Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 13.08.2004
Aktenzeichen: 1 Ta 246/03
Rechtsgebiete: ZPO, InsVV


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 2 1. Alt.
ZPO § 121 Abs. 2 2. Alt.
ZPO § 121 Abs. 3
InsVV § 5
InsVV § 5 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ta 246/03

Im Beschwerdeverfahren

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 13.08.2004 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. Ostrowicz als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Flensburg vom 01.10.2003 aufgehoben.

Dem Kläger wird für die Rechtsverfolgung im Hinblick auf die Klageanträge im Schriftsatz vom 29.09.2003 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt S... beigeordnet. Hiervon ausgeschlossen sind Mehrkosten, die dadurch entstehen, dass Rechtsanwalt S... nicht seinen Sitz am Gerichtsort Flensburg hat.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Rechtsanwalt K... hat am 31.07.2003 in seiner Funktion als Verwalter in dem Insolvenzverfahren über Vermögen des Herrn C... M... Zahlungsklage gegen den Beklagten erhoben und zugleich beantragt, für diese Klage ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt S..., C..., zu bewilligen. Im Gütetermin ist der Beklagte durch die Rechtsanwälte Dr. M... und Partner vertreten worden.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 01.10.2003 dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe stattgegeben, jedoch den Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwalt S... zurückgewiesen und dies damit begründet, dass die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 121 Abs. 2, 2. Alt. ZPO nicht erforderlich sei. Zwar komme es dann, wenn der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten sei, auf die Frage der Erforderlichkeit nicht an. Dies könne allerdings nur für das streitige Verfahren angenommen werden. Bis zum Abschluss der Güteverhandlung im arbeitsgerichtlichen Verfahren sei unter dem Gesichtspunkt der Herstellung der Waffengleichheit keine Anwaltsbeiordnung erforderlich (LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 04.02.2003 - 4 Ta 229/02 -).

Gegen diesen ihm am 10.10.2003 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 27.10.2003 sofortige Beschwerde eingelegt, die er wie folgt begründet:

Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts Flensburg sei die Beiordnung eines Rechtsanwalts erforderlich. Das Arbeitsgericht verkenne, dass die Erforderlichkeit nach § 121 Abs. 2 1. Altern. ZPO weit auszulegen sei. Jedenfalls komme es auf die Erforderlichkeit nach § 121 Abs. 2, 2. Alt. ZPO nicht an, wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten sei. Das beruhe auf dem Grundsatz der Waffengleichheit. Das gelte unabhängig davon, in welchem Verfahrensstadium sich der Rechtsstreit befinde. Der Prozessbevollmächtigte habe bereits vorgerichtlich mit ihm Kontakt aufgenommen, um eine außergerichtliche Beilegung des Rechtsstreits zu erzielen. Das sei jedoch ohne Erfolg geblieben. Aufgrund des Scheiterns der außergerichtlichen Verhandlung habe er, der Kläger, von einer streitigen Fortführung des Rechtsstreits ausgehen müssen.

Das Arbeitsgericht Flensburg hat durch Beschluss vom 03.11.2003 der Beschwerde unter Hinweis auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein nicht abgeholfen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In der Sache ist sie auch überwiegend gerechtfertigt.

1. Das Arbeitsgericht hat den Antrag auf Beiordnung von Rechtsanwalt S... im Einklang mit dem Beschluss des LAG Schleswig-Holstein vom 04.02.2003 - 4 Ta 229/02 - zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hält jedoch unter Berücksichtigung der Beschlüsse des Bundesarbeitsgerichts vom 25.04.2003 - 2 AZB 5/03 - und vom 28.04.2003 - 2 AZB 78/02 - an dieser Auffassung nicht mehr fest.

a) Nach Auffassung des Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 25.04.2003, a. a. O., ist die Frage, ob die Beiordnung erforderlich ist, im Falle des § 121 Abs. 2, 2. Alt. ZPO, d. h. wenn der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist, nicht mehr zu prüfen. Das gilt auch, wenn ein Rechtsanwalt als Insolvenzverwalter die Beiordnung eines anderen Anwalts beantragt. Danach ist nicht mehr zu prüfen, ob bei Vorliegen der Voraussetzung stets ein Anwalt beigeordnet werden muss (vgl. hierzu Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Rdz. 575 ff.). Danach kann an der Auffassung, dass der Insolvenzverwalter immer zunächst den Gütetermin abwarten muss, nicht festgehalten werden. Die Diskussion, ob in Einzelfällen eine Beiordnung trotz anwaltlicher Vertretung der Gegenseite zu versagen ist, bezieht sich im Übrigen nur auf die Fälle, in denen deswegen nicht streitig verhandelt wird, weil zwischen den Parteien kein Verhältnis der Gegnerschaft besteht , was etwa in FGG-Verfahren der Fall sein kann. Auf den arbeitsgerichtlichen Gütetermin ist dies nicht übertragbar.

2. Ist die Gegenseite nicht durch einen Anwalt vertreten, ist die Erforderlichkeit (§ 121 Abs. 2, 2. Alternative ZPO) unter Berücksichtigung von § 5 InsVV nach allgemeinen Grundsätzen zu beantworten. Nach § 5 Abs. 1 InsVV kann der als Rechtsanwalt zugelasse Insolvenzverwalter für Tätigkeiten, die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter angemessenerweise einem Rechtsanwalt übertragen hätte, nach Maßgabe der BRAGO Gebühren und Auslagen gesondert aus der Insolvenzmasse entnehmen (vgl. hierzu Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.4.2003, a.a.O.). Bei der Angemessenheit ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Beschwerdegerichts zu unterscheiden:

a) Bei einfach liegenden Rechtsstreiten, z. B. abgerechneten Lohn- oder Gehaltsansprüchen, Herausgabe von Arbeitspapieren, Erteilung eines einfachen Zeugnisses, kann auch der Anwalt, der als Insolvenzverwalter auftritt, keine Beiordnung verlangen, es sei denn, die Forderungen sind von der Gegenseite vorgerichtlich bestritten worden. Insoweit gelten auch für den Insolvenzverwalter die allgemeinen Grundsätzen der Erforderlichkeit.

b) Bei nicht einfach liegenden Rechtsstreiten, z. B. Kündigungsschutzklagen, ist hingegen die Beiordnung im Regelfall auch schon für den Gütetermin erforderlich (s. hierzu Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 28.4.2004, a.a.O. unter II. 2. b) bb) (2) der Gründe).

3. Aus den dargelegten Gründen war der sofortigen Beschwerde überwiegend stattzugeben. Da die Beiordnung jedoch unbeschränkt beantragt worden ist und insoweit einer Einschränkung hinsichtlich der Mehrkosten (§ 121 Abs. 3 ZPO) erfolgt ist, war die Beschwerde insoweit teilweise zurückzuweisen.

Mehrkosten im Sinne von § 121 Abs. 3 ZPO dürfen dadurch, dass Rechtsanwalt S... nicht seinen Sitz am Gerichtsort hat, nicht entstehen. Insoweit nimmt des Beschwerdegericht auf seine ständige Rechtsprechung Bezug (z. B. Beschluss vom 21.8.2003 - 1 Ta 84/01 -). Da der Kläger selbst Anwalt ist, fallen auch keine fiktiven Reisekosten der Partei an. Zwischen Anwälten bedarf es grundsätzlich keiner derartigen Informationsreise.

Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde - soweit sie sich auf die Beschränkung hinsichtlich der Mehrkosten bezieht - bestand kein Anlass.

Eine Kostenentscheidung entfällt mangels Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten im PKH-Beschwerdeverfahren (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

Zurück