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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 05.08.2008
Aktenzeichen: 1 Ta 58/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 121 Abs. 3
Im Rahmen der Prozesskostenhilfe muss nach den Grundsätzen sparsamer Haushaltsführung darauf geachtet werden, dass bei einer Beiordnung eines Anwalts für einen Antrag / einige Anträge wegen Erforderlichkeit der Beiordnung nicht "inflationär" alle denkbaren weiteren Anträge mit dem Ziel einer Beiordnung gestellt werden. Dieser prozessuale Konflikt ist dahin zu lösen, dass für weitere Anträge, für die an sich eine Beiordnung eines Anwalts nicht erforderlich ist, nur dann eine Beiordnung erfolgen kann, wenn die Ansprüche vorgerichtlich erfolglos geltend gemacht worden sind oder wenn ein Verfall der Ansprüche wegen Fristversäumnis droht.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 1 Ta 58/08

In dem Beschwerdeverfahren

betr. Prozesskostenhilfe

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 05.08.2008 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzenden

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 18.02.2008 teilweise geändert:

Rechtsanwalt Dr. B. wird der Klägerin auch für den Antrag zu 2. beigeordnet.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Hälfte der gerichtlichen Gebühren.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. B., beim Arbeitsgericht Neumünster Klage erhoben und zuletzt im Gütetermin am 18.12.2007 folgende Anträge gestellt:

die Beklagte gesamtschuldnerisch zu verurteilen,

1. an die Klägerin 2774,-- € brutto abzüglich 24,25 € netto zu zahlen,

2. der Klägerin für die Monate Dezember 2006 bis April 2007 Abrechnungen zu erteilen,

3. der Klägerin ein Zeugnis zu erteilen, das sich auf Führung und Leistung erstreckt,

4. der Klägerin eine Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III zu erteilen sowie die Lohnsteuerkarte für das Jahr 2007 herauszugeben,

5. der Klägerin 177,28 € brutto zu zahlen.

Das Arbeitsgericht Neumünster hat durch Beschluss vom 18.02.2008 der Klägerin für die Anträge zu 1. und 5. Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt Dr. B. bewilligt und sogleich angeordnet, dass keine Raten zu zahlen sind. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass eine Vertretung durch einen Anwalt für diese Anträge nicht erforderlich sei.

Gegen diesen ihrem Prozessbevollmächtigten am 20.01.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die am 25.02.2008 beim Arbeitsgericht eingegangene Beschwerde. Die Klägerin meint, dass es jeglicher anwaltlichen und üblichen Gepflogenheit widerspreche, sie darauf zu verweisen, hinsichtlich der Anträge, für die keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden sei, die Rechtsantragsstelle aufzusuchen. Es könne nicht angehen, dass Ansprüche aus einem Arbeitsverhältnis die miteinander in einem engen Zusammenhang stünden, willkürlich getrennt würden. Außerdem stehe der Antrag zu 2 (Abrechnung) in engem und untrennbarem Zusammenhang mit dem Klageantrag zu 1. Die Rechtslage sei auch nicht einfach. Es sei der Klägerin auch unzumutbar, gesondert für die Anträge nach Neumünster zu fahren, da sie keinen eigenen PKW habe.

Das Arbeitsgericht Neumünster hat durch Beschluss vom 17.03.2008 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

Auf eine Verfügung des Landesarbeitsgerichts vom 17.06.2007 hat die Klägerin durch Schriftsatz vom 14.07.2008 vorgetragen, dass sie die Beklagten mehrfach auf die fälligen rückständigen Löhne hingewiesen und diese angemahnt habe; sie sei jedoch unter Hinweis auf den Steuerberater vertröstet worden. Die Klägerin hat dieses Vorbringen unter Beweis gestellt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§ 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In der Sache ist sie nur teilweise gerechtfertigt.

Der Klägerin ist Rechtsanwalt Dr. B. auch für den Antrag zu 2. beizuordnen; die weitergehende Beschwerde ist unbegründet.

1. Grundsätzlich dürfte das Arbeitsgericht die Frage der Erforderlichkeit hinsichtlich der Anträge zu 2. bis 4. zutreffend beurteilt haben. Andererseits ist aber zu berücksichtigen, dass in einem Fall der teilweisen Beiordnung die Situation eintreten kann, dass ein Teil der Forderungen durch den beigeordneten Anwalt, ein anderer Teil durch die Naturalpartei selbst gerichtlich zu verfolgen ist. Das erscheint prozessökonomisch wenig sinnvoll. Andererseits muss im Rahmen der Prozesskostenhilfe nach den Grundsätzen sparsamer Haushaltsführung darauf geachtet werden, dass bei einer Beiordnung für einen Antrag/einige Anträge nicht "inflationär" alle denkbaren weiteren Anträge mit dem Ziel einer Beiordnung gestellt werden. Dieser prozessuale Konflikt ist dahin zu lösen, dass für Anträge, für die an sich eine Beiordnung eines Anwalts nicht erforderlich ist, nur dann eine Beiordnung erfolgen kann, wenn die Ansprüche vorgerichtlich erfolglos geltend gemacht worden sind oder wenn ein Verfall der Ansprüche wegen Fristversäumnis droht.

2. Danach ist der Klägerin Rechtsanwalt Dr. B. auch für den Antrag zu 2. beizuordnen; hingegen kommt eine Beiordnung für die Anträge 3. und 4. nicht in Betracht.

a) Die Klägerin hat ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt, dass sie wegen ihrer rückständigen Vergütung mehrfach bei dem Beklagten vorstellig geworden ist und diese angemahnt hat. Aus diesem Grunde ist es gerechtfertigt, ihr auch Rechtsanwalt Dr. B. für den Antrag zu 2. (Antrag auf Abrechnung für die Monate Dezember 2006 bis einschließlich April 2007) beizuordnen.

b) Hingegen ist die sofortige Beschwerde hinsichtlich der Anträge zu 3. und 4. unbegründet. Die Klägerin hat auf die Verfügung des Landesarbeitsgerichts nicht dargelegt, dass sie ihre Ansprüche auf ein Zeugnis und die Herausgabe der Arbeitspapiere vor Klageerhebung erfolglos geltend gemacht hat.

Die Beschwerdeführerin trägt, soweit die Beschwerde erfolglos ist, die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens, ohne dass es eines Kostenausspruchs bedarf (hierzu Philippi, § 127 ZPO Rz. 39). Die Anordnung der Ermäßigung der Gebühr auf die Hälfte ergibt sich aus GKG-KV Nr. 1811. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten (§ 127 Abs. 4 ZPO).

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kam nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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