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Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 24.04.2008
Aktenzeichen: 1 TaBV 41/07
Rechtsgebiete: BetrVG


Vorschriften:

BetrVG § 99 Abs. 1 S. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Aktenzeichen: 1 TaBV 41/07

Verkündet am 24.04.2008

Beschluss

Im Beschwerdeverfahren mit den Beteiligten pp.

hat die 1. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Anhörung vom 24.04.008 durch den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts ... und die ehrenamtlichen Richter ... und ...

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.10.2007 - 2 BV 119/07 - geändert

Die Zustimmung des Betriebsrats der D., Niederlassung B., zur Einstellung des Herrn M. P. ab dem 01.07.2007 wird ersetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin (im Folgenden: Arbeitgeberin) begehrt die Ersetzung der Zustimmung des Antragsgegners (im Folgenden: Betriebsrat) zur Einstellung des Mitarbeiters M. P..

Der Arbeitnehmer P. war zunächst bei der Arbeitgeberin ab dem 14.04.2007 auf Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrages für den Zeitraum bis 02.09.2007 zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden tätig, wobei er eine Vereinbarung mit der Arbeitgeberin abgeschlossen hatte, dass er zusätzlich 8,5 Stunden in der Woche auf Grundlage der Tarifverträge Nr. 112a, 130a, die für den Betrieb der Arbeitgeberin gelten (Blatt 41 ff. d.A.), tätig ist.

Der von der Arbeitgeberin für ihre Arbeitnehmer geschlossene, seit dem 1. September 2003 geltende Tarifvertrag Nr. 112a (TV 112a), dessen Laufzeit der Tarifvertrag Nr. 130a bis zum 31. Dezember 2009 verlängerte, enthält in seinem Dritten Teil unter der Überschrift "Übernahme zusätzlicher Leistungen" unter anderem folgende Regelungen:

"§ 1

Geltungsbereich

Dieser Tarifvertrag gilt für Arbeitnehmer im Geltungsbereich des MTV-DP AG / ETV-DP AG, die ganz oder teilweise Zustelltätigkeiten verrichten.

§ 2

Übernahme zusätzlicher Leistungen

(1) Im Rahmen des gem. § 22 Abs. 4 Unterabs. 1 Satz 2 MTV-DP AG für die Zustellung geltenden Ausgleichszeitraums von 12 Monaten der gesetzlich festgelegten Höchstarbeitszeit von werktäglich 8 Stunden (48 Stunden im wöchentlichen Durchschnitt) können Arbeitnehmer auf freiwilliger Basis zusätzliche Leistungen übernehmen.

(2) Die Teilnahme ist für jeweils ein Jahr festzulegen, mindestens jedoch bis zur Realisierung einer Neubemessung.

§ 3

Zusätzliches Entgelt

(1) Für jede rechnerische Stunde zusätzlicher Leistung wird ein zusätzliches Entgelt gezahlt, das sich für alle Teilnehmer auf der Grundlage der Stundenentgelttabelle gem. Anlage 3 ETV-DP AG für die Entgeltgruppe 3 ergibt. Im Umfang der zusätzlichen Leistung findet § 14 ETV-DP AG keine Anwendung."

Im Zusammenhang mit der Einstellung von Arbeitnehmern mit 30 Wochenstunden und zusätzlich befristeter Einstellung für 8,5 Wochenstunden haben die Beteiligten eine Musterprozessvereinbarung geschlossen, weil sich in diesen Fällen die Streitigkeiten um die befristete Einstellung regelmäßig durch Zeitablauf erledigten. Gegenstand der Musterprozessvereinbarung ist, dass in vier Verfahren Arbeitnehmer mit einer Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden unbefristet eingestellt werden und ihnen weitere 19,25 Stunden nach Maßgabe der Tarifverträge 112a, 130a befristet übertragen werden. Die Betriebsparteien wollten damit eine gerichtliche Klärung herbeiführen, ob der Betriebsrat berechtigt ist, einer derartigen Einstellung die Zustimmung zu verweigern. Das vorliegende Verfahren ist eines dieser Musterverfahren.

Mit Schreiben vom 15.06.2007 (Abl. Blatt 9 d.A.) hörte die Arbeitgeberin den Betriebsrat zur unbefristeten Einstellung des Herrn P. ab dem 01.07.2007 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden an. Gleichzeitig war beabsichtigt, dass dem Arbeitnehmer P. befristet für die Dauer von einem Jahr zusätzliche Leistungen im Umfang von 19,25 Wochenstunden übertragen werden.

Darüber hinaus unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat, sie wolle die Maßnahme auch für den Fall vorläufig durchführen, dass der Betriebsrat seine Zustimmung verweigere. Zur Begründung nahm die Arbeitgeberin auf die zuvor zwischen ihr und dem Betriebsrat geführten Gespräche Bezug.

Mit Schreiben vom 22.06.2007 dem Arbeitgeber am 25.06.2007 zugegangen, verweigerte der Betriebsrat die Zustimmung zur beabsichtigten Einstellung. Er begründete dies unter Hinweis auf den Tarifvertrag 112a, 130a; wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Blatt 10 ff. d.A. Bezug genommen.

Die Arbeitgeberin hat den Antrag auf Ersetzung der Zustimmung im Wesentlichen damit begründet, dass Zustimmungsverweigerungsgründe nicht vorlägen. Dem Betriebsrat gehe es um eine Vertragsinhaltskontrolle, die im Rahmen des Verfahrens nach § 99 BetrVG nicht vorgesehen sei.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Zustimmung des Betriebsrates der D., Niederlassung B., zur Einstellung des Herrn M. P. ab dem 01.07.2007 mit einer Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden zu ersetzen.

Der Betriebsrat hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen,

hilfsweise

der Antragstellerin aufzugeben, die Beschäftigung des Mitarbeiters M. P. als Vertreter in der Zustellung im ZSPL N. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit über 19, 25 Stunden in einer Höhe von 38,5 Stunden aufzuheben.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

den hilfsweise gestellten Antrag des Betriebsrats zurückzuweisen.

Der Betriebsrat hat sich auf die Zustimmungsverweigerungsrechte aus § 99 Abs. 2 Ziffer 1. BetrVG und § 99 Abs. 2 Ziffer 4. BetrVG berufen. Auch verstoße die Vorgehensweise der Arbeitgeberin gegen die Regelung des § 87 Abs. 1 Ziffer 3 BetrVG. Die Übertragung zusätzlicher Leistungen nach dem Tarifvertrag sei mitbestimmungspflichtig. Eine Zustimmung liege hier jedoch nicht vor. Auch sei er nicht vollständig unterrichtet worden.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Die Zustimmung des Betriebsrats sei nicht zu ersetzen, weil die Arbeitgeberin den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unterrichtet habe. Rechtlich eingegliedert werden solle der Arbeitnehmer P. unstreitig im Betrieb für eine wöchentliche Arbeitszeit von 38,5 Stunden. Dies habe auch bereits bei Einleitung des Anhörungsverfahrens am 15.06.2007 festgestanden. In ihrem Anhörungsschreiben habe die Arbeitgeberin die Zustimmung zur Einstellung nur zu einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden beantragt. Insoweit sei auch unerheblich, ob der Betriebsrat die tatsächliche Sachlage gekannt habe. Denn er könne nur der Personalmaßnahme widersprechen, deren Zustimmung beantragt worden sei.

Gegen diesen ihr am 15.11.2007 zugestellten Beschluss hat die Arbeitgeberin am 26.11.2007 Beschwerde eingelegt und die Beschwerde am 14.01.2008 begründet.

Die Arbeitgeberin nimmt ihre erstinstanzlichen Rechtsausführungen auf. Sie meint, sie habe den Betriebsrat ordnungsgemäß unterrichtet. Dabei komme es nicht ausschließlich auf das Schriftstück an, mit dem die Zustimmung des Betriebsrats beantragt worden sei, hier also auf das Schreiben vom 15.06.2007. Zu berücksichtigen seien auch die dem Betriebsrat zusätzlich gegebenen Informationen und die vorhandenen Kenntnisse des Betriebsrats. Beiden Betriebsparteien sei der zu Grunde liegende Sachverhalt vollständig bekannt gewesen. Insbesondere habe der Betriebsrat gewusst, dass mit dem Arbeitnehmer P. ein Arbeitsvertrag mit einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden geschlossen worden sei und ihm zusätzlich weitere 19,25 Stunden auf der Grundlage des TV 112a vorübergehend hätten übertragen werden sollen. Aus diesem Grunde habe der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung auch ausschließlich auf den Teilaspekt "Übertragung weiterer Stunden nach dem Tarifvertrag 112a, 130a" gestützt. Der Betriebsrat habe sich damit genau mit der Maßnahme befasst, die tatsächlich gewollt gewesen sei, nämlich der Einstellung mit der vertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden und einer zusätzlichen Übertragung von 19,25 Stunden aufgrund des TV 112a, 130a.

Die Verweigerung der Zustimmung sei auch unbegründet. Der Betriebsrat wende sich mit seiner Zustimmungsverweigerung nicht gegen die Einstellung des Arbeitnehmers selbst, sondern gegen den Inhalt der vereinbarten Arbeitsbedingungen. Damit mache sich der Betriebsrat zum Kontrolleur des Inhaltes des Arbeitsverhältnisses. Diese Rolle stehe ihm nicht zu.

Es liege auch kein Zustimmungsverweigerungsgrund vor. Die Zustimmungsverweigerung könnte nicht auf § 99 Abs. 2 Nr.1 BetrVG gestützt werden. Der TV 112a enthalte kein Einstellungsverbot. Unabhängig davon sei auch der Vorwurf, dass die Vereinbarung eines zusätzlichen Arbeitsvolumens nach dem TV 112a rechtswidrig sei, unberechtigt. § 99 Abs. 2 Nr. 4 sei nicht einschlägig, da der Nachteil gerade in der Einstellung liegen müsse. Auch der Hinweis des Betriebsrats auf § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG rechtfertige keine Zustimmungsverweigerung. Hierin liege zum einen kein Zustimmungsverweigerungsgrund, zum anderen greife die Vorschrift nicht ein, da es nicht um eine vorübergehende Verlängerung der Arbeitszeit gehe.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 23. November 2007 zunächst angekündigt zu beantragen,

die Entscheidung des Arbeitsgerichts Lübeck vom 18.10.2007 - 2 BV 119/07 - abzuändern und die Zustimmung des antragsgegnerischen Betriebsrats zur Einstellung des Herrn P. ab dem 01.07.2007 mit einer Wochenarbeitszeit von 19,25 Stunden zu ersetzen.

Die Arbeitgeberin hat im Anhörungstermin sodann beantragt,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Herrn M. P. ab dem 01.07.2007 zu ersetzen.

Sie hat diesen Antrag mit Schriftsatz vom 14.01.2008, der dem Betriebsrat am 18.01.2008 zugestellt worden ist, angekündigt.

Der Betriebsrat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Betriebsrat meint, dass das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt habe, dass der Arbeitgeber P. 38,5 Stunden in den Betrieb habe eingegliedert werden sollen und nicht lediglich - wie beantragt - 19,25 Stunden. Unerheblich sei das Vorbringen der Arbeitgeberin, dass er, der Betriebsrat, von dem tatsächlichen Umfang der beabsichtigten Eingliederung Kenntnis gehabt habe. Zum einen habe die Arbeitgeberin in ihrer Antragsschrift selbst lediglich die Zustimmungsersetzung im Umfang von 19,25 Stunden beantragt. Das sei auch nicht versehentlich geschehen und schon gar nicht in Übereinstimmung mit ihm, dem Betriebsrat, sondern vor dem Hintergrund einer falschen rechtlichen Bewertung des arbeitszeitlichen Anteils der Übernahme zusätzlicher Leistungen in einem Umfang von 19,25 Stunden. Die Arbeitgeberin habe in ihrem Schriftsatz vom 11.10.2007 dargelegt, dass nach ihrer Auffassung die Beschäftigung des Mitarbeiters P. über 19,25 Stunden wöchentlich hinaus auf Grundlage des TV 112a/130a keine personelle Maßnahme im Sinne von § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG sei. Er, der Betriebsrat, habe bei den Gesprächen zur Durchführung des Verfahrens stets darauf hingewiesen, dass er mit den Antragstellungen der Arbeitgeberin nicht einverstanden sei.

Die vorliegende "gesplitterte" Antragstellung sei somit allein Folge der falschen rechtlichen Bewertung des Einstellungsbegriffs durch die Arbeitgeberin. Sie habe wissentlich und gewollt lediglich einen Eingliederungsanteil über 19,25 Stunden Wochenarbeitszeit sowohl dem Betriebsrat als auch dem Arbeitsgericht zur Beurteilung vorgelegt. Damit sei die Antragstellung unvollständig gewesen.

II.

Die Beschwerde der Arbeitgeberin ist zulässig, sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist auch in der Sache gerechtfertigt.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Arbeitgeberin zu Unrecht zurückgewiesen. Dem Antrag der Arbeitgeberin mit dem im ersten Rechtszug gestellten Inhalt, die Zustimmung des Betriebsrats zur des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers P. ab dem 01.07.2007 mit einer Stundenzahl von 19,25 Stunden zu ersetzen, war stattzugeben (I.). Auch der in der Beschwerde gestellte weitergehende Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur gesamten beabsichtigen Einstellung des Arbeitnehmers P. ist zulässig und begründet (II.).

I. Der im ersten Rechtszug gestellte Antrag auf Ersetzung der Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers P. im Umfang einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden war begründet.

1. Das Arbeitsgericht hat zunächst zutreffend festgestellt, dass Streitgegenstand im ersten Rechtszug nur der Antrag der Arbeitgeberin auf Einstellung des Arbeitnehmers P. als Teilzeitkraft mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden war. Allein hierfür hat die Arbeitgeberin die Zustimmung beim Betriebsrat beantragt.

a) Der Arbeitgeber hat bei einem Antrag gemäß § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG hinreichend zu konkretisieren, für welche Maßnahme er die Zustimmung des Betriebsrats beantragen will. Er legt mit seinem Antrag den Streitgegenstand des Zustimmungsersetzungsverfahrens fest. Von besonderer Bedeutung ist dabei die zeitliche Komponente. Wie das Bundesarbeitsgericht in seinem Beschluss vom 25.01.2005 (1 ABR 59/03 - BAGE 113, 206) deutlich gemacht hat, wohnt der Einstellung ein zeitlicher Aspekt inne. Denn nach dieser Entscheidung kann auch die Erhöhung des vertraglich vereinbarten Arbeitszeitvolumens eine Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sein, wenn sie nach Umfang und Zeitdauer als nicht unerheblich anzusehen ist. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber durch Angabe einer bestimmten wöchentlichen Arbeitszeit die beabsichtigte Einstellung konkretisiert. Nur bezogen auf diese personelle Maßnahme kann der Betriebsrat das Vorliegen von Zustimmungsverweigerungsgründen prüfen. Will der Arbeitgeber die Arbeitszeit über das arbeitsvertraglich geschuldete Stundenvolumen hinaus erhöhen, kann dies eine weitere Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sein, wenn sie nach Umfang und Zeitdauer als nicht unerheblich angesehen werden muss.

b) Im vorliegenden Fall hat die Arbeitgeberin die beabsichtigte Einstellung des Arbeitnehmers dahin konkretisiert, dass sie den Arbeitnehmer mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden einstellen wollte. Um die Zustimmung zur Beschäftigung mit weiteren 19,25 Stunden hat sie den Betriebsrat nicht gebeten. Das ergibt sich bereits aus ihrem Schreiben vom 15. Juni 2007. Wörtlich heißt es in dem Schreiben, Herr P. solle "einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit einer WAZ von 19,25 Std. erhalten. [...] Wir beantragen hiermit die Zustimmung des Betriebsrats zur unbefristeten Einstellung [...] gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG."

Die Arbeitgeberin wollte auch bewusst nur den Antrag auf Zustimmung zur Einstellung des Arbeitnehmers P. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden stellen, da sie der Meinung war, für die Übertragung zusätzlicher Aufgaben nach dem TV 112a 130a müsse sie das Verfahren nach § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG nicht betreiben. Der Antrag war auch aus Sicht eines verobjektivierten Empfängers in der Position des Betriebsrats nicht auf die geplante Übertragung zusätzlicher Leistungen (sog. ÜZL-Anteil) zu beziehen. An einem derartigen Verständnis durfte der Betriebsrat zumindest deswegen berechtigte Zweifel hegen, weil es nicht ausgeschlossen war, dass die Arbeitgeberin den bereits zuvor entstandenen Streit um die Zulässigkeit ihres Vorhabens zu umgehen suchte, indem sie lediglich einen Zustimmungsantrag stellte, der sich auf den sog. ÜZL-Anteil nicht bezog. Daran ändert auch die von den Parteien geschlossene Musterprozessvereinbarung nichts; denn von Seiten des Betriebsrats wurde bereits seinerzeit die Art der von der Arbeitgeberin vorgesehenen Antragsstellung beanstandet.

Entgegen der Einschätzung der Arbeitgeberin hat der Betriebsrat die Antragsstellung auch nicht dahin gehend verstanden, die Arbeitgeberin unterstelle die später tatsächlich erfolgte Einstellung der Zustimmung des Betriebsrats. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats bezog sich gerade nicht - etwa als "falsa demonstratio" - auch auf die Übertragung zusätzlicher Arbeitsleistungen an Herrn P.. Dass es der Betriebsrat in seinem Schreiben vom 22. Juni 2007 zum Anlass nahm, auch zu diesem Vorhaben der Arbeitgeberin Stellung zu nehmen, steht dem nicht entgegen. Denn der Betriebsrat brachte deutlich zum Ausdruck, der arbeitgeberseitige Antrag beziehe sich nach seinem Verständnis ausschließlich auf den unbefristeten Anteil der geplanten Einstellung. Daher forderte er die Arbeitgeberin auch auf, "zumindest im Rahmen des § 99 BetrVG das Mitbestimmungsverfahren [hinsichtlich des sog. ÜZL-Anteils der Einstellung] einzuleiten."

2. Die Arbeitgeberin benötigte die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers P. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden.

Gemäß § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber in Unternehmen mit mehr als 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern die Zustimmung des Betriebsrats zu jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung einzuholen. Diese Voraussetzungen liegen vor.

a) Die Arbeitgeberin beschäftigt in der die Niederlassung B. in L. weit mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

b) Bei der Maßnahme, für die die Arbeitgeberin die Zustimmung beim Betriebsrat beantragt hat, handelt es sich um eine Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Dem steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer P. bereits seit dem 14.04.2007 bei der Arbeitgeberin befristet beschäftigt war. Eine Einstellung i.S.v. § 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG liegt auch dann vor, wenn ein befristetes in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis umgewandelt wird (BAG, 25.01.2000, AP Nr. 114 zu § 87 BetrVG 1972 Arbeitszeit; Kraft/Raab, in: Gemeinschaftskommentar zum BetrVG (GK), 8. Aufl., 2005, § 99 Rn. 27; Fitting, § 99 BetrVG Rn. 38).

3. Die Arbeitgeberin hat den Antrag beim Betriebsrat mit Schreiben vom 15.06.2007 ordnungsgemäß gestellt und den Betriebsrat ausreichend über die beabsichtige Maßnahme unterrichtet.

Gemäß § 99 Abs. 1 S. 1 und 2 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Einstellung, Eingruppierung, Umgruppierung und Versetzung zu unterrichten, ihm unter Vorlage der erforderlichen Bewerbungsunterlagen Auskunft über Person der Beteiligten zu geben. Bei der Einstellung ist insbesondere der vorgesehene Arbeitsplatz mitzuteilen. Bei Teilzeitkräften ist die Dauer der Arbeitzeit anzugeben.

Zu Unrecht hat das Arbeitsgericht angenommen, die Arbeitgeberin habe den Betriebsrat nicht ordnungsgemäß unterrichtet. Die Arbeitgeberin hatte den Betriebsrat über die von ihr beabsichtigte Maßnahme, nämlich die Einstellung des Arbeitnehmers P. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden einzustellen, zu unterrichten. Das ist unstreitig geschehen. "Unvollständig" ist die Unterrichtung nicht deswegen, weil die Arbeitgeberin beim Betriebsrat nicht um die Zustimmung zur beabsichtigten Übertragung zusätzlicher Aufgaben auf den Arbeitnehmer P. gemäß dem TV 112a ersucht hat. Die Arbeitgeberin muss nicht über eine Maßnahme unterrichten, für die sie die Zustimmung beim Betriebsrat nicht beantragt hat. Unterstellt, diese Maßnahme bedurfte der Zustimmung des Betriebsrats gemäß §§ 99 Abs. 1 S. 1 BetrVG, hätte das lediglich zur Folge, dass die Arbeitgeberin den Arbeitnehmer nicht mit diesen zusätzlichen Aufgaben beschäftigen dürfte. Durchsetzen könnte der Betriebsrat seine Rechte über § 101 BetrVG.

3. Die Zustimmung des Betriebsrats gilt nach § 99 Abs. 3 S. 2 BetrVG als erteilt. Unerheblich ist, dass der Betriebsrat die Wochenfrist nicht eingehalten hat. Der Antrag der Arbeitgeberin ist beim Betriebsrat am 15.06.2007 (Freitag) eingegangen, die Zustimmungsverweigerung aber erst am 25.06.2007 (Montag). Die Beteiligten haben nämlich eine Regelungsabrede dahingehend getroffen, dass die Wochenfrist erst mit der nächsten Betriebsratssitzung nach Zugang des Antrags der Arbeitgeberin beginnt. Diese Sitzung fand am 19.06.2007 statt. Die sich daraus ergebende Frist ist gewahrt.

4. Der Betriebsrat hat die Zustimmung zu der geplanten Einstellung des Arbeitnehmers P. zu Unrecht verweigert. Zustimmungsverweigerungsgründe liegen nicht vor.

a) Die Zustimmungsverweigerung ist ordnungsgemäß. Das Widerspruchsschreiben enthält Gründe, die es möglich erscheinen lassen, dass ein gesetzlicher Widerspruchstatbestand vorliegt (vgl. BAG, 26.01.1988, AP Nr. 50 zu § 99 BetrVG 1972; 18.10.1988, AP Nr. 57 zu § 99 BetrVG 1972; Kania, in: ErfK, § 99 BetrVG Rn. 39). Namentlich hat der Betriebsrat hier auf § 99 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 4 Bezug genommen.

b) Der Betriebsrat kann sich nicht mit Erfolg auf die von ihm geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe berufen.

aa) Die Voraussetzungen einer Zustimmung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG liegen nicht vor. Diese Bestimmung setzt voraus, dass nach dem Sinn und Zweck einer Rechtsvorschrift die geplante Einstellung, also die tatsächliche Eingliederung des Arbeitnehmers in den Betrieb, gänzlich unterbleiben muss (BAG, 14.12.2004, BAGE 113, 102; 28.03.2000, AP Nr. 27 zu § 99 BetrVG Einstellung; BAG, 17.06.1997, AP Nr. 2 zu § 3 TVG Betriebsnormen; LAG Schleswig-Holstein, 18.03.1999, 4 TaBV 47/99; Thüsing, in: Richardi, § 99 BetrVG Rn. 186). Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die betreffende Vorschrift aus Gründen des kollektiven oder individuellen Arbeitnehmerschutzes ein Einstellungsverbot ausspricht oder wenn sie ein Einstellungsgebot zugunsten besonders schutzwürdiger Mitbewerber begründet (BAG, 17.06.1997, AP Nr. 2 zu § 3 TVG Betriebsnormen; Thüsing a.a.O. Rn, 186, 189, 198; Kraft/Raab, in: GK, § 99 BetrVG Rn. 134). § 99 Abs. Nr. 1 BetrVG stellt dem Betriebsrat somit kein Instrument zu einer umfassenden Vertragskontrolle zur Verfügung (BAG, 28.03.2000, a.a.O.; Thüsing a.a.O. Rn, 186, 198). Unerheblich ist es daher, ob nur einzelne Vertragsbestimmungen gegen eine Norm der in § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG genannten Art verstoßen (BAG, 14.12.2004, a.a.O.). § 99 BetrVG gibt dem Betriebsrat somit nur die Möglichkeit, der Einstellung in der vom Arbeitgeber beabsichtigten Form zuzustimmen oder die Zustimmung insgesamt zu verweigern.

Danach liegen die Voraussetzungen für eine Zustimmungsverweigerung nicht vor. Der Betriebsrat will lediglich eine Kontrolle einzelner Vertragsabreden erreichen.

(1) §§ 2, 3 TV 112a untersagen nicht die hier in Rede stehende Einstellung an sich.

Der Wortlaut ergibt das nicht. Weder § 2 Abs. 1 noch § 3 Abs. 2 S. dieses Tarifvertrags sind als eigenständiges Verbot gefasst: Nach § 2 Abs. 1 TV 112a "können" Arbeitnehmer" unter näher bestimmten Umständen zusätzliche Leistungen übernehmen. § 3 Abs. 2 S. 3 TV 112a ist die Übertragung solcher Arbeitsleistungen mit der Überschreitung des Personalbedarfs ab einer Höhe von 38,5 Stunden "möglich".

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem systematischen Zusammenhang der genannten Vorschriften. Das gilt selbst dann, wenn man die Lesart des Betriebsrats zugrunde legte, der zufolge in § 3 Abs. 2 S. 3 TV 112a der individuelle Personalbedarf eines jeden Mitarbeiters angesprochen ist. § 3 TV 112a bezieht sich ausweislich seiner Überschrift auf die Fragen des Entgelts für zusätzliche Arbeitsleistungen. § 3 Abs. 2 S. 3 regelt somit lediglich, wann die Entgeltregelung greifen soll.

Schließlich lässt sich auch dem Sinn und Zweck der §§ 2, 3 TV 112a kein Einstellungsverbot entnehmen. Anders als etwa bei tarifvertraglichen Bestimmungen, die eine Mindestarbeitszeit statuieren (dazu BAG, 28.01.1992, AP Nr. 95 zu § 99 BetrVG), ging es den Tarifvertragsparteien vorliegend lediglich darum, die Voraussetzungen für eine entgeltliche Erbringung zusätzlicher Arbeitsleistungen zu bestimmen. Damit wollten sie auf bestimmte einzelvertragliche Vereinbarungen Einfluss nehmen. Ein umfassendes Verbot, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, soweit die Parteien in einer dem Tarifvertrag nicht entsprechenden Weise die Erbringung von Überstunden vereinbaren sollten, ist den Regelungen des TV 112 a indes nicht immanent.

(2) Auch § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG begründet - jedenfalls im hier zu entscheidenden Fall - kein Beschäftigungsverbot im oben genannten Sinne. Zwar ist die wirksame Ausübung der Mitbestimmungsrechte des § 87 Abs. 1 BetrVG nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Wirksamkeitsvoraussetzung auch für individualrechtliche Vereinbarungen (BAG GS, 03.12.1991, AP Nr. 51 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung). Das gilt selbst dann, wenn die Maßnahme den einzelnen Arbeitnehmer begünstigt (BAG, 28.09.1994, EzA Nr. 2 zu § 87 BetrVG 1972 Betriebliche Lohngestaltung). Doch beträfe eine etwaige Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vorliegend allein die Vereinbarung zwischen der Arbeitgeberin und Herrn P. hinsichtlich der Verlängerung der (betriebsüblichen) Arbeitszeit der Herrn P.. Daraus folgt aber kein Verbot hinsichtlich der Einstellung als solcher.

bb) Der vom Betriebsrat darüber hinaus geltende gemachte Widerspruchsgrund des § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG erfasst grundsätzlich nur Versetzungen. Relevante Benachteiligungen durch eine Einstellung scheiden von vornherein aus. Die Einstellung an sich birgt nämlich keine Benachteiligung. Insbesondere wird es über § 99 Abs. 2 Nr. 4 BetrVG nicht zum Zustimmungsverweigerungsgrund erhoben, dass der neu einzustellende Arbeitnehmer hinsichtlich bestimmter Arbeitsbedingungen schlechter gestellt wird als vergleichbare Arbeitnehmer im Betrieb. Anderenfalls erlangte der Betriebsrat die vom Gesetzgeber im Hinblick auf § 99 BetrVG nicht geplante Möglichkeit, Einfluss auf die individuelle Vertragsgestaltung zu nehmen (BAG, 09.07.1996, AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; 05.04.2001, AP Nr. 32 zu § 99 BetrVG 1972 Einstellung; Fitting § 99 BetrVG Rn. 245; Kania, in: ErfK, § 99 BetrVG Rn. 33; Thüsing, in: Richardi, § 99 BetrVG Rn. 228 f. m.w.N.).

5. Ein etwaiges Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG kann der Betriebsrat der Arbeitgeberin im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens nach § 99 BetrVG nicht entgegenhalten (vgl. etwa LAG Schleswig-Holstein, 17.01.2007, 6 TaBV 18/05).

II. Der erstmals im Beschwerderechtszug gestellte Antrag, die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung des Arbeitnehmers P. zu ersetzen, ist zulässig. Dem Antrag ist auch aus den unter I. dargelegten Gründen stattzugeben. Die Zustimmung des Betriebsrats ist zu ersetzen.

1. Der Antrag ist auszulegen. Im Hinblick auf den bisher gestellten Antrag ist der Antrag weitergehend dahin zu verstehen, dass nunmehr die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats für die gesamte beabsichtigte Maßnahme, d.h. für die beabsichtigte Einstellung als Teilzeitkraft mit einen wöchentlichen Arbeitszeit von 19,25 Stunden und der Beschäftigung mit weiteren 19,25 Stunden nach dem TV 112a, mithin für eine beabsichtigte Beschäftigung von insgesamt wöchentlich 38,5 Stunden, beantragt wird.

2. Der Antrag ist zulässig.

a) Die Arbeitgeberin hat im Beschwerdeverfahren ihren im ersten Rechtszug gestellten Antrag nach §§ 87 Abs. 2 S. 3 Hs. 2, 81 Abs. 3 S. 2 ArbGG geändert. Die Zustimmung zur Antragsänderung gilt nach diesen Vorschriften als erteilt, da sich der Betriebsrat mit Schriftsatz vom 19. Februar 2008 und im Anhörungstermin widerspruchslos auf die geänderte Antragstellung eingelassen hat. Sie ist überdies sachdienlich. Sachdienlichkeit ist gegeben, wenn der bisherige Streitstoff und das Ergebnis des bisherigen Verfahrens auch für die Entscheidung über den geänderten Antrag nutzbar gemacht werden können und wenn der Streit der Beteiligten mit einer Entscheidung über den geänderten Antrag endgültig oder besser beigelegt werden kann und ein weiteres Verfahren vermieden wird (Germelmann/Matthes/Müller-Glöge/Prütting, § 81 ArbGG Rz. 91). Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beteiligten streiten letztlich nur darüber, ob die Arbeitgeberin den Antrag auf Zustimmung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Maßnahme und den Zustimmungsersetzungsantrag mit dem Inhalt des ursprünglichen Antrages oder bereits mit diesem geänderten Inhalt hätte stellen müssen. Der zugrunde liegende Sachverhalt ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Durch die Zulassung der Änderung kann auch ein weiteres Beschlussverfahren, nämlich ein solches aus § 101 BetrVG, vermieden werden.

b) Das Beschwerdegericht verkennt nicht, dass mit der Zulassung der Antragsänderung zugleich auch das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG verkürzt wird. An sich müsste die Arbeitgeberin zunächst den Betriebsrat um die Zustimmung zu der Beschäftigung des Arbeitnehmers P. mit zusätzlichen Aufgaben gemäß dem TV 112a ersuchen und bei Verweigerung der Zustimmung das Zustimmungsersetzungs-verfahren betreiben. Das erscheint aber im vorliegenden Fall als "leere Förmelei", weil es allein um eine Rechtsfrage geht und der Betriebsrat auch seine Zustimmungsverweigerung im Widerspruchsschreiben vom 22.06.2007 nahezu vollständig auf die Regelung im TV 112a gestützt hat.

Die Zulassung der Antragsänderung und die damit verbundene Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens nach § 99 BetrVG im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens rechtfertigt sich jedenfalls in einem Fall wie dem Vorliegenden aus einer analogen Anwendung des § 99 Abs. 3 BetrVG.

Es ist anerkannt, dass ein Arbeitgeber noch im Zustimmungsersetzungsverfahren eine fehlende Unterrichtung des Betriebsrats i.S.v. § 99 Abs. 1 BetrVG nachholen kann, wenn der Betriebsrat schon auf eine unvollständige Unterrichtung hin seine Zustimmung verweigert hat. Der Betriebsrat kann dann im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens unter Berücksichtigung der nachgereichten Informationen innerhalb einer Woche weitere Zustimmungsverweigerungsgründe geltend machen. Ausreichend ist, dass eine vollständige Unterrichtung des Betriebsrats im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung vorliegt (BAG, 20.12.1988, AP Nr. 62 zu § 99 BetrVG 1972; NZA 1994, 187 (188); 12.06.2003, EzA Nr. 10 zu § 613a BGB 2002; LAG Schleswig-Holstein, 03.07.2001, 3 TaBV 7/01; LAG Hamm, 17.08.2007, 13 TaBV 10/07; Fitting, § 99 BetrVG Rn. 207; Kraft/Raab, in: GK, § 99 BetrVG Rn. 170; Thüsing, in: Richardi, § 99 BetrVG Rn. 197; Kania, in: ErfK, § 99 BetrVG Rn. 22). Führt die nachgeholte Unterrichtung des Betriebsrats zu keinen weiteren Zustimmungsverweigerungsgründen, so ist auf der Grundlage der vom Betriebsrat "vorzeitig" herangezogenen Zustimmungs-verweigerungsgründe zu entscheiden (BAG, 20.12.1988, a.a.O.; 12.06.2003, EzA Nr. 10 zu § 613a BGB 2002; Thüsing, in: Richardi, § 99 BetrVG Rn. 197). Die Geltung der Wochenfrist, beginnend mit dem Zeitpunkt der nachgeholten Unterrichtung, ergibt sich unmittelbar aus § 99 Abs. 3 BetrVG. Danach hat der Betriebsrat seine Zustimmungsverweigerung nebst Gründen "innerhalb einer Woche nach [vollständiger] Unterrichtung durch den Arbeitgeber [...] schriftlich mitzuteilen."

Eine planwidrige Regelungslücke liegt insoweit vor. Denn es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die vorliegende Konstellation bedacht hat und absichtlich nicht hat regeln wollen. Vielmehr stellt es eine Eigentümlichkeit des hier zu entscheidenden Falles dar, dass eine zunächst unvollständige Antragstellung nachträglich erweitert wurde. Auch besteht eine vergleichbare Interessenlage. Denn die Unterrichtung des Betriebsrats stellt in gleicher Weise eine materielle Voraussetzung für das Inlaufsetzen der Fiktionsfrist des § 99 Abs. 3 BetrVG dar wie der Zustimmungsantrag selbst. Sowohl die Unterrichtung als auch die Antragstellung müssen zudem, wie bereits angesprochen, nicht ausdrücklich erfolgen; sie können sich aus den Umständen ergeben. Es wäre in beiden Fällen prozessunökonomisch, das Zustimmungsersetzungsverfahren zu beenden und den Arbeitgeber auf eine Nachholung seiner teilweise versäumten Handlungen sowie auf ein möglicherweise weiteres gerichtliches Ersetzungsverfahren zu verweisen. Der Betriebsrat hat seinerseits auch im Falle eines ergänzten Antrags die Möglichkeit, die Zustimmung zu erteilen und damit die Erledigung des gerichtlichen Verfahrens herbeizuführen.

Daraus folgt, dass der Betriebsrat binnen einer Woche nach der Ergänzung des ihm ursprünglich zugeleiteten Antrags seine Ausführungen zu etwaigen Zustimmungsverweigerungsgründen erweitern kann. Das gilt erst recht, wenn der Betriebsrat, wie vorliegend geschehen, bereits im Rahmen seiner ursprünglichen Zustimmungsverweigerung sowie auch im gerichtlichen Verfahren (hilfsweise) zu dem nunmehr später geänderten Antrag Stellung bezogen hat. Vorliegend hat die Arbeitgeberin dem Betriebsrat ursprünglich einen auf eine unbefristete Teilzeitbeschäftigung beschränkten Antrag zugeleitet. Der Betriebsrat hat daraufhin Zustimmungsverweigerungsgründe geltend gemacht, die sich bereits auf die tatsächlich beabsichtigte Beschäftigung mit weiteren 19,25 Stunden bezogen. Nachdem die Arbeitgeberin ihren Antrag mit einem dem Betriebsrat am 01. Februar 2008 zugestellten Schriftsatz ergänzt hat, hat der Betriebsrat binnen einer Woche nicht ergänzend vorgetragen.

3. Der Antrag ist auch begründet. Die Zustimmung des Betriebsrats zu der beabsichtigten Maßnahme ist zu ersetzen.

a. Der Betriebsrat war nicht nur für die Beschäftigung als Teilzeitkraft, sondern auch für die Übertragung zusätzlicher Aufgaben im Umfang von 19,25 Stunden im Rahmen des TV 112a gemäß § 99 Abs. S. 1 BetrVG zu beteiligen. Auch die Beschäftigung mit zusätzlichen Aufgaben in dem geplanten Umfang ist eine Einstellung im Sinne von § 91 Abs. 1 S. 1 BetrVG. Eine sowohl nach Dauer als auch nach Umfang nicht unerhebliche Erweiterung der arbeitsvertraglich geschuldeten regelmäßigen Arbeitszeit eines im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmers stellt eine neuerliche Einstellung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar (BAG, 25.01.2005, 1 ABR 59/03, BAGE 113, 206) dar. Die Erhöhung des Arbeitszeitvolumens um 100 % von 19,25 auf 38,5 Stunden ist unzweifelhaft dem Umfang nach erheblich. Sie soll auch für mehr als einen Monat gelten.

b) Die Zustimmung ist auch nicht gemäß § 99 Abs. § S. 2 BetrVG fingiert, weil der Betriebsrat der Antragsänderung nicht widersprochen hat. Vielmehr wirkt insoweit die Zustimmungsverweigerung vom 25.06.2007 fort. Dass er hieran festhält, hat der Betriebsrat im Anhörungstermin deutlich gemacht.

c) Die Zustimmung des Betriebsrats zu dieser Maßnahme - unbefristete Beschäftigung mit 19,25 Stunden als Teilzeitkraft und Übertragung zusätzlicher Aufgaben im Rahmen des TV 112a - ist zu ersetzen. Auch hinsichtlich dieser Maßnahme liegen die Zustimmungsverweigerungsgründe gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 und 4 nicht vor; auf einen Verstoß gegen § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG kann die Zustimmungsverweigerung ebenfalls nicht gestützt werden. Das Beschwerdegericht nimmt insoweit auf seine Ausführungen unter I. 4 b) und 5. in vollem Umfang Bezug.

III. Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen (§§ 92 Abs. 1 S. 2, 72 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ArbGG). Von grundsätzlicher Bedeutung ist insbesondere die entscheidungserhebliche Frage der Antragsänderung im Zustimmungsersetzungsverfahren Außerdem weicht die Kammer in entscheidungserheblichen Fragen von der Entscheidung der 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 11.03.2008 (2 TaBV 36/07) ab.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss kann durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdeschrift bei dem Bundesarbeitsgericht in 99084 Erfurt, Hugo-Preuß-Platz 1, Telefax: (0361) 26 36 - 20 00, Rechtsbeschwerde einlegen.



Ende der Entscheidung

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