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Gericht: Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt
Beschluss verkündet am 19.08.2003
Aktenzeichen: 8 Ta 208/03
Rechtsgebiete: BRAGO, ArbGG, ZPO


Vorschriften:

BRAGO § 14 Abs. 2
BRAGO § 31
BRAGO § 61 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 61 a
BRAGO § 61 a Abs. 1 Nr. 2
BRAGO § 61 a Abs. 4 n.F.
BRAGO § 62 Abs. 1
BRAGO § 62 Abs. 2
ArbGG § 72 a
ZPO § 544
ZPO § 544 Abs. 6 n.F.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt BESCHLUSS

19.08.2003

8 Ta 208/03

In dem Rechtsstreit

Tenor:

wird die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) gegen die teilweise Zurückweisung ihres Kostenfestsetzungsantrages durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Dessau vom 12.05.2003 zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Mit ihrer am 05.06.2003 beim Arbeitsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde wendet sich die Beklagte zu 2) gegen die teilweise Zurückweisung ihres Kostenfestsetzungsantrages durch den Beschluss des Arbeitsgerichts Dessau vom 12.05.2003. Der Beschluss wurde der Beklagten zu 2) nicht vor dem 22.05.2003 zugestellt. Er weist den Antrag der Beklagten zu 2) auf Festsetzung der gemäß dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 08.08.2002 von dem Kläger an die Beklagte zu erstattenden Kosten der im Jahre 2002 vom Kläger beim Bundesarbeitsgericht erfolglos durchgeführten Nichtzulassungsbeschwerde insoweit zurück, als die Beklagte zu 2) die Festsetzung einer 13/10 und nicht lediglich einer 13/20 Gebühr für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens beantragt hat. Die Beklagte zu 2 macht geltend, dass mit der seit dem 01.01.2002 in Kraft getretenen Änderung des § 61 a Abs. 1 Nr. 2 BRAGO für die Durchführung des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens vor dem Bundesarbeitsgericht eine volle Gebühr und nicht mehr - wie bisher gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO - eine halbe Gebühr anfalle.

II.

Die zulässige sofortige Beschwerde ist unbegründet. Zutreffend hat das Arbeitsgericht in dem angegriffenen Beschluss den Kostenfestsetzungsantrag der Beklagten zu 2) insoweit zurückgewiesen, als er über eine 13/20-Gebühr hinaus geht.

1. Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im arbeitsgerichtlichen Verfahren gemäß § 72 a ArbGG entstand nach ständiger Rechtsprechung gemäß § 62 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO eine 5/10-Gebühr nach § 31 BRAGO. Der Gebührentatbestand für die im § 61 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO geregelten Beschwerdeverfahren umfasste auch die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision gemäß § 72 a ArbGG (BAG-Beschluss vom 12.01.l996 - 9 AZN 1129/94, AP Nr. 1 zu § 11 BRAGO; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO 15. Auflage § 62 Rz 4 a sowie § 61 Rz. 6 mit weiteren Nachweisen).

2. Mit dem am 01.01.2002 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform des Zivilprozesses (Zivilprozessreformgesetz, BGBl. Teil I, 2001, Nr. 40 vom 02.08.2001, Seite 1887 ff.) wurde die Revisionszulassung (§ 543 Abs. 2 ZPO n.F.) und die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht (Nichtzulassungsbeschwerde, § 544 ZPO n.F.) in die ZPO neu eingefügt. Zugleich wurde durch Artikel 36 Abs. 2 Nr. 13 ZPO-Reformgesetz § 61 a BRAGO neu gefasst. Danach erhält der Rechtsanwalt "im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision (§ 544 der Zivilprozessordnung)" die in § 31 BRAGO bestimmten Gebühren, d. h. nicht lediglich 5/10, wie in § 61 Abs. 1 BRAGO geregelt. Weiter bestimmt § 61 a Abs. 4 BRAGO n.F., dass die Prozessgebühr im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf die Prozessgebühr angerechnet wird, die der Rechtsanwalt in einem nachfolgenden Revisionsverfahren erhält.

Die genannten Vorschriften sind entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht auf die Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesarbeitsgericht anzuwenden.

Für dieses Verfahren bleibt § 61 Abs. 1 Nr. 1 die maßgebliche Vorschrift mit der Folge, dass nur 5/10 der vor dem Bundesarbeitsgericht anfallenden Gebühren verdient werden (wegen § 11 Abs. 1 Satz 6 somit statt 13/10 13/20 einer Gebühr). Die Änderung des § 61 a Abs. 1 Nr. 2 BRAGO ist in Zusammenhang mit der Einführung und Ausgestaltung der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO zu sehen, die gemäß § 544 Abs. 6 ZPO n.F. bei Stattgabe unmittelbar in das Revisionsverfahren mündet. Demgegenüber bedarf es bei erfolgreicher Nichtzulassungsbeschwerde im Arbeitsgerichtsverfahren der anschließenden fristgerechten Einleitung des Revisionsverfahrens durch Einlegung der Revision. Die Einheit des (erfolgreichen) Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens und des Revisionsverfahrens nach § 544 ZPO n.F. führt zur Anrechnung der Prozessgebühr im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde auf die Prozessgebühr im Revisionsverfahren gemäß § 61 a Abs. 4 BRAGO. Dies weicht von der allgemeinen Regelung des § 14 Abs. 2 BRAGO ab, wonach die Nichtzulassungsbeschwerde und das Rechtsmittelverfahren gesonderte Gebührentatbestände sind. Offenbar zum Ausgleich hat der Gesetzgeber in § 61 a Abs. 1 Nr. 2 die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO gegenüber den sonstigen Nichtzulassungsbeschwerden (§ 72 a ArbGG, § 131 VwGO, § 160 ASGG, § 115 FGO) durch Gewährung einer vollen Gebühr privilegiert. Eine Erstreckung der Regelung auch auf die zuletzt genan Nichtzulassungsbeschwerden scheidet daher aus. Hiergegen spricht auch der Wortlaut der Bestimmung, der ausdrücklich auf § 544 ZPO Bezug nimmt, sowie die Entstehungsgeschichte der Norm, die zusammen mit § 544 ZPO n.F. im ZPO-ReformG erlassen wurde. Hätte der Gesetzgeber mit der Regelung im § 61 a Abs. 1 Nr. 2 BRAGO entgegen der bis dahin bestehenden ständigen Rechtsprechung auch für die Fachgerichtsbarkeiten, insbesondere für die Arbeitsgerichtsbarkeit, eine Änderung der Rechtslage herbeiführen wollen, hätte sich die Bezugnahme auf § 544 ZPO verboten (im Ergebnis ebenso Enders, JurBüro 2002, 1 (4); Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, BRAGO 15. Auflage § 62 Rz. 4 a und 61 § 61 Rz. 6; anders offenbar für die Nichtzulassungsbeschwerde nach § 131 VwGO unter Bezugnahme auf § 61 a Abs. 1 Nr. 2 BRAGO Madert, Anwaltsgebühren spezial 2002, 266 am Ende).

Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 3 aus den Gründen des § 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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