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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 11.05.2007
Aktenzeichen: 9 Ta 112/07
Rechtsgebiete: ZPO, ArbGG


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 3
ZPO § 121 Abs. 4
ZPO § 121 Abs. 4, 2. Alternative
ArbGG § 11 a Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Ta 112/07

Entscheidung vom 11.05.2007

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 27.02.2007, Az.: 1 Ca 2645/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 60,-- € festgesetzt.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin, die in A-Stadt wohnhaft ist, beauftragte Rechtsanwalt M., der seine Kanzlei ebenfalls in A-Stadt betreibt, eine gegen die Beklagte gerichtete Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht Ludwigshafen zu erheben. Mit Klageschrift vom 18.12.2006 hatte die Klägerin für diese Kündigungsschutzklage Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. beantragt. Mit Beschluss vom 27.02.2007 hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen der Klägerin für die I. Instanz mit Wirkung vom 22.12.2006 Prozesskostenhilfe für das Verfahren und den Vergleich unter Beiordnung von Rechtsanwalt M. bewilligt, jedoch unter Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeld sowie der etwaigen Reisekosten vom Ort der Kanzlei zum Gerichtsort (Ort des Gerichtstages).

Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 10.04.2007 gegen den genannten Beschluss sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt,

unter Aufhebung des genannten Beschlusses der Klägerin ohne Ausschluss der Erstattungsfähigkeit von Tage- und Abwesenheitsgeld sowie der etwaigen Reisekosten vom Ort der Kanzlei zum Gerichtsort Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Zur Begründung ihrer Beschwerde macht die Klägerin geltend, eine Beschränkung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe auf die Beiordnung eines Anwalts zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwalts sei nur mit dessen vorheriger Zustimmung zulässig. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts an ihrem Wohnsitz sei auch zur zweckdienlichen Rechtsverfolgung erforderlich gewesen. Es sei ihr auch nicht zumutbar gewesen, zu einem auswärtigen Prozessbevollmächtigten zu einem Informationsgespräch anzureisen. Sie habe auch über keinerlei finanzielle Mittel verfügt, um eine Reise nach Ludwigshafen zu unternehmen. Ferner besitze sie auch keinen Pkw.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde mit Beschluss vom 12. April 2007 nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Nach § 121 Abs. 3 ZPO in der gegenwärtig noch geltenden Fassung kann ein nicht bei dem Prozessgericht zugelassener Rechtsanwalt nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen. Da eine Zulassung bei einem Arbeitsgericht nicht möglich ist, kann § 121 Abs. 3 ZPO in arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht unmittelbar angewendet werden. Jedoch ordnet § 11 a Abs. 3 ArbGG die "entsprechende" Anwendung der Vorschriften der ZPO über die Prozesskostenhilfe an. Sie sind deshalb ihrem Sinn nach auf das arbeitsgerichtliche Verfahren zu übertragen, soweit eine unmittelbare Anwendung nicht in Betracht kommt. Das bedeutet, dass im arbeitsgerichtlichen Verfahren statt auf die Zulassung des Rechtsanwaltes bei einem bestimmten Gericht auf seine Ansässigkeit am Ort des Gerichtes abzustellen ist. Die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten kann deshalb lediglich erfolgen, wenn dadurch zusätzliche Kosten nicht entstehen. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen kann das Gericht von Amts wegen in den Beiordnungsbeschluss aufnehmen. Die Vermeidung zusätzlicher Kosten ist Rechtsmäßigkeitsvoraussetzung für die Beiordnung. Entscheidet sich das Gericht für die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten, ist durch die Beiordnung zu den Bedingungen eines ortsansässigen Anwaltes sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Beiordnung tatsächlich vorliegen (vgl. BAG Beschl. v. 18.07.2005 - 3 AZB 65/03, EZA § 121 ZPO, 2002 Nr. 1; vgl. etwa auch LAG R.-P. Beschl. v. 20.01.2006 - 2 Ta 16/06). Die Beschwerdekammer weist in diesem Zusammenhang ausdrücklich darauf hin, dass § 121 Abs. 3 ZPO in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft vom 30.03.2007 (BGBl. I 2007, 358), wonach im Rahmen des Mehrkostenverbots des § 121 Abs. 3 ZPO nicht mehr auf die Zulassung beim Prozessgericht, sondern auf die Niederlassung in dem Bezirk des Prozessgerichts abgestellt wird, erst zum 01.06.2007 in Kraft treten wird und deshalb vorliegend noch keine Geltung beanspruchen kann. Ob die genannte Rechtsprechung auch unter der ab 01.06.2007 geltenden Fassung des § 121 Abs. 3 ZPO aufrecht zu erhalten sein wird, bedarf deshalb vorliegend keiner Entscheidung.

Im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe ist bei der Beiordnung eines nicht bei dem Prozessgericht niedergelassenen bzw. kanzleiansässigen Rechtsanwalts stets zu prüfen, ob besondere Umstände die Beiordnung eines zusätzlichen Verkehrsanwalts i. S. d. § 121 Abs. 4 ZPO vorlegen. Nur wenn dies nicht der Fall ist, darf der auswärtige Rechtsanwalt zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts beigeordnet werden (BAG 18.07.2005, a. a. O.; LAG R.-P. Beschl. v. 11.11.2005 - 2 Ta 259/05 -). Erfolgt - wie vorliegend - keine Beiordnung eines Verkehrsanwalts, dann sind die Reisekosten des Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers insoweit aus der Staatskasse erstattbar, als die Kosten eines Verkehrsanwalts erspart wurden.

Im vorliegenden Fall sind keine besonderen Umstände i. S. d. § 121 Abs. 4, 2. Alternative ZPO feststellbar. Die Entfernung vom Wohnsitz der Klägerin zum Arbeitsgericht Ludwigshafen beläuft sich auf nicht einmal 20 Straßenkilometer. Es besteht auch eine öffentliche Verkehrsverbindung. Es wäre der Klägerin deshalb zumutbar gewesen, eine Informationsreise nach Ludwigshafen zu unternehmen und einem dortigen Prozessbevollmächtigten alle Umstände mitzuteilen, die im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses rechtlich hätten relevant werden können. Angesichts der Kosten für die Hin- und Rückreise zwischen den weniger als 20 Kilometer entfernten Orten würden die Kosten eines Verkehrsanwalts angesichts eines vom Arbeitsgericht festgesetzten Streitwerts in Höhe von zumindest 1.200,-- € nicht nur unwesentlich höher sein.

Ein Rechtsmittel ist gegen diese Entscheidung nicht gegeben. Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde ist im Hinblick auf den genannten Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 18.07.2005 nicht geboten.

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