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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 03.12.2007
Aktenzeichen: 2 Ta 279/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
BGB § 123 Abs. 1, 2. Fall
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 2 Ta 279/07

03.12.2007

Im Beschwerdeverfahren

betr. Prozesskostenhilfe

in dem Rechtsstreit

hat die 2. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 03.12.2007 durch die Vizepräsidentin des Landesarbeitsgerichts ... als Vorsitzende

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 23.08.2007 - 1 Ca 1225/07 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Mit ihrer sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe.

Die Klägerin war bei der Beklagten seit November 1996 als Mitarbeiterin im Versandzentrum beschäftigt. Die Arbeitszeiten werden über eine Zeiterfassungskarte automatisch erfasst. Arbeitszeitunterbrechungen, auch Raucherpausen, sind zu dokumentieren. Am 24.04.2007 wurde die Klägerin zu einem Gespräch mit ihrem Vorgesetzten gebeten. In diesem Gespräch wurde ihr eine Manipulation der Zeitschaltuhr im Zeitraum von November 2006 bis 20.04.2007 durch Drücken der Infoabfrage vorgeworfen. Das Drücken der Infoabfrage verursacht nach Vortrag der Beklagten ein Signal, das dem beim Ausstempeln ähnelt. Strittig ist, ob die Klägerin zugestanden hat, die Infoabfrage gedrückt zu haben. Die Beklagte kündigte den Ausspruch einer fristlosen Kündigung an und bot alternativ den Abschluss eines Aufhebungsvertrages zum Ablauf des 30.04.2007 an. Dieses Angebot nahm die Klägerin am selben Tag an. Am 09.05.2007 focht sie den Aufhebungsvertrag an und erhob gleichzeitig Klage vor dem Arbeitsgericht, mit der sie beantragt hat,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht im Wege der Aufhebungsvereinbarung vom 24.04.2007 aufgelöst worden ist, sondern unverändert besteht.

Gleichzeitig hat sie beantragt, ihr Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu bewilligen.

Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 23.05.2007 vorsorglich fristgerecht zum 31.07.2007. Hierauf erweiterte die Klägerin am 30.05.2007 die Klage mit dem weiteren Antrag, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht im Wege der Kündigung der Beklagten vom 23.05.2007 aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht.

Auch für diesen Antrag hat sie Prozesskostenhilfe beantragt.

Mit Urteil vom 16.08.2007 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, das Arbeitsverhältnis sei durch Aufhebungsvertrag beendet worden.

Die beantragte Prozesskostenhilfe hat das Arbeitsgericht am 23.08.2007 unter Hinweis auf sein Urteil versagt. Am 03.09.2007 hat die Klägerin beim Landesarbeitsgericht beantragt, ihr Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Durchführung der Berufung zu bewilligen (6 Sa 369/07). Im selben Schriftsatz hat sie sofortige Beschwerde gegen den Beschluss vom 23.08.2007 eingelegt, der das Arbeitsgericht am 30.10.2007 nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortige Beschwerde hat nicht Erfolg. Die Klägerin kann nicht Prozesskostenhilfe für ihre Klage verlangen. Eine hinreichende Erfolgsaussicht, § 114 ZPO, ist nicht gegeben.

Die hinreichende Erfolgsaussicht hängt in erster Linie davon ab, dass der Aufhebungsvertrag von der Klägerin wirksam angefochten worden ist, § 123 Abs. 1, 2. Fall BGB. Die Klägerin hat sich darauf berufen, die Beklagte habe ihr widerrechtlich gedroht und sie dadurch zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages veranlasst.

Der Klägerin ist zuzugeben, dass die Ankündigung, in einem bestimmten Fall eine Kündigung auszusprechen, eine Drohung darstellt. Diese ist jedoch nicht widerrechtlich.

Die Drohung mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses ist dann widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Ohne Bedeutung ist dabei, ob die in Aussicht gestellte Kündigung tatsächlich Erfolg gehabt hätte. Maßstab ist lediglich, ob ein vernünftiger Arbeitgeber eine Kündigung ernsthaft erwogen hätte (BAG Urteil vom 15.12.2005 - 6 AZR 197/05 - NZA 2006, 841). Es kann vom Arbeitgeber nicht verlangt werden, dass er bei seiner Abwägung dieselbe Beurteilung vornimmt wie das Tatsachengericht. Nur wenn der Arbeitgeber, wobei er alle Umstände des Einzelfalles abzuwägen hat, davon ausgehen muss, dass die angedrohte Kündigung im Fall ihres Ausspruchs mit großer Wahrscheinlichkeit einer arbeitsgerichtlichen Überprüfung nicht standhalten wird, darf er die außerordentliche Kündigung nicht in Aussicht stellen, um den Arbeitnehmer zum Abschluss einer Beendigungsvereinbarung zu veranlassen (BAG aaO.).

Dem Arbeitsgericht ist zuzustimmen, dass die Beklagte vorliegend eine fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Nach Vortrag der Beklagten stellte sich der Sachverhalt so dar, dass innerhalb von 5 Monaten an 10 Tagen statt auszustempeln die Abfragetaste gedrückt worden ist. Das der Schaden mit etwa 5,16 EUR brutto gering ist, ist dabei ohne Bedeutung. Denn maßgeblich für den Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung ist, ob der Arbeitgeber aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes weiterhin in der Lage ist, dem Arbeitnehmer zu vertrauen. Dies kann vorliegend nicht bejaht werden. Durch das wiederholte Drücken der Infoabfrage statt ordnungsgemäß auszustempeln, hat die Klägerin das in sie gesetzte Vertrauen missbraucht. Manipulationen von Arbeitszeiterfassungsgeräten stellen an sich einen Grund zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung dar (BAG, Urteil vom 07.12.2006 - 2 AZR 182/06 - EzA § 84, SGB 9 Nr. 1, LAG Köln, Urteil vom 22.05.2003 - 6 (3) Sa 194/03 - LAGE BGB § 626 Nr. 150). Es ist daher nicht ersichtlich, dass die Drohung der Beklagten in dem Gespräch vom 24.04.2007 widerrechtlich war.

Das tatsächliche Vorbringen der Klägerin in der Beschwerde/dem Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren kann die Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht der erstinstanzlichen Klage nicht zugrunde gelegt werden. Vielmehr ist der Sachverhalt, wie er sich erstinstanzlich für das Arbeitsgericht darstellte, maßgeblich für die Prüfung der hinreichenden Erfolgsaussicht der erstinstanzlichen Klage. Sollte die Klägerin mit ihrer Beschwerde neuen Sachvortrag zum Ablauf gebracht haben, kann dieser daher nicht berücksichtigt werden.

Hinsichtlich der gegen die von der Beklagten zusätzlich ausgesprochenen Kündigung gerichteten Klage ist, wie das Arbeitsgericht in dem Urteil ausgeführt hat, eine Erfolgsaussicht nicht gegeben, da vorrangig der Aufhebungsvertrag zu beurteilen ist. Da der Aufhebungsvertrag wirksam war, geht die Kündigung ins Leere.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen.

Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde sind nicht gegeben.

Ende der Entscheidung

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