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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 2 Sa 399/06
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 823 Abs. 1
BGB § 826
Kündigt ein Arbeitgeber wegen angeblicher beleidigender Äußerungen über eine abwesende Vorgesetzte das Arbeitsverhältnis, so kommt ein Schadenersatzanspruch des gekündigten Arbeitnehmers gegen den Mitarbeiter, der die Äußerung weitergegeben hat, nicht in Betracht, wenn der Gekündigte sich mit dem Arbeitgeber vergleicht, statt den Kündigungsrechtsstreit durchzuführen.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 2 Sa 399/06

Verkündet am 30.01.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 30.01.2007 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 08.06.2006, 2 Ca 374 d/06, wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt vom Beklagten sowie dessen Kollegen J., der in einem gesonderten Rechtsstreit in Anspruch genommen wird (5 Sa 396/06 LAG Schleswig-Holstein) Schadenersatz für den Verlust des Arbeitsplatzes.

Der Kläger ist von Beruf Industriemeister, Fachrichtung Lebensmitteltechnik. Er war bei der Fa. K. in E. seit dem 1.1.1990 bis zum 31.8.2005 beschäftigt und als Teamsprecher tätig. Die Vergütung betrug zuletzt 4.300 EUR brutto monatlich. Der Beklagte und der Mitarbeiter J. waren Vorgesetzte des Klägers. Der Beklagte unterzeichnete am 4.1.2005 eine Erklärung mit folgendem Inhalt:

Am Freitag den 31 .12.2004 in der Spätschicht, ca. 16 .00 Uhr in der Schaltwarte im 3. Obergeschoß hat Herr R. in Gegenwart der Mitarbeiter S. D., R. M. folgende Äußerung bezogen auf unsere Produktionsleiterin S. K. getätigt "Die alte Fotze , die hat doch ihre Tage . . ."

Außerdem hat Herr R. am gleichen Tag gegen 18 .30Uhr in der Schaltwarte im 3.Obergeschoß mir gegenüber folgende Äußerung gemacht: "Frau K. ist eine Lügnerin, Herr S. hat ihn nicht untersucht, sondern nur ein Gespräch geführt. Frau K. ist eine Lügnerin, weil sie behauptet hat der Arzt und Herr H. waren vor Ort in der Extraktion."

Der Mitarbeiter J. hat mit Datum vom 4.2.2005 eine ähnliche Erklärung über einen Vorfall vom 14.12.2004 unterzeichnet. Die genannte Frau K. war die Produktionsleiterin, die - unstreitig - bei diesen - strittigen - Äußerungen nicht anwesend war. Die Arbeitgeberin sprach wegen dieser Äußerungen am 18.2.2005 eine außerordentliche fristlose und am 22.2.2005 eine fristgerechte Kündigung aus. Der Kläger griff diese Kündigungen durch Klage vor dem Arbeitsgericht an (2 Ca 450 e/05 ArbG Elmshorn) und schloss in der streitigen Verhandlung vom 9.6.2005 einen Vergleich des Inhalts, dass das Arbeitsverhältnis durch fristgerechte Kündigung aus betrieblichen Gründen mit Ablauf des 31.8.2005 ende, der Kläger bis dahin bei Fortzahlung der Vergütung freigestellt sei und eine Abfindung in Höhe von 35.327,50 EUR erhalte.

Nach Abschluss dieses Rechtsstreits forderte der Kläger den Beklagten sowie den Mitarbeiter J. mit Schreiben vom 12.9.2005 auf, seine Schadenersatzpflicht anzuerkennen (Bl. 16 d.A.). Nachdem der Beklagte dies abgelehnt hatte, hat der Kläger am 23.9.2005 die vorstehende Klage erhoben.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 8.6.2006, auf das hinsichtlich des erstinstanzlichen Vorbringens sowie der Entscheidungsgründe verwiesen wird, die Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger rechtzeitig Berufung eingelegt und diese begründet.

Der Kläger trägt vor, das Arbeitsgericht sei gehalten gewesen, eine Beweisaufnahme über die strittigen Behauptungen durchzuführen. Dass er sich im Kündigungsrechtsstreit mit der Arbeitgeberin verglichen habe, sei darauf zurückzuführen gewesen, dass ihm durch die Personalchefin Frau F. im Beisein des Werksleiters N. V. deutlich gemacht worden sei, dass unabhängig von dem Ausgang einer evtl. Beweisaufnahme das Vertrauensverhältnis zerstört sei. Ursache für die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses seien aber die zugetragenen - falschen - Informationen über Äußerungen des Klägers gewesen. Ihm, dem Kläger, könne nun nicht vorgehalten werden, dass er einen Vergleich abgeschlossen habe. Damit habe er die Möglichkeit wahrgenommen, die wirtschaftlichen Folgen der Kündigung abzufedern. Dies komme auch dem Beklagten als Schadensminderung zugute.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 8.6.2006 abzuändern und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der diesem aus der Beendigung des mit der K. F. D. GmbH bestehenden Arbeitsverhältnisses (Vergleich vom 09.06.2005, Az. Arbeitsgericht Elmshorn 2 Ca 450 e/05) künftig entstehen wird, soweit dieser nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist oder zukünftig übergehen wird.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und bestreitet eine Kausalität zwischen seiner gegenüber der Arbeitgeberin abgegebenen Erklärung und der Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Dabei weist er darauf hin, dass der Kläger frei entschieden habe, sich mit der Arbeitgeberin zu vergleichen.

Der Kläger hat im Berufungstermin die beiden Gespräche, die Gegenstand der Meldungen des Beklagten sowie seines Kollegen J. gewesen waren, aus seiner Sicht ausführlich geschildert. Der Beklagte hat aus Krankheitsgründen an der Verhandlung nicht teilgenommen.

Ergänzend wird auf den Inhalt der Akten, insbesondere die wechselseitigen Schriftsätze mit Anlagen und Erklärungen zu Protokoll, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat nicht Erfolg. Der Kläger hat nicht Anspruch auf Ersatz eines evtl. durch die Beendigung mit der Fa. K. entstandenen Schadens gegen den Beklagten. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts verwiesen. Die Angriffe der Berufung führen nicht zu einer anderen Beurteilung.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankommt, ob die vom Beklagten weiter getragene - strittige - Äußerung des Klägers tatsächlich so gefallen ist. Denn sie ist nicht ursächlich für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Die Kammer hat bereits erhebliche Bedenken, ob die von der Arbeitgeberin im Kündigungsrechtsstreit vorgetragenen, aus dem Zusammenhang gerissenen, Äußerungen überhaupt geeignet sind, eine außerordentliche, ggf. auch eine ordentliche, Kündigung zu rechtfertigen. Immerhin sollen die Äußerungen in Abwesenheit der betroffenen Produktionsleiterin gefallen sein. Eine vorherige Abmahnung dürfte ausreichend gewesen sein, um den Konfliktfall zu klären.

Auch erscheint die vom Kläger in der Berufungsverhandlung abgegebene Schilderung des Ablaufs an den beiden betreffenden Tagen höchst glaubwürdig. Der Kläger hat seine Darstellung ausführlich und widerspruchsfrei abgegeben. Demgegenüber hat der Beklagte, worauf die Kammer hinzuweisen Wert legt, sich einer Konfrontation mit dem Kläger entzogen, indem er eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt hat, die hellseherische Fähigkeiten des bescheinigenden Arztes vermuten lässt. Denn am 21.1.2007 wusste der Arzt bereits, dass der Beklagte vom 29. bis 31.1.2007 arbeitsunfähig krank sein würde. Daher erscheint die Behauptung des Klägers, er habe die Äußerungen nicht getan, glaubhaft.

Hierauf kommt es jedoch nicht an, da der Kläger selbst die maßgebliche Ursache für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gesetzt hat. Die vom Beklagten und dessen Kollegen J. weiter getragenen Äußerungen mögen zwar Anlass für den Ausspruch der Kündigung gewesen sein, sie waren aber nicht Ursache für die Beendigung. Dabei möge der Kläger berücksichtigen, dass aus seiner Darstellung in der Berufungsverhandlung deutlich wird, dass er selbst sich für das Opfer einer Intrige hält. Unterstellt, dies träfe zu, wären die Mitteilungen des Beklagten und des Mitarbeiters J. weder die tatsächlichen Gründe für den Ausspruch der Kündigung noch die Ursache für eine Zerstörung des Vertrauensverhältnisses gewesen. Hier ist die Argumentation des Klägers zum Ursachenzusammenhang widersprüchlich.

In jedem Fall fehlt angesichts des Vergleichsabschlusses die haftungsausfüllende Kausalität (LAG Berlin Urteil vom 26.8.2005 - 6 Sa 633/05 - LAGE BGB 2002 § 397 Nr. 1; entsprechend: BAG v. 18.01.2007 - 8 AZR 234/06 - Pressemitteilung Nr. 2/07): Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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