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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 11.06.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 15/08
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 611
BGB§ 613 a
1. Die Gewährung eines Sonderzinses von 1% über den Kundenkonditionen durch den Arbeitgeber auf in seinem Geschäftsbereich von Arbeitnehmern, Pensionären und Familienmitgliedern abgeschlossene Bausparverträge hat Entgeltcharakter. Sie stellt eine arbeitsvertragliche entgeltliche Zuwendung in Form einer freiwilligen Sozialleistung dar.

2. Ist der Sonderzins nicht zusätzlich im Bausparvertrag vereinbart, besteht gegenüber der später ausgegliederten und rechtlich verselbständigten Bausparkasse kein Anspruch auf Weitergewährung dieses Sonderzinses für die noch laufenden Bausparverträge, wenn nicht gleichzeitig das Arbeitsverhältnis auf sie übergegangen ist.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Urteil

Im Namen des Volkes

Aktenzeichen: 3 Sa 15/08

Verkündet am 11.06.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 11.06.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 12.12.2007 - ÖD 3 Ca 818 c/07 - abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits (beide Instanzen) trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien darüber, ob die Beklagte dem Kläger Sonderzinsen auf mit ihr eigenständig bestehende Bausparverträge gutzuschreiben hat, oder ob es sich insoweit um Ansprüche aus einem zurückliegenden Arbeitsverhältnis handelt.

Der Kläger war von1980 bis zum 31.12.1998 bei der L...bank Schleswig-Holstein G. (im Folgenden: L...bank) als Steuerreferent beschäftigt. Danach war er im Vorruhestand. Seit dem 01.01.2000 ist er Pensionär.

Die Beklagte war bis zum 01.06.2003 ein rechtlich unselbständiger Zentralbereich der L...bank. Nach § 1 Abs. 1 des Staatsvertrages zwischen der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Land Schleswig-Holstein über die Verschmelzung der L...bank Schleswig-Holstein G. und der Hamburgischen L...bank G. auf eine Aktiengesellschaft wurde die L...bank Schleswig-Holstein unter Auflösung ohne Abwicklung im Wege der Neugründung durch Übertragung der bei Wirksamwerden der Verschmelzung vorhandenen Vermögen beider Anstalten auf eine dadurch gegründete Aktiengesellschaft verschmolzen. Verschmelzungsstichtag war der 01.01.2003. Nach § 1 Abs. 6 des o.g. Staatsvertrages gingen das Vermögen der Schleswig-Holsteinischen L...bank und der Hamburgischen L...bank G. in dem bei Wirksamwerden der Verschmelzung vorhandenen Umfang mit allen Gegenständen des Aktiv-und Passivvermögens mit den Arbeitsverhältnissen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die HSH N...bank AG über. Unmittelbar vor dieser Verschmelzung wurde der bis dahin rechtlich unselbständige Zentralbereich "L...bausparkasse" aus dem Vermögen der L...bank ausgegliedert und auf eine dadurch gegründete Aktiengesellschaft, die Beklagte, übertragen. Gemäß § 4 LBSG gingen die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten, die in der ehemaligen unselbständigen LBS beschäftigt waren, mit dem Tage des Wirksamwerdens der Ausgliederung mit allen Rechten und Pflichten auf die Beklagte über. Bis zu seinem Ausscheiden war der Kläger nicht im ehemals unselbständigen LBS-Bereich tätig.

Zwischen der Beklagten und der HSH N...bank AG bestehen keine gesellschaftlichen Beziehungen und/oder Beteiligungen.

Der Kläger und seine Ehefrau schlossen im Zeitraum 1991 bis zum 21.3.2003 insgesamt 7 Bausparverträge mit der LBS, die damals noch unselbständig war, wobei drei Verträge von dem Kläger allein, drei Verträge von seiner Ehefrau I. und ein weiterer von beiden gemeinsam abgeschlossen wurden. Alle 7 Bausparverträge enthalten unstreitig ausschließlich die Festlegung regulärer Guthabenzinsen und keinerlei ausdrückliche Vereinbarung oder Hinweis bezüglich eines Sonderzinses.

Die L...bank als Arbeitgeberin des Klägers gewährte viele Jahre lang ihren Mitarbeitern bzw. deren Ehegatten sowie ihren Pensionären und deren Ehegatten bei Ab-schluss von Bausparverträgen einen Sonderzins von 1 % über den Kundenkonditionen. Abgewickelt wurde dieses wie folgt: Die L...bausparkasse Schleswig-Holstein, die gemäß § 18 Abs. 3 BSpkG gesondert zu bilanzieren war, schrieb den jeweiligen Bausparverträgen jeweils am Jahresende bezogen auf das aktuelle Bausparguthaben den 1%igen Sonderzins gut. Dieser wurde ausweislich der Kontoauszüge verbucht unter "Zinsen lt. Sonderkondition". Im Gegenzug zahlte die L...bank an die LBS jeweils für den gutgeschriebenen Sonderzins intern einen Ausgleichsbetrag in gleicher Höhe. Die Mitarbeiter der L...bank, so auch der Kläger, waren in die Details der Hintergründe bezüglich der Auszahlungs- und Abwicklungsmodalitäten des Sonderzinses nicht involviert. Für sie war lediglich der Erhalt des Sonderzinses maßgeblich und auch nur auf Basis der jährlichen Kontoauszüge der LBS sichtbar und überprüfbar. Bis einschließlich 2003, dem Jahr der Verschmelzung, Ausgliederung und der Betriebsübergänge erhielt der Kläger den 1%igen Sonderzins auf die 7 laufenden Bausparverträge. Ab 2004 stellte die Beklagte die Gutschrift von Sonderzinsen auf den Bausparkonten ein, nachdem die HSH N...bank AG im Zuge der Verschmelzung und Ausgliederung explizit nicht mehr bereit war, die 1%igen Sonderkonditionen für Bausparverträge nach der Ausgliederung der LBS fortzusetzen.

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage nunmehr für die 7 noch laufenden Bausparverträge ab 2004 diesen Sonderzins von seiner Bausparvertragspartnerin, der LBS. Er hat sich entsprechende eventuelle Rechte seiner Ehefrau abtreten lassen.

Es existieren weder schriftliche arbeitsvertragliche Vereinbarungen noch Betriebsvereinbarungen noch sonstige schriftliche vertragliche Regelungen betreffend einen Anspruch auf den 1%igen Sonderzins zwischen dem Kläger und seiner ehemaligen Arbeitgeberin. Es existiert jedoch ein sogenannter "Sozialkatalog der L...bank Schleswig-Holstein" aus dem Jahre 1991, der anlässlich der Übernahme von WKA-Mitarbeitern durch die Landesbank schriftlich fixiert wurde, um WKA-Mitarbeitern den Eintritt in ein Arbeitsverhältnis zur L...bank schmackhaft zu machen. Diesem Sozialkatalog ist unter Ziffer 7 zu entnehmen, dass laufende Konten, Sparkonten, Bausparguthaben der Mitarbeiter, Ehegatten und minderjährigen Kinder mit 1% über Kundenkonditionen verzinst werden.

Der Kläger hat bereits erstinstanzlich die Ansicht vertreten, die Beklagte sei als unmittelbare Vertragspartnerin der Bausparverträge verpflichtet, den Sonderzins für die Zeit ab 2004 bis zur Beendigung der Bausparverträge zu zahlen. Dieser sei Bestandteil der Bausparverträge gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

1. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Bausparguthaben des Klägers und dessen Ehefrau I. P. zu den Bausparverträgen Nr. ... bis ... seit dem 1.1.2004 weiterhin zusätzlich mit 1% Zins laut Sonderkondition zu verzinsen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Sonderzins sei auf etwaige arbeitsvertragliche Ansprüche zurückzuführen. Ein etwaiger diesbezüglicher Anspruch ergebe sich nicht aus den jeweiligen Bausparverträgen, so dass sie keinen Sonderzins schulde.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, der Zins sei zwar zweifelsfrei aufgrund des Arbeitsverhältnisses des Klägers mit der L...bank gewährt worden. Die L...bank habe dem Kläger aber insoweit keine irgendwie geartete Zusage erteilt. Angesichts der Tatsache, dass der Sonderzins stets von der LBS gewährt und deklariert wurde, habe der Kläger dieses vom Empfängerhorizont nur so einordnen können, dass der Sonderzins von der LBS als Schuldnerin der zusätzlichen Leistung mit eigenem Verpflichtungswillen erbracht werde. Durch die jahrelange Zahlung habe die LBS gegenüber dem Kläger mit Wirkung für die Zukunft einen Vertrauens- und Verpflichtungstatbestand geschaffen. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 12.12.2007 - ö.D. 3 Ca 818 c/07 - Bezug genommen.

Gegen diese der Beklagten am 21.12.2007 zugestellte Entscheidung legte sie am 14.01.2008 Berufung ein, die am 14.02.2008 begründet wurde.

Sie hält das angefochtene Urteil für rechtlich fehlerhaft und verweist insoweit unter anderem auf das Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 16.1.2008 - 3 Sa 347/07 - das zu einem Parallelverfahren ergangen ist und gegen das beim Bundesarbeitsgericht unter dem Aktenzeichen 3 AZR 102/08 ein Revisionsverfahren durchgeführt wird. Die Beklagte vertritt die Auffassung, Inhalt der Bausparverträge sei ausschließlich der im jeweiligen Vertragstext niedergelegte reguläre Guthabenzins. Ein darüber hinausgehender Sonderzins sei ersichtlich an keiner Stelle des Vertrages vereinbart worden. Eine Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung des Sonderzinses sei auch in sonstiger Weise nicht begründbar. Sie, die Beklagte, sei ausschließlich Abrechnungs- und Zahlstelle der L...bank gewesen, die ihrerseits die Höhe der Sonderkonditionen festgelegt und ihr die gegenüber den Bausparvertagspartnern als "Zinsen lt. Sonderkondition" ausgewiesenen Zusatzzinsen auch intern erstattet habe. Da sie zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bausparverträge noch gar nicht rechtlich existent gewesen sei, habe sie auch keinerlei Erklärungen abgeben können. Der Sonderzins sei als Sozialleistung ausschließlich dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen. Auch die Gewährung von Sonderzinskonditionen an Familienmitglieder der L...bank habe stets die Existenz eines Arbeitsverhältnisses vorausgesetzt. Der Zinscharakter werde durch diese Zuordnung als arbeitsvertragliche Sozialleistung nicht verändert.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 12.12.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 12.12.2007 zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Er vertritt die Ansicht, der Anspruch auf einen 1%igen Sonderzins ergebe sich aus den Bausparverträgen. Aus der Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers habe er die Zahlung der "Zinsen laut Sonderkondition" nicht anders ver-stehen können, als dass es sich hierbei um eine Leistung im Rahmen der Bausparverträge handele. Daher seien diese unter anderem auch unter dem Gesichtspunkt der Sachnähe von der Beklagten und nicht etwa vom ehemaligen Arbeitgeber des Klägers geschuldet. Dass es sich um keinen arbeitsvertraglichen Anspruch handele ergebe sich daraus, dass auch Familienmitgliedern der Sonderzins gewährt worden sei, die jedoch nicht in einer arbeitsvertraglichen Beziehung zur L...bank standen. Gegen die Einordnung als arbeitsvertragliche Sozialleistung spreche auch, dass es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen um - ausgewiesene - Zinsen handele und nicht um Arbeitsentgelt. Der Zinsanspruch könne nicht einfach in etwas anderes umgewandelt werden. Soweit es im Zusammenhang mit der Verschmelzung und Ausgliederung im Jahre 2003 anschließend Regelungen und Absprachen gegeben habe, keine Sonderkonditionen mehr für Bausparverträge zu gewähren, z. B. weil die ehemalige Arbeitgeberin diese Produkte nicht mehr vertreibe, könne Derartiges nur mit Wirkung für die Zukunft bzgl. des Abschlusses etwaiger neuer Bausparverträge Auswirkungen haben. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der rechtlichen Verselbständigung alle vertraglichen Verpflichtungen 1:1 übernommen habe. Sie sei damit auch in die Rechte und Pflichten aus den Bausparverträgen einschließlich des dazugehörenden Sonderzinses eingetreten.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie form- und fristgerecht eingereicht worden.

II.

Die Berufung ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat zu Unrecht der Feststellungsklage stattgegeben und dabei darauf abgestellt, dass es sich bei dem begehrten Sonderzins um einen bausparvertraglichen Anspruch handelt. Dem folgt das Berufungsgericht nicht.

Die Gewährung eines Sonderzinses von 1% über den Kundenkonditionen durch den Arbeitgeber auf in seinem Geschäftsbereich von Arbeitnehmern, Pensionären und Familienmitgliedern abgeschlossene Bausparverträge hat Entgeltcharakter. Sie stellt eine arbeitsvertragliche entgeltliche Zuwendung in Form einer freiwilligen Sozialleistung dar. Ist der Sonderzins nicht zusätzlich im Bausparvertrag vereinbart, besteht gegenüber der später ausgegliederten und rechtlich verselbständigten Bausparkasse kein Anspruch auf Weitergewährung dieses Sonderzinses für die noch laufenden Bausparverträge, wenn nicht gleichzeitig das Arbeitsverhältnis auf sie übergegangen ist. Im Einzelnen:

1. Der Anspruch des Klägers auf einen 1%igen Sonderzins ergibt sich nicht unmittelbar aus den 7 noch laufenden Bausparverträgen, die der Kläger und seine Ehefrau mit der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch rechtlich unselbständigen Beklagten als Abteilung ihrer damaligen Arbeitgeberin abgeschlossen haben. Unstreitig war Inhalt der zwischen den Parteien abgeschlossenen Bausparverträge ausschließlich die Vereinbarung des regulären Guthabenzinses. Diesen regulären Guthabenzins haben der Kläger und seine Ehefrau stets erhalten. Die Beklagte hat ihn auch im streitbefangenen Zeitraum gezahlt. Er ist auch für die Zukunft nicht streitig.

2. Der in der Vergangenheit gewährte Sonderzins, den der Kläger auch nach der Verschmelzung, der Ausgliederung der Beklagten und dem Betriebsübergang der L...banken auf HSH N...bank AG ab 2004 bis zum Vertragsende der Bausparverträge begehrt, ist nicht Inhalt der Bausparverträge geworden. Bei dem Sonderzins handelt es sich vielmehr um einen zugesagten, vertraglichen und nachvertraglichen Vergütungsanspruch im Sinne des § 611 Abs.1 BGB aus dem Arbeitsvertrag.

a) Die Gewährung zinsgünstiger Darlehen an Arbeitnehmer ist regelmäßig eine betriebliche Sozialleistung und eine Frage der betrieblichen Lohngestaltung. Im Zusammenhang mit der Gewährung von zinsgünstigen Arbeitgeberdarlehen erhalten die Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen einen Vermögensvorteil, der darin besteht, dass sie das Darlehen nutzen können und dafür eine geringere Gegenleistung erbringen müssen, als bei einer normalen Kreditgewährung. Es handelt sich insoweit um eine freiwillige Sozialleistung, die zwar nicht der unmittelbaren Abgeltung einer zeitlich bestimmbaren Arbeitsleistung dient, die aber dennoch nicht unentgeltlich und vom Arbeitsverhältnis unabhängig erbracht wird. Eine solche Leistung ist Teil der Arbeitsvergütung und damit auch der betrieblichen Lohngestaltung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Die entgeltliche Zuwendung besteht in der Zinsvergünstigung (vgl. BAG v. 09.12.1980 - 1 ABR 80/77 - zitiert nach JURIS, Rd.-Ziff. 22 u. 24 = AP Nr. 5 zu § 87 BetrVG 1972 Lohngestaltung).

b) Den gleichen Entgeltcharakter hat der Sonderzins, den der Kläger vorliegend bezüglich der streitigen 7 Bausparverträge als ehemaliger Arbeitnehmer/Pensionär der L...bank, erhalten hat. Ihm und seiner Ehefrau wurden als Arbeitnehmer/Pensionär bzw. als Ehefrau eines Arbeitnehmers/Pensionärs die Möglichkeit gewährt, im Geschäftsbereich der Arbeitgeberin einen Bausparvertrag zu günstigeren Konditionen abzuschließen als externe Kunden. Der Vermögensvorteil besteht darin, dass er auf die jährlichen Ansparsummen zusätzlich zu dem jedem Bausparkunden gewährten regulären Guthabenzins einen weiteren Sonderzins von 1 % p.a. auf die jeweilige Bausparsumme erhielt. Der Kläger bekam daher eine höhere Gegenleistung als ein externer Bausparkunde. Diese höhere Leistung ist die entgeltliche Zuwendung, die als freiwillige Sozialleistung des Arbeitgebers/ehemaligen Arbeitgebers einzuordnen ist.

3. Entgegen der Ansicht des Klägers und auch des Arbeitsgerichts Kiel ist diese Sozialleistung ausschließlich dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen. Sie dient zwar nicht der unmittelbaren Abgeltung der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung, wird aber dennoch nicht unentgeltlich und vom Arbeitsverhältnis unabhängig erbracht.

a) Dieser Sonderzins ist vergleichbar mit der Gewährung zinsgünstiger Darlehen an Arbeitnehmer im Sinne des BAG vom 09.12.1980 - 1 ABR 80/77 -; oder mit der Einräumung eines sogenannten Personalrabatts, z. B. bei Jahreswagen (vgl. BAG v. 07.09.2004 - 9 AZR 631/03 - AP Nr. 17 zu § 611 BGB); der Gewährung von Sachbezügen oder der Gewährung der Teilhabe an einem Aktienoptionsplan (vgl. BAG v. 12.02.2003 - 10 AZR 299/02 - AP Nr. 243 zu § 613 a BGB). Insoweit handelt es sich regelmäßig um Entgelte im weiteren Sinn, die dem Arbeitnehmer aufgrund sonstiger Regelungen zustehen. Die Zahlung erfolgt mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis, ist Belohnung für gezeigte Betriebstreue und dient der Bindung des Arbeitnehmers an das Arbeitsverhältnis. Inhaltlich verpflichtet beispielsweise die Einräumung von Personalrabatten den Arbeitgeber, mit dem Arbeitnehmer die für den Bezug der Vergünstigung erforderlichen Rechtsgeschäfte zu schließen und wird wegen des erforderlichen "Zwischenschritts" auch als "verdeckte" Sachleistung bezeichnet (BAG v. 07.09.2003 - 9 AZR 631/03 - zitiert nach JURIS, Rd.-Ziff. 38 m.w.N.). Hinzu kommt, dass der Arbeitgeber mit der Einräumung von Personalrabatten regelmäßig mehrere Zwecke verfolgt. Es geht insbesondere um die Motivation der Belegschaft und um deren Identifikation mit den unternehmerischen Zielen; es geht zusätzlich um das 07.09.2003 eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers. Die Personalkäufe sichern in einem gewissen Umfang Produktabsatz und Umsatz (BAG a.a.O., Rd.-Ziff. 41).

b) Vor diesem tatsächlichen und rechtlichen Hintergrund kann nur von der arbeitsrechtlichen Anspruchsgrundlage des Klägers auf Gewährung des 1%igen Sonderzinses für das damalige Produkt ihrer damaligen Arbeitgeberin, Abschluss von Bausparverträgen, ausgegangen werden. Eine andere vertragliche Anspruchszuordnung widerspricht dem tatsächlichen Leistungszweck des Sonderzinses. Die L...bank hat den Sonderzins stets anlässlich des Bestehens von Arbeitsverhältnissen aktiven und "passiven" Mitarbeitern/Pensionären und deren Familienmitgliedern eingeräumt. Dies geschah sowohl unter dem Gesichtspunkt der Betriebstreue als auch unter dem Gesichtspunkt der Förderung der eigenen unternehmerischen Ziele und des Absatzes der eigenen "Produkte", zu denen damals noch Bausparverträge gehörten.

c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass es sich bei den geltend gemachten Ansprüchen um - ausgewiesene - Zinsen handelt und nicht um deklariertes bzw. zu deklarierendes Arbeitsentgelt. Durch die Zuordnung als arbeitsvertragliche Sozialleistung wird der Zinsanspruch nicht einfach in etwas anderes umgewandelt werden, wie der Kläger meint. Der Sonderzins bleibt Zins, der auf die jeweils angesparte Bausparsumme gezahlt wird, genauso wie an Arbeitnehmer und Pensionäre früher vom Arbeitgeber monatlich zur Verfügung gestellte Deputat-Kohle Kohle bleibt, oder ein günstiger Strompreis ein Strompreis und ein günstiger Jahreswagen für Betriebsangehörige ein Jahreswagen. Der Gegenstand, der vom Arbeitgeber mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis - günstiger - gewährt wird, verändert sich nicht dadurch, dass er dem Arbeitsverhältnis zugeordnet wird. Für die Beantwortung der Frage wer ihn schuldet, ist aber zu prüfen, auf welchem Vertrag er beruht. Das ist vorliegend der Arbeitsvertrag, nicht der Bausparvertrag.

d) Bestätigt wird diese Einordnung auch dadurch, dass z. B. im Jahre 1991 die ZinsSonderkondition im Sozialkatalog der L...bank unter Ziffer 7 aufgeführt ist und unstreitig, auch schon vorher, viele Jahre lang - auch ohne betriebliche schriftliche Fixierung - eine von zahlreichen zusätzlichen Sozialleistungen der L...bank war, die diese ihren Mitarbeitern, Pensionären und den jeweiligen Familienangehörigen gewährte. Bereits hieraus wird deutlich, dass der Sonderzins eine viel größere Sachnähe zum Arbeitsverhältnis hat als zum Bausparvertrag. Dessen Abschluss war quasi als "Zwischenschritt" erforderlich, um die Sozialleistung in Form einer Zinsvergünstigung überhaupt gewähren zu können. Auch der 1%ige Sonderzins ist insoweit eine "versteckte" Sachleistung des Arbeitgebers.

e) Die größere Sachnähe des Sonderzinses zum Arbeitsverhältnis zeigt sich auch darin, dass der Sozialkatalog der L...bank Schleswig-Holstein aus dem Jahre 1991 unstreitig gerade deshalb schriftlich fixiert wurde, um WKA-Mitarbeiter zu motivieren, sich mit der Übernahme durch die L...bank einverstanden zu erklären. Auch hierdurch wird die arbeitsvertragliche Anbindung und Zwecksetzung des Sonderzinses deutlich.

4. Etwas anderes ergibt sich zudem nicht daraus, dass Familienmitglieder und Pensionäre ebenfalls Bausparverträge mit einem 1%igen Sonderzins abschließen konnten. Zum einen ist es arbeitsvertraglich durchaus üblich, auch Pensionären und Rentnern als Belohnung für die gezeigte Betriebstreue einen Anspruch auf Sozialleistungen einzuräumen. Aber auch in Bezug auf die Familienmitglieder, die ebenfalls Bausparverträge mit der Sonderzinskondition abschließen konnten, gilt nichts anderes. Leistungsvoraussetzung war stets die Existenz eines Arbeitsverhältnisses eines Mitglieds der Familie mit der Landesbank. Nur wenn diese Voraussetzung erfüllt war, konnten andere Familienmitglieder diese Sozialleistung in Anspruch nehmen. Die "verdeckte" Sachleistung ist insoweit quasi wegen des weiteren erforderlichen "Zwischenschritts" nur nochmals verdeckt.

5. Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Beklagte keinen Einfluss auf die Festlegung der Höhe der Sonderkondition hatte. Diese wurde vielmehr von der L...bank, vorgegeben und festgelegt. Die Beklagte war insoweit tatsächlich lediglich Abrechnungsund Zahlstelle gegenüber dem Kläger als Bausparkunden. Sie war jedoch bezüglich des Sonderzinses nicht Schuldnerin und Vertragspartnerin des Klägers. Der Sonderzinsbetrag hatte für die Beklagte quasi die Funktion eines durchlaufenden Postens, da die L...bank ihr den abgerechneten und ausgezahlten Sonderzinsbetrag erstattete.

6. Es ist auch unbeachtlich, ob und wie der Kläger als Arbeitnehmer/Pensionär der L...bank den Abrechnungs- und Auszahlungsvorgang der Beklagten verstanden und gewertet hat. Durch die Erteilung einer Abrechnung über eine Vergünstigung kommt noch kein Vertrag zwischen dem Abrechnenden und Abrechnungsempfänger zustande, der eine eigenständige Zahlungsverpflichtung des Abrechnenden und einen eigenständigen Zahlungsanspruch des Abrechnungsempfängers herbeiführt. Dieser Ansicht des Kläger sowie des Arbeitsgerichts Kiel kann nicht gefolgt werden. Sie findet keine Stütze in §§ 133, 145 ff, 241 BGB.

7. Ebenso wenig wird die Beklagte deshalb zur Schuldnerin des Sonderzinses, weil es in Bezug auf den Sonderzins, den der Kläger für die 7 Bausparverträge jahrelang erhalten hat, ihm gegenüber keinerlei mündliche oder schriftliche individuelle Zusagen gibt und bei der L...bank insoweit auch keine kollektivrechtliche Regelung im Sinne einer Betriebsvereinbarung existierte. Auch Gesamtzusagen oder auch nur jahrelange betriebliche Übung begründen arbeitsvertragliche Ansprüche von Arbeitnehmern. Typisch für sie ist gerade, dass es keine schriftlichen Fixierungen zwischen den Vertragsparteien gibt. Die L...bank hat unstreitig jahre- wenn nicht gar jahrzehntelang ihren Mitarbeitern, Pensionären und deren Familienmitgliedern einen 1%igen Sonderzins auf Bausparverträgen gewährt. Das deutet auf die Entstehung eines Anspruchs aus betrieblicher Übung auf den Abschluss von Bausparverträgen mit diesem Sonderzins gegenüber der L...bank hin. Diese Frage kann jedoch in diesem Rechtsstreit offen bleiben, die sich die Klage gegen die LBS richtet.

8. Auch die Tatsache, dass die LBS zum Zeitpunkt des Abschlusses der Bausparverträge, für die der zusätzliche Sonderzins begehrt wird, rechtlich unselbstständiger Bestandteil der Arbeitgeberin des Klägers, der L...bank war, führt nicht dazu, dass sie nach ihrer Ausgliederung und Verselbständigung als "Teil-Arbeitgeber" diesen arbeitsvertraglichen Entgeltanspruch erfüllen muss. Das Arbeitsverhältnis des Klägers bestand zur L...bank. Der Kläger hatte kein Arbeitsverhältnis mit der "Abteilung LBS" der L...bank. Er war auch zu keinem Zeitpunkt in dieser rechtlich unselbständigen Abteilung LBS der L...bank beschäftigt, so dass schon aus diesem Grunde eine Rechtsnachfolge im Sinne des § 613a BGB nicht in Betracht kommt.

9. Letztendlich kann dem Kläger auch nicht darin gefolgt werden, ein Anspruch gegenüber der Beklagten auf den Sonderzins ergebe sich daraus, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der rechtlichen Verselbständigung alle vertraglichen Verpflichtungen 1:1 übernommen habe. Sie sei damit auch in die Rechte und Pflichten aus den Bausparverträgen einschließlich des dazugehörenden Sonderzinses eingetreten.

Im Zusammenhang mit der rechtlichen Verselbständigung hat die Beklagte zweifelsfrei "ihre" bausparvertraglichen Rechte und Pflichten selbständig 1:1 übernommen.

Zu diesen gehörte jedoch gerade nicht, dass sie die Gutschrift des 1 %igen Sonderzinses wirtschaftlich und vertraglich im Verhältnis zum Kläger schuldete. Dazu hätte es der zusätzlichen Vereinbarung des Sonderzinses im Bausparvertrag bedurft. Das ist aber gerade nicht geschehen.

10. Nach alledem besteht keine Verpflichtung der Beklagten, nach rechtlicher Verselbständigung der LBS nunmehr weiterhin diesen Sonderzins zu leisten. Das hat das Arbeitsgericht anders gesehen und daher die Beklagte antragsgemäß verurteilt.

Das Urteil war daher auf die Berufung der Beklagten abzuändern. Die Klage war abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Revision war gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG wegen besonderer rechtlicher Bedeutung zuzulassen. Es bestehen noch mehrere hundert laufende Bausparverträge, die Mitarbeiter, Pensionäre und Familienangehörige der Landesbank mit der 1%igen Zinsvergünstigung geschlossen haben und denen der Sonderzins seit dem Jahre 2004 nicht mehr gutgeschrieben wird. Auf das bereits anhängige Revisionsverfahren 3 AZR 102/08 wird verwiesen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil kann durch Einreichung einer Revisionsschrift bei dem Bundesarbeitsgericht in 99084 Erfurt, Hugo-Preuß-Platz 1, Telefax: (0361) 26 36 - 20 00 Revision eingelegt werden.



Ende der Entscheidung

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