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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 04.05.2004
Aktenzeichen: 11 Sa 690/03
Rechtsgebiete: DGB


Vorschriften:

DGB § 313
1. Die gemeinsame Fehlvorstellung der Parteien über Art und Umfang des dem Arbeitnehmer zustehenden Altersrentenanspruchs bei Abschluss eines Aufhebungsvertrages kann zu einer Störung der Geschäftsgrundlage führen, wenn ein mit der Aufhebungsvereinbarung verbundener Abfindungsanspruch an diese sozialversicherungsrechtlichen Regelungen anknüpft.

2. Führt der tatsächlich bestehende Rentenanspruch nach den zur Anwendung kommenden Abfindungsrichtlinien zu einem vollständigen Verlust des von den Parteien zunächst angenommenen Abfindungsanspruchs, so ist es dem Arbeitnehmer dennoch zumutbar an dem Vertrag festgehalten zu werden, wenn nach den Vorstellungen der Parteien die Abfindung dem Ausgleich der durch den Aufhebungsvertrag vermeintlich verursachten Rentenminderung dienen sollte. Das nach den Parteivorstellungen sich ergebende wirtschaftliche Gleichgewicht der Vereinbarung wird nicht unzumutbar gestört, da die tatsächlich bestehenden (höheren) Rentenansprüche den "Verlust" der Abfindung "kompensieren".


Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 11 Sa 690/03

verkündet am 04.05.2004

In dem Rechtsstreit

wegen Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung am 04.05.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hesse und die ehrenamtlichen Richter Reinhardt und Spröte als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Dessau vom 02.09.03 - 6 Ca 25/03 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses.

Die Klägerin war bei dem beklagten Land bzw. dessen Rechtsvorgänger, zuletzt im Polizeirevier G. als Angestellte beschäftigt.

Die Parteien schlossen am 18.09.2002 einen Aufhebungsvertrag und damit im Zusammenhang stehend eine Abfindungsvereinbarung (Bl. 7 - 9 d.A.) Danach sollte das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.03.2003 beendet werden. Das beklagte Land verpflichtete sich in der Abfindungsvereinbarung zur Zahlung einer Abfindung nach Maßgabe der Vierten Richtlinie des Landes Sachsen-Anhalt über die Zahlung von Abfindungen an Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in der Landesverwaltung Sachsen-Anhalt vom 01.08.2002.

Bei den vorangegangenen Vertragsverhandlungen gingen beide Parteien übereinstimmend davon aus, dass der Klägerin erst ab dem 01.01.2004 eine ungekürzte Versicherungsrente wegen Alters zustehen würde und sie bei einem Ausscheiden zum 01.04.2003 und sofortiger Inanspruchnahme der Altersrente einen Abschlag von 2,7 % hinnehmen müsse. Das beklagte Land ermittelte auf Grund dieser Vorgaben, die auf einer Auskunft des Rentenversicherungsträgers beruhten, einen Abfindungsbetrag nach Maßgabe der zur Anwendung kommenden Richtlinie in Höhe von 25.000,-- €. In diesem Zusammenhang gab der die Vertragsverhandlungen für das beklagte Land führende Oberregierungsrat S. der Klägerin sinngemäß den Hinweis, mit einer Abfindung von 25.000,-- € lasse es sich gut leben und Rente erst ab 01.01.2004 beantragen.

Die Klägerin beantragte in der Folgezeit bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger den Bezug von Altersrente ab 01.04.2003 und erhielt mit Bescheid vom 17.04.2003 die Mitteilung, dass ihr auf Grund der geltenden Vertrauensschutzregelungen eine ungekürzte Vollrente bereits ab 01.04.2003 zustehe. Das beklagte Land verweigerte daraufhin die Auszahlung der mit Schreiben vom 11.04.2003 (Bl. 10 - 12 d.A.) festgelegten Abfindung in Höhe von € 25.000,-- unter Bezugnahme auf die Anrechnungsvorschriften der Vierten Richtlinie und lehnte auch die Weiterbeschäftigung der Klägerin nach dem 31.03.2003 ab. Die Klägerin hat daraufhin mit Schreiben vom 09.05.2003 (Bl. 13 f d.A.) den Aufhebungsvertrag wegen Irrtums angefochten.

Die Klägerin hat behauptet, bei den Vertragsverhandlungen über den Aufhebungsvertrag sei ihr von dem Oberregierungsrat S. zugesichert worden, dass eine weitere Kürzung der mit 25.000,-- € ermittelten (bereits gekürzten) Abfindung auf Grund sozialrechtlicher Vorgaben nicht erfolgen werde. Darüber hinaus habe der Oberregierungsrat S. in einem Personalgespräch nach Zugang des Rentenbescheides vom 17.04.2003 erklärt, der Aufhebungsvertrag sei wohl unwirksam, die Klägerin müsse weiterbeschäftigt werden.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien sei nicht rechtswirksam zum 31.03.2003 beendet worden, da sie ihre auf den Abschluss des Aufhebungsvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam wegen Irrtums angefochten habe. Jedenfalls sei der Vertrag nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage wegen des gemeinsamen Irrtums der Parteien über die sozialrechtlichen Grundlagen und einer fehlenden Anpassungsmöglichkeit rechtsunwirksam.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass zwischen den Parteien über den 01.04.2003 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, dem Aufhebungsvertrag vom 18.09.2002 komme Rechtswirksamkeit zu. Weder liege ein zur Anfechtung berechtigender Irrtum der Klägerin vor noch sei eine Störung der Geschäftsgrundlage mit den von der Klägerin begehrten Rechtsfolgen anzunehmen, da die Klägerin anstelle der vereinbarten Abfindung bereits mit ihrem Ausscheiden einen Anspruch auf ungekürzte Altersrente erworben habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.09.2003 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, es sei zwar von einem Wegfall der Geschäftsgrundlage auszugehen. Dies führe jedoch nicht zur Rechtsunwirksamkeit des Vertrages, da der Klägerin ein Festhalten an demselben zuzumuten sei. Als wirtschaftlichen Ausgleich für die nicht zur Auszahlung gelangte Abfindung habe sie einen Anspruch auf entsprechend höhere Rente erworben. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Bl. 65 - 73 d.A. verwiesen.

Gegen dieses, ihr am 02.10.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 27.10.2003 Berufung eingelegt und diese am 20.11.2003 begründet.

Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel unter Vertiefung ihres Sachvortrages vollumfänglich weiter. Sie meint, ein Festhalten an dem Aufhebungsvertrag sei deshalb unzumutbar, weil die von ihr - wenn auch ungekürzt - bezogene Altersrente deutlich unter der Vergütung liege, die sie bei Verbleiben im aktiven Angestelltenverhältnis von dem beklagten Land bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bezogen hätte.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Dessau vom 02.09.2003 zur Gesch.-Nr.: 6 Ca 25/03 wird abgeändert und wie folgt erkannt:

Es wird festgestellt, dass zwischen den Parteien über den 01.04.2003 hinaus ein Arbeitsverhältnis besteht.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Das beklagte Land vertritt die Auffassung, ein Wegfall der Geschäftsgrundlage sei bereits tatbestandlich nicht eingetreten, da die Rechtsfolgen eines veränderten Rentenbezuges bereits in der Abfindungsvereinbarung dezidiert geregelt worden seien. Jedenfalls sei der Klägerin ein Festhalten an der getroffenen Vereinbarung zumutbar. Eine Unzumutbarkeit ergebe sich nicht aus dem Vergleich zwischen bezogener Altersrente und der bisher im Angestelltenverhältnis erhaltenen Vergütung, da die Parteien in dieser Hinsicht gerade nicht einer gemeinsamen Fehlvorstellung erlegen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 2 ArbGG) Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

1. Die Feststellungsklage der Klägerin ist zwar zulässig. Insbesondere besteht das gem. § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.

2. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch den Aufhebungsvertrag vom 18.09.2002 zum 31.03.2003 beendet worden. Diesem Aufhebungsvertrag kommt Rechtswirksamkeit zu.

a. Der Aufhebungsvertrag entspricht der Formvorschrift des § 623 BGB i.V.m. § 126 BGB (Schriftform).

b. Der Vertrag ist auch wirksam durch Abgabe zweier inhaltlich korrespondierender Willenserklärungen zustande gekommen ( §§ 145 ff. BGB). Die auf den Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung der Klägerin ist nicht gem. § 142 Abs. 1 BGB nichtig. Die Voraussetzungen dieser Norm, eine rechtzeitig erklärte Anfechtung wegen Irrtums (§§ 119, 121 BGB) liegen nicht vor. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen.

c. Eine Rechtsunwirksamkeit des Vertrages folgt auch nicht aus den bisher gewohnheitsrechtlich anerkannten und seit 01.01.2002 in § 313 BGB normierten Grundsätzen über den Wegfall bzw. die Störung der Geschäftsgrundlage. Dabei kann dahinstehen, ob auf den im Jahr 2002 geschlossenen Aufhebungsvertrag gem. Art. 229 § 5 EGBGB noch die gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtsgrundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage zur Anwendung kommen, da das zu beendende Arbeitsverhältnis vor dem 01.01.2002 begründet worden ist oder aber im Hinblick auf den Abschluss des Aufhebungsvertrages schon die Bestimmung des § 313 BGB Geltung beansprucht. Inhaltlich ergeben sich zwischen den bisher gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtsgrundsätzen und dem § 313 BGB keine für den vorliegenden Rechtsstreit relevanten Divergenzen. Nach den Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage ist ein Vertrag u.a. dann anzupassen und, falls dies nicht möglich ist, aufzulösen, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausstellten. Voraussetzung ist, dass die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie dies gewusst hätten und dass einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, § 313 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 BGB (BAG 10.02.2004 - 9 AZR 401/02 - ).

aa. Vorliegend kann dahinstehen, ob im Hinblick auf den Inhalt der Abfindungsvereinbarung die bei Abschluss des Aufhebungsvertrages vorliegende gemeinsame fehlerhafte Vorstellung über die Rentenansprüche der Klägerin überhaupt zur Störung der Geschäftsgrundlage geführt hat oder aber - wie das beklagte Land meint - auch hinsichtlich dieser gemeinsamen Fehlvorstellung eine (formular)-vertragliche Regelung zwischen den Parteien getroffen worden ist. Allerdings spricht einiges dafür, dass im Hinblick auf die explizit bei Abschluss der Vereinbarung genannte Abfindungshöhe, die wiederum auf den zum damaligen Zeitpunkt aktuellen Rentenauskünften beruhte, die Parteien aus der Sicht eines verständigen Empfängers (§§ 133, 157 BGB) die rentenversicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Bezug der Abfindung als "feste Größe" bei ihren Vertragsverhandlungen zugrunde gelegt haben.

Dahingestellt bleiben kann weiterhin, ob eine Störung der Geschäftsgrundlage nicht bereits nach dem eigenen Sachvortrag der Klägerin ausgeschlossen ist. Wenn die Klägerin behauptet, ihr sei durch den Personalleiter des beklagten Landes bei den Vertragsverhandlungen zugesagt worden, eine weitere Kürzung der mit 25.000,-- € ermittelten und bereits gekürzten Abfindung auf Grund sozialrechtlicher Vorgaben werde nicht mehr erfolgen, so hätte dies - bei unterstellter Richtigkeit des Sachvortrages - zur Folge, dass die Parteien einzelvertraglich eine entsprechende Abfindungshöhe "fest" - ohne Rücksicht auf sich möglicherweise ergebende Veränderungen bei den sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben - vereinbart hätten. Die dann tatsächlich eingetretene Veränderung hätte mithin keinen Einfluss auf die vertragliche Abrede mehr haben können.

bb. Selbst wenn man eine gemeinsame Fehlvorstellung über die tatsächlich existierenden Rentenansprüche der Klägerin angesichts des konkreten Ablaufs der individuellen Vertragsverhandlungen als Störung der Geschäftsgrundlage in Form des gemeinschaftlichen Irrtums (vgl. hierzu § 313 Abs. 2 BGB) ansehen würde, so würde sich hieraus nicht die von der Klägerin in Anspruch genommene Rechtsfolge, nämlich die Rechtsunwirksamkeit des Aufhebungsvertrages ergeben.

Weiter dahingestellt bleiben kann, ob diese Rechtsfolge bei Vorliegen der Voraussetzungen automatisch eintritt oder ob es hierzu der Ausübung eines Gestaltungsrechtes bedarf, wie nunmehr in § 313 Abs. 3 BGB ausdrücklich geregelt worden ist. Mit ihrer Anfechtungserklärung hat die Klägerin zumindest unter Berücksichtigung des § 140 BGB (Umdeutung) jedenfalls eine entsprechende Erklärung abgegeben.

Diese Erklärung kann jedoch die gewünschte Rechtsfolge nicht herbeiführen, da es der Klägerin zumutbar ist, an dem Aufhebungsvertrag festzuhalten. Die Veränderung der rentenrechtlichen Voraussetzungen führt nicht dazu, dass der Klägerin das Festhalten an der Aufhebungsvereinbarung auch ohne Zahlung einer Abfindung schlechterdings nicht mehr zugemutet werden kann. Entscheidender Bewertungsansatz für die Frage der Störung des Vertragsgleichgewichtes ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht der Vergleich zwischen der nunmehr bezogenen (ungekürzten) Altersrente und der gegebenenfalls bis zum 65. Lebensjahr noch zu beziehenden Vergütung aus dem Angestelltenverhältnis. Das beklagte Land weist zu Recht darauf hin, dass sich hinsichtlich dieser Folgen des Ausscheidens die Parteien nicht in einem gemeinschaftlichen Irrtum befunden haben. Auch der Klägerin war klar, dass mit ihrem Ausscheiden aus dem "aktiven Dienst" sie nicht mehr Vergütung nach ihrer bisherigen Vergütungsgruppe, sondern eine Altersrente nach Maßgabe der Bestimmungen des SGB VI beziehen werde, die regelmäßig deutlich unterhalb der zuletzt bezogenen Nettovergütung liegt. Die gemeinsame Fehlvorstellung der Parteien wirkt sich in wirtschaftliche Hinsicht vielmehr lediglich hinsichtlich des Wegfalls der ermittelten Abfindung aus. Zu prüfen ist daher, ob das von den Parteien auf Grund der fehlerhaften Vorstellung über die rentenrechtlichen Ansprüche der Klägerin ausgehandelte wirtschaftliche Gleichgewicht von Leistung und Gegenleistung durch den Verlust der ursprünglich ermittelten Abfindung derart massiv gestört ist, dass es der Klägerin nicht mehr zugemutet werden kann, an der einmal getroffenen Vereinbarung festgehalten zu werden. Basis der Vertragsverhandlungen war - auch nach dem Sachvortrag der Klägerin - die Überlegung, dass die Klägerin bei Ausscheiden zum 01.04.2003 entweder eine dauerhaft um 2,7 % gekürzte Altersrente beziehen werde oder aber, um in den Genuss einer so genannten Vollrente zu gelangen, erst zum 01.01.2004 einen Rentenantrag stellen könne. Diese finanziellen Verluste, die entweder durch den dauerhaften Bezug einer verminderten Rente oder aber durch eine "rentenlose" Zeit vom 01.04. - 31.12.2003 hervorgerufen werden, sollte die von dem beklagten Land angebotene Abfindung ausgleichen. Dies wird durch die von der Klägerin zitierte Äußerung des Personalleiters, Herrn Oberregierungsrat S. verdeutlicht, man könne von einer Abfindung in Höhe von 25.000,-- € gut leben und Rente erst ab 01.01.2004 in Anspruch nehmen. Gemeinsame Vorstellung der Parteien war mithin, dass der Abfindung ein Überbrückungszweck zukommen sollte. Durch die Veränderung der sozialrechtlichen Grundlagen ist zwar der Abfindungsanspruch der Klägerin in Wegfall geraten. Dieser Verlust wird jedoch durch den bereits ab 01.04.2003 greifenden Anspruch auf eine ungekürzte Altersrente wieder kompensiert. Mit anderen Worten: Der von dem beklagten Land zur Überbrückung zu gewährenden Abfindung bedurfte es nicht, da die soziale Absicherung der Klägerin unmittelbar nach ihrem Ausscheiden durch den Bezug einer ungekürzten Altersrente gesichert wird. Die vertragliche Vereinbarung ist durch die Kürzung der Abfindung auf "0" nicht in eine wirtschaftliche "Schieflage" geraten. Der Zweck der Regelung, soziale Absicherung bis zum Bezug einer Vollrente wird durch die der Klägerin tatsächlich zustehenden Rentenansprüche vollumfänglich erfüllt. Damit steht zugleich fest, dass ein Festhalten an diesem Vertrag für die Klägerin unter Berücksichtigung des gemeinsamen Vertragszweckes nicht unzumutbar ist. Dahinstehen kann, ob die von der Klägerin nach den damaligen Auskünften der Rentenversicherung hinzunehmenden Verluste (Abschlag von monatlich 2,7 % oder Abwarten mit dem Rentenantrag für 9 Monate nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis) wertmäßig einen Betrag von 25.000,-- € erreichen. Entscheidend für die Beurteilung der Unzumutbarkeit ist nicht der objektive Wert, der der Klägerin ab 01.04.2003 zufließenden "zusätzlichen" Rentenleistung, sondern die auf den Vorstellungen der Parteien beruhende Gewichtung der Positionen "gekürzte Altersrente" - "Abfindung". Als wirtschaftliche Belastung für die Klägerin verbleibt auf Grund der gemeinsamen Fehlvorstellung der Parteien allenfalls der Umstand, dass die Klägerin nicht "sofort" über ein Kapital von 25.000,-- € verfügen kann, sondern sie dafür einen Vermögenswert in Form einer höheren und 9 Monate früher zu zahlenden Altersrente erworben hat. Dies allein vermag jedoch nach Auffassung der Kammer nicht dazu führen, die - wie vorstehend ausgeführt - auch nach Veränderung der Umstände im wirtschaftlichen Gleichgewicht befindliche Vereinbarung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage als unwirksam anzusehen.

d. Nicht zur Entscheidung stand aufgrund des auf Feststellung eines bestehenden Arbeitsverhältnisses gerichteten Antrages der Klägerin die Frage, ob ihr möglicherweise ein Wiedereinstellungsanspruch infolge der von ihr behaupteten Zusage des Oberregierungsrates S. zusteht. Der Wiedereinstellungsanspruch begründet nicht unmittelbar ein neues Arbeitsverhältnis, sondern verpflichtet den Arbeitgeber lediglich zum Abschluss eines neuen Vertrages. Er ist damit im Wege der Leistungsklage durchzusetzen und wird gemäß § 894 ZPO vollstreckt (BAG 28.06.2000 AP KSchG 1969 § 1 Wiedereinstellung Nr. 6).

Im Übrigen wären aber auch die Voraussetzungen für einen Wiedereinstellungsanspruch nicht gegeben. Die Klägerin hat eine entsprechende Zusage des beklagten Landes, abgegeben durch den Oberregierungsrat S., nicht hinreichend schlüssig darzulegen vermocht. Im Hinblick auf die haushaltsrechtlichen Bindungen des Öffentlichen Dienstes durfte sie aus der Sicht eines verständigen Arbeitnehmers heraus (§§ 133, 157 BGB) die von ihr behauptete Erklärung, der Aufhebungsvertrag sei wohl unwirksam, die Klägerin werde weiterbeschäftigt werden müssen, nicht dahin verstehen, dass ungeachtet der weiteren rechtlichen Prüfung das beklagte Land der Klägerin jedenfalls auch bei Wirksamkeit des Aufhebungsvertrages den Neuabschluss des Arbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen zusagen wollte.

Nach alledem konnte das Rechtsmittel der Klägerin keinen Erfolg haben.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

III. Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie orientiert sich am Einzelfall und weicht nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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