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Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Urteil verkündet am 22.06.2004
Aktenzeichen: 11 Sa 807/03
Rechtsgebiete: HRG, HSG, KSchG, BGB


Vorschriften:

HRG § 47 Abs. 1 S. 1
HRG § 47 Abs. 1 S. 2
HRG § 47 Abs. 3
HRG § 48
HRG § 48 Abs. 1
HRG § 48 Abs. 1 S. 1
HRG § 48 Abs. 1 S. 2
HRG § 48 Abs. 1 S. 3
HRG § 48 Abs. 3
HRG § 57 Abs. 2 Nr. 2
HRG §§ 57 a ff.
HRG § 57 a S. 2
HRG § 57 a Abs. 2 Nr. 2
HRG § 57 b
HRG § 57 b Abs. 1 S. 1
HRG § 57 c
HRG § 57 d
HRG § 57 e
HSG § 48
HSG § 48 Abs. 4
HSG § 48 Abs. 7
HSG § 50
KSchG § 1
KSchG § 7
KSchG § 23 Abs. 1
TzBfG § 14
TzBfG § 14 Abs. 1
TzBfG § 17
TzBfG § 17 S. 1
BGB § 123
BGB § 142
BGB § 242
BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

11 Sa 807/03

verkündet am 22.06.2004

In dem Rechtsstreit

wegen Entfristung

hat die 11. Kammer des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt auf die mündliche Verhandlung am 22.06.2004 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Hesse, den ehrenamtlichen Richter Platz und die ehrenamtliche Richterin Kovacs als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 02.09.2003 - 5 Ca 1511/03 - abgeändert:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung vom 29.10.1999 zum 31.12.2003 beendet worden ist.

2. Das beklagte Land trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses im Rahmen einer Entfristungsklage.

Die Klägerin ist seit 1.09.1987 bei dem beklagten Land bzw. seinem Rechtsvorgänger zuletzt an der MLU H. W. (MLU) beschäftigt.

Die Klägerin begründete zunächst mit dem Rechtsvorgänger des beklagten Landes am 17.08.1987 einen Arbeitsvertrag als Diplomchemikerin (Bl. 13, 14 d.A.). Mit Vertrag vom 07.10.1993 (B. 15 d.A.) begründeten die Parteien sodann ein für den Zeitraum 01.01.1994 bis 31.12.1999 befristetes Arbeitsverhältnis. Der Vertrag weist als Befristungsgrund "§ 57 Abs. 2 Nr. 2 HRG (Vergütung aus Haushaltsmitteln, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind)" aus. Unter dem 29.10.1999 schlossen die Parteien schlussendlich einen abgeänderten befristeten Arbeitsvertrag (Bl. 10 d.A.) ab, wonach die Klägerin befristet nach § 48 Abs. 7 HSG i.V.m. § 48 Abs. 4 HSG bis 31.12.2003 weiter beschäftigt wird.

Ob die Klägerin im Rahmen der vorstehend genannten befristeten Verträge als wissenschaftliche Mitarbeiterin oder aber als wissenschaftliche Assistentin tatsächlich eingesetzt worden ist, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der zwischen den Parteien am 29.10.1999 geschlossene Arbeitsvertrag sei nicht rechtswirksam befristet worden. Befristungsgründe, insbesondere nach Maßgabe der §§ 57a ff. HRG seien nicht gegeben.

Die Klägerin hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass es sich bei dem zwischen den Parteien am 29.10.1999 geschlossenen Arbeitsvertrag nicht um einen befristeten Arbeitsvertrag handelt, sondern das Arbeitsverhältnis zu denselbigen Bedingungen auf der Grundlage des unbefristeten Arbeitsvertrages vom 29.10.1999 über den 31.12.2003 fortbesteht.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, der allein der gerichtlichen Überprüfung zugängliche Vertrag vom 29.10.1999 sei auf der Basis des § 48 Abs. 4 i.V.m. Abs. 7 HSG-LSA rechtswirksam befristet worden. Darüber hinaus lasse sich die Befristung dieses Vertrages auch nach den allgemeinen Grundsätzen rechtfertigen. Die Befristung beruhe auf einem Wunsch der Klägerin. Diese habe in ihrem Schreiben vom 05.03.1999 (Bl. 51 ff. d.A.) ausdrücklich um eine befristete Verlängerung des Arbeitsvertrages gebeten mit dem Ziel, ihr Habilitationsverfahren in diesem Zeitrahmen zum Abschluss bringen zu können.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.09.2003 die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtstreits der Klägerin auferlegt. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Befristung des Vertrages vom 29.10.1999 sei rechtswirksam erfolgt. Das Arbeitsverhältnis der Parteien werde daher zum 31.12.2003 beendet. Der Befristungsgrund ergebe sich aus § 48 Abs. 4 i.V.m. Abs. 7 HSG-LSA. Nach der vertraglichen Gestaltung sei davon auszugehen, dass die Klägerin tatsächlich als wissenschaftliche Assistentin beschäftigt worden sei. Dass der Ausgangsvertrag der Parteien hinsichtlich der Befristungsdauer nicht mit den Vorgaben des § 48 HSG-LSA in Einklang stehe, sei unbeachtlich, da die Befristung auch auf Wunsch der Klägerin erfolgt sei. Wegen der weiteren Einzelheiten der angefochtenen Entscheidung wird auf Bl. 74 - 82 d.A. verwiesen.

Gegen dieses, ihr am 03.12.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22.12.2003 Berufung eingelegt und diese am 03.02.2004 begründet. Mit ihrem Rechtsmittel verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klageziel vollumfänglich weiter und bestreitet insbesondere, dass die von ihr auszuübende Tätigkeit der eines wissenschaftlich Assistenten entsprochen habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 02.09.2003 abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgrund der Befristung vom 29.10.1999 zum 31.12.2003 beendet worden ist.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Das beklagte Land verteidigt die angefochtene Entscheidung und vertritt nunmehr die Auffassung, die Befristung des Vertrages vom 29.10.1999 lasse sich jedenfalls auf § 48 HRG stützen, der insoweit mit den landesrechtlichen Bestimmungen inhaltsgleich sei. Ungeachtet der Formulierungen im Ausgangsvertrag vom 07.10.1993 handele es sich bei dem Vertrag vom 29.10.1999 um eine zulässige Verlängerung i.S. des § 48 Abs. 1 HRG. Bei gebührender Auslegung des Ausgangsvertrages sei davon auszugehen, dass auch dieser Vertrag eine Beschäftigung als wissenschaftliche Assistentin zum Gegenstand gehabt habe. Darüber hinaus - so meint das beklagte Land weiter - verstoße die Berufung der Klägerin auf fehlende Befristungsgründe gegen das Gebot von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Aus dem jetzigen Vorbringen der Klägerin sei zu entnehmen, dass es ihr bei der gewünschten Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses gar nicht um den Abschluss ihres Habilitationsverfahrens gegangen sei. Die Klägerin habe damit die Verlängerung des Arbeitsverhältnisses quasi erschlichen. Eine unbefristete Verlängerung habe im Jahr 1999 nicht zu Debatte gestanden. Dies sei auch der Klägerin bekannt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die statthafte (§§ 8 Abs. 2, 64 ArbGG) und auch im Übrigen zulässige (§ 66 Abs. 1 ArbGG) Berufung der Klägerin ist begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht die Entfristungsklage abgewiesen.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird nicht durch die am 29.10.1999 vereinbarte Befristung zum 31.12.2003 beendet. Diese Befristung ist rechtsunwirksam. Nach der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Rechtslage bedurfte nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 47 und 71) die Befristung eines Arbeitsvertrages dann eines sachlichen Grundes, wenn durch die Befristung objektiv Kündigungsschutzbestimmungen umgangen werden konnten. Haben die Parteien mehrere befristete Arbeitsverträge abgeschlossen, so ist Gegenstand der Befristungskontrolle regelmäßig - es sei denn, die Parteien haben etwas anderes vereinbart - der letzte zwischen ihnen abgeschlossene befristete Arbeitsvertrag (BAG AP a.a.O. Nr. 100 und 166). Erweist sich die betroffene Befristungsabrede als rechtsunwirksam, so bleibt die Rechtswirksamkeit des Arbeitsvertrages im Übrigen hiervon unberührt.

Das Arbeitsverhältnis besteht vielmehr unbefristet fort (BAG GS AP a.a.O. Nr. 16).

Der demnach im vorliegenden Fall zu überprüfende (letzte) Arbeitsvertrag vom 29.10.1999 bedurfte eines Sachgrundes. Ein Sachgrund liegt jedoch entgegen der Auffassung des beklagten Landes und des Arbeitsgerichts nicht vor.

1. Der Vertrag vom 29.10.1999 war geeignet, den der Klägerin zustehenden Kündigungsschutz aus § 1 KSchG objektiv zu umgehen. Zum Zeitpunkt des Abschlusses bestand zwischen den Parteien bereits länger als 6 Monate ein Arbeitsverhältnis. Die Kleinbetriebsklausel des § 23 Abs. 1 KSchG findet offenkundig auf die Rechtsbeziehungen der Parteien keine Anwendung.

2. Der vorstehend genannte Vertrag wird nicht von einem Sachgrund getragen.

a. Die Befristungsvereinbarung ist nicht fiktiv gem. § 17 TzBfG i.V. m. § 7 KSchG als rechtswirksam anzusehen. Die Klägerin hat mit ihrer bereits am 06.05.2003 bei dem Arbeitsgericht eingereichten Klage die in § 17 TzBfG vorgesehene Klagefrist gewahrt. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 2) kann eine Entfristungsklage bereits vor dem im Arbeitsvertrag vereinbarten Beendigungstermin wirksam erhoben werden. Die von der Klägerin erhobene Klage ist auch inhaltlich als Entfristungsklage i.S. des § 17 TzBfG anzusehen. Zwar entspricht der Wortlaut des in der Klageschrift angekündigten Klagantrages nicht den Vorgaben des § 17 TzBfG. Ein entsprechendes Klageziel lässt sich jedoch durch Auslegung des Klagantrages ermitteln.

Bereits aus dem Antrag selbst wird deutlich, dass die Klägerin mit ihrer Klage die Rechtsunwirksamkeit der am 29.10.1999 getroffenen Befristungsvereinbarung mit einer Laufzeit zum 31.12.2003 gerichtlich überprüft wissen möchte. Wenn die Klägerin darüber hinaus auf S. 4 der Klageschrift ausdrücklich die Rechtsauffassung äußert, aus ihrer Sicht liege kein Sachgrund für eine Befristung des Arbeitsverhältnisses vor, so lässt sich bei einer Zusammenschau eindeutig der Wille erkennen, die Befristungsvereinbarung im Rahmen einer Entfristungsklage der gerichtlichen Kontrolle zugänglich zu machen.

b. Die Rechtswirksamkeit der Befristung folgt weiter nicht aus § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 HRG, der abschließend die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichen Assistenten bundesrechtlich regelt (BAG AP a.a.O. Nr. 253). Nach Abs. 3 der vorgenannten Bestimmung gelten für Assistenten, die in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt werden, die beamtenrechtlichen Bestimmungen des § 48 Abs. 1 HRG entsprechend. Danach wird der wissenschaftliche Assistent für die Dauer von 3 Jahren zum Beamten auf Zeit ernannt. Das Beamtenverhältnis des Assistenten soll mit dessen Zustimmung spätestens vier Monate vor seinem Ablaufen um weitere drei Jahre verlängert werden, wenn er die weitere wissenschaftliche Qualifikation erworben hat oder zu erwarten ist, dass er sie in dieser Zeit erwerben wird. Im Bereich der Medizin soll das Dienstverhältnis, das nach S. 2 um drei Jahre verlängert worden ist, unter den gleichen Voraussetzungen um weitere vier Jahre verlängert werden. Diesen Voraussetzungen entspricht der abgeänderte befristete Arbeitsvertrag der Parteien vom 29.10.1999 nicht.

aa. Der Vertrag lässt sich zum einen nicht als so genannter Ausgangsvertrag auf § 48 Abs. 1 S. 1 HRG stützen, da er nicht auf die in dieser Bestimmung vorgegebene Höchstdauer von drei Jahren, sondern auf eine Dauer von vier Jahren befristet worden ist.

bb. Entgegen der Auffassung des beklagten Landes ergibt sich die Rechtswirksamkeit der Befristung auch nicht aus § 48 Abs. 1 S. 3 HRG als so genannter Verlängerungsvertrag. Eine Verlängerung des mit einem wissenschaftlichen Assistenten abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrages um weitere vier Jahre im Bereich der Medizin setzt nach dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung voraus, dass mit dem Assistenten bereits zwei befristete, auf § 48 Abs. 1 beruhende Arbeitsverträge mit jeweils dreijähriger Dauer abgeschlossen worden sind. Hieran fehlt es vorliegend. Der Ausgangsvertrag vom 07.10.1993 erfüllt nicht die vorgenannten Voraussetzungen. Der Vertrag sieht eine Laufzeit von (einmal) sechs Jahren vor. Eine derartige Vertragsgestaltung wird von § 48 Abs. 1 S. 1 und 2 HRG nicht abgedeckt. Darüber hinaus lässt sich der vorstehend genannte Vertrag aber auch inhaltlich nicht als Ausgangsvertrag bezogen auf den hier zu prüfenden Vertrag vom 29.10.1999 auffassen, da er nicht eine Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin zum Gegenstand hatte. Die Anwendbarkeit des § 48 HRG auf Arbeitsverhältnisse im so genannten wissenschaftlichen Mittelbau der Universitäten hängt entscheidend davon ab, ob die Parteien im Vertrag eine Tätigkeit als Assistent vereinbart haben. Aus der späteren tatsächlichen Durchführung des Arbeitsverhältnisses können allenfalls Rückschlüsse auf den Willen der Vertragsparteien gezogen werden. Auch die im Vertrag verwendete Bezeichnung ist, sofern sich die Parteien über den vereinbarten Status streiten, lediglich ein bei der Auslegung der Vereinbarung zu berücksichtigender Umstand. Letztlich entscheidend kommt es für die Frage, ob das Anstellungsverhältnis als das eines wissenschaftlichen Assistenten zu qualifizieren ist, darauf an, ob die Parteien die in § 47 Abs. 1 S. 1 u. 2 HRG genannten Rechte und Pflichten arbeitsvertraglich vereinbart haben und der Angestellte die formellen Einstellungsvoraussetzungen des § 47 Abs. 3 HRG erfüllt (BAG EzA BGB § 620 Hochschulen Nr. 33). Die Vereinbarung einer entsprechenden Stellung der Klägerin lässt sich entgegen der Auffassung des beklagten Landes auch bei einer am Empfängerhorizont orientierten Auslegung (§§ 133, 157 BGB) des Vertrages vom 07.10.1993 nicht feststellen. Die Auslegung führt vielmehr dazu, dass die Parteien für den Zeitraum 01.01.1994 bis 31.12.1999 eine Tätigkeit der Klägerin als wissenschaftliche Mitarbeiterin nach Maßgabe der §§ 57a ff. HRG vereinbart haben. In der Vertragsurkunde vom 07.10.1993 wird ausdrücklich als Befristungsgrund der § 57 Abs. 2 Nr. 2 HRG (Vergütung aus Haushaltsmitteln, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind) in Bezug genommen. Die damit gemeinte Norm des § 57a Abs. 2 Nr. 2 HRG erfasst jedoch nach der eindeutigen Gesetzessystematik des HRG nur befristete Arbeitsverhältnisse wissenschaftlicher Mitarbeiter. Dass diese Bestimmungen zur Anwendung kommen sollen, haben die Parteien weiterhin im 3. Abs. der Vertragsurkunde ausdrücklich festgelegt. Dieses Auslegungsergebnis wird durch Heranziehung des von dem beklagten Land gefertigten Schreibens vom 07.10.1993 (Bl. 50 d.A.) bestätigt. Das beklagte Land verweist zur Begründung des unterbreiteten Vertragsangebotes ausdrücklich darauf, dass nunmehr die §§ 57a - e HRG auch in den neuen Bundesländern zur Anwendung kommen und deshalb die Umwandlung des Arbeitsverhältnisses von einem unbefristeten in ein befristetes Arbeitsverhältnis zu erfolgen habe. Dies alles macht deutlich, dass die Parteien zum damaligen Zeitpunkt eine Weiterbeschäftigung auf der Basis der für wissenschaftliche Mitarbeiter geltenden §§ 57 a - e HRG vereinbaren wollten. Ob die Klägerin bereits vor Vereinbarung des ersten befristeten Arbeitsvertrages und auch im Folgenden mit Aufgaben betraut worden ist, die der Tätigkeit eines wissenschaftlichen Assistenten entsprechen, vermag ein anderes Auslegungsergebnis nicht zu rechtfertigen. Zwar kann auch aus der tatsächlichen Ausgestaltung auf den wirklichen Parteiwillen geschlossen werden. Vorliegend ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Vertrag vom 07.10.1993 nicht der erstmaligen Einstellung der Klägerin im wissenschaftlichen Mittelbau der MLU diente, sondern den Zweck verfolgt hat, die bereits seit langem bestehenden Rechtsbeziehungen an die seit 03.10.1993 geltende neue Rechtslage anzupassen. Das Verhalten der Parteien lässt sich bei Würdigung des Inhalts der Vertragsurkunde, des Begleitschreibens und der vorstehend genannten weiteren Begleitumstände nur so verstehen, dass die von der Klägerin bereits seit längerem ausgeübte wissenschaftliche Tätigkeit nunmehr auf der Basis der §§ 57a ff. HRG fortgesetzt werden sollte. Dass auch das beklagte Land ursprünglich von einer derartigen Fortsetzung ausgegangen ist, wird aus dem prozessualen Sachvortrag deutlich. Das beklagte Land hat erstinstanzlich und auch zunächst noch in der Berufungsinstanz die Auffassung vertreten, der Ausgangsvertrag vom 07.10.1993 sei nach Maßgabe der §§ 57 ff. HRG abgeschlossen worden. Beispielhaft sei hier auf S. 2 des Schriftsatzes des beklagten Landes vom 12.03.2004 verwiesen, wo das beklagte Land ausführen lässt: "Zunächst wurde daher mit der Klägerin zulässigerweise ein befristeter Arbeitsvertrag als wissenschaftliche Mitarbeiterin nach Maßgabe des § 57 HRG für die Dauer von sechs Jahren abgeschlossen." Auf S. 4 des genannten Schriftsatzes heißt es dann weiter: "Das Arbeitsgericht stellt ebenfalls zutreffend fest, dass die Klägerin mit Arbeitsvertrag vom 29.10.1999 nicht mehr als wissenschaftliche Mitarbeiterin i.S. des § 50 Hochschulgesetz LSA bei der Beklagten beschäftigt war."

c. Die im Vertrag vom 29.10.1999 vereinbarte Befristung lässt sich schlussendlich auch nicht nach den allgemeinen befristungsrechtlichen Gründen sachlich rechtfertigen. Dabei kann dahinstehen, ob bei auf § 48 HRG gestützten befristeten Arbeitsverträgen die allgemeinen Befristungsgrundsätze überhaupt ergänzend zur sachlichen Rechtfertigung eines solchen Vertrages herangezogen werden können. Hiergegen spricht, dass im Unterschied zu § 57 a S. 2 und 57 b Abs. 1 S. 1 HRG eine entsprechende "Öffnungsklausel" für den Regelungsbereich des § 48 HRG nicht existiert.

Dem Sachvortrag der Parteien ist jedenfalls ein die Befristung rechtfertigender Sachgrund nicht zu entnehmen. Insbesondere lässt sich die Befristung entgegen der Auffassung des beklagten Landes nicht darauf stützen, dass der befristete Vertrag auf ausdrücklichen Wunsch der Klägerin abgeschlossen worden ist. Zwar ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG AP a.a.O. Nr. 188) als Befristungsgrund nach richterrechtlichen Grundsätzen auch der Wunsch des Arbeitnehmers auf Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages anerkannt. Ein solcher Wunsch liegt jedoch nur vor, wenn die Befristungsvereinbarung dem ausdrücklichen Willen des Arbeitnehmers entspricht. Ein derartiger Willensentschluss ist wiederum nur dann anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer, hätte er die Wahl gehabt, den Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages aus freien Stücken heraus abgelehnt hätte (BAG AP a.a.O. Nr. 203). Dass die Klägerin sich bei ihrer Bitte um Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses über das Jahr 1999 hinaus in einer derartigen Situation befunden hat, lässt sich dem Sachvortrag der Parteien nicht entnehmen. Zwar hat die Klägerin im Schreiben vom 05.03.1999 den Wunsch um befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses unter Bezugnahme auf ihr laufendes Habilitationssverfahren geäußert. Aus dem Inhalt dieses Schreibens lässt sich jedoch nicht der Wille der Klägerin ableiten, sie wolle auf jeden Fall, auch wenn eine unbefristete Verlängerung möglich wäre, nur eine befristete Weiterbeschäftigung bei dem beklagten Land erreichen. Nach dem Sachvortrag des beklagten Landes war der Klägerin vielmehr bei Abfassung dieses Schreibens bekannt, dass eine unbefristete Beschäftigung im Rahmen ihrer bisherigen wissenschaftlichen Tätigkeit überhaupt nicht möglich ist. Das von ihr verfasste Schreiben ist mithin unter diesem Gesichtspunkt dahin zu würdigen, dass die an einer Weiterbeschäftigung interessierte Klägerin diesen Wunsch in der aus ihrer Sicht rechtlich damals einzig möglichen Art und Weise zum Ausdruck bringt, nämlich durch die Bitte um befristete Verlängerung des Arbeitsverhältnisses. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin, hätte man ihr zum damaligen Zeitpunkt eine unbefristete Beschäftigung im wissenschaftlichen Mittelbau des beklagten Landes angeboten, dieses Angebot abgelehnt hätte, sind nicht erkennbar.

Nach alledem lässt sich eine rechtswirksame Befristung des Arbeitsvertrages vom 29.10.1999 nicht feststellen.

3. Die Berufung der Klägerin auf die Rechtsunwirksamkeit der Befristung stellt auch keinen Verstoß gegen die Grundsätze des § 242 BGB (Treu und Glauben) dar. Wie der Gesetzgeber nunmehr in § 14 Abs. 1 TzBfG deutlich gemacht hat, sieht er den Abschluss unbefristeter Arbeitsverhältnisse als den sozialpolitisch erwünschten Regelfall an. Das befristete Arbeitsverhältnis soll den Ausnahmefall darstellen. Damit wird zugleich deutlich gemacht, dass der Arbeitgeber, der von der Gestaltungsmöglichkeit eines befristeten Arbeitsverhältnisses Gebrauch macht, auch das "Risiko" trägt, dass die Befristungsabrede sich im Nachhinein als rechtsunwirksam erweist. Wie § 17 S. 1 TzBfG (inhaltsgleich mit § 1 Abs. 5 BeschFG) zeigt, geht der Gesetzgeber weiter davon aus, dass ein Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit einer Befristung grundsätzlich nicht vor Ablauf der Befristungsdauer rügen muss, sondern hierzu noch innerhalb von drei Wochen nach dem vereinbarten Ende des befristeten Arbeitsvertrages rechtlich in der Lage ist. Das Verhalten des Arbeitnehmers während des Arbeitsverhältnisses, auch wenn für den Arbeitgeber hierdurch der Eindruck erweckt wird, der Arbeitnehmer werde die Befristung hinnehmen, lässt sich mithin nach der gesetzgeberischen Konzeption in §§ 14, 17 TzBfG nicht als treuwidriges Verhalten einstufen.

Auch die vom beklagten Land im vorliegenden Fall weiter angeführten Umstände, nämlich dass die Klägerin von vornherein nicht vor hatte im Zeitraum 2000 - 2003 ihr Habilitationsverfahren zum Abschluss zu bringen, stehen der Geltendmachung von Rechten im Rahmen einer Entfristungsklage nicht entgegen. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass es dem Vortrag des beklagten Landes, die Klägerin habe die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses "erschlichen" an Sachsubstanz mangelt. Tatsachen, die als Indizien für einen entsprechenden Vorsatz der Klägerin dienen könnten, sind nicht ersichtlich. Das Arbeitsverhältnis ist auch nach dem Vortrag des beklagten Landes jedenfalls bis in die erste Hälfte des Jahres 2003 hinein störungsfrei abgewickelt worden, woraus dennoch ein Täuschungsvorsatz der Klägerin bei Abschluss der Verlängerungsvereinbarung folgen soll, ist nicht erkennbar.

Darüber hinaus vermag der Einwand aber auch unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht durchzudringen. Dem Arbeitgeber, der bei Abgabe seiner auf den Abschluss eines Arbeitsvertrages gerichteten Willenserklärung von dem Arbeitnehmer vorsätzlich getäuscht wird, werden von der Rechtsordnung ausreichend Instrumentarien in Form von Gestaltungsrechts zur Hand gegeben, um sich von dieser durch Täuschung bewirkten Willenserklärung wieder zu lösen. Zu nennen sind insbesondere die §§ 123, 142 und § 626 BGB. Eines Rückgriffs auf den Arglisteinwand bedarf es mithin nicht.

Nach alledem war auf die Berufung der Klägerin das Urteil des Arbeitsgerichts abzuändern und der Entfristungsklage stattzugeben.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

III. Gegen diese Entscheidung findet ein weiteres Rechtsmittel nicht statt. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Sie orientiert sich am Einzelfall, hält sich im Rahmen der anerkannten Grundsätze des Arbeitsrechts und weicht insbesondere nicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung zum Befristungsrecht ab.

Auf § 72 a ArbGG wird hingewiesen.

Ende der Entscheidung

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