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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 15.10.2008
Aktenzeichen: 3 Sa 196/08
Rechtsgebiete: BGB, BAT


Vorschriften:

BAT § 70
BGB § 823
Die Darlegungs- und Beweislast in Mobbing-Fällen trägt der Arbeitnehmer (mit BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06).

Pauschaler und wertender Vortrag mit Worten wie z.B. "gängeln", "beschimpft", oder "verbalen Übergriffen, Beleidigungen und massiven Drohungen" ist nicht ausreichend.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 196/08

Verkündet am 15.10.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 15.10.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehren-amtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.04.2008 - 5 Ca 2291 b/07 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers auf Schmerzensgeld sowie auf die Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruches wegen Mobbingverhaltens eines Vorgesetzten.

Der Kläger ist am ....1957 geboren, mithin 51 Jahre alt, verheiratet und hat zwei Kinder. Er ist zu 60 % schwerbehindert und erhält eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von 770,00 EUR monatlich. Er war vom 01.04.1992 bis zum 31.12.2003 bei dem beklagten Land als Sachbearbeiter im Bereich Arbeitsschutz, zuletzt im Landesamt für Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz tätig. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers fand der BAT Anwendung. Im Juni 2003 befand sich der Kläger in ärztlicher Behandlung bei dem Arzt für Psychiatrie Herrn G. T. (vgl. Schreiben des Arztes, Bl. 156 f. der beigezogenen Akte gleichen Rubrums, Arbeitsgericht Kiel Az.: 4 Ca 2194 b/03 / LAG Schleswig-Holstein 3 Sa 236/04). Der Kläger gab an, am Arbeitsplatz gemobbt zu werden.

Mit Datum vom 30.07.2003 wurde das Arbeitsverhältnis des Klägers ordentlich zum 31.12.2003 gekündigt. Der Kläger wurde umgehend freigestellt. Mit Urteil vom 21.04.2003 obsiegte er erstinstanzlich im Wesentlichen unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten. Der vorgeworfene Verstoß gegen eine Dienstanweisung war als nicht schwerwiegend genug eingeordnet worden, das langjährige Arbeitsverhältnis zu beenden. Im Berufungsverfahren wurden vom Prozessbevollmächtigten des beklagten Landes mit Schriftsatz vom 16.07.2004 Beiträge aus einem Internetforum betreffend das Kündigungsschutzverfahren des Klägers zur Akte gereicht. Es wurde ein Auflösungsantrag von der Arbeitgeberin gestellt. Zweitinstanzlich wurde sodann mit Urteil vom 29.09.2004 die Unwirksamkeit der Kündigung bestätigt und das Arbeitsverhältnis zum 31.12.2003 gegen Zahlung einer Abfindung von 20.000,00 EUR aufgelöst. Bereits in diesem gerichtlichen Vorverfahren hat der Kläger sich darauf berufen, dass er von dem beklagten Land gemobbt werde.

In einem ärztlichen Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. P. H. vom 24.05.2007 heißt es, der Kläger habe bis heute "die Mobbingsituation nicht adäquat verkraftet." Er leide unter einem posttraumatischen Belastungssyndrom, deutlicher Depressivität, einer Somatisierung und Parasuizidalität (Bl. 33 d. A.). Mit Datum vom 28.12.2007 hat der Kläger das vorliegende Verfahren auf Zahlung von Schmerzensgeld sowie auf Feststellung des Bestehens eines Schadensersatzanspruches aufgrund eines Mobbingverhaltens seines ehemaligen Dienstvorgesetzen Herrn Dr. F. E. eingeleitet.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das ist im Wesentlichen mit der Begründung geschehen, sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit dem beklagten Land seien verjährt. Auch habe der Kläger die Ausschlussfrist des § 70 BAT nicht eingehalten. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes, der Anträge sowie der Entscheidungsgründe wird auf das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.04.2008 verwiesen.

Gegen diese dem Kläger am 02.05.2008 zugestellte Entscheidung legte er am 02.06.2008 Berufung ein, die nach Fristverlängerung bis zum 04.08.2008 am 01.08.2008 begründet wurde.

Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Die Ansprüche seien nicht verjährt. Die letzte Mobbinghandlung datiere aus 2004. Sie sei konkret im Kündigungsrechtsstreit erfolgt. So seien im Rahmen des Berufungsverfahrens mit Schriftsatz der Gegenseite vom 27.07.2004 wider besseres Wissens ihm, dem Kläger, Forumbeiträge Dritter aus dem Internet zugeschrieben worden. Durch das Kündigungsschutzverfahren, das erst im Herbst 2004 geendet hat, sei das Arbeitsverhältnis virtuell bis in das Jahr 2004 hinein fortgeführt worden. Deshalb könne nicht auf das rechtliche Beendigungsdatum 31.12.2003 abgestellt werden. Außerdem habe sein damaliger Prozessbevollmächtigter bereits mit Schreiben vom 12.04.2004 Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche dem Grunde nach geltend gemacht und damit die Ausschlussfrist gewahrt. Er, der Kläger, sei während seines Arbeitsverhältnisses mit dem beklagten Land massiven Mobbinghandlungen seines Vorgesetzten Dr. F. E. ausgesetzt gewesen. Dies ergebe sich bereits aus der Akte des Vorprozesses sowie aus den Ausführungen seines damaligen Prozessbevollmächtigten. Das sei durch die erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 07.03.2008 zur Akte gereichte tabellarische Aufstellung (Bl. 55 - 78 d. A.) hinreichend substantiiert dargelegt worden. Es sei dem Kläger weder möglich noch zumutbar, dezidiert darzulegen, welche Mobbinghandlungen im einzelnen ihm von seinem Vorgesetzen zugefügt worden seien, wann dieses geschehen sei und welche Folgen dies gehabt habe. Werde dieses von ihm verlangt, liefe er Gefahr der Retraumatisierung. Im Übrigen werde die Existenz der Mobbingsituation durch das Gutachten von Herrn Dr. H. und den darauf folgenden Rentenbescheid präjudiziert.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 24.04.2008 - öD 5 Ca 2291 b/07 -abzuändern und das beklagte Land zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und festzustellen, dass das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger jeglichen Schaden zu ersetzen, der ihm entstanden ist aufgrund des Mobbingverhaltens des Dienstvorgesetzen Dr. F. E. bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zum 31.12.2003.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen. Es ergänzt und vertieft im Wesentlichen das erstinstanzliche Vorbringen. Etwaige Ansprüche des Klägers seien verjährt, jedenfalls aufgrund der geltenden Ausschlussfrist verfallen. Der Kläger habe bereits 2002 sämtliche Umstände gekannt, auf die er den jetzigen Anspruch stütze. Soweit im Vorprozess Beiträge aus einem Internetforum eingeführt worden sind, sei dieses durch den Prozessbevollmächtigten des beklagten Landes geschehen, nicht jedoch Herrn Dr. E. zuzurechnen. Abgesehen davon stellten diese Beiträge keinen Angriff gegen das soziale Ansehen des Klägers im Beruf dar. Ungeachtet dessen sei der Kläger nicht gemobbt worden. Herr Dr. E. habe ihn weder systematisch ausgegrenzt noch schikaniert oder diffamiert. Das Vorbringen des Klägers zu Mobbinghandlungen sei unsubstantiiert. Abgesehen davon stellten die in der tabellarischen Aufstellung enthaltenen Vorwürfe allesamt keine Mobbinghandlungen dar. Die dort erhobenen Vorwürfe wurden im Einzelnen bestritten.

Der Kläger hat in der Berufungsverhandlung vom 15.10.2008 noch einen Schriftsatz mit mehr als 80seitigen Erläuterungen und Anlagen zu der tabellarischen Auflistung der behaupteten Mobbinghandlungen vom 07.03.2008 überreicht. Die Beklagtenvertreterin bat vorsorglich um Schriftsatznachlass.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und auch innerhalb der gesetzlichen Frist begründet worden.

II. Die Berufung ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat die Zahlungs- und Feststellungsklage zu Recht abgewiesen. Dem folgt das Berufungsgericht im Ergebnis, wenn auch nicht in der Begründung.

1. Die Frage der Verjährung bzw. des Verfalls etwaiger Ansprüche des Klägers kann unbeantwortet bleiben.

a) In Mobbingfällen beginnen die Ausschlussfrist und die Verjährungsfrist wegen der systematischen sich aus mehreren einzelnen Handlungen zusammensetzenden Verletzungshandlung regelmäßig frühestens mit der zeitlich letzten Mobbing-Handlung (vgl. BAG vom 16.05.2007 - 8 ARZ 709/06 - zitiert nach JURIS).

b) Die Tatsache, dass der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes zur Untermauerung des Auflösungsantrages Mitte 2004 unter anderem Bezug genommen hat auf Internetveröffentlichungen anlässlich des Kündigungsrechtsstreits erster Instanz, dürfte nicht als Mobbinghandlung des beklagten Landes, begangen durch Herrn Dr. F. E. zu werten sein. Zum einen hat insoweit nicht der ehemalige Vorgesetzte des Klägers gehandelt, sondern der Prozessbevollmächtigte des beklagten Landes. Zum anderen war dessen Vorgehensweise und Sachvortrag weder diskriminierend noch schikanierend noch von einer systematischen Anfeindung des Klägers geprägt. Das diesbezügliche Verhalten des Prozessbevollmächtigen des beklagen Landes ist der Wahrnehmung berechtigter Interessen zuzuordnen. Damit läge eine etwaige letzte Mobbinghandlung in 2003.

Es kann jedoch letztendlich dahingestellt bleiben, ob etwaige Ansprüche des Klägers verjährt sind oder der Ausschlussfrist des § 70 BAT unterfallen. Die Klage ist aus anderen Gründen unbegründet.

2. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, dass er durch schuldhaft begangene Persönlichkeitsrechts- oder Gesundheitsverletzungen seines Vorgesetzten kausal geschädigt wurde.

a) Mobbing ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte (vgl. nur BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - zitiert nach JURIS - Rz. 58 - mit einer Vielzahl von Rechtsprechungsnachweisen). Andere Gerichte definieren Mobbing als fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen am Arbeitsplatz gegenüber einzelnen Mitarbeitern zur Erreichung von Zielen, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt sind und die jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Mobbingopfers verletzen (so z. B. LAG Thüringen vom 15.02.2001 - 5 Sa 102/00 - NZA-RR 2001, 577, 579 f.; LAG Hamm vom 07.11.2006 - 9 Sa 444/06 m. w. N.). Beide Definitionen stimmen im Kern überein (BAG vom 16.05.2007, a.a.O). Einigkeit besteht, dass Mobbing als solches kein Rechtsbegriff und keine Anspruchsgrundlage ist. Der Begriff und seine Benutzung haben keinen Einfluss auf die rechtliche Prüfung. Nicht alles, was als Mobbing bezeichnet wird, ist von rechtlicher, d. h. insbesondere arbeitsrechtlicher und schadensrechtlicher Relevanz (BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - Rz. 56). Vielmehr ist in jedem Einzelfall eine Subsumtion erforderlich um festzustellen, ob die Verhaltensweisen rechtlich relevant sind und Ersatzansprüche auslösen.

b) Da "Mobbing" als eigenständige Anspruchsgrundlage, vergleichbar mit einer Rechtsnorm, ausscheidet, erübrigt sich im Ergebnis eine allgemeingültige Definition des Begriffes "Mobbing". Es muss jeweils geprüft werden, ob der in Anspruch Genommene in den vom Kläger genannten Einzelfällen arbeitsrechtliche Pflichten, ein absolutes Recht des Arbeitnehmers im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB, ein Schutzgesetzt im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB verletzt oder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung im Sinne des § 826 BGB begangen hat. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass es Fälle gibt, in denen die einzelnen, vom Arbeitnehmer dargelegten Handlungen und Verhaltensweisen seiner Vorgesetzten für sich allein betrachtet noch keine Rechtsverletzungen darstellen. Die Gesamtschau der einzelnen Handlungen oder Verhaltensweisen kann jedoch zu einer Vertrags- oder Rechtsgutverletzung führen, wenn ihnen eine Systematik und die Zielrichtung der Beeinträchtigung eines geschützten Rechts des Arbeitnehmers zugrundeliegt (vgl. BAG vom 25.10.2007 - 8 AZR 593/06 - zitiert nach JURIS, Rz. 56 m. w. N.). Es reicht insoweit aber nicht aus, dass Maßnahmen des Arbeitgebers Belastungen für Arbeitnehmer mit sich bringen. Selbst wenn diese Maßnahmen als Wahrnehmung vermeintlicher Rechte unwirksam waren, z. B. Kündigungen, kann hieraus allein nicht auf Mobbing geschlossen werden. Erst wenn man aus den gemachten Fehlern schließen kann, dass der Arbeitnehmer zermürbt werden sollte, ergibt sich eine andere Beurteilung (LAG Berlin vom 17.01.2003, 6 SA 1735/02). Auch wenn es zu justiziablen Auseinandersetzungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer z. B. um die Reichweite des Direktionsrechts kommt, handelt es sich um im Arbeitsleben normale Konflikte, die unter Zuhilfenahme der Arbeitsgerichte geklärt werden müssen (LAG Schleswig-Holstein vom 01.04.2004 - 3 Sa 542/03 - NZA-RR 2005, 15, 17). Wenn der Arbeitgeber im Rahmen dieser gerichtlichen Auseinandersetzung seine Rechtsposition verteidigt, so liegt hierin kein Mobbing (OLG Stuttgart vom 28.07.2003 - 4 U 51/03). Sofern der Arbeitnehmer das Vorliegen von Mobbing bei der Ausübung des Direktionsrechts behauptet, muss er Umstände darlegen, aus denen sich z. B. eine schikanöse Motivation ergibt (BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06, Rz. 85 mit einer Vielzahl von Rechtsprechungsnachweisen; LAG Schleswig-Holstein vom 28.03.2006 - 5 Sa 595/05, NZA-RR 2006, 402, 403). Häufiger Anlass für die Behauptung des Vorliegens von Mobbing sind Kritik am Arbeitsplatz oder gar Abmahnungen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitgeber, der sich von einem Arbeitnehmer wegen Unzufriedenheit mit der Arbeitsleistung trennen will, seine Beanstandungen konkret bezeichnen und die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Wiederholungsfall androhen muss (LAG Berlin vom 15.07.2004 - 16 Sa 2280/03, NZA-RR 2005, 13, 14). Eine berechtigte Abmahnung kann grundsätzlich kein Mobbing sein. Auch stellt eine Abmahnung, die sich im Nachhinein als unwirksam erweist, keine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar (LAG Rheinland-Pfalz vom 02.08.2007 - 11 Sa 302/07). Auch hier müssen verwerfliche Motive hinzukommen, um das Vorliegen von Mobbing bejahen zu können.

Aber auch wenn Verhaltensweisen einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellen, führt dies nicht automatisch zur Annahme eines Mobbingkontextes. Soweit Teilakte vorgebracht werden, die für sich betrachtet rechtlich "neutral" sein können, muss eine Gesamtschau angestellt werden. Ihnen muss die zusammenfassende Systematik und Zielrichtung zugrundeliegen, Rechte und Rechtsgüter - Persönlichkeitsrecht und/oder die Gesundheit des Betroffenen - zu beeinträchtigen (BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - zitiert nach JURIS, Rz. 58 m. w. N.).

c) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Mobbinghandlung trägt nach allgemeinen Grundsätzen der betroffene Arbeitnehmer (BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - zitiert nach JURIS, Rz. 88 m. w. N.). Der Arbeitnehmer hat konkret die Tatsachen anzugeben, aus denen er das Vorliegen von Mobbing ableitet (BAG vom 23.01.2007 - 9 AZR 557/06 - zitiert nach JURIS). Pauschaler und wertender Vortrag mit Worten wie z. B. "gängeln" (LAG Schleswig-Holstein vom 28.03.2006 - 5 Sa 595/06), "beschimpft" (LAG Nürnberg vom 05.09.2006 - 6 Sa 537/04), "verbalen Übergriffen, Beleidigungen und massiven Drohungen" (LAG Köln vom 21.04.2006 - 12 (7) Sa 64/06) ist nicht ausreichend. Die Darlegungen haben sich, soweit gesundheitliche Folgen behauptet werden, außerdem auch darauf zu erstrecken, dass die beanstandeten Verhaltensweisen dieses ausgelöst haben (BAG vom 16.05.2007 - 8 AZR 709/06 - zitiert nach JURIS, Rz. 93). Die Vorlage ärztlicher Bescheinigungen, auch wenn diese einen Hinweis dergestalt enthalten, dass die psychische Erkrankung auf der Situation am Arbeitsplatz oder sogar auf Mobbing beruhe, ist für die Darlegung und Beweisführung weder im Hinblick auf die behaupteten Handlungen noch auf die Kausalität ausreichend. Der Arzt kennt regelmäßig die Situation am Arbeitsplatz nicht, sondern ist auf die Schilderung des Arbeitnehmers angewiesen (LAG Baden-Württemberg vom 28.06.2006 - 6 Sa 93/08; LAG Hamm vom 07.11.2006 - 9 Sa 444/06; LAG Hamm vom 19.12.2006 - 9 Sa 836/06).

3. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger das Vorliegen einer Mobbinghandlung seines Vorgesetzten Herrn Dr. E. nicht hinreichend dargelegt. Das gilt einerseits unter Zugrundelegung seines tabellarischen Vorbringens aus dem Schriftsatz vom 07.03.2008. Das gilt andererseits auch unter Betrachtung des - verspätet im Sinne des § 67 Abs. 4 ArbGG vorgebrachten - schriftsätzlichen Vorbringens vom 15.10.2008, das das beklagte Land angesichts seines Umfanges noch nicht einmal inhaltlich zur Kenntnis nehmen konnte. Erst Recht war hierzu schon allein angesichts des Umfangs keine Stellungnahme möglich.

Der Kläger führt in der am 07.03.2008 zur Akte gereichten Tabelle an, er sei ab 1998 mit "zu viel Arbeit zugeschüttet" worden. Es handelt sich insoweit um pauschalen wertenden Sachvortrag, der nicht einlassungsfähig ist. Ebenso wenig ist eine Zielrichtung einer etwaigen Persönlichkeitsrechtsverletzung feststellbar, geschweige denn eine verwerfliche. Gleiches gilt für die Vorwürfe, ihm seien ab 1998 Arbeiten zugewiesen worden, die er nicht mochte oder die ihm nicht lagen. Auch die Behauptung der nicht vergütungsgruppengerechten Tätigkeit ist weder substantiiert dargelegt worden noch ist eine Zielrichtung eines systematischen Anfeindens, Schikanierens oder Diskriminierens durch Herrn Dr. E. ersichtlich. Soweit der Kläger vorträgt, ihm sei gezielt unberechtigt und willkürlich die Betreuung von Betrieben entzogen worden, beispielsweise A, C, A. und J., handelt es sich ebenfalls um pauschalen und wertenden Sachvortrag. Ungeachtet dessen ist der Entzug der Betreuung dieser Betriebe ausweislich der sich in der Akte des Vorprozesses (Arbeitsgericht Kiel Az: 4 Ca 2194 b/03 -LAG Schleswig-Holstein Az: 3 Sa 236/04) befindlichen Unterlagen von Beschwerden dieser Betriebe über das Verhalten des Klägers über sein Auftreten als Arbeitsschutz-/Arbeitssicherheitsbeauftragter ausgelöst worden. Die Anweisung des beklagten Landes, Schreiben des Klägers vor dessen Abgang den Vorgesetzten zur Kenntnisnahme vorzulegen, hatte ausweislich des Vorprozesses konkrete Auslöser. Die Abmahnung beruhte darauf, dass der Kläger sich an diese Anweisung nicht immer gehalten hat. Der Vorwurf, ihm sei Kompetenz abgesprochen worden und er sei "ausgebremst worden", ihm seien "Fehler anderer in die Schuhe geschoben worden", ist ausschließlich wertend und unsubstantiiert. Die Kündigung war nicht "willkürlich" sondern ausweislich des Vorprozesses nur nicht "verhältnismäßig". Die Androhung einer Kündigung im Zusammenhang mit der ausgesprochenen Abmahnung ist juristisch erforderlich, um überhaupt eine wirksame Abmahnung darstellen zu können. Hieraus wird eine gezielte Anfeindung durch Vorgesetzte des Klägers nicht ersichtlich.

Die Gesamtschau der Einzelsachverhalte, die bereits alle im zurückliegenden Kündigungsschutzverfahren zum Aktenzeichen 4 Ca 2194 b/03 - 3 Sa 236/04 von Klägerseite in den Prozess eingeführt worden sind, lässt kein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren des Klägers durch Herrn Dr. E. erkennen. Vielmehr wird wiederum deutlich, dass das Thema "Mobbing" sich im Zusammenhang mit der langjährigen Bearbeitung durch den Kläger bei diesem selbst derart "verselbständigt" hat, dass es für ihn persönlich nicht mehr kontrollierbar, sondern zum Selbstzweck geworden ist. Wie bereits in dem Auflösungsurteil vom 24.01.2004 unter III 2 c festgestellt, hat Kritik des Vorgesetzten sowie die Ausübung des Weisungsrechtes durch den Vorgesetzten ab einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt bei dem Kläger dazu geführt, dass dieser begonnen hat, den Spieß umzudrehen und sich in eine Opferrolle zu setzen. Durch diese schon seit längerem Zeitraum nicht mehr steuerbare Reaktion hat er sich für Weisungen und konstruktive Kritik seines Arbeitgebers unerreichbar gemacht und rechtlich neutrale Einzeltatsachen, die auch rechtlich neutral gemeint waren, als systematische Angriffe eingeordnet. Eine feindlich gesonnene Systematik im Handeln des Vorgesetzen des Klägers war schon 2004 im Kündigungsschutzverfahren nicht feststellbar und lässt sich auch dem Vorbringen des Klägers - zu welchem Zeitpunkt es auch immer schriftsätzlich vorgebracht wurde - nicht entnehmen.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat auch die Äußerung des ärztlichen Gutachters Dr. H.r vom 24.05.2007 und vom 18.07.2005 ebenso wenig Bedeutung für das vorliegende Schadensersatz- und Schmerzensgeldbegehren, wie der Rentenbewilligungsbescheid. Gutachten und Rentenbescheid benutzen - ausschließlich ausgehend von Angaben des Klägers - den Begriff "Mobbing", ohne auch nur ansatzweise Tatsachen festgestellt zu haben, die ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren durch den Vorgesetzten des Klägers belegen und bestätigen. Dort wird vielmehr nach Feststellung des Vorliegens eines Krankheitsbildes der vom Kläger benutzte Begriff "Mobbing" zur Ursachenzuordnung pauschal übernommen. Hieraus kann keine präjudizielle Wirkung für das Vorliegen eines Schadensersatz-und Schmerzensgeldanspruches abgeleitet werden.

4. Aus den genannten Gründen ist die Schmerzensgeld- und Schadensersatzfeststellungsklage im Ergebnis zu Recht vom Arbeitsgericht abgewiesen worden. Die Berufung war daher unbegründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich vorliegend ausschließlich um eine Einzelfallentscheidung handelt. Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

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