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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 01.04.2009
Aktenzeichen: 1 Sa 194/08
Rechtsgebiete: ArbGG, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 72a
BGB § 286
BGB § 288
BGB § 294
BGB § 295
BGB § 296
BGB § 297
BGB § 615 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 1 Sa 194/08

Verkündet am 01.04.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 01.04.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 08.05.2008 - 3 Ca 2231 d/07 - abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EURO 11.183,87 brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf EURO 1.134,59 seit 01.11.2006, weitere EUR 1.674,88 ab 01.12.06, weitere 1.674,88 EUR seit 01.01.07, weitere EUR 1.674,88 seit 01.02.07, weitere EUR 1.674,88 seit 01.03.07, weitere EUR 1.674,88 seit 01.04.07 und weitere EUR 1.674,88 seit 01.05.2007 zu zahlen abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangene Ansprüche i. H. v. EUR 2.481,44.

Die Kosten des Rechtstreits trägt die Beklagte (beide Instanzen). Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um das Bestehen eines Anspruches der Klägerin auf Lohn aus Annahmeverzug.

Die Klägerin war vom 16.09.1991 bis zum 30.04.2007 bei der Beklagten als kaufmännische Angestellte tätig. Sie erhielt zuletzt durchschnittlich 1.674,88 EUR brutto monatlich und hatte darüber hinaus einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf ein 13. Monatsentgelt.

Die Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 17.10.2006 fristlos, hilfsweise fristgemäß, wegen Arbeitsverweigerung gekündigt. Die Klägerin hatte zuvor der Beklagten mit Schreiben vom 04.10.2006 mitgeteilt, dass nach ihrer Auffassung die Arbeitsbedingungen unzumutbar seien und sie nicht mehr bereit sei, die ihres Erachtens fortlaufenden entwürdigenden Verhaltensweisen, der sie insbesondere durch die Geschäftsführung ausgesetzt sei, länger hinzunehmen (Anlage B 4 - Bl. 26 d. A.). Sie forderte eine Abschaffung bis zum 10. Oktober 2006, anderenfalls mache sie von ihrem Zurückbehaltungsrecht an der Arbeitsleistung Gebrauch. Mit Schreiben vom 05.10.2006 forderte die Beklagte Erläuterung der Vorwürfe und drohte Konsequenzen für den Fall des Nichterscheinens ab 11.10.2006 an. Die Klägerin blieb ab 11.10.2006 der Arbeit fern. Daraufhin sprach die Beklagte mit Schreiben vom 17.10.2006 die bereits erwähnte außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung aus. Mit der gegen die außerordentliche und hilfsweise ordentliche Kündigung erhobenen Kündigungsschutzklage vom 26.10.2006 hat die Klägerin Weiterbeschäftigung begehrt. In der Klageschrift heißt es insoweit wie folgt:

"Sollte sich die Beklagte im Termin zur Güteverhandlung für den Fall deren Scheiterns nicht bereit erklären, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtstreites weiter zu beschäftigen, werden wir desweiteren für den Fall des Obsiegens mit dem Klagantrag zu 1 beantragen, wie folgt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtstreits als kaufmännische Angestellte zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages am 16. September 1991 und im Übrigen zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen. (Bl. 2 der beigezogenen Vorprozessakte 4 Ca 1945 b/06 - Berufungsverfahren 1 Sa 202/07)."

Nach Abweisung der Kündigungsschutzklage in erster Instanz hat das Landesarbeitsgericht mit Urteil vom 29.11.2007 die fristlose Kündigung für unwirksam erklärt und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis jedoch fristgemäß mit Ablauf des 30.04.2007 beendet worden ist (Az.: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein 1 Sa 202/07). Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, die Klägerin habe zwar ihr Zurückbehaltungsrecht nicht ordnungsgemäß ausgeübt. Die Beklagte habe jedoch gegenüber der Klägerin nicht ausreichend klargestellt, dass sie gegebenenfalls eine außerordentliche Kündigung ausspreche. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.

Mit Datum vom 20.12.2007 hat die Klägerin die vorliegende Zahlungsklage erhoben, gerichtet auf die Vergütung für die Zeit vom 17.10.2006 bis einschließlich 30.04.2007. Nach Ablauf der Sperrzeit hat die Klägerin vom 17.01.2007 bis zum 30.04.2007 Arbeitslosengelt in Höhe von 2.481,44 EUR bezogen. Diesen Betrag lässt sie sich anrechnen.

Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, ein Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung scheitere an der fehlenden Leistungsbereitschaft der Klägerin. Sie habe durch Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes ihren fehlenden Leistungswillen dokumentiert, danach jedoch ihre Arbeitskraft nicht mehr angeboten. Die Kündigungsschutzklage ersetze nicht die Notwendigkeit eines ernsthaften Leistungswillens.

Gegen dieses der Klägerin am 29.05.2008 zugestellte Urteil hat sie am 02.06.2008 Berufung eingelegt, die am 16.07.2008 per Fax/17.07.2008 im Original begründet wurde.

Sie ergänzt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ihres Erachtens habe die Beklagte mit Ausspruch der außerordentlichen Kündigung deutlich gemacht, dass sie jedwede Arbeitsleistung der Klägerin jetzt nicht mehr annehmen werde. Die Klägerin hingegen habe mit Erhebung der Kündigungsschutzklage gezeigt, dass sie am Arbeitsplatz festhalten wolle und Leistungsbereitschaft bestehe. Die Beklagte habe sie daher zur Wiederaufnahme der Arbeitsleistung auffordern müssen. Ursächlich für die Nichtannahme der Arbeitsleistung sei die endgültige Weigerung der Beklagten, die Klägerin zu beschäftigen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 8. Mai 2008 zu dem Aktenzeichen 3 Ca 2231 d/07 abzuändern und wie folgt zu erkennen:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 11.183,87 brutto nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz auf EURO 1.134,59 seit 01.11.2006, weitere EUR 1.674,88 ab 01.12.06, weitere EUR 1.674,88 seit 01.01.07, weitere EUR 1.674,88 seit 01.02.07, weitere EUR 1.674,88 seit 01.03.07, weitere EUR 1.674,88 seit 01.04.07 und weitere EUR 1.674,88 seit 01.05.2007 zu zahlen abzüglich auf die Bundesagentur für Arbeit übergegangene Ansprüche i. H. v. EUR 2.481,44.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Sie ist der Ansicht, es habe kein Annahmeverzug bestanden, da bei der Klägerin kein Leistungswille im Sinne des § 297 BGB vorhanden gewesen sei. Die Beklagte habe wegen beharrlicher Arbeitsverweigerung gekündigt. Die Klägerin habe daher ihre Arbeitskraft zusätzlich zur Klagerhebung ausdrücklich und in Person anbieten müssen, da sie mittels des Zurückbehaltungsrechts gezielt der Arbeit ferngeblieben sei, bevor die Beklagte ihrerseits hieraus Konsequenzen gezogen habe. Die Kündigungsschutzklage habe die vermeintlichen Umstände, die zur Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes geführt haben, nicht beseitigt. Anderenfalls würde eine leistungsunwillige Klägerin in Leistungswilligkeit automatisch hineinwachsen.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin für die Dauer der Kündigungsfrist, das heißt für den Zeitraum vom 17.10.2006 bis zum 30.04.2007 Annahmeverzugslohn in der begehrten Höhe zu zahlen. Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht das Zahlungsbegehren mit der Begründung zurückgewiesen, bei der Klägerin sei kein Leistungswille vorhanden gewesen. Dem folgt das Berufungsgericht nicht.

1. Nach § 615 S. 1 BGB kann der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen, wenn der Arbeitgeber mit der Annahme der Arbeitsleistung in Verzug kommt. Der Arbeitnehmer muss die infolge des Annahmeverzugs ausgefallene Arbeit nicht nachleisten. Der Arbeitgeber kommt in Annahmeverzug, wenn er die ihm angebotene Arbeitsleistung nicht annimmt (§ 293 BGB). Voraussetzung ist ein zur Erfüllung taugliches Angebot. Die Leistung muss grundsätzlich gemäß § 294 BGB so, wie sie geschuldet ist, tatsächlich angeboten werden. Hat der Arbeitgeber jedoch erklärt, er werde die Leistung nicht annehmen, genügt ein wörtliches Angebot des Arbeitnehmers (§ 295 S. 1 BGB).

Nach der außerordentlichen Kündigung eines Dienstverhältnisses genügt zur Begründung des Annahmeverzugs gemäß § 295 BGB grundsätzlich ein wörtliches Angebot, weil die Kündigung regelmäßig die Erklärung des Dienstberechtigten enthält, er werde weitere Dienstleistungen des Verpflichteten nicht annehmen. Als wörtliches Angebot kann ein Widerspruch des Gekündigten gegen die Kündigung oder die Klage auf Gehaltsfortzahlung angesehen werden. Das Angebot wirkt auf den Zeitpunkt der durch die Kündigung beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses zurück. Das Angebot ist entbehrlich, wenn die verpflichtete Partei erkennen lässt, sie sei unter keinen Umständen bereit, den Dienstverpflichteten weiter zu beschäftigen (BAG vom 12.07.2006 - 5 AZR 277/06 - AP-Nr. 5 zu § 627 BGB m. w. N.; vergl. auch - mit anderer Begründung - BAG vom 09.08.1984 - 2 AZR 374/83 - AP-Nr. 34 zu § 615 BGB; BAG vom 31.03.1985 - 2 AZR 201/84 - AP-Nr. 35 zu § 614 BGB).

2. Der Annahmeverzug des Arbeitgebers ist ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer nicht leistungsfähig oder nicht leistungswillig ist (§ 297 BGB). Annahmeverzug setzt daher Leistungsbereitschaft des Gläubigers im Annahmeverzugszeitraum voraus. Die in § 297 BGB nicht ausdrücklich genannte Voraussetzung der Leistungswilligkeit ergibt sich daraus, dass ein leistungsunwilliger Arbeitnehmer sich selbst außerstande setzt, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die subjektive Leistungsbereitschaft ist eine von dem Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Verzugszeitraums vorliegen muss (BAG vom 13.07.2005 - 5 AZR 578/04 - AP-Nr. 112 zu § 615 BGB). Unabhängig von der den Annahmeverzug begründenden Kündigung muss die Bereitschaft bestehen, die betreffende Arbeit bei dem Vertragspartner zu den vertraglichen Bedingungen zu leisten. Fehlende Leistungsbereitschaft kann beispielsweise vorliegen, wenn der Arbeitnehmer den Verzicht auf die Wirkungen der Kündigung zur Bedingung der Arbeitsaufnahme macht (BAG vom 13.07.2005 - 5 AZR 578/04 - AP-Nr. 112 zu § 615 BGB). Auf die fehlende Leistungsbereitschaft eines Arbeitnehmers können auch Äußerungen des Arbeitnehmers über die Zerrüttung des Arbeitsverhältnisses hindeuten, wobei Äußerungen des Arbeitnehmers in einem Vorprozess berücksichtigt werden können (BAG vom 24.09.2003 - 5 AZR 591/02 -). Darlegungs- und beweispflichtig für die fehlende Leistungsbereitschaft oder den fehlenden Leistungswillen ist der Arbeitgeber.

3. Vor diesem rechtlichen und dem diesem Rechtstreit zugrundeliegenden tatsächlichen Hintergrund hat das Arbeitsgericht den Annahmeverzugslohnanspruch der Klägerin für die Dauer der Kündigungsfrist zu Unrecht verneint.

a) Die Beklagte hat eine außerordentliche Kündigung ausgesprochen und damit zunächst einmal grundsätzlich zum Ausdruck gebracht, der Klägerin mit sofortiger Wirkung keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz mehr zur Verfügung stellen und ihr keine Arbeitsleistung mehr zuweisen zu wollen. Die Klägerin hat gegen diese ausgesprochene Kündigung rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben und damit der Kündigung widersprochen. Hierin liegt das geforderte Angebot gemäß §§ 295, 296 BGB. Da die Beklagte eine fristlose Kündigung ausgesprochen hat, war die Klägerin grundsätzlich auch nicht mehr gehalten, ihre Arbeitskraft auch nur für die Dauer der Kündigungsfrist unabhängig von der eingereichten Kündigungsschutzklage zur rechten Zeit am rechten Ort persönlich uneingeschränkt anzubieten. Dass die außerordentliche Kündigung insoweit letztendlich unwirksam war, ist vorliegend unbeachtlich. Der nachträglich verbindlich festgestellte Rechtsfehler der Beklagten kann der Klägerin nicht zum Nachteil gereichen.

b) Unter Berücksichtigung des vorliegenden konkreten Einzelfalles ist nicht von fehlender Leistungsbereitschaft der Klägerin nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung durch die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte auszugehen. Die Kündigung hatte eine Vorgeschichte. Die Klägerin fühlte sich gemobbt, unter anderem durch die beiden Geschäftsführerinnen der Beklagten. Vor diesem Hintergrund hat sie - wenn auch rechtlich unzulänglich - letztendlich mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 verlangt, dass die Beklagte bis zum 10. Oktober 2006 Arbeitsbedingungen schaffe, die die Klägerin vor herabsetzenden Äußerungen der Geschäftsführung, lächerlich machenden Bemerkungen der Geschäftsführung, entwürdigenden Hilfsarbeiten schützen und sicherstellen, dass sie zu den vertraglich vereinbarten Bedingungen ohne Gesundheitsbeeinträchtigung arbeiten könne (Anlage B 4 - Bl. 26 d. A.). Die Beklagte hat hierauf mit Schreiben vom 05.10.2006 dergestalt reagiert, dass sie ihr Erstaunen und Unverständnis zum Ausdruck gebracht und um Konkretisierung gebeten hat. Sie hat mit keinem Wort mitgeteilt, gegebenenfalls für Abhilfe zu sorgen. Die Klägerin ist sodann der Arbeit - nach Fristablauf - ferngeblieben. Die Beklagte hat dieses als beharrliche Arbeitsverweigerung eingeordnet und die fristlose Kündigung ausgesprochen. Auf diese rechtliche Einordnung des Leistungsverhaltens der Klägerin als "beharrliche Arbeitsverweigerung" hat die Beklagte die Klägerin vor Ausspruch der fristlosen Kündigung auch nicht andeutungsweise hingewiesen. Ob es letztendlich tatsächlich eine solche "beharrliche" Arbeitsverweigerung war, wie im Vorprozess erst- und zweitinstanzlich festgestellt - sei vorliegend dahingestellt. Jedenfalls hat die Klägerin durch Erhebung der Kündigungsschutzklage zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, dass sie am Arbeitsverhältnis festhalten will. Sie hat außerdem ausdrücklich bereits in der Klageschrift einen Weiterbeschäftigungsantrag angekündigt und eine Erklärung der Beklagten im Gütetermin begehrt, sich bereit zu erklären, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtstreites weiter zu beschäftigen. Damit hat die Klägerin ihren Leistungswillen zum Ausdruck gebracht. Sie hat dieses Begehren uneingeschränkt vorgebracht und im Zusammenhang mit der Klagerhebung nicht davon abhängig gemacht, dass die Beklagte für zumutbare Arbeitsbedingungen zu sorgen habe. Bei dieser Fallkonstellation kann nicht fehlende Leistungsbereitschaft fingiert werden. Anders als in der dem erstinstanzlichen Urteil zugrunde gelegten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat die Klägerin gerade nicht vorgetragen, das Arbeitsverhältnis sei völlig zerrüttet und könne unter keinen Umständen mehr fortgeführt werden. Die Kündigung hatte eine lange Vorgeschichte, wie sich aus der Vorprozessakte ergibt. Die Klägerin hat ihre Rechte wahrgenommen und sich gegen die - berechtigte oder unberechtigte - Vorgehensweise der Beklagten, das sei dahingestellt, gewehrt. Sie hat zunächst ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht und eine rechtswidrige Kündigung der Beklagten abgewehrt. Allein aus der Tatsache, dass die Klägerin - rechtsfehlerhaft - ihr Zurückbehaltungsrecht vor Ausspruch der Kündigung ausgeübt hat, kann jedoch nicht auf fehlenden Leistungswillen geschlossen werden. Das wäre zu weitgehend. Dann könnte auch gegebenenfalls ein von Arbeitnehmerseite gestellter Auflösungsantrag immer zur Verneinung fehlender Leistungsbereitschaft angeführt werden. Der Klägerin würde letztendlich die Möglichkeit abgeschnitten, ihre Rechtsansicht zu äußern und gerichtlich weiter zu verfolgen, wenn dieses trotz Unwirksamkeit der seitens der Beklagten ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung per se ohne weitere Darlegungen der Arbeitgeberseite trotz erhobener Kündigungsschutzklage und trotz Geltendmachung eines Weiterbeschäftigungsbegehrens zur Verneinung von Leistungsbereitschaft führen würde.

c) Die darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat hingegen keine weiteren Äußerungen der Klägerin sowie sonstige Tatsachen und Umstände in diesem Verfahren vorgetragen, die zu berücksichtigen wären. Von Amts wegen ist jedoch die mehr als 170 Seiten starke Vorprozessakte des Arbeitsgerichts Elmshorn zum Aktenzeichen 4 Ca 1945 b/06/LAG Schleswig-Holstein 1 Sa 202/07 - nicht daraufhin zu überprüfen, ob sich noch Äußerungen finden, die trotz erhobener Kündigungsschutzklage auf andauernde, endgültige und ernsthafte fehlende Leistungsbereitschaft der Klägerin schließen könnten.

Die Beklagte ist daher in Bezug auf das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Vergütung aus Annahmeverzug darlegungs- und beweisfällig geblieben.

4. Die geltend gemachte Summe ist der Höhe nach unstreitig, auch rechnerisch korrekt berechnet. Das gilt auch in Bezug auf die seitens der Klägerin bezogenen Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Der geltend gemachte Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

5. Aus den genannten Gründen war das angefochtene Urteil abzuändern. Die Beklagte schuldet der Klägerin für den Zeitraum 17.10.2006 bis 30.04.2007, den Zeitraum der ordentlichen Kündigungsfrist, den geltend gemachten Betrag. Sie war daher auf die Berufung der Klägerin antragsgemäß zu verurteilen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. Vorliegend handelt es sich ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung.

Ende der Entscheidung

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