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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 16.07.2004
Aktenzeichen: 9 Ta 110/04
Rechtsgebiete: ArbGG, GVG, ZPO


Vorschriften:

ArbGG § 2 Abs. 1 Nr. 3 a
ArbGG § 3
ArbGG § 5 Abs. 1
ArbGG § 5 Abs. 1 Satz 2
ArbGG § 48 Abs. 1
ArbGG § 78 Satz 1
GVG § 17 a Abs. 4 Satz 4
ZPO §§ 567 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Ta 110/04

Verkündet am: 16.07.2004

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.04.2004, Az.: 8 Ca 515/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 486,00 € festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Die Firma Z betrieb ein Transportunternehmen, das für die Beklagte Transportaufträge erledigte. Im Zuge dieser Geschäftsverbindung erteilte die Beklagte der Firma Z mit Schreiben vom 17.09.2003 (Bl. 9 d. A.) eine "Gutschrift Monat Juli 2003" in Höhe von 6.350,80 €.

Die Kläger hatten als Vermieter gegen Herrn X als Mieter in einem einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem Amtsgericht Rockenhausen den gerichtlichen Vergleich vom 09.12.2003 (Bl. 12 ff. d. A.) geschlossen, wonach Herr X unter anderem 1.539,00 € an sie zu zahlen hat. Desweiteren erklärte Herr X mit Schreiben vom 09.12.2003 (Bl. 25 d. A.), er trete seine Ansprüche gegen die Beklagte aus der Gutschrift vom 17.09.2003 über 6.350,80 € an die Kläger ab.

Mit ihrer beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingereichten Klage haben die Kläger, unter Hinweis auf die vorliegende Abtretungserklärung des Herrn X, die Beklagte auf Zahlung von 1.539,00 € zuzüglich Zinsen in Anspruch genommen.

Dabei haben die Kläger unter anderem vorgetragen, Herr X sei als Kraftfahrer für die Beklagte tätig geworden; dies folge bereits aus einer von der Beklagten ausgestellten Arbeitsbescheinigung vom 28.12.2001 (Bl. 17 d. A.). Herr X habe sich später zwar einen eigenen Firmennamen gegeben, nämlich Z, habe dann aber als Scheinselbständiger für die Beklagte weiter gearbeitet. Er habe den Fuhrpark der Beklagten genutzt und Rechnungen der Beklagten hierfür erhalten. Desweiteren habe er die Kosten des Hängers getragen, Mieten für Koffer und Scanner, Leasingraten sowie KFZ-Steuer gezahlt. Auch die Gebühren für die benutzte Rufnummer habe er an die Beklagte gezahlt. Schließlich seien ihm auch Schulungen, an denen er für die Beklagte teilgenommen habe, von dieser in Rechnung gestellt worden.

Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass Herr X Gesellschafter einer Gesellschaft des Bürgerlichen Rechtes, welche die Firma Z nach Darstellung der Beklagten betrieben habe, gewesen sei. Selbst wenn dies aber der Fall gewesen sei, stehe der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten offen, da Herr X eine arbeitnehmerähnliche Person gewesen sei. Er habe neben den Transportarbeiten für die Beklagte keine nennenswerten weiteren Erwerbstätigkeiten ausüben können. Die Beklagte sei alleinige Auftraggeberin der Firma Z gewesen, so dass hierdurch eine wirtschaftliche Abhängigkeit entstanden sei.

Die Beklagte hat unter anderem ausgeführt, zwischen den Parteien habe zwar im Jahr 2001 ein Arbeitsverhältnis bestanden, dieses habe aber im August 2001 durch Kündigung geendet. Im Zusammenhang mit diesem Arbeitsverhältnis sei die von den Klägern vorgelegte Arbeitsbescheinigung erteilt worden.

Im Übrigen sei Inhaber der Firma Z eine Gesellschaft des Bürgerlichen Rechtes gewesen, an der neben den Herren Y und W auch Herr X als Gesellschafter beteiligt gewesen sei. Diese Gesellschaft habe zwischen Mai 2003 und dem 05.11.2003 bestanden; zum 05.11.2003 habe die Gesellschaft, wie sich aus den vorgelegten schriftlichen Abmeldungen (Bl. 39 ff. d. A.) ergebe, das Gewerbe abgemeldet. Etwaige Forderungen aus der Gutschrift, welche die Beklagte am 17.09.2003 der Firma Z erteilt habe, hätten daher allein der Gesellschaft des Bürgerlichen Rechtes und nicht Herrn X als Einzelperson zugestanden.

Es werde bestritten, dass die Firma Z ausschließlich den Fuhrpark der Beklagten genutzt und lediglich Tätigkeiten für diese entfaltet habe.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat mit Beschluss vom 05.04.2004 (Bl. 51 ff. d. A.) den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Amtsgericht Ludwigshafen verwiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht ausgeführt, unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 1 Satz 2 ArbGG seien die Gerichte für Arbeitssachen im vorliegenden Fall nicht zuständig, da es sich nicht um eine Klage zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber handele. Die Kläger hätten versäumt, substantiiert zum Zustandekommen eines Arbeitsvertrages zwischen Herrn X und der Beklagten vorzutragen. Der einzige Anhaltspunkt, eine Arbeitsbescheinigung aus dem Jahr 2001, betreffe ein Arbeitsverhältnis, welches bereits zum August 2001 beendet worden sei.

Auch der Hinweis der Kläger, hilfsweise sei davon auszugehen, dass Herr X eine arbeitnehmerähnliche Person gewesen sei, führe nicht zur Eröffnung des Rechtsweges zu den Arbeitsgerichten. Der Bewertung des Herrn X als arbeitnehmerähnliche Person stehe bereits entgegen, dass er mit zwei weiteren Gesellschaftern im Jahr 2003 eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes unterhalten habe, was sich aus den von der Beklagten eingereichten Gewerbeabmeldungen ergebe. Es reiche nicht aus, wenn die darlegungs- und beweisbelastete Partei, im vorliegenden Fall der Kläger dies lediglich mit Nichtwissen bestreite. Schließlich stehe einer Einschätzung des Herrn X als arbeitnehmerähnliche Person auch entgegen, dass er unter Berücksichtigung der abgetretenen Forderung seiner sozialen Stellung nach nicht mit einem Arbeitnehmer vergleichbar sei. Denn die Kläger würden behaupten, dass Herr X allein für den Monat Juli 2003 einen Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 6.350,80 € erworben habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf Seite 2 ff. des Beschlusses vom 05.04.2004 (= Bl. 52 ff. d. A.) Bezug genommen.

Die Kläger, denen die Entscheidung des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am 15.04.2004 zugestellt worden ist, haben am 29.04.2004 hiergegen sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Kläger machen dabei geltend,

Herr X erfülle eindeutig den Status eines Scheinselbständigen. Die Eingliederung in den Betrieb, der Umfang seiner Tätigkeit für diesen einen Auftraggeber, seine persönliche Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit würden hierfür ebenso sprechen wie das letztlich ihm nur in geringer Höhe - nach enormen Aufrechnungspositionen der Beklagten - verbleibende Gehalt. Die von der Beklagten vorgelegten Gewerbeabmeldungen seien von Herrn X nicht unterzeichnet worden. Wäre er Gesellschafter gewesen, hätte er der Gewerbeabmeldung zustimmen und ein entsprechendes Formular unterzeichnen müssen. Für die Beurteilung des Status von Herrn X als arbeitnehmerähnliche Person könne nicht auf die Höhe der Vergütung abgestellt werden. Seine rechtliche Stellung sei - wie bereits dargelegt - erheblich eingeschränkt gewesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Kläger vom 29.04.2004 (Bl. 58 ff. d. A.) verwiesen.

Die Kläger beantragen,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 05.04.2004 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Die Beklagte führt aus, sie schließe sich der Begründung des Arbeitsgerichts zum Beschluss vom 03.05.2004 an.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nach §§ 48 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 4 Satz 4 GVG, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff. ZPO zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat zu Recht festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten unter Berücksichtigung von §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 a, 3, 5 Abs. 1 ArbGG nicht eröffnet ist. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG sind die Gerichte für Arbeitssachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus dem Arbeitsverhältnis. Die demnach begründete Zuständigkeit besteht gemäß § 3 ArbGG auch in den Fällen, in denen der Rechtsstreit durch einen Rechtsnachfolger geführt wird. Nach § 5 Abs. 1 ArbGG sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Als Arbeitnehmer geltend auch sonstige Personen, die wegen ihrer wirtschaftlichen Unselbständigkeit als arbeitnehmerähnliche Personen anzusehen sind.

Die für den Status einer arbeitnehmerähnlichen Person erforderliche wirtschaftliche Abhängigkeit liegt erst vor, wenn sich eine Person so an den Auftraggeber gebunden hat, dass ohne dessen Aufträge ihre wirtschaftliche Existenzgrundlage entfiele. Die Partei, die ihre Anerkennung als arbeitnehmerähnliche Person erstrebt, hat ihre gesamten wirtschaftlichen (Einkommens- und Vermögens-) Verhältnisse) darzulegen (vgl. LAG Köln, Beschluss vom 03.07.1998 - 11 Ta 94/98 = ZTR 1998, 563).

Im vorliegenden Fall machen die Kläger als Rechtsnachfolger des Herrn X keine Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis geltend. Der Sachvortrag der darlegungspflichtigen Kläger reicht für eine entsprechende Feststellung nicht aus. Aus der schriftlichen Gutschrift, ausgestellt von der Beklagten am 17.09.2003, über einen Betrag von 6.350,80 €, folgt, dass diese zugunsten der Firma Z erfolgte. Es ist im Einzelnen nicht nachvollziehbar, dass die Firma Z diese Forderung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses erworben hat. Die Beklagte hat hierzu ausgeführt, dass Inhaber der Firma Z eine Gesellschaft des Bürgerlichen Rechts, bestehend aus den Gesellschaftern Y, W und X, gewesen sei. Des Weiteren hat die Beklagte zwei Gewerbeabmeldungen der Herren Y und W vorgelegt, wobei unter der Rubrik "Angaben zum Betriebsinhaber" Herr X als Gesellschafter namentlich erwähnt wird. Des Weiteren wird die Zahl der geschäftsführenden Gesellschafter mit drei angegeben und als Anschrift der Gesellschaft des Bürgerlichen Rechtes unstreitig die Adresse des Herrn X. Angesichts dieses konkreten Sachvortrages ist es vollkommen unzureichend, wenn die Kläger als darlegungspflichtige Parteien die Existenz einer Gesellschaft des Bürgerlichen Rechtes lediglich mit Nichtwissen bestreiten und in der Klageschrift lapidar ausführen, Herr X habe sich nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses einen Firmennamen, nämlich "Z" gegeben. Da die streitgegenständliche Forderung der Firma Z zusteht, hätten die Kläger ins Einzelne gehend mit Beweisantritt ausführen müssen, wer zum Zeitpunkt der Gutschrift vom 17.09.2003, aufgrund welcher Umstände, Inhaber der Firma Z war. Da es hieran vollkommen fehlt, scheidet die Feststellung, dass die geltend gemachte Forderung aus einem Arbeitsverhältnis stammt, aus.

Dies gilt selbst für den Fall, dass Herr X im Verhältnis zur Beklagten arbeitnehmerähnliche Person gewesen ist. Denn es ist nicht ersichtlich, dass er persönlich durch das Tätigwerden als arbeitnehmerähnliche Person die streitgegenständliche Forderung erworben hat. Auch in diesem Zusammenhang hätten die oben dargestellten konkreten Darlegungen unter Beweisantritt erfolgen müssen.

Im Übrigen scheitert eine Anerkennung des Herrn X als arbeitnehmerähnliche Person auch daran, dass die Kläger die wirtschaftlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Herrn X während der Dauer seiner Tätigkeit nicht dargelegt haben.

Nach alledem ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten nicht eröffnet und das Amtsgericht Ludwigshafen für den Rechtsstreit zuständig. Die sofortige Beschwerde der Kläger war mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde gemäß § 3 ff. ZPO in Höhe der Kostenvorteile berücksichtigt, welche die Kläger bei einer Prozessführung vor dem Arbeitsgericht im Falle einer Niederlage erlangt hätten.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Berücksichtigung von §§ 48 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 4 Satz 5 GVG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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