,77 EUR, seit dem 15.8.2004 aus 419,00 EUR sowie seit dem 15.7.2002 aus 309,77 EUR, seit dem 15.11.2002 aus 309,77 EUR, seit dem 15.7.2003 aus 309,77 EUR, seit dem 15.11.2003 aus 314,25 EUR und seit dem 15.7.2004 aus 314,25 EUR zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie nach der Tarifgruppe IV des Tarifvertrages im Buch- und Zeitschriftenhandel in NRW zu vergüten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus, die Klägerin erbringe keine selbstständigen Leistungen im Rechtssinne, zumal eine fachmännische Beratung per Telefon in dem Abonnementbereich für Fachpublizistik nicht stattfinde. Die Klägerin beantworte lediglich erste allgemeine Fragen der Kunden zu den Inhalten der Werke; hierfür stehe ihr ein 48-seitiger Fachpublizistik-Katalog zur Verfügung, der die kompletten Inhalte der Loseblattwerke wiedergebe. Darüber hinausgehende Kenntnisse habe die Klägerin nicht. Weitergehende Kundenanfragen würden direkt an eine dafür zuständige Abteilung im Haus weitergeleitet und insbesondere von einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten, nämlich Frau T. bearbeitet. Im Falle einer Kundennachfrage überprüfe die Klägerin lediglich - durch das EDV-System automatisch - die Verfügbarkeit der Ware. Auf Vollständigkeit und Lieferbarkeit überprüfe sie lediglich die Auftragsannahme. Die Vollständigkeit und die Lieferbarkeit der Loseblattwerke sei durch ein System automatisiert, nämlich durch das sogenannte Artikelstammblatt.

Die Klägerin benötige auch keine umfangreichen Fachkenntnisse für ihre Arbeitstätigkeit, da sie keine inhaltlichen Auskünfte über die Artikel, die nicht dem Fachpublizistikkatalog zu entnehmen seien, erteile, sondern in diesen Fällen den Kunden mit der Fachpublikationsabteilung verbinde. Sie delegiere auch keine Tätigkeiten und habe keinerlei Befugnis, anderen Mitarbeitern Arbeitsanweisungen zu erteilen.

Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor, da die Beklage lediglich eine einzelne Arbeitnehmerin, nämlich Frau XX. begünstige. Dies habe nichts mit abstrakten Differenzierungsmerkmalen für eine bestimmte Arbeitnehmergruppe zu tun.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Berufungserwiderung wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 06.02.2006 (Bl. 280 ff. d. A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nach §§ 64 ff. ArbGG, 511 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Nachzahlung der Vergütungsdifferenz zwischen den Gehaltsgruppen III und IV GTV für die Zeit vom Juli 2002 bis August 2004 in Höhe von 12.362,63 EUR brutto zuzüglich Zinsen nicht zu. Darüber hinaus ist auch der Antrag auf Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie nach der Gehaltsgruppe IV GTV zu vergüten, unbegründet. Eine Eingruppierung der Klägerin in diese Gehaltsgruppe ergibt sich nämlich weder für die Vergangenheit noch für die Gegenwart aus einer Parteivereinbarung (A.), aus dem Grundsatz der Gleichbehandlung (B.) oder unmittelbar aus der Eingruppierungsregelung des GTV (C.).

A.

Nach dem letzten Sach- und Streitstand ist nicht von einer Vereinbarung zwischen den Prozessparteien, wonach die Klägerin entsprechend der Gehaltsgruppe IV GTV vergütet werden soll, auszugehen. Sie hat zwar in ihrem Schriftsatz vom 20.02.2006 (S. 3 = Bl. 298 d. A.) vortragen lassen, bei Personalgesprächen sei im Jahr 1998 mit ihr vereinbart worden, dass sie im Jahr 1999, wie ihre Arbeitskollegin Frau XX., höhergruppiert werde.

Auf Nachfrage der erkennenden Kammer während der mündlichen Berufungsverhandlung, wer in diesem Zusammenhang welche Erklärung abgegeben habe, führte die Klägerin aus, die Geschäftsleitung habe gegenüber der damaligen Betriebsratsvorsitzenden eine entsprechende Höhergruppierungsabsicht bekundet; mit ihr selbst habe die Geschäftsleitung hingegen hierüber nicht gesprochen.

Mithin ist unmittelbar zwischen den Prozessparteien die schriftsätzlich behauptete Vereinbarung nicht getroffen worden. Umstände, die dafür sprechen würden, dass die Geschäftsleitung unter Einschaltung des Betriebsrates gegenüber der Klägerin ein rechtsverbindliches Vertragsangebot abgeben wollte, wurden von der Klägerin nicht dargetan. Da der Vortrag entsprechender Tatsachen ihr als derjenigen, die Rechtsfolgen hieraus ableiten will, oblag, geht dies zu ihren Lasten.

B.

Auch soweit sich die Klägerin zur Begründung von Vergütungsansprüchen nach der Gehaltsgruppe IV GTV auf den im Arbeitsrecht allgemein geltenden Gleichbehandlungsgrundsatz beruft, bleibt dies ohne Erfolg.

Der Grundsatz der Gleichbehandlung greift ein, wenn der Arbeitgeber nach einer von ihm selbst geschaffenen Ordnung verfährt (vgl. BAG, Urteil vom 19.11.2002 - 3 AZR 561/01 = EzA § 1 Gesetz über die betriebliche Altersversorgung Nr. 84). Dementsprechend ist Voraussetzung für die Anwendung bei freiwilligen Gehaltserhöhungen, dass der Arbeitgeber dabei nach abstrakten Regeln verfährt; dagegen verpflichtet ihn das Gleichbehandlungsgebot nicht dazu, abstrakte Regeln für Gehaltserhöhungen aufzustellen (vgl. BAG, Urteil vom 15.11.1994 - 5 AZR 682/93 = EzA § 242 BGB Gleichbehandlung Nr. 61). Darüber hinaus muss auf Seiten der begünstigten Arbeitnehmer ein kollektiver Tatbestand vorliegen; d. h. auf dieser Seite kann man Gruppen bilden, für die eine begünstigende Regelung seitens des Arbeitgebers besteht.

Soweit die Klägerin in der Berufungsbegründung darauf verweist, ihre Arbeitskollegin XX. verrichte die gleiche Arbeitstätigkeit und erhalte Arbeitsentgelt nach der Gehaltsgruppe IV GTV, sind die soeben dargelegten rechtlichen Voraussetzungen für einen Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung nicht erfüllt. Frau XX. ist eine einzelne Person; eine begünstigende Regelung für eine bestimmte Gruppe ist mithin nicht feststellbar. Darüber hinaus sind auch keine von der Beklagten erstellte, abstrakte Regeln erkennbar, aufgrund deren alle oder mehrere Mitarbeiter im Kundenservice des Bereiches Fachpublizistik in die Gehaltsgruppe IV GTV einzugruppieren wären.

C.

Die Klägerin war weder in der Vergangenheit noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Berufungsverhandlung in die Gehaltsgruppe IV GTV eingruppiert. Folgende Tarifregelungen aus dem auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbaren GTV sind für die Eingruppierung im vorliegenden Zusammenhang von Bedeutung:

"§ 2

1. ...

2. Die Angestellten werden in Gehaltsgruppen eingruppiert. Für die Eingruppierung in eine Tarifgruppe ist nicht die Berufsbezeichnung, sondern allein die Tätigkeit maßgebend. ...

3. Für die Einstufung der Mitarbeiter/innen ist die Gruppenbeschreibung maßgebend. Die Tätigkeitsbeispiele sind ergänzend und nur beispielhaft zugeordnet. Die gleichen Beispiele können auch in mehreren Gehaltsgruppen vorkommen.

Gehaltsgruppe I

Angestellte mit einfachen Tätigkeiten, für die keine Vorbildung erforderlich ist.

- Einfache manuelle und maschinelle Abschreibarbeiten, Vervielfältigen, Fotokopieren

- ...

Gehaltsgruppe II

Angestellte mit abgeschlossener kaufmännischer oder fachlich gleichwertiger Berufsausbildung oder Berufserfahrung, die Tätigkeiten im Rahmen bestimmter Anweisungen verrichten.

- ...

- Schreiben von Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Lieferscheinen, Führen von einfachen Karteien, Statistiken, einfacher Korrespondenz nur nach Textvorlagen/Textbausteinen.

Gehaltsgruppe III

Angestellte, welche die Voraussetzungen der Gruppe II erfüllen und im Rahmen allgemeiner Anweisungen Tätigkeiten ausüben, die erweiterte Kenntnisse und Erfahrungen bedingen.

- Sekretariatsarbeiten

- Form- und Stilgerechte Aufnahme und/oder Wiedergabe von fachbezogenen Texten

- ...

- Sachbearbeitung im Anzeigen- und Vertriebsbereich (Bearbeitung von telefonischen und schriftlichen Anfragen, Bestellungen und Reklamationen einschließlich der selbstständigen Erledigung des anfallenden Schriftwechsels)

- ...

Gehaltsgruppe IV

Angestellte, welche die Voraussetzungen der Gruppe III erfüllen und die Tätigkeiten nach allgemeinen Richtlinien ausüben, die umfangreiche Fachkenntnisse und entsprechende Erfahrungen im eigenen Aufgabenbereich voraussetzen.

- Sekretariatsarbeiten, z. B. selbstständige Koordination und Delegation von Arbeiten

- ... "

Die Darlegungslast für die Erfüllung von tariflichen Eingruppierungsvoraussetzungen trägt derjenige, der Rechte hieraus ableiten will. Dabei reicht es bei einer Eingruppierungsstreitigkeit nicht aus, dass nur die Tätigkeit als solche dargestellt wird. Vielmehr müssen jeweils zu den Merkmalen solche Tatsachen vorgetragen werden, aus denen der rechtliche Schluss möglich ist, dass die beanspruchten tariflichen Tätigkeitsmerkmale unter Einschluss der dazu vorgesehen Qualifizierungen auch erfüllt werden. Eine Darstellung der Aufgaben reicht dazu in aller Regel nicht aus. Auch die Angabe bloßer Tätigkeitsbeispiele genügt nicht, wenn daraus noch keine Rückschlüsse darauf möglich sind, ob und in wieweit die Merkmale erfüllt werden. Es ist vielmehr notwendig darzulegen, warum eine bestimmte Tätigkeit ein bestimmtes Merkmal erfüllt. Bei Heraushebungsmerkmalen ist für alle Stufen entsprechender Sachvortrag erforderlich. Bei doppelter Heraushebung durch denselben Rechtsbegriff müssen jeweils neue Tatsachen für die erste und die zweite Stufe vorgetragen werden (vgl. Neumann, NZA 1986, 729 ff.; LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.12.2004 - 9 Sa 527/04).

Im vorliegenden Fall trägt die Klägerin die Darlegungslast für die Erfüllung der Eingruppierungsmerkmale der Gehaltsgruppe IV GTV. Da in diese Gehaltsgruppe nur diejenigen Angestellten eingruppiert sind, welche die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe III erfüllen und diese wiederum die Voraussetzungen der Gehaltsgruppe II erfüllen müssen, hätte die Klägerin zunächst einmal darlegen müssen, inwiefern sie über eine abgeschlossene kaufmännische oder fachlich gleichwertiger Berufsausbildung oder Berufserfahrung verfügt. Dieses Tarifmerkmal war zwar zwischen den Parteien zu keinem Zeitpunkt streitig, dies führt jedoch nur zu einer Darlegungserleichterung für die Klägerin. Im vorliegenden Fall ist aber überhaupt kein Sachvortrag zu diesem Tarifmerkmal erfolgt. Da das erstinstanzliche Gericht die oben zitierten Darlegungsanforderungen in seinem erstinstanzlichem Urteil auf S. 12 (= Bl. 218 d. A.) unter Hinweis auf die Rechtsprechung der erkennenden Berufungskammer dargelegt hat, hätte dies für die Klägerin hinreichender Anlass sein müssen, konkret zu jeder einzelnen Tarifstufe vorzutragen, die bewältigt werden muss, um in die Gehaltsgruppe IV GTV zu gelangen.

Des Weiteren hat die Klägerin auch nicht dargelegt, welche konkreten Tatsachen dafür sprechen, dass sie über erweiterte Kenntnisse und Erfahrungen im Sinne der Gehaltsgruppe III GTV verfügt. Darüber hinaus hätte sie dann, da es sich um eine doppelte tarifliche Heraushebung desselben Rechtsbegriffes handelt, andere Umstände im Zusammenhang mit der Gehaltsgruppe IV GTV vorbringen müssen, welche - in Abgrenzung zu "erweiterten Kenntnissen" - umfangreiche Fachkenntnisse erkennen lassen. Die Klägerin ist aber, trotz des erstinstanzlichen Urteil enthaltenen klaren Hinweises, auf diese beiden unterschiedlichen Ebenen für bestimmte Kenntnisse nicht eingegangen und hat lediglich undifferenziert und pauschal zu dem Begriff "umfangreiche Fachkenntnisse" aus der Gehaltsgruppe IV GTV vorgetragen.

Unabhängig vom Außerachtlassen der Notwendigkeit des Sachvortrages zu den einzelnen Tarifstufen sind die Darlegungen der Klägerin zum Vorliegen von umfangreichen Fachkenntnissen auch an sich nicht geeignet, solche Kenntnisse für das Berufungsgericht nachvollziehbar zu machen. Soweit die Klägerin Kunden, die ein Loseblattwerk oder einen Kommentar bei der Beklagten bestellen wollen telefonisch berät, ist nicht deutlich geworden, welche konkreten Fachkenntnisse bei dieser Beratung erforderlich werden und welchem Fachbereich sie entstammen sollen. Während der mündlichen Berufungsverhandlung hat die erkennende Kammer den Eindruck gewonnen, dass die Klägerin jedwede Kenntnis über ihre Arbeitsvorgänge als Fachkenntnisse verstanden wissen will. Diese Auffassung ist unzutreffend, da auch die Angestellten, welche in die Gehaltsgruppen I - III GTV eingruppiert sind, selbstverständlich über Kenntnisse verfügen, die für ihre Tätigkeit erforderlich sind. Die Besonderheit der Gehaltsgruppe IV GTV ist, dass Kenntnisse hinsichtlich eines bestimmten Faches gefordert werden, und dass diese umfangreich sein müssen.

Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang vorgetragen hat, sie müsse zu den aufgeworfenen Fragen der Kunden aus dem Bereich der Loseblattwerke und Kommentare von Krankenhausentgeltrecht, Entscheidungen zum Krankenhausrecht, Krankenhausfinanzierungsgesetz, Kommentar zur sozialen Pflegeversicherung, ambulantes Operieren im Krankenhaus, zugelassene Krankenhäuser sowie Leistungsabrechnung und Datenaustausch mit Krankenkassen konkrete Erklärungen abgeben und Kundenreklamationen bearbeiten, ist nicht nachvollziehbar, welche konkreten Kenntnisse aus welchem Fach hierfür erforderlich sein sollen. Die Klägerin hat es insoweit versäumt, Kundenfragen zu beschreiben und die Fachkenntnisse darzulegen, welche zu deren Beantwortung erforderlich sein sollen. Hierzu bestand umso mehr Anlass, als die Beklagte behauptet hat, die Klägerin beantworte lediglich allgemeine Fragen der Kunden zu den Inhalten der Werke im Bereich Fachpublizistik. Hierbei könne sie auf einen 48-seitigen Fachpublizistikkatalog sowie ein Artikelstammblatt zu den Loseblattwerken zurückgreifen.

Soweit sich die Klägerin auf die Aussage der erstinstanzlich vernommen Zeugin Frau X. (jetzt: Frau XX.) beruft, ist davon auszugehen, dass sie den Inhalt der Zeugenaussage zu ihrem zweitinstanzlichem Sachvortrag machen will. Der Aussage der Zeugin X. sind aber ebenfalls keine hinreichend konkreten Umstände zu entnehmen, die auf umfangreiche Fachkenntnisse hinweisen würden. So sagte die Zeugin zum Beispiel aus, dass sie und die Klägerin den anrufenden Kunden inhaltliche Auskünfte geben würden. Dabei würde sie die Handbücher zur Hand nehmen und mit den Kunden die Einzelbereiche spezifisch durchgehen, die angefragt werden würden. Auch hieraus wird aber nicht deutlich, was konkret angefragt wird, und welche inhaltlichen Auskünfte tatsächlich gegeben werden.

Der restliche Sachvortrag der Klägerin lässt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür erkennen, dass sie über umfangreiche Fachkenntnisse verfügt. Soweit sie der Auffassung ist, das erste Tätigkeitsbeispiel zur Gehaltsgruppe IV GTV (Sekretariatsarbeiten, z. B. selbstständige Koordination und Delegation von Arbeiten) sei erfüllt, folgt dem die Berufungskammer nicht. Die Koordination und Delegation von Arbeiten setzt voraus, dass der Koordinierende oder Delegierende über eine Weisungsbefugnis gegenüber anderen Mitarbeitern verfügt; dies ist bei der Klägerin unstreitig aber nicht der Fall. Die Klägerin setzt in ihrem Sachvortrag jegliche Kommunikation mit den Bereichen Versand und Lager mit den Begriffen "Koordination" und "Delegation" gleich. Dieses Verständnis des Tätigkeitsbeispiels ist aber unzutreffend, da eine Koordination zwingend eine übergeordnete Position gegenüber anderen Mitarbeitern voraussetzt und eine Delegation nur dann stattfindet, wenn eigene Arbeitsaufgaben per Weisung anderen Arbeitnehmern übertragen werden können. Derartige Vorgänge werden aber von der Klägerin in ihrem Verhältnis zu den Bereichen Versand und Lager nicht dargetan.

Schließlich ist festzustellen, dass die Arbeitstätigkeit der Klägerin weitgehend durch ein Tätigkeitsbeispiel aus der Gehaltsgruppe III GTV erfasst wird. Unter dem vorletzten Spiegelstrich wird hier nämlich die Sachbearbeitung im Vertriebsbereich (Bearbeitung von telefonischen und schriftlichen Anfragen, Bestellungen und Reklamationen einschließlich der selbstständigen Erledigung des anfallenden Schriftwechsels) erwähnt. Im Wesentlichen bearbeitet die Klägerin telefonische Anfragen von Interessenten bezüglich Kommentaren und Loseblattsammlungen. Des Weiteren gehören Abonnementbestellungen und Reklamationen unstreitig zu ihrem Tätigkeitsbereich.

Nach alle dem war die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Gegen die vorliegende Entscheidung ist kein Rechtsmittel gegeben. Für die Zulassung der Revision fehlte es unter Berücksichtigung von § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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