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Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Beschluss verkündet am 23.05.2008
Aktenzeichen: 9 Ta 87/08
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 140
ZPO § 149
ZPO § 252
ZPO § 567 Abs. 1 Ziff. 1
ZPO § 569 Abs. 1
ZPO § 569 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Trier vom 06.03.2008, Az.: 2 Ca 1814/07, wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I. Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von dem Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigung vom 19.11.2007. Die Klägerin ist seit dem 01.01.2007 bei dem Beklagten als Arzthelferin beschäftigt. Dieser beschäftigt in der Regel vier Arbeitnehmerinnen, hiervon drei Mitarbeiterinnen in Teilzeit. Der Beklagte stützt die fristlose Kündigung auf den Verdacht, die Klägerin habe Praxisgebühren veruntreut. Mit dem Klageverfahren begehrt die Klägerin Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die genannte Kündigung des Beklagten nicht aufgelöst worden ist. Zur Begründung beruft sie sich darauf, dass die erhobenen Vorwürfe unzutreffend seien. Der Beklagte seinerseits hält die erhobenen Vorwürfe für zutreffend. Er beruft sich darauf, dass die Kündigung jedenfalls gem. § 140 BGB in eine ordentliche Kündigung umzudeuten sei. Unter dem Aktenzeichen 123.. ist bei der Polizeiinspektion A-Stadt gegen die Klägerin wegen des zur Begründung der Kündigung herangezogenen Sachverhalts ein Ermittlungsverfahren anhängig. Das Arbeitsgericht hat in dem angefochtenen Beschluss das Verfahren bis zur Erledigung des genannten Ermittlungsverfahrens bzw. des sich daran anschließenden Strafverfahrens ausgesetzt. Gegen diesen ihr am 17.03.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin mit einem am 31.03.2008 beim Arbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde erhoben und zur Begründung darauf verwiesen, dass sie an einer zügigen Durchführung des arbeitsgerichtlichen Verfahrens interessiert sei. Sie bestreite, dass sie Patientengelder unterschlagen bzw. veruntreut habe. Es bestehe daher keine Veranlassung, das Ergebnis eines Ermittlungsverfahrens abzuwarten. Mit Beschluss vom 22.04.2008 hat das Arbeitsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt. In dem genannten Nichtabhilfebeschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 59 ff. d. A.) hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - zur Begründung ausgeführt: Bei der gebotenen Abwägung sei die Aussetzung auch in Abwägung zwischen der in einem Kündigungsschutzverfahren geltenden Beschleunigungs- und Prozessförderungspflicht einerseits und Gesichtspunkten der Prozessökonomie andererseits gerechtfertigt. Es könne nicht von einer klaren Sachlage und einfacher Beweismöglichkeit ausgegangen werden. Hierbei könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung fände, so dass bei Umdeutung der fristlosen in eine ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis in jedem Fall zum 31. Dezember 2007 ende. Auch im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen. II. Die gem. §§ 567 Abs. 1 Ziff. 1, 252 ZPO statthafte und gem. § 569 Abs. 1, 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegte und damit zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Aussetzungsentscheidung des Arbeitsgerichts ist rechtlich nicht zu beanstanden. Gemäß § 149 ZPO kann das Gericht, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt, deren Ermittlung auf die Entscheidung von Einfluss ist, die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen. Entgegen des insoweit missverständlichen Wortlauts ist eine Aussetzung in Anwendung der genannten Bestimmung auch zulässig, wenn sich der Verdacht einer Straftat nicht erst im Laufe des Rechtsstreits ergibt, sondern die behauptete Straftat für die Beurteilung, ob hierauf eine Kündigung gestützt werden kann, von Bedeutung ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 149, RZ 3). Der Beklagte stützt die außerordentliche Kündigung hier auf den Vorwurf, die Klägerin habe von Patienten vereinnahmte Gelder sich widerrechtlich zu eigen gemacht. Es handelt sich hierbei - träfen die Behauptungen zu - um eine Straftat. Dabei ist anerkannt, das Vermögensdelikte zu Lasten des Arbeitgebers grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, so dass die Erkenntnisse des Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens für die Entscheidung des Rechtsstreits von Bedeutung sind. Das Arbeitsgericht hat ausweislich seiner Nichtabhilfeentscheidung auch nicht verkannt, dass die Aussetzung im Ermessen des im Verfahren zur Entscheidung berufenen Gerichts steht. Diese Ermessensentscheidung muss sich zum einen am Gesetzeszweck der Aussetzung orientieren, durch das Abwarten des Ausgangs eines Ermittlungs- bzw. Strafverfahrens die unter Umständen besseren Erkenntnismöglichkeiten im Strafverfahren nutzbar zu machen und widersprechende Entscheidungen zu vermeiden. Andererseits muss das Gericht die Verzögerung des Zivilprozesses gegen den möglichen Erkenntnisgewinn abwägen. Hierbei ist bei einer Aussetzung im Rahmen einer Bestandsstreitigkeit insbesondere in Rechnung zu stellen, dass der Gesetzgeber bei derartigen Bestandsstreitigkeiten dem Beschleunigungsgrundsatz besondere Bedeutung zumisst (vgl. §§ 9 Abs. 1, 56, 61 a Abs. 1 ArbGG). Das Arbeitsgericht hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung diese Abwägung sorgfältig und unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände vorgenommen. Hierbei konnte insbesondere auch berücksichtigt werden, dass jedenfalls die Voraussetzungen einer Umdeutung der von dem Beklagten erklärten außerordentlichen Kündigung in eine ordentliche Kündigung vorliegen, so dass das Arbeitsverhältnis der Parteien jedenfalls mit Ablauf des 31.12.2007 seine Beendigung gefunden haben dürfte. Der den genannten Beschleunigungsbestimmungen zugrundeliegende Gedanke des Gesetzgebers, es solle möglichst schnell Klarheit darüber bestehen, ob das Arbeitsverhältnis fortbesteht oder nicht, hat in einer derartigen Konstellation nur ein geringeres Gewicht. Wenn das Arbeitsgericht unter diesen Voraussetzungen dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie ein größeres Gewicht zumisst, lässt dies Ermessensfehler nicht erkennen. Die Beschwerde der Klägerin war daher mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen. Gründe für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht. Die Entscheidung ist daher nicht anfechtbar.

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