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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 27.01.2005
Aktenzeichen: 2 Ta 14/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 117
ZPO § 121 Abs. 2
Eine Partei, bei der die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe vorliegen, ist berechtigt, sobald ihr Gegner anwaltlich vertreten ist, ihrerseits Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 121 Abs. 2 ZPO zu beantragen.

Beantragt die Partei lediglich, ihr Prozesskostenhilfe zu bewilligen, ohne auch anzugeben, ob sie Beiordnung wünscht, so kann in einem Verfahren, das nicht Anwaltsprozess ist, nicht unterstellt werden, dass zugleich auch Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt wird.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 2 Ta 14/05

Verkündet am 27.01.2005

Im Beschwerdeverfahren

betr. Rechtsanwaltsbeiordnung

in dem Rechtsstreit

hat die zweite Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 27.1.2005 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts Willikonsky als Vorsitzende beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Beklagten gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 16.12.2004 - 5 Ca 173 c/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Wert: 308,56 EUR

Gründe:

I.

Mit seiner Beschwerde erstrebt der Beklagte Rechtsanwaltsbeiordnung im Rahmen der Prozesskostenhilfe.

Der Kläger hatte am 23.1.2003 Klage vor dem Arbeitsgericht erhoben, mit der er unter anderem Feststellung verlangte, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestehe, das nicht durch mündliche Kündigung beendet worden sei, ferner Zahlung verschiedener Beträge. Gleichzeitig hatte der anwaltlich vertretene Kläger Bewilligung der Prozesskostenhilfe unter Rechtsanwaltsbeiordnung beantragt. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht versagt. Die hiergegen eingelegte Beschwerde hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Der Kläger hat daraufhin am 4.11.2004 die Klage zurückgenommen.

Der Beklagte hat sich auf die Klage mit Anwaltsschriftsatz vom 13.2.2003 gemeldet und Klagabweisung verlangt. Am 5.3.2003 hat der Beklagte eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse eingereicht mit dem Antrag, ihm Prozesskostenhilfe zu gewähren. Beigefügt war eine undatierte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, in der der Beklagte erklärt, er sei selbstständig. Die Frage nach Einkünften aus selbständiger Arbeit hat er nicht beantwortet, desgleichen die Frage nach Wohnkosten. Zu "sonstige Zahlungsverpflichtungen" hat der Beklagte eingetragen "Kredit bei der D. vom 1.7.2002 monatlicher Abtrag 1.200 EUR, Restschuld 37.000 EUR". Als Unterlage hat der Beklagte ein - undatiertes - Schreiben der Da. beigefügt, das wie folgt lautet:

"hiermit bestätigen wir dass sie aus der seit dem 1.7.2002 bestehenden selbstständigen Tätigkeit als Gastronom zur Zeit lediglich Einkünfte in Höhe ihrer monatlichen Belastungen beziehen. Für das anteilige Jahr 2002 haben Sie einen Verlust erwirtschaftet."

Am 24.3.2003 hat der Beklagte ein Schreiben der D. vom 18.3.2003 eingereicht, mit dem diese den Abschluss eines Kredites über 38.361 EUR am 30.10.2002 bestätigt. Nach dem Schreiben beträgt die monatliche Rate 1.200 EUR und der aktuelle Saldo beläuft sich auf 35.973,23 EUR. Weiter hat der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 13.6.2003 mitgeteilt, er erhalte zum Bestreiten seines Lebensunterhaltes Zuwendungen von seinen Eltern. Er sei derzeit auf der Suche nach einer anderen Berufstätigkeit und "praktisch ohne eigenes Einkommen".

Das Arbeitsgericht hat dem Beklagten mit Beschluss vom 16.12.2004 Prozesskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwalts aber abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde vom 27.12.2004, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten hat nicht Erfolg. Der Beklagte hat nicht Anspruch auf Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen von § 121 Abs. 2 ZPO.

1.

Dem Beklagten ist zwar zuzustimmen, dass die Begründung des Arbeitsgerichts zur Versagung der Beiordnung nicht die Entscheidung trägt. Wenn nämlich die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe vorlagen, hatte der Beklagte gemäß § 121 Abs. 2 ZPO auch Anspruch auf Rechtsanwaltsbeiordnung. Hier ist der Wortlaut des Gesetzes eindeutig. Das Arbeitsgericht durfte nicht darauf abstellen, ob dem Kläger im Endergebnis Prozesskostenhilfe versagt worden war. § 121 Abs. 2 ZPO dient der Herstellung von Chancengleichheit. Das bedeutet, dass eine Partei, bei der die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorliegen, berechtigt ist, die Beiordnung eines Rechtsanwaltes zu beantragen, sobald die Gegenpartei ihrerseits anwaltlich vertreten ist.

2.

Nicht nachzuvollziehen ist allerdings die Entscheidung des Arbeitsgerichts, dem Beklagten überhaupt Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Der Beklagte hat nämlich die Voraussetzungen nicht dargelegt und glaubhaft gemacht. § 117 ZPO schreibt vor, wie ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellen ist. Dem Antrag sind nämlich eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen. Dabei hat die Partei sich des Vordrucks zu bedienen. Der Beklagte hat auf dem Formular nicht alle Fragen beantwortet. Insbesondere hat er nicht angegeben, ob er Einnahmen aus selbstständiger Arbeit hat. Zudem ist nicht erkennbar, für welchen Zeitpunkt die Erklärung abgegeben sein soll, da sie nicht datiert ist. Das gilt ebenso für die Bestätigung der D.. Die Bestätigung dieses Unternehmens ist nichts sagend. Es ergibt sich hieraus nicht, welche Einnahmen und Ausgaben der Beklagte aus seinem Betrieb erzielt hat, insbesondere wird nicht deutlich, ob und in welcher Höhe der Beklagte Entnahmen getätigt hat. Mindestens eine Gewinn- und Verlustrechnung hätte durch das Arbeitsgericht gefordert werden müssen. Auch die Erklärung im Anwaltsschriftsatz, der Beklagte werde von seiner Familie unterstützt, ist nicht ausreichend. Hierbei handelt es sich nicht um eine Glaubhaftmachung. Zudem ist nicht erkennbar, in welcher Höhe der Beklagte Leistungen erhält. Eine Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung kommt jedoch nicht in Betracht, da alleine der Beklagte Beschwerde eingelegt hat und eine Aufhebung eine Verschlechterung zu seinen Lasten darstellte (Verbot der reformatio in peius).

3.

Der Beklagte kann aber deshalb nicht im Wege der Beschwerde Beiordnung eines Rechtsanwaltes verlangen, da er dies vorher nicht beantragt hatte. Der Wortlaut des Anwaltsschriftsatzes, mit dem der Beklagte Prozesskostenhilfe beantragt, ist eindeutig. Er hat nicht, wie der Kläger, auch Beiordnung eines Rechtsanwaltes beantragt. Da dieser Schriftsatz von einem Rechtsanwalt verfasst worden ist, kann nicht unterstellt werden, dass dieser nicht in der Lage war, zwischen einer bloßen Prozesskostenhilfebewilligung und einer Bewilligung einschließlich Beiordnung zu unterscheiden. Der Wortlaut des Gesetzes ist hierzu eindeutig. Beantragt eine anwaltlich vertretene Partei, deren Gegner ebenfalls anwaltlich vertreten ist, Prozesskostenhilfe, ohne dass sie zugleich Beiordnung eines Rechtsanwaltes begehrt, so ist dieses nicht so auszulegen, dass auch die Beiordnung beantragt werde. Das Gericht ist nicht von sich aus verpflichtet, den Rechtsanwalt darauf hinzuweisen, dass die Beiordnung nicht beantragt wurde (LAG Schleswig-Holstein Beschluss vom 2.2.2000 - 3 Ta 5/00 -).

Entgegen der Auffassung des Beklagten, die er im Schriftsatz vom 24.1.2005 dargelegt hat, kommt es für die Beurteilung des Antrags des Beklagten ist nicht darauf an, ob das Arbeitsgericht gesehen hat, dass der Beklagte es unterlassen hatte, auch die Beiordnung zu beantragen. Auch kommt es nicht darauf an, ob eine andere Verhaltensweise wirtschaftlich unsinnig gewesen wäre. Maßgeblich ist, was der Rechtsanwalt beantragt hat. Dies gilt vor allem deshalb, weil der Beklagte auch nicht angegeben hat, wessen Beiordnung er beantragt. Die Anwaltsbeiordnung ist aber personenbezogen. Es kommt nicht in Betracht, eine Kanzlei oder eine Sozietät beizuordnen (LAG Hamm Beschluss vom 31.10.2003 - 4 Ta 567/02 - ). Die den Beklagten vertretende Kanzlei firmiert zwar unter "Anwaltskanzlei J. R.", was darauf hindeutet, dass es sich um eine Kanzlei eines einzelnen Rechtsanwaltes handelt. Wie jedoch der Akte entnommen werden kann, ist in dieser Kanzlei zumindest ein weiterer Rechtsanwalt, nämlich Rechtsanwalt R., tätig gewesen. Dieser hat den Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 18.2.2003 vertreten. Schon deshalb wäre es geboten gewesen, nicht nur Anwaltsbeiordnung zu beantragen, sondern auch deutlich zu machen, welcher Rechtsanwalt beigeordnet werden sollte. Dies hat der Beklagte aber nicht getan.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht ersichtlich.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Beschwerdeverfahren ergibt sich unter Berücksichtigung der angefallenen Rechtsanwaltskosten.

Ende der Entscheidung

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