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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 11.11.2005
Aktenzeichen: 9 Ta 244/05
Rechtsgebiete: KSchG, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

KSchG § 4 Satz 1
KSchG § 5 Abs. 1
KSchG § 5 Abs. 1 Satz 1
KSchG § 5 Abs. 4 Satz 2
ArbGG § 78 Satz 1
ZPO §§ 567 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 9 Ta 244/05

Entscheidung vom 11.11.2005

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.08.2005, Az.: 2 Ca 1028/05 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.175,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat beim Arbeitsgericht Koblenz am 23.03.2005 eine Klage gegen die Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses vom 01.10.2004 eingereicht und gleichzeitig die nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage gemäß § 5 Abs. 1 KSchG beantragt. Zur Begründung des Antrages auf nachträgliche Zulassung hat die Klägerin im Wesentlichen ausgeführt, sie sei in der Vergangenheit bei der Beklagten als Gärtnerin beschäftigt gewesen und in den vergangenen Jahren immer vor der Winterzeit saisonbedingt gekündigt worden. Zum Frühjahr sei sie dann immer wieder eingestellt worden. Vor diesem Hintergrund sei sie auch diesmal davon ausgegangen, keine rechtlichen Schritte gegen die Kündigung vom 01.10.2004 ergreifen zu müssen, da sie fest mit ihrer Wiedereinstellung gerechnet habe. Die Beklagte habe auch nichts Gegenteiliges verlauten lassen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 01.10.2004, zugegangen am 01.10.2004, nicht aufgelöst wurde,

2. die Kündigungsschutzklage gemäß § 5 Abs. 1 KSchG nachträglich zuzulassen,

3. hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin ab dem 01.03.2005 wieder als Gärtnerin zu den bisherigen Arbeitsbedingungen einzustellen.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Beschluss vom 26.08.2005 den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage bezüglich der Kündigung vom 01.10.2004 zurückgewiesen.

Zur Begründung dieser Entscheidung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die rechtlichen Voraussetzungen für eine nachträgliche Zulassung nach § 5 Abs. 1 KSchG seien nicht erfüllt, da die Klägerin nicht gehindert gewesen sei, innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung die Klage zu erheben. Eine Handlung oder ein Verhalten der Beklagten, das die Klägerin von der Klageerhebung abgehalten habe, sei nicht erkennbar. Eine etwaige rechtsverbindliche Zusage einer Weiterbeschäftigung bzw. Wiedereinstellung der Klägerin sei ebenfalls nicht ersichtlich. Allein der Umstand, dass die Klägerin in der Vergangenheit zu Beginn der Saison immer wieder eingestellt worden sei, stelle noch keinen Hinderungsgrund für die Klageerhebung dar.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 3 ff. des Beschlusses vom 26.08.2005 (= Bl. 135 ff. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 29.09.2005 zugestellt worden ist, hat am 12.10.2005 sofortige Beschwerde eingelegt.

Die Klägerin macht geltend, sie sei in den vergangenen 20 Jahren vor jedem Winter saisonbedingt gekündigt und im nächsten Frühjahr wieder eingestellt worden. Auch das Kündigungsschreiben vom 01.10.2004 weise darauf hin, dass es sich um eine saisonbedingte Kündigung handele ("... wie jedes Jahr kündigen wir Ihnen witterungsbedingt Ihr Arbeitsverhältnis..."). Sie sei daher fest davon ausgegangen, auch im Frühjahr 2005 wieder eingestellt zu werden und habe deshalb von einer Kündigungsschutzklage im Oktober 2004 abgesehen. Auch die Beklagte sei zum Zeitpunkt der Kündigung offensichtlich selbst nicht von einer endgültigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ausgegangen. Diese habe nämlich mit Schriftsatz vom 18.04.2005 selbst vorgetragen, erst Anfang des Jahres 2005 die Entscheidung getroffen zu haben, die Klägerin nicht wieder einzustellen. Die Klägerin treffe kein Verschulden an dem Versäumen der Klagefrist, zumal es der Beklagten oblegen habe, sie darauf hinzuweisen, dass die zuletzt ausgesprochene Kündigung eine endgültige sein solle.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beschwerdebegründung wird auf den Schriftsatz der Klägerin vom 12.10.2005 (Bl. 150 ff. d.A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht Koblenz hat mit Beschluss vom 03.11.2005 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vorgelegt.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist nach §§ 5 Abs. 4 Satz 2 KSchG, 78 Satz 1 ArbGG, 567 ff. ZPO zwar zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Das Arbeitsgericht Koblenz hat den Antrag der Klägerin auf nachträgliche Zulassung der Klage gegen die Kündigung vom 01.10.2004 in Übereinstimmung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 KSchG nicht zugelassen. Nach dieser gesetzlichen Regelung ist auf Antrag des Arbeitnehmers seine Kündigungsklage nachträglich zuzulassen, wenn er nach erfolgter Kündigung trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt verhindert war, die Klage innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung zu erheben. Da im Interesse der Rechtssicherheit die Klagefrist eingehalten werden muss, ist in aller Regel zu fordern, dass den Arbeitnehmer an der Versäumung der drei Wochenfrist kein Verschulden trifft, auch nicht in Form leichter Fahrlässigkeit. Bei der Prüfung ob ein Verschulden vorliegt, ist auf die dem Antragsteller zuzumutende Sorgfaltspflicht abzustellen, je nach dem Personenkreis, zu dem der Antragsteller gehört (vgl. KR-Friedrich, 7. Aufl., § 5 KSchG Rdnr. 12 f.).

Im vorliegenden Fall hat die Klägerin die dreiwöchige Klagefrist aus § 4 Satz 1 KSchG versäumt, da ihr die schriftliche Kündigung der Beklagten am 01.10.2004 zugegangen ist und erst am 23.03.2005 die hiergegen gerichtete Klage beim Arbeitsgericht Koblenz einging.

Die Klägerin war auch unter Berücksichtigung des oben erwähnten subjektiven Prüfungsmaßstabes nicht daran gehindert, bei Anwendung aller ihr nach Lage der Umstände zuzumutenden Sorgfalt die Klage innerhalb der drei Wochen nach Klagezugang zu erheben. Insbesondere resultiert kein Hinderungsgrund aus der Tatsache, dass die Klägerin während der letzten 20 Jahre saisonal bei der Beklagten als Gärtnerin beschäftigt war und zum Ende der Saison in jedem Jahr eine Kündigung durch die Beklagte erhielt und im nächsten Frühjahr wieder eingestellt wurde. Eine Abweichung hiervon liegt im vorliegenden Fall nur insofern vor, als die Beklagte die Klägerin im Frühjahr des Jahres 2005 nicht wieder eingestellt hat. Dies ist aber kein Umstand, welcher die Klägerin bereits im Oktober 2004 daran hindern konnte, eine Klage gegen die Kündigung vom 01.10.2004 zu erheben. Denn während des Laufes der Klagefrist gab es keinerlei Umstände, die anders gewesen wären als in den letzten 20 Jahren. Die Tatsache, dass die Klägerin im Frühjahr 2005 von der Beklagten nicht wieder eingestellt worden ist, beruht - wie die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung selbst hervorgehoben hat - auf einer Entscheidung, welche die Beklagte erst zu Anfang des Jahres 2005 traf. Diese Entscheidung war schon vom zeitlichen Ablauf her nicht geeignet, die Klägerin bereits im Oktober 2004 von einer Klageerhebung abzuhalten. In dem vorliegend interessierenden Zusammenhang besteht also keine Verknüpfung zwischen Kündigung und Wiedereinstellung in dem Sinne, dass die Klägerin durch die negative Wiedereinstellungsentscheidung von prozessualen Maßnahmen gegen die Kündigung abgehalten worden wäre. Ein schuldhaftes Verhalten der Beklagten in diesem Zusammenhang, welches ein Verschulden der Klägerin ausschließen könnte, ist ebenfalls nicht erkennbar. Dies folgt bereits daraus, dass - nach dem von der Klägerin aufgegriffenen Sachvortrag der Beklagten - die Beklagte erst im Jahr 2005 die Entscheidung traf, die Klägerin nicht wieder einzustellen.

Soweit die Klägerin auf eine Wiedereinstellung vertraute, ist dieses Vertrauen jedenfalls nicht rechtlich dahingehend geschützt, dass hieraus der Klageweg fünf Monate nach Kündigungszugang und etwa vier Monate nach Ablauf der Klagefrist eröffnet wäre. Soweit das Vertrauen der Klägerin rechtlich schützenswert ist, kann dies allenfalls in einem Wiedereinstellungsanspruch zum Tragen kommen. Eine entsprechende gerichtliche Überprüfung wird das Arbeitsgericht, aufgrund des Hilfsantrages der Klägerin, durchführen.

Nach alledem war die sofortige Beschwerde der Klägerin mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wurde in Anlehnung an § 42 Abs. 4 Satz 1 GKG in Höhe eines Vierteljahresverdienstes der Klägerin festgesetzt.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde fehlte es unter Berücksichtigung von § 78 Satz 1 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 ArbGG an einem gesetzlich begründeten Anlass.

Ende der Entscheidung

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