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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 29.05.2008
Aktenzeichen: 1 Sa 25/08
Rechtsgebiete: DRK-Arbeitsbedingungen


Vorschriften:

DRK-Arbeitsbedingungen § 24 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Urteil

Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 1 Sa 25/08

Verkündet am 29.05.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 29.05.2008 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 19.12.2007 - öD 1 Ca 817 c/07 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor des Urteils wie folgt neu zu fassen ist.

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.680,03 EUR brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2007 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Kläger seit 01.01.2006 nach Vergütungsgruppe V c des DRK-Tarifvertrages zu vergüten ist.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Die Revision wird für den Beklagten zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Bewährungsaufstieg sowie um Lohnansprüche.

Der Kläger ist am ...1973 geboren, ledig und einem Kind zum Unterhalt verpflichtet. Seit dem 01.01.2001 ist er bei beim Beklagten als Rettungsassistent beschäftigt. Der Arbeitsvertrag sah zunächst eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 31.12.2001 vor. Mit Änderungsvertrag vom 22.03.2001 wandelten die Parteien das Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.04.2001 in ein unbefristetes um. Der Beklagte ist nicht Mitglied der Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).

Das Arbeitsverhältnis richtet sich gemäß § 2 des Arbeitsvertrags vom 23.03.2002 nach den "DRK Arbeitsbedingungen für Angestellte und Arbeiter nach dem Stand vom 01.01.1974 in der jeweils geltenden Fassung" (im Folgenden: DRK-Arbeitsbedingungen). Nach § 4 Ziff. 1 des Arbeitsvertrags ist der Kläger in die Vergütungsgruppe VI b eingruppiert. Sein monatliches Grundgehalt betrug nach der seit dem 01.05.2001 geltenden Vergütungstabelle gemäß Anlage 11 a zu den DRK-Arbeitsbedingungen Vergütungsgruppe VI b Stufe 6 (ab Vollendung des 31. Lebensjahres) 1.467,80 € monatlich.

Die DRK-Arbeitsbedingungen entsprachen aufgrund entsprechender Übernahmebeschlüsse zunächst den jeweiligen DRK-Tarifverträgen, die die Bundestarifgemeinschaft des Deutschen Roten Kreuzes und die Gewerkschaft ver.di abgeschlossen hatten. Nach § 24 Abs. 1 des DRK-Tarifvertrags in der Fassung des 23. Änderungstarifvertrags in Verbindung mit Anlage 10 a über die Tätigkeitsmerkmale ist ein Anspruch auf Bewährungsaufstieg in Vergütungsgruppe V c nach einer Bewährungszeit von fünf Jahren in der Vergütungsgruppe VI b vorgesehen. Das entspricht einer monatlichen Grundvergütung von 1.604,03 € beziehungsweise für Arbeitnehmer, die ihr 33. Lebensjahr vollendet haben und damit in Vergütungsgruppe V c Stufe 7 einzugruppieren sind, von 1.661,70 €.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger die Bewährungszeit am 01.01.2006 erreicht hat. Streitig ist, ob sein Anspruch durch nachfolgende tarifvertragliche Regelungen und deren Übernahme durch den Beklagten weggefallen ist.

Nach dem 23. Änderungstarifvertrag vom 19.11.2003 wurden auch der 24. Änderungstarifvertrag vom 29.12.2004 sowie der 25. Änderungstarifvertrag durch Beschlüsse des Präsidiums sowie des Präsidialrates des DRK in die DRK-Arbeitsbedingungen übernommen.

§ 1 des 25. Änderungstarifvertrags enthält folgende Neufassung des § 25 Abs. 1 des DRK-Tarifvertrags:

"Die Vergütung des Angestellten besteht bis zum 31.08.2005 aus

a) der Grundvergütung,

b) dem Ortszuschlag,

c) der Allgemeinen Zulage.

Ab dem 01.09.2005 werden die am Stichtag 31.08.2005 gezahlte Grundvergütung, der Ortszuschlag bis Ortszuschlag Stufe 2 sowie die Allgemeine Zulage zu einer besitzstandswahrenden Gesamtvergütung zusammen gefasst. Die Gesamtvergütung wird angepasst, sofern sich aufgrund von Lebensalterssteigerungen, [...] Bewährungsaufstiege[n] Veränderungen nach dem 31.08.2005 ergeben."

§ 2 des 25. Änderungstarifvertrags hat unter der Überschrift "Inkrafttreten, Geltungsdauer" folgenden Wortlaut:

"1. Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung vom 01.09.2005 in Kraft.

2. Er endet mit dem Inkrafttreten des DRK-Reformtarifvertrages oder des Tarifvertrages "Soziale Dienste", soweit letzterer auch mit dem DRK abgeschlossen wird. Sollte bis zum 31.12.2006 weder der DRK-Reformtarifvertrag noch der Tarifvertrag "Soziale Dienste" mit dem DRK abgeschlossen worden sein, gilt ab 01.01.2007 wieder der DRK-Tarifvertrag in seiner bis zum 31.08.2005 geltenden Fassung."

Schon vorher am 10.03.2005 hatten die Bundestarifgemeinschaft des DRK und die Gewerkschaft ver.di einen Übergangstarifvertrag abgeschlossen, der die Tarifautomatik für die Zeit vom 01.02.2005 bis zum 31.12.2005 außer Kraft setzte.

Durch den "1. Tarifvertrag zur Änderung des Übergangstarifvertrags vom 10.03.2005" (im Folgenden: 1. ÄTV-ÜTV) verlängerten die Tarifvertragsparteien den Übergangstarifvertrag unbefristet. Darin heißt es u.a.:

§ 2

Zusätzliche Änderungen

" 1. Mit Wirkung vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 werden den Mitarbeitern keine Vergütungssteigerungen aufgrund von Aufstiegen in Lebensaltersstufen sowie [...] Bewährungsaufstiegen gewährt.

2. Sollte der DRK-Reformtarifvertrag bis zum 30.06.2006 nicht abgeschlossen sein, sind die in der Zeit vom 01.01.2006 bis 30.06.2006 ausgesetzten Aufstieg der Lebensaltersstufen sowie [...] Bewährungsaufstiege nachzuholen."

§ 4

Inkrafttreten, Geltungsdauer

1. Dieser Tarifvertrag tritt mit Wirkung ab 01.01.2006 in Kraft.

2. Mit Inkrafttreten des DRK-Reformtarifvertrages tritt dieser Tarifvertrag außer Kraft.

Dieser 1. ÄTV-ÜTV wurde durch Beschlüsse des DRK-Präsidiums vom 26.01.2006 sowie des DRK-Präsidialrats vom 15./16.2006 in die DRK-Arbeitsbedingungen übernommen.

Einen 2. Änderungstarifvertrag zum Übergangstarifvertrag (im Folgenden: 2. ÄTV-ÜTV) schlossen die Tarifvertragsparteien am 27.06.2006. Dabei fassten sie unter I) den § 2 des 1. ÄTV-ÜTV wie folgt neu:

I) § 2 erhält folgende Fassung:

"1. Mit Wirkung vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 werden den Mitarbeitern keine Vergütungssteigerungen aufgrund von Aufstiegen in Lebensaltersstufen sowie [...] Bewährungsaufstiegen gewährt.

2. Sollte der DRK-Reformtarifvertrag bis zum 31.12.2006 nicht abgeschlossen sein, sind die in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 ausgesetzten Aufstiege der Lebensaltersstufen sowie [...] Bewährungsaufstiege nachzuholen."

Weiter regelt dieser Tarifvertrag unter § 4 (Inkrafttreten und Geltungsdauer), dass "dieser Tarifvertrag mit Wirkung ab 01.07.2006 in Kraft tritt und mit "Inkrafttreten des DRK-Reformtarifvertrages außer Kraft tritt".

Streitig ist, ob dieser 2. ÄTV-ÜTV vom Präsidium und Präsidialrat des Beklagten übernommen worden ist. Der Kläger hat den entsprechenden Vortrag des Beklagten mit Nichtwissen bestritten.

Am 31.12.2006 vereinbarten die Bundestarifgemeinschaft des DRK sowie die Gewerkschaft ver.di den DRK-Reformtarifvertrag (27. Änderungstarifvertrag). Danach werden die in der Zeit vom 01.01.2006 bis 31.12.2006 ausgesetzten Bewährungsaufstiege bei der Berechnung des Vergleichsentgelts berücksichtigt. Dieser Tarifvertrag ist bis heute nicht durch Präsidiums- und Präsidialratsbeschlüsse in die DRK-Arbeitsbedingungen übernommen worden.

Im Zeitraum vom Januar 2006 bis April 2007 erbrachte der Kläger Sonntagsarbeit sowie Überstunden, für die ihm entsprechende Zuschläge gewährt wurden. Wäre dabei anstelle der Vergütungsgruppe VI b die Vergütungsgruppe V c zugrunde gelegt worden, so hätte der Kläger Zuschlagszahlungen in Höhe von weiteren 339,83 € er-halten. Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags wird insoweit auf S. 5 f. der Klageschrift vom 26.06.2007 (Bl. 5 f. d.A.) Bezug genommen.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünden für die Zeit seit dem 01.01.2006 Ansprüche auf Bewährungsaufstieg und entsprechend auf Zahlung der entsprechenden Differenzvergütung zu. Der Bewährungsaufstieg sei trotz des abgeschlossenen DRK-Reformtarifvertrags nachzuholen.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.717,08 € brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von jeweils 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz,

2. festzustellen, dass der Kläger seit 1.12006 in Vergütungsgruppe V c des DRK-Tarifvertrages einzugruppieren ist und entsprechend zu vergüten ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, der Bewährungsaufstieg sei nicht nachzuholen, da der Reformtarifvertrag am 31.12.2006 abgeschlossen worden sei. Das folge aus § 2 Ziff. 2 des 2. ÄTV-ÜTV.

Mit Urteil vom 19.12.2007 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, der Anspruch des Klägers auf den Bewährungsaufstieg sowie auf die entsprechende Vergütung beruhe auf den Regelungen des 23. und 24. Änderungstarifvertrags. Der 25. Änderungstarifvertrag sowie die Änderungstarifverträge zum Übergangstarifvertrag seien auf das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht mehr anzuwenden. Als Geltungsende dieser Tarifverträge sei der Zeitpunkt vereinbart worden, in dem der Reformtarifvertrag in Kraft trete. Mit dem Inkrafttreten des Reformtarifvertrags seien daher hinsichtlich der Frage des Bewährungsaufstiegs wieder die DRK-Arbeitsbedingungen in der Fassung des 23. und 24. Änderungstarifvertrags anzuwenden. Der 26. Änderungstarifvertrag treffe keine Regelungen über den Bewährungsaufstieg oder über Vergütungsfragen.

Gegen das ihm am 15.01.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 21.01.2008 Berufung eingelegt und die Berufung am 29.02.2008 begründet.

Der Beklagte meint, der Abschluss des Reformtarifvertrags habe zwar den 25. Änderungstarifvertrag sowie die Regelungen des Übergangstarifvertrags außer Kraft treten lassen. Die DRK-Arbeitsbedingungen in der Gestalt des 2. ÄTV-ÜTV seien jedoch noch nicht mit dem Inkrafttreten des Reformtarifvertrags abgelöst worden. Dafür sei es vielmehr erforderlich, dass der Reformtarifvertrag auch in die DRK-Arbeitsbedingungen übernommen werde. Selbst wenn man mit dem Arbeitsgericht davon ausgehe, dass der Abschluss des Reformtarifvertrags zum Außerkrafttreten des 25. Änderungstarifvertrags und des Übergangstarifvertrags geführt habe, so seien die DRK-Arbeitsbedingungen ersatzlos weggefallen. Insbesondere sei es nicht möglich, auf die Arbeitsbedingungen in der Fassung des 23. und 24. Änderungstarifvertrags zurückzugreifen.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des am 19.12.2007 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Neumünster, Az. öD 1 Ca 817 c/07, wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger hat seinen Zahlungsantrag im Berufungsrechtszug dahin geändert, dass er nunmehr nur noch Zahlung von 3.680,03 EUR fordert; den weitergehenden Antrag hat er mit Zustimmung des Beklagten zurückgenommen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil mit Rechtsausführungen und verweist auf seine erstinstanzlich geäußerte Rechtsauffassung.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Beklagten ist zulässig.

1. Die Berufung ist dem Wert nach statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1 S. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 519, 520 Abs. 3 ZPO).

2. Die Anträge des Klägers sind zulässig. Das ergibt deren Auslegung.

Der Antrag des Klägers zu 1., wonach er auf die auszuurteilende Hauptforderung Zinsen "in Höhe von 5 % über dem jeweiligen Basiszinssatz" verlangt, ist dahin berichtigend auszulegen, dass Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten verlangt werden (§§ 288 Abs. 1 S. 2 BGB). Der Kläger hat zu keiner Zeit, auch nicht in der mündlichen Verhandlung über die Berufung, mehr als die gesetzlichen Zinsen verlangen wollen.

Der Kläger will unabhängig von seiner mit dem Antrag zu 1. geltend gemachten Zahlungsforderung mit seinem Antrag zu 2. seinen vergütungsrechtlichen Status ab 01.03.2006 festgestellt haben. Sein Antrag, "festzustellen, dass er seit dem 01.01.2006 in die Vergütungsgruppe V c des DRK-Tarifvertrages einzugruppieren und zu vergüten ist", ist, soweit Feststellung der Verpflichtung zur Eingruppierung verlangt wird, an sich unzulässig. Die Feststellung, dass ein Eingruppierungsakt geschuldet ist, kann regelmäßig nicht begehrt werden, da es für die Eingruppierung keines Rechtsakts des Arbeitgebers bedarf. Hingegen ist die Feststellung einer Verpflichtung, nach einer bestimmten Vergütungsgruppe bezahlt zu werden, zulässig. So war der Antrag des Klägers zu verstehen. Auf dieses zulässige Ziel war sein Antrag berichtigend zu reduzieren.

Schließlich war die Klage gegen den Beklagten als eingetragener Verein und nicht die Beklagte gerichtet.

II.

Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, da die zulässige Klage begründet ist. Das Arbeitsgericht hat im Ergebnis der Klage auf Höhergruppierung mit Wirkung ab 01.01.2006 zu Recht stattgegeben.

1. Allerdings ist der Tenor des Urteils des Arbeitsgerichts entsprechend der vorstehenden Auslegung der Klägeranträge in dreifacher Hinsicht richtig zu stellen. Das Arbeitsgericht hätte es insoweit unterlassen, dem Kläger gemäß § 139 ZPO einen Hinweis auf seine fehlerhaften Anträge zu geben. Durch die berichtigende Auslegung hat das Berufungsgericht dem abgeholfen. Zinsen waren nur in Höhe von 5 Prozentpunkten auszuurteilen (Antrag zu 1). Außerdem durfte das Arbeitsgericht nicht dem an sich unzulässigen Teil des Antrags zu 2. des Klägers stattgeben, sondern hätte (allein) über den Feststellungsantrag hinsichtlich der Vergütung nach Vergütungsgruppe V c des DRK-Tarifvertrages befinden müssen. Beklagte Partei ist schließlich der Beklagte als eingetragener Verein und nicht die Beklagte.

2. Die Klage ist in diesem Rahmen in vollem Umfang begründet. Der Kläger hat ab 01.01.2006 einen Anspruch auf Bewährungsaufstieg von der Vergütungsgruppe VI b in die Vergütungsgruppe V c aus § 2 Abs. 1 seines Arbeitsvertrags i.V.m. § 24 Abs. 1 der DRK-Arbeitsbedingungen in der Fassung des 23. und 24. Änderungstarifvertrags i.V.m. Anlage 10 a über die Tätigkeitsmerkmale Vergütungsgruppe V c Ziffer 43 a. Danach hat der Kläger einen Anspruch auf den von ihm begehrten Bewährungsaufstieg nach einer von ihm erfüllten Bewährungszeit von fünf Jahren. Daraus folgt, dass dem Kläger auch der nach der teilweisen Klagerücknahme geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Differenzvergütung und auf zusätzliche Zahlungen für Sonntagsarbeit und Überstunden in der rechnerisch unstreitigen Höhe von insgesamt 3.680,03 € brutto zusteht.

a) Die DRK-Arbeitsbedingungen in der Fassung des 23. und 24. Änderungstarifvertrags sind vorliegend anwendbar. § 2 des zwischen Kläger und Beklagtem geschlossenen Arbeitsvertrags beinhaltet eine zeitdynamische Verweisung auf die DRK-Arbeitsbedingungen. Insbesondere beinhaltet die Verweisungsklausel des § 2 des Arbeitsvertrags keine arbeitsvertragliche Gleichstellungsabrede. Vielmehr wird auf die DRK-Arbeitsbedingungen verwiesen, die keine Tarifvertragsqualität haben. Sie werden einseitig vom Präsidium und dem Präsidialrat des DRK festgesetzt, so dass ihnen keine normative Wirkung zukommt (vgl. BAG, 18.04.2007, 4 AZR 253/06; 27.11.2002, AP Nr. 18 zu § 611 BGB Rotes Kreuz; 26.09.2001, AP Nr. 21 zu § 1 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag; LAG Niedersachsen, 15.12.2005, 7 Sa 2004/04).

b) Die DRK-Arbeitsbedingungen in der Fassung des 23. und 24. Änderungstarifvertrags sind auch auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Die Arbeitsbedingungen, die den Übergangstarifvertrag vom 10.03.2005 sowie seine Änderungstarifverträge übernahmen, entfalten keine Wirkung mehr auf das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis. Die Höhergruppierungsregeln der 23. und 24. Änderungstarifverträge sind sowohl durch den - ebenfalls per Präsidiums- und Präsidialratsbeschlüsse übernommenen - Übergangstarifvertrag vom 10.03.2005 und dessen 1. und 2. ÄTV-ÜTV vom 23.12.2005 und 27.06.2006 als auch durch den 25. Änderungstarifvertrag vom 19.06.2005 nur zeitlich befristet außer Kraft gesetzt worden. Nach dem Zeitablauf sind der 23. und 24. Änderungstarifvertrag wieder anzuwenden mit der Folge, dass der Bewährungsaufstieg des Klägers mit Wirkung ab 01.01.2006 nachzuholen ist.

aa) Die DRK-Tarifvertragsparteien haben unter anderem mit dem ÜTV vom 10. März 2005 begonnen, das Tarifsystem des DRK grundlegend zu verändern. Dieser Schritt ist durch die Präsidiums- und Präsidialratsbeschlüsse zur Übernahme auf die nicht tarifgebundenen DRK-Arbeitgeber, so auch auf den Beklagten, ausgedehnt worden. Im Zuge dessen wurden gemäß § 2 Ziff. 1 des 1. ÄTV-ÜTV vom 23.12.2005 für den Zeitraum 01.01.2006 - 30.06.2006 Vergütungssteigerungen aufgrund von Aufstiegen in Lebensaltersstufen sowie Zeit- und Bewährungsaufstiegen eingefroren. Dieser Einfrierungszeitraum wurde durch den 2. ÄTV-ÜTV vom 27.06.2006 nochmals um sechs Monate verlängert, und zwar bis zum 31.12.2006.

Die TV-Parteien haben jedoch jeweils durch ausdrückliche Regelung sowohl in § 2 Ziff. 2 des 1. ÄTV-ÜTV als auch durch entsprechende Regelung in § 2 Ziff. 2 des 2. ÄTV-ÜTV festgeschrieben, dass die ausgesetzten Aufstiege nachzuholen sind, wenn bis zu einem bestimmten Zeitpunkt, letztendlich bis zum 31.12.2006, der DRK-Reformtarifvertrag als grundlegend neuer Tarifvertrag nicht abgeschlossen wird. Diese Verpflichtung zur Nachholung der ausgesetzten Aufstiege der Lebensaltersstufen sowie Zeit- und Bewährungsaufstiege ist durch die uneingeschränkten Präsidiums- und Präsidialratsbeschlüsse zur Übernahme der genannten Tarifverträge ebenfalls mit übernommen worden. Sie sind mithin zu beachten.

Auch mit § 2 des ebenfalls übernommenen 25. Änderungstarifvertrages vom 19.09.2005 haben die Tarifvertragsparteien in Satz 2 ausdrücklich festgeschrieben, dass ab 01.01.2007 der DRK-Tarifvertrag in seiner bis zum 31.08.2005 geltenden Fassung wieder gilt, sollte bis zum 31.12.2006 der DRK-Reformtarifvertrag nicht abgeschlossen worden sein.

bb) Mit den oben genannten Regelungen haben die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass für eine Übergangszeit zum Zwecke der Herbeiführung einer grundlegend neuen Vergütungsstruktur die alten Vergütungsstrukturen eingefroren werden. Damit sollte den Tarifvertragsparteien Zeit verschafft werden, die beabsichtigten erforderlichen gravierenden Änderungen des Tarifwerks in Anlehnung an die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst schrittweise zu erarbeiten und umsetzen zu können. Gleichzeitig haben die Tarifvertragsparteien jedoch mit den oben zitierten Regelungen in § 2 Abs. 2 S. 2 des 25. Änderungstarifvertrages sowie jeweils in § 2 Abs. 2 des 1. und des 2. ÄTV-ÜTV festgeschrieben, dass den Arbeitnehmern des DRK keine Rechte abgeschnitten werden sollen. Die Tarifvertragsparteien haben insoweit ausdrücklich festgelegt, dass am alten Besitzstand anzuknüpfen ist, falls die Tarifvertragsparteien nicht letztendlich bis zum 31.12.2006 hinsichtlich des DRK-Reformtarifvertrages zu einem Tarifvertragsabschluss kommen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der genannten Tarifverträge (1. und 2. ÄTV-ÜTV und 25. Änderungstarifvertrag) sollten die Vergütungsberechnung und Vergütungsentwicklung wieder auf den bis zum 31.08.2005 geltenden Stand zurückfallen und die zwischenzeitliche Entwicklung nachgeholt werden, sofern und soweit sich die Tarifvertragsparteien nicht bis zum 31.12.2006 auf ein neues Gefüge geeinigt hätten.

Die Tarifvertragsparteien haben sich damit gleichzeitig auch Handlungs- und Zeitdruck zur Einigung auf neue Vergütungsstrukturen auferlegt. Auch diesen Handlungs- und Einigungsdruck haben die nicht tarifgebundenen DRK-Verbände durch die uneingeschränkten und undifferenzierten Präsidiums- und Präsidialratsbeschlüsse zur Übernahme dieser Tarifverträge mit übernommen. Er wirkte und wirkt daher auch für diese DRK-Mitgliedsverbände kraft ihrer Übernahmevereinbarungen. Hieran sind sie gebunden.

c) Entgegen der Ansicht des Beklagten ist vorliegend schon ausgehend vom Wortlaut des § 2 Abs. 2 S. 2 des 25. Änderungstarifvertrags sowie der §§ 2 Abs. 2 des 1. und des 2. ÄTV-ÜTV vom 23.12.2005 und vom 27.06.2006 nicht entscheidungserheblich, dass der DRK-Reformtarifvertrag letztendlich tatsächlich am 31.12.2006 abgeschlossen wurde. Allein auf den "Abschluss" des Reformtarifvertrages ist vorliegend nicht abzustellen, da der Beklagte nicht tarifgebunden ist. Damit entfaltet der Abschluss des Reformtarifvertrages für ihn keinerlei Rechtswirkungen (vgl. zum Folgenden auch das Urteil der 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts - 3 Sa 26/08 -).

aa) Das sieht selbst der Beklagte so. Hierauf beruft er sich in diesem Verfahren stets und hebt hervor, dass der DRK-Reformtarifvertrag für ihn als nicht tarifgebundenes Mitglied nicht gilt und keine Rechtsfolgen entfaltet, da er nicht in die DRK-Arbeitsbedingungen übernommen worden ist. Das hat aber Folgen, die den Beklagten ebenso treffen. Genauso wie die durch den 25. Änderungstarifvertrag sowie den ÜTV vom 10.03.2005 und den 1. und 2. ÄTV - ÜTV vom 23.12.2005 und 27.06.2006 eingeleiteten Änderungen der Vergütungsstrukturen erst durch Übernahmebeschlüsse Rechtswirkungen für den Beklagten und dessen DRK-Arbeitsbedingungen entfalten konnten, kann der abgeschlossene Reformtarifvertrag vom 31.12.2006 für den nicht tarifgebundenen Beklagten erst Wirkungen und Auswirkungen entfalten, wenn und sobald er durch entsprechende Beschlüsse übernommen wurde. Vor Herbeiführung solcher Übernahmebeschlüsse ist der für die tarifgebundenen DRK- Verbände gerade noch rechtzeitig geschlossene Reformtarifvertrag für die nicht tarifgebundenen DRK-Verbände und deren Arbeitnehmer wirkungslos, ein "rechtliches Nichts" ohne jegliche Rechtswirkungen für die Parteien dieses Rechtsstreits. Erst durch entsprechenden Übernahmebeschluss würde das "rechtliche Nichts" für die nicht tarifgebundenen DRK-Verbände legitimiert, mit der Folge, dass eine Bindungswirkung entsteht.

Da Übernahmebeschlüsse zur Anwendung des Reformtarifvertrages vom 31.12.2006 auf die DRK- Arbeitsbedingungen der nicht tarifgebundenen DRK-Verbände nicht vorhanden sind, hat die schlichte Existenz des Reformtarifvertrages nicht die Wirkung, die Übergangssituation zur Umstrukturierung des Tarifsystems dergestalt zu beenden, dass altes Tarifrecht endgültig abgelöst und ein neues tarifliches Vergütungssystem eingeführt wurde. Diese Ablösungswirkung haben die nicht tarifgebundenen Mitglieder der DRK-Verbände auf Bundesebene sogar durch die Verweigerung der Übernahme des Reformtarifvertrages abgelehnt. Als Folge dessen haben sie damit gleichzeitig die Ablösung des alten DRK-Tarifsystems abgelehnt und auch verhindert.

bb) Das hat zur Folge, dass Kraft ausdrücklicher Regelung gemäß § 2 Abs. 2 S. 2 des 25. Änderungstarifvertrages ab dem 01.01.2007 wieder der DRK-Tarifvertrag in seiner bis zum 31.08.2005 geltenden Fassung für die nicht tarifgebundenen DRK-Verbände gilt. Das hat weiter zur Folge, dass gemäß § 2 Abs. 2 des 1. und des 2. ÄTV-ÜTV wiederum Kraft ausdrücklicher Regelung die ausgesetzten Aufstiege der Lebensaltersstufen sowie Zeit- und Bewährungsaufstiege des Jahres 2006 nachzuholen sind.

cc) Dieses war nur durch Übernahme des zum 31.12.2006 geschlossenen DRK-Reformtarifvertrages oder aber durch eingeschränkte Übernahme der genannten Änderungstarifverträge zu erreichen. Da sich der Beklagte insoweit jedoch - als letztes Glied in der Kette - durch Nichtherbeiführung des Übernahmebeschlusses der Rechtsfolgen des DRK-Reformtarifvertrages entzogen hat und entziehen wollte, kann er nicht gleichzeitig von den Rechtsfolgen des für ihn nicht verbindlichen DRK-Reformtarifvertrages profitieren. Das eine schließt das andere aus.

dd) Die mit dem 25. Änderungstarifvertrag vom 19.09.2005 und den Regelungen des 1. und 2. ÄTV-ÜTV neu gefassten DRK-Arbeitsbedingungen gelten - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht kraft Nachwirkung oder gar Weitergeltung fort. Dass die DRK-Arbeitsbedingungen als einseitig vom Arbeitgeber gesetzte Regelungen selbst keine normative Wirkung und keine Nachwirkung gemäß § 4 Abs. 5 TVG haben, da sie keine Tarifverträge sind, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Aber auch die Änderungen in den genannten - übernommenen - Tarifverträgen wirken nicht nach, da sie ausdrücklich zeitlich begrenzte Wirkung haben. Das gilt umso mehr, als die Tarifvertragsparteien ausdrücklich geregelt haben, was nach Zeitablauf gelten soll. Da die Tarifvertragsparteien insoweit ausdrücklich festgelegt haben, dass nach dem 31.12.2006 der 15 Monate vorher geltende Rechtszustand wieder aufleben und nachvollzogen werden soll, falls keine neuen Regelungen für die DRK-Arbeitsverträge geschaffen wurden, ist eine Nachwirkung angesichts dieses Regelungsinhaltes ausgeschlossen. Diese eine Nachwirkung ausschließende Regelung ist durch die Präsidiums- und Präsidialratsbeschlüsse in die DRK-Arbeitsbedingungen mit übernommen worden. Abgesehen davon ist § 4 Abs. 5 TVG mangels Tarifbindung oder arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Tarifverträge vorliegend nicht anwendbar.

ee) Entgegen der Ansicht des Beklagten liegt auch keine unbewusste, vom Gericht zu schließende Regelungslücke vor. Die Tarifvertragsparteien haben ausdrücklich geregelt, was gelten soll, wenn der Reformtarifvertrag nicht rechtzeitig zustande kommt. Damit haben sie ausdrücklich keine Lücke entstehen lassen. Dem sind die nicht tarifgebundenen DRK-Verbände mit ihren Übernahmebeschlüssen bedingungslos und einschränkungslos gefolgt. Als Folge dessen haben sie sich daher vorab festgelegt, entweder zeitnah nach dem 31.12.2006 den Reformtarifvertrag zu übernehmen oder aber zum alten Vergütungssystem zurückzukehren. Dass die nicht tarifgebundenen DRK-Verbandsmitglieder die Tragweite dieser Übernahmebeschlüsse unter Umständen nicht oder nicht vollständig erfasst haben, stellt keine Regelungslücke dar, die gerichtlich geschlossen werden könnte.

Maßgebliche Grundlage für den Anspruch auf den Bewährungsaufstieg ist nach alledem § 24 Abs. 1 der DRK-Arbeitsbedingungen in der Fassung des 23. bzw. 24. Änderungstarifvertrags i.V.m. Anlage 10 a über die Tätigkeitsmerkmale Vergütungsgruppe V c Ziffer 43 a.

Der Anspruch auf Zahlung von Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit folgt aus §§ 291, 288 I 2 BGB.

Der Beklagte hat nach § 46 Abs. 2 ArbGG i.V.m. §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision war zuzulassen. Die aufgeworfenen Rechtsfragen haben grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG, da die Entscheidung die Auslegung der im gesamten Bundesgebiet anzuwendenden Arbeitsbedingungen des Beklagten betrifft.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann durch Einreichung einer Revisionsschrift bei dem Bundesarbeitsgericht in 99084 Erfurt, Hugo-Preuß-Platz 1, Telefax: (0361) 26 36 - 20 00 Revision durch den Beklagten eingelegt werden.



Ende der Entscheidung

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