Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 06.02.2002
Aktenzeichen: 2 Ta 145/01
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2
In einem Beschlussverfahren, das die Anfechtung eines Sozialplans zum Inhalt hat, ist der Wert des Streitgegenstandes entsprechend der "Lage des Falles" im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO zum einen nach der Bedeutung der Angelegenheit für den Betrieb zu bewerten; dabei ist die Leistungsfähigkeit des Betriebes zu beachten. Daneben ist der Arbeitsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten, der sich nach Umfang, Schwierigkeit und Dauer des Verfahrens richtet, zu berücksichtigen. Je nach den Umständen des Einzelfalles ist ein mehrfacher Regelwert anzusetzen. Auf das strittige Sozialplanvolumen kommt es bei der Wertfestsetzung nicht an.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 2 Ta 145/01

In dem Beschwerdeverfahren in dem Beschlussverfahren

Tenor:

wird auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1. der Beschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 21.09.2001 dahingehend geändert, dass der Wert des Gegenstandes auf 20.000,00 EUR festgesetzt wird.

Gründe:

I.

Im Rahmen des Beschlussverfahrens 4 BV 2 a/01 des Arbeitsgerichts Neumünster (2 TaBV 20/01 des erkennenden Gerichts), in dem die Beteiligten zu 1. (Krankenhausbetrieb) und 2. (Betriebsrat) sich darüber auseinandergesetzt haben, ob der durch Spruch der Einigungsstelle vom 10.01.2001 zustande gekommene Sozialplan unwirksam ist (im Folgenden: Ausgangsverfahren), streiten die Beteiligten noch darüber, wie hoch der Gegenstandswert des Ausgangsverfahrens ist.

Der Beteiligte zu 2. hat vorgetragen,

die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten sei erheblich, insbesondere sei zwischen den Betriebsparteien eine Differenz im Sozialplanvolumen von 1,2 Mio. DM strittig. Umfang und Schwierigkeit des Rechtsstreits seien ebenfalls erheblich, so dass auch bei Anwendung von § 8 Abs. 2 BRAGO der Gegenstandswert auf 1 Mio. DM festzusetzen sei.

Der Beteiligte zu 2. hat beantragt,

den Gegenstandswert auf 1 Mio. DM festzusetzen.

Die Beteiligte zu 1. hat vorgetragen:

In betriebsverfassungsrechtlichen Streitigkeiten komme es bei der Bemessung des Gegenstandswerts nicht auf die wirtschaftlichen Auswirkungen an. Eine Abweichung vom Regelgegenstandswert in Höhe von 8.000,00 DM nach § 8 Abs. 2 BRAGO sei nur nach Lage des Falles gerechtfertigt. Dieser Begriff beziehe sich auf sämtliche Umstände des Einzelfalles, insbesondere Umfang und Bedeutung der Sache, tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten, zeitlichen Aufwand der Prozessbevollmächtigten und Verfahrensdauer. Zu berücksichtigen seien Arbeitsaufwand des Rechtsanwalts einerseits und die Leistungsfähigkeit des Arbeitgebers andererseits, wobei nicht zuletzt maßgeblich sei, dass die Beteiligte zu 1. die gesamten Kosten zu tragen habe. Vorliegend werde daher der "Lage des Falles" durch den Regelgegenstandswert hinreichend Rechnung getragen.

Das Arbeitsgericht hat durch Beschluss vom 21.09.2001 den Gegenstandswert auf 1 Mio. DM mit der Begründung festgesetzt, dass der in § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO genannte Wert von 8.000,00 DM vorliegend nicht ausreichend sei. Für die individuelle Bewertung sei ein maßgebender Anhaltspunkt das strittige Leistungsvolumen, überdies Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit. Andererseits sei zu berücksichtigen, dass die Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens möglichst nicht unangemessen ausgeweitet würden.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1. am 09.10.2001 Beschwerde eingelegt.

Sie trägt vor:

Der angefochtene Beschluss setze sich in Widerspruch zu der Rechtsprechung, dass der wirtschaftliche Wert nicht zur Berechnung des Gegenstandswert des Beschlussverfahrens heranzuziehen sei. Die Gerichte legten die strittige Differenz des Volumens eines Sozialplans dem Gegenstandswert nicht einmal dann zugrunde, wenn das Vorliegen einer vermögensrechtlichen Streitigkeit angenommen werde.

Die Beteiligte zu 1. beantragt,

den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster vom 21.09.2001 dahin abzuändern, dass der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit auf 8.000,00 DM festgesetzt wird.

Der Beteiligte zu 2. regt an,

über den Streitwertbeschluss des Arbeitsgerichts Neumünster nicht zu entscheiden.

Er trägt vor:

Da in der Sache selbst die Rechtsbeschwerde zugelassen sei, werde ein Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts beim BAG erfolgen, deshalb erscheine es prozessökonomisch sinnvoll, dessen Entscheidung abzuwarten. Vorsorglich sei darauf hinzuweisen, dass für die Bemessung des Gegenstandswerts bei der Anfechtung von Sozialplänen die Bedeutung der Angelegenheit zwischen den Betriebsparteien ausschlaggebend sei. Diese werde durch die Differenz der Vorstellungen von Arbeitgeber- und Betriebsratsseite über das Sozialplanvolumen bestimmt. Vorliegend betrage die Differenz 1,7 Mio. DM. Das Bundesarbeitsgericht habe in Anfechtungsverfahren gegen den Spruch einer Einigungsstelle wiederholt als Gegenstandswert 1 Mio. DM festgesetzt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die vorbereitend gewechselten Schriftsätze verwiesen. Ergänzend wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die gemäß § 10 Abs. 3 BRAGO zulässige Beschwerde ist zum Teil begründet. Entgegen dem angefochtenen Beschluss wird der Wert des Gegenstandes des Ausgangsverfahrens gemäß § 8 Abs. 2, Satz 2, Halbsatz 2 BRAGO auf 20.000,00 EUR (4.000,-- EUR x 5) festgesetzt. Im Übrigen ist die Beschwerde nicht begründet. Die Einwendungen der Beteiligten zu 1. und 2. sind nicht geeignet, ein anderes Ergebnis zu rechtfertigen.

Bei einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2, Halbsatz 2 BRAGO, von der für das vorliegende Anfechtungsverfahren mit der überwiegenden Meinung - LAG Düsseldorf, Beschl. v. 29.11.1994, LAGE Nr. 25 zu § 8 BRAGO; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 06.08.1992, NZA 93, 93; a. A. LAG Brandenburg, Beschl. v. 20.11.1992, LAGE Nr. 20 zu § 8 BRAGO - auszugehen ist, kann sich der gesetzlich vorgegebene Regelwert von 4.000,00 EUR "nach Lage des Falles" erhöhen, wenn dies nach der Bedeutung, dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad der Sache gerechtfertigt ist - LAG Düsseldorf, Beschl. v. 28.11.1994, JurBüro 95, 483 -. Zu berücksichtigen ist hierbei auch die Leistungsfähigkeit des Betriebes - LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 29.09.1998, 4 Ta 84/98 -. Diese Umstände rechtfertigen es vorliegend, den fünffachen Regelwert als Verfahrensgegenstand anzunehmen. Der Sozialplan hat für den sanierungsbedürftigen Krankenhausbetrieb der Beteiligten zu 1. eine erhebliche Bedeutung. Auf die sich daraus ergebende schwierige Sach- und Rechtslage sind die Beteiligten im Ausgangsverfahren in umfänglichen Schriftsätzen eingegangen.

1) Zu der Frage, ob das strittige Leistungsvolumen des Sozialplans bei der Wertfestsetzung des Anfechtungsverfahrens maßgebend sei, hat sich in der Rechtsprechung eine überwiegende Meinung noch nicht herausgebildet: Teils wird die Auffassung vertreten, dass die strittige Differenz des Sozialplanvolumens zu berücksichtigen sei - LAG Berlin, Beschl. v. 30.10.1975, DB 76, 1388; LAG Hamm, Beschl. v. 13.10.1988, LAGE Nr. 8 zu § 8 BRAGO; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 29.11.1994, a. a. O. -. Nach anderer Auffassung ist das finanzielle Volumen für die Belange der Betriebspartner zwar erheblich; das wirtschaftliche Interesse könne aber für die Wertfestsetzung nur einen ersten Ansatz bilden und müsse angesichts der in § 12 Abs. 5 ArbGG zum Ausdruck gekommenen Grundtendenz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens, die Verfahrenskosten zu begrenzen, bei der Streitwertfestsetzung zurücktreten - LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 06.08.1992, a. a. O.; LAG Brandenburg, a. a. O. -. Demgegenüber wird die Ansicht vertreten, dass die finanziellen Auswirkungen des Sozialplans bei der Streitwertfestsetzung ohne Belang seien - LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 16.06.1995, 4 (3) TaBV 14/94; LAG Düsseldorf, Beschl. v. 28.11.1994, a. a. O. -.

Nach Auffassung der Beschwerdekammer ist das strittige Leistungsvolumen für den Wert des Verfahrensgegenstandes nicht maßgebend. Die Auseinandersetzung der Betriebsparteien über die Höhe der den Arbeitnehmern zu zahlenden Abfindung ist eine betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeit. Das Beschlussverfahren über die Wirksamkeit eines Sozialplans kann zwar erhebliche wirtschaftliche Interessen des Betriebes berühren, so dass die arbeitsgerichtliche Entscheidung Auswirkungen auf die finanziellen Verpflichtungen des Arbeitgebers sowie die Einkommen der Arbeitnehmer hat. In einem Beschlussverfahren, an dem der Betriebsrat kraft seines Mitbestimmungsrechts beteiligt ist, geht es jedoch primär um die Teilhabe des Betriebsrats daran, das betriebliche Geschehen mitzugestalten, nicht darum, wirtschaftliche Interessen zu verfolgen - LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 26.06.2000, 3 Ta 68/00 -. Die bloße Reflexwirkung eines solchen Beteiligungsverfahrens zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat auf vermögensrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen, die sich aus den individualrechtlichen Arbeitsverhältnissen ergeben, führt nicht dazu, dass sich der Gegenstandswert der kollektiven Beteiligungsverfahren nach diesen finanziellen Interessen richtet. Für derartige nichtvermögensrechtliche Gegenstände enthält § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO eine spezielle Regelung, die von der für vermögensrechtliche Gegenstände in Halbsatz 1 deutlich abgesetzt ist. Nur wenn sich bei vermögensrechtlichen Gegenständen keine genügenden tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Schätzung ergeben, ist der Gegenstandswert mit 4.000,-- Euro anzunehmen. Das hat auch für nichtvermögensrechtliche Gegenstände zu gelten. Denn deren besondere Aufführung im 2. Halbsatz wäre überflüssig, wenn nichtvermögensrechtliche Gegenstände bereits vom 1. Halbsatz erfasst wären - so LAG Thüringen, Beschl. v. 21.01.1997, LAGE Nr. 34 zu § 8 BRAGO (unter II 2 a, b) - Vorliegend wird zwar die arbeitsvertragliche Rechtsstellung der Arbeitnehmer, die unter den Sozialplan vom 11.01.2001 fallen, durch das Leistungsvolumen berührt. Die den betroffenen Mitarbeitern zu zahlenden Abfindungen sind aber nur mittelbare Folge des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats, nicht dessen Inhalt.

Diese Auffassung führt nicht zur einer zu engen Interpretation des § 8 BRAGO. Ein restriktive, d. h. von dem finanziellen Volumen des Beschlussverfahrens absehende Auslegung des § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO ist durch die sozialstaatliche und grundrechtliche Dimension des Mitbestimmungsrechts geboten. Als Ausdruck des Sozialstaatsprinzips ist Betriebsverfassungsrecht Grundrechtsschutz durch Organisation und Verfahren. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts sind die Regelungen, die den Arbeitnehmern Beteiligungsrechte einräumen, ein wichtiges Mittel zur Wahrung der Menschenwürde und der Persönlichkeitsentfaltung im Betrieb - BVerfGE, 28, 314 ff. (323); LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 06.05.1993, 1 Ta 54/93 (DB 93, 2088 LS) -. Diese sozialstaatliche Dimension des Mitbestimmungsrechts kommt in der Sonderbestimmung des § 12 Abs. 5 ArbGG zum Ausdruck, nach der im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren weder Gebühren noch Auslagen erhoben werden. Diese Vorschrift entspricht der auch sonst im Arbeitsgerichtsgesetz zum Ausdruck gekommenen Grundtendenz, die Verfahrenskosten zu begrenzen - LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 06.08.1992, a. a. O.; LAG Brandenburg, a. a. O. -. Aus dem in dem angefochtenen Beschluss angeführten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 02.03.1998, 1 ABR 23/97, ergibt sich nichts anderes. Dieser Beschluss enthält keine Begründung.

2) Vorliegend ist der Gegenstandswert nach den für die "Lage des Falles" im Sinne von § 8 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BRAGO maßgebenden Kriterien mit dem fünffachen Regelwert auf insgesamt 20.000,-- Euro festzusetzen. Dabei ist die Bedeutung der Sache mit zwei Regelwerten zu bewerten, der sich aus Umfang und Schwierigkeit der Sache sowie der Verfahrensdauer ergebende Arbeitsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten mit weiteren drei Regelwerten.

Auszugehen ist davon, dass der Streitgegenstand ist mit einem Regelwert zu bewerten ist, wenn ein gewöhnlicher betrieblicher Vorgang zu erörtern ist und der Arbeitsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten durchschnittlichen Anforderungen entspricht. Handelt es sich dagegen um einen nicht alltäglichen, außergewöhnlichen betrieblichen Vorgang, ist hinsichtlich der Bedeutung des Falles ein doppelter Regelwert angemessen. Daneben ist, wenn der Arbeitsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten überdurchschnittlich hoch ist, hierfür ein mehrfacher Regelwert anzusetzen. Vorliegend ist es angesichts der finanziellen Auswirkungen des strittigen Sozialplanvolumens auf die wirtschaftliche Lage des Krankenhausbetriebes der Beteiligten zu 1. angemessen, insoweit einen doppelten Regelwert anzusetzen. Zu berücksichtigen ist, dass sich der Krankenhausbetrieb der Beteiligten zu 1. seit Jahren in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Die Beteiligte zu 1. hat, wie sich aus dem Tatbestand des verfahrensbeendenden Beschlusses vom 28.11.2001 im Ausgangsverfahren ergibt, in den Jahren 1995 bis 1999 überwiegend Fehlbeträge erwirtschaftet. Seit 1997 verhandeln die Beteiligten zu 1. und 2. über Sanierungsmaßnahmen. Die mit der Prüfung des Jahresabschlusses 1998 beauftragten Wirtschaftsprüfer wiesen mit Schreiben vom 29.06.1999 darauf hin, dass im Hinblick auf den Fehlbetrag, der für das Kalenderjahr 1999 zu erwarten sei, zum Jahresende 1999 eine Insolvenz drohe. Mit Schreiben vom 08.07.1999 beauftragte die Beteiligte zu 1. die B... D... W... AG, ein Konzept zu entwickeln, das zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation führen sollte. Im Übrigen betrifft der Sozialplan mehr als 10 % der Arbeitnehmer der Beteiligten zu 1.; denn im Küchen- und Reinigungsbereich, der im Rahmen des Sanierungskonzepts ausgegliedert worden ist, sind 115 Mitarbeiter gekündigt worden; insgesamt hat die Beteiligte zu 1. im Jahre 2000 circa 800 Arbeitnehmer beschäftigt.

Umfang und Schwierigkeit der Sache sowie die Dauer des Verfahrens erfordern es, den Arbeitsaufwand der Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten zu 1. und 2. mit dem dreifachen Regelwert zu bewerten. Das Ausgangsverfahren wies in rechtlicher und tatsächlicher Hinsichtlich einen deutlich überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad auf: Zu erörtern war, ob die Sozialplanleistungen hinsichtlich der gekündigten Arbeitnehmer, soweit diese einen neuen Arbeitsplatz gefunden hatten oder nicht mehr arbeiten wollten, hätten weiter differenziert werden müssen, ferner, ob das strittige Sozialplanvolumen von 1,5 Mio. DM angesichts der finanziellen Lage der Beteiligten zu 1. überhöht sei. Im Rahmen der zu erörternden wirtschaftlichen Vertretbarkeit des Sozialplans war auf die Liquiditätszusage der Gesellschafter einzugehen, sowie darauf, in welchem Umfang Investitionen betriebsnotwendig waren, schließlich darauf, ob die Liquidität der Beteiligten zu 1. ausreichend offengelegt worden war und wie öffentliche Fördermittel zu bewerten waren. Zu diesen Fragen hat die Beteiligte zu 1. in erster Instanz in vier Schriftsätzen mit insgesamt 54 Seiten vorgetragen, der Beteiligte zu 2. in drei Schriftsätzen mit insgesamt 30 Seiten. Es haben zwei Anhörungstermine stattgefunden.

Eine höhere Wertfestsetzung nach § 3 ZPO wegen der Mitverfolgung von vermögensrechtlichen Interessen der betroffenen Arbeitnehmer durch den Beteiligten zu 2. kommt nicht in Betracht. Zwar kann bei dem Zusammentreffen nichtvermögensrechtlicher und vermögensrechtlicher Interessen nach § 12 Abs. 3 GKG der sich aus der Bemessungsvorschrift des § 3 ZPO ergebende höhere Wert festgesetzt werden. Dazu muss sich jedoch aus dem Vorbringen des Beschwerdegegners ergeben, dass das Rechtsschutzbegehren der Wahrung höher zu bewertender wirtschaftlicher Interessen dienen sollte - BAG, Beschl. v. 02.03.1998, 9 AZR 61/96 -. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben. Der Beteiligte zu 2. hat im Ausgangsverfahren keine vermögensrechtlichen Ansprüche der im Betrieb der Beteiligten zu 1. beschäftigten Arbeitnehmer wahrgenommen. Er ist hierzu nicht befugt. Die Feststellung individualrechtlicher Ansprüche der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber ist keine Angelegenheit aus dem BetrVG im Sinne von § 80 Abs. 1 ArbGG i. V. m. § 2 a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG - BAG, Beschl. v. 17.10.1989, DB 90, 486 -. In Beschlussverfahren kann der Betriebsrat Ansprüche der Arbeitnehmer nicht kraft eigenen Rechts durchsetzen - BAG, 17.10.89, AP Nr. 53 zu § 112 BetrVG 1972; Fitting, BetrVG, 20. Auflage, § 80 Rz. 1, 13 -.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Bei dem Ausgangsverfahren handelt es sich um ein kostenfreies Beschlussverfahren - § 12 Abs. 5 ArbGG -. Aus § 10 Abs. 3 Satz 4 BRAGO ergibt sich der Wille des Gesetzgebers, dass bei der Anwendung von Verfahrensvorschriften Unterschiede zwischen dem Haupt- und dem Wertfestsetzungsverfahren zu vermeiden sind - OVG Hamburg, Beschl. v. 16.06.1981, Kost Rspr BRAGO, § 10 Nr. 12; a. A. Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, 3. Auflage, § 12, Rz. 132 -.

Gegen diesen Beschluss ist ein Rechtsmittel nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

Zurück