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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 08.11.2007
Aktenzeichen: 3 Sa 272/07
Rechtsgebiete: BAT, TVöD, BGB


Vorschriften:

BAT § 70 Satz 1
TVöD § 37 Satz 1
BGB § 242
1) Zur Wahrung der die schriftliche Geltendmachung verlangenden Ausschlussfrist des § 70 Satz 1 BAT/37 Satz 1 TVöD muss dem Arbeitgeber mindestens ein urheberrechtlich dem Anspruchsteller zuzuordnendes anspruchsbegründendes Schriftstück vorgelegen haben und beim Arbeitgeber in irgendeiner Form verbleiben.

2) Es reicht für die schriftliche Geltendmachung nicht aus, wenn der Arbeitnehmer ein - unvollständiges - Antragsformular ausfüllt, es mit dem Arbeitgeber erörtert und dann komplett wieder an sich nimmt, ohne dass hierüber ein Vorgang angelegt wird.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 272/07

Verkündet am 08.11.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des auf die mündliche Verhandlung vom 08.11.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 04.04.2007 - 4 Ca 2079 e/06 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin rückwirkend einen Anspruch auf kinderbezogenen Ortszuschlag hat oder ob dieser verfallen ist. Streitgegenstand sind Ansprüche im Wesentlichen aus 2003 und 2004.

Die Klägerin ist seit dem 16.03.1999 bei der beklagten Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT bzw. nunmehr der TVöD Anwendung.

Die Klägerin hat eine Tochter K., geboren am .......1982, die im Oktober 2001 ein Studium aufnahm und ohne Unterbrechung im streitbefangenen Zeitraum studierte.

Sie hat darüber hinaus einen Sohn K., geboren am 1985, der im März 2003 18 Jahre alt wurde und zu diesem Zeitpunkt bereits in einem Berufsausbildungsverhältnis stand.

Die Beklagte zahlt neben der Grundvergütung und dem Ortszuschlag kinderbezogenen Ortszuschlag (im Folgenden: KOZ) im Sinne des § 29 Buchst. B. Abs. 4 BAT. Am 10.01.2003 übersandte sie der Klägerin ein Antragsformular: "Erklärung/Antrag zur Weiterzahlung von Kindergeld/Familien-/Orts-/Sozialzuschlag" für ihren Sohn K., da dieser demnächst 18 Jahre alt wurde. Am 10.02.2003 übermittelte die Beklagte der Klägerin ein entsprechendes Antragsformular für ihre Tochter K., da ihr Semester im April 2003 endete und neue Studien- und Einkommensnachweise beizubringen waren. Die Klägerin füllte diese Unterlagen mit Datum vom 28.02.2003 - noch unvollständig - aus. Ob sie die Antragsformulare bei der Beklagten abgegeben hat, ist streitig. In ihrer Personalakte befinden sie sich jedenfalls nicht.

Am 11.03.2003 kam es zu einem Gespräch zwischen der Klägerin, dem Zeugen F., der bei der Beklagten für die Bearbeitung der Kindergeldansprüche und des KOZ der Klägerin zuständig ist, sowie dessen Vorgesetzten Herrn D.. In diesem Gespräch wurden Unvollständigkeiten des Antrages besprochen. Wer zu diesem Zeitpunkt im Besitz der Anträge war und am Ende des Gespräches blieb, ist streitig. Jedenfalls schickte die Klägerin nach diesem Gespräch am 11.03.2003 um 18.04 Uhr an den Zeugen F. folgende E-Mail:

"Betreff: Eklörung zum Kindergeld für K. und K. M.

Hallo Herr F.,

aufgrund der von Ihnen kritisierten Art des Ausfüllens der obigen Erklärungen, bitte ich sie mir die Vordrucke erneut zur Verfügung zu stellen, damit die vorzunehmenden Eintragungen ohne "Tipp-Ex" vorgenommen werden können.

Vielen Dank.

R. M." (Anlage K 3 - Bl. 10 d. A.)

Noch am 11.03.2003 erhielt die Klägerin daraufhin die erwünschten neuen Vordrucke.

Ab 01.04.2003 stellte die Beklagte die Zahlung von Kindergeld und KOZ für K. ein. Am 28.04.2003 erinnerte die Beklagte "an die Abgabe der Erklärung bzw. des Antrages zur Weiterzahlung von Kindergeld und kindergeldbezogenen Leistungen" (Bl. 11. D. A.). Darauf antwortete die Klägerin noch am 28.04.2003 wie folgt:

"Guten Tag Herr F.,

bei unserem letzten Gespräch am haben Sie mir mitgeteilt, dass das Kindergeld und der kinderbezogene Ortszuschlag nur dann gewährt werden kann, wenn die von Ihnen geforderten Unterlagen vollständig (incl. Anschrift der Kinder etc.) ausgefüllt vorgelegt werden. Der Hinweis auf "wie bisher" darf nicht erfolgen. ... Jetzt erinnern Sie an die von mir abzugebenden Erklärungen.

Die von Ihnen erinnerte Abgabe kann ich auch insoweit nicht nachvollziehen, als für K. bereits im April 2003 weder Kindergeld noch der kinderbezogene Ortszuschlag gewährt wurde.

Ich habe nach unserem letzten Gespräch und der Verdienstabrechnung für 04/03 weder die Zahlung des Kindergeldes noch des kinderbezogenen Oz für K. angemahnt, verstehe also Ihre Erinnerung nicht. Ausschlussfristen für die Gewährung wurden bisher nicht genannt.

Nach den mir mittlerweile vorliegenden Informationen - auf die ich leider nicht von Ihnen aufmerksam gemacht wurde - besteht die Möglichkeit, auch am Jahresende für den zurückliegenden Zeitraum eine entsprechende Nachzahlung bzw. Gewährung zu erhalten, wenn überschaubar ist, ob die Einkünfte nach Abzug aller Werbungskosten eine Weitergewährung des Kindergeldes rechtfertigen.

Gibt es bei der Stadt S. für die Gewährung von Kindergeld oder den Kinderbezogenen Ortszuschlag Sonderregelungen die von der üblichen Praxis des Arbeitsamtes oder anderer Arbeitgeber abweichen, über die Sie mich bisher nicht informiert haben?

Ich teile Ihnen aber schon heute mit, dass ich auch vor Mitte 06/03 keine Erklärungen abgeben kann, da ich mich bis Ende 05/03 in Urlaub befinde und hoffe insofern auf Ihr Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen

R. M." (Anlage K 4 - Bl. 11 d. A.)

Knapp zwei Jahre später, nämlich am 29.03.2005, beantragte die Klägerin für ihre Tochter K. sodann Kindergeld und KOZ ab 01.01.2004 nebst Beifügung einer Erklärung zu den Einkünften und Bezügen eines über 18 Jahre alten Kindes (Anlage K 5 - Bl. 12 - 15 d. A.). Am 18.05.2005 gab die Beklagte dem Antrag vollen Umfanges statt (Anlage K 6 - Bl. 16 - 19 d. A.).

Mit Datum vom 10.10.2005 wurde der Einkommenssteuerbescheid der Klägerin für 2003 erlassen. Am 18.10.2005 verfolgte sie unter Hinweis auf den nunmehr vorliegenden Einkommenssteuerbescheid die Zahlung von Kindergeld für K. und K. für 2003 weiter (Bl. 20 d. A.). Mit Datum vom 08.11.2005, dem ein Gespräch über eine mögliche Verjährung der Ansprüche vorausgegangen war, nahm die Klägerin zum Sachverhalt Stellung. Dort heißt es unter anderem wie folgt:

"Antrag auf Gewährung des kinderbezogenen Ortszuschlages 2003

Sehr geehrter Herr F.,

Anfang des Jahres 2003 erhielt ich von SG Personalangelegenheiten die Erklärung/Antrag zur Weiterzahlung von Kindergeld und Familien-/Ortszuschlag. ...

Aufgrund der seitens des SG Personalangelegenheiten zusätzlich zu den bisher erforderlichen Unterlagen angeforderten Bescheinigungen (Arbeitgebererklärung von K. am 01.01. (!) 2003) und aufgrund der noch nicht feststehenden Werbungskosten, wurde auf eine Abgabe der Anträge für beide Kinder vorläufig verzichtet. Hierzu wurde das in der Anlage beigefügte Schreiben vom 28.04.03 verfasst.

Darin wurde darauf abgestellt, dass von mir der Antrag auf Gewährung von Kindergeld und den Kinderbezogenen Ortszuschlag gestellt wird, wenn bekannt ist, dass die Einkünfte nach Abzug aller Werbungskosten eine Weitergewährung von Kindergeld rechtfertigen.

Aufgrund der beantragten Anerkennung von Werbungskosten oberhalb des Pauschalbetrages wurde daher mein Einkommensteuerbescheid 2003, der am 10.10.2005 erlassen wurde, abgewartet.

...

In meinem Anschreiben an Sie vom 28.04.2003 wurde darauf hingewiesen, dass Ausschlussfristen für die Gewährung des Kinderbezogenen Ortszuschlages bis dato nicht genannt wurden.

..." (Anlage K 8 - Bl. 21 f. d. A.)

Mit Datum vom 11.11.2005 lehnte die Beklagte unter Berufung auf die Ausschlussfrist des § 70 BAT/37 TVöD die Ansprüche auf Zahlung des KOZ für K. für die Monate April 2003 bis Dezember 2004 ab (Anlage K 9 - Bl. 23 d. A.). Mit gleichem Datum erhielt die Klägerin auch für ihre Tochter K. eine Ablehnung des Antrages auf Gewährung von KOZ für die Monate Mai 2003 bis Dezember 2003. Im Anschluss daran kam es zu diverser Korrespondenz, bis schließlich die Klägerin am 15.11.2006 Zahlungsklage erhob. Sie hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, rückwirkend den kinderbezogenen Ortszuschlag in Höhe von monatlich 88,78 € für den Zeitraum Mai 2003 bis Dezember 2003 zzgl. 5 % Zinsen ab Fälligkeit für meine Tochter K., geb. ....1982, zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, rückwirkend den kinderbezogenen Ortszuschlag in Höhe von monatlich 88,78 € für den Zeitraum April 2003 bis Dezember 2003, in Höhe von monatlich 89,67 € für Januar 2004 bis Dezember 2004 und in Höhe von monatlich 90,57 € für Januar 2005 zzgl. 5 % Zinsen ab Fälligkeit für meinen Sohn K., geb. ....1985, zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das geschah im Wesentlichen mit der Begründung, die geltend gemachten Ansprüche der Klägerin auf Zahlung des KOZ seien verfallen, da die Klägerin diese Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht habe. Hinsichtlich des Eingangs und der Übergabe der Anträge vom 28.02.2003 sei sie darlegungs- und beweisfällig geblieben. Erstmals wirksame Anträge seien für K. am 29.03.2005 und sodann am 08.11.2005 für K. und K. bezogen auf den Zeitraum ab April/Mai 2003 gestellt worden. Das liege außerhalb der Ausschlussfrist. Eines Hinweises auf den Lauf der Ausschlussfrist habe es seitens der Beklagten nicht bedurft. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Inhalt des erstinstanzlichen Urteils vom 04.04.2007 Bezug genommen.

Gegen diese der Klägerin am 11.06.2007 zugestellte Entscheidung legte sie am 06.07.2007 Berufung ein, die nach Fristverlängerung bis zum 11.09.2007 am 11.09.2007 begründet wurde.

Die Klägerin ergänzt und vertieft im Wesentlichen ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie trägt vor, sie habe am 28.02.2003 sowohl für ihre Tochter K. als auch für ihren Sohn K. beim Sachgebiet Personalangelegenheiten der Beklagten einen Weiterbewilligungsantrag eingereicht. Dem Antrag für K. habe sie Fotokopien des Ausbildungsvertrages beigefügt. Sie habe die Anträge im Raum "Sachgebiet Personalangelegenheiten" einer Anwesenden ausgehändigt. Eine Woche später habe der Zeuge F. ihr in einem Gespräch mitgeteilt, dass die Formulare nicht korrekt ausgefüllt seien. Diese Äußerung habe er nur machen können, wenn ihm die Anträge zugegangen seien, anderenfalls habe er das nicht wissen können. Damit habe sie die Geltendmachungsfristen des § 70 BAT/37 TVöD eingehalten. Wenn dann ein Antrag bei der Beklagten abhanden komme, könne dieses der Klägerin nicht angelastet werden. Die Originale der Antragsformulare seien bei der Beklagten eingegangen und auch dort verblieben. Sie habe sich lediglich Fotokopien gemacht. Zwischen dem 18.03. und 28.04.2003 habe es sodann ein erneutes Gespräch zwischen ihr und dem Zeugen F. gegeben. In diesem habe ihr der Zeuge F. angesichts der noch nicht übermittelten neu ausgefüllten Antragsformulare nebst Bescheinigung sinngemäß gesagt, sie könne jederzeit innerhalb der "Verjährungsfristen" das Kindergeld und den KOZ geltend machen (Berufungsbegründung - Bl. 104 d. A.). Insoweit sei jedenfalls die Berufung auf die Ausschlussfristen treuwidrig. Die Beklagte habe sie im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht darauf hinweisen müssen, dass die Ausschlussfristen laufen und mit der Antragstellung nicht gewartet werden dürfe. Im Übrigen habe die Beklagte für K. ohne Berufung auf die Ausschlussfrist für das gesamte Jahr 2004 anstandslos KOZ gezahlt. Entsprechend müsse sie auch in Bezug auf ihren Sohn K. handeln.

Die Klägerin beantragt,

1. das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 4. April 2007 - 4 Ca 2079 e/06 - wird abgeändert.

2. Die Beklagte wird verurteilt, rückwirkend den kinderbezogenen Ortszuschlag in Höhe von monatlich 88,78 EUR für den Zeitraum Mai 2003 bis Dezember 2003 nebst 5 % Zinsen ab Rechtshängigkeit der Klage für die Tochter der Klägerin K., geboren am ... 1982 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, rückwirkend den kinderbezogenen Ortszuschlag in Höhe von monatlich 88,78 EUR für den Zeitraum April 2003 bis Dezember 2003 in Höhe von monatlich 89,67 EUR für Januar 2004 bis Dezember 2004 und in Höhe von monatlich 90,57 EUR für Januar 2005 nebst 5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit der Klage für den Sohn der Klägerin K., geboren am ...1985 zu zahlen.

Die Klägerin hat insoweit klargestellt, dass es sich um Bruttobeträge handele.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Sie bestreitet, dass von der Klägerin Anträge auf Gewährung von Kindergeld und KOZ für die Tochter K. und den Sohn K. am 28.02.2003 abgegeben wurden. Ein solcher Antrag sei ihr nie zugegangen. Ein nicht vorgelegter Antrag entfalte daher keine Rechtswirkungen. Am 11.03.2003 habe ein Gespräch mit der Klägerin, Herrn D. und dem Zeugen F. stattgefunden, zu dem die Klägerin die Weiterzahlungsanträge mitgebracht habe, allerdings ohne Belege. In diesem Zusammenhang seien die Unvollständigkeiten erläutert worden. Dann habe die Klägerin die Anträge wieder mitgenommen zwecks Ergänzung. Danach habe sie ausweislich der E-Mail vom 11.03.200 neue Antragsformulare erbeten, um nicht mit Tipp Ex arbeiten zu müssen. Da der Beklagten keinerlei Anträge vorgelegen hätten, sei die Klägerin letztendlich mit E-Mail vom 28.04.2003 an die Hergabe erinnert worden. Weitere Gespräche zwischen dem 18.03.2003 und dem 28.04.2003 habe es mit der Klägerin nicht gegeben. Der Zeuge F. habe zu keinem Zeitpunkt mit der Klägerin über Geltendmachungszeiträume, bspw. innerhalb von Verjährungsfristen, gesprochen. Für die Gewährung von Kindergeld und KOZ für K. für den Zeitraum ab April 2003 und für K. für den Zeitraum von Mai 2003 bis Dezember 2003 seien erstmals am 31.10.2005 gestellt worden. Über Ausschlussfristen etc. habe sie die Klägerin nicht aufklären müssen.

Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben über die Behauptung der Klägerin, der Sachbearbeiter Herr F. sei in dem Gespräch am 11.03.2003 bereits im Besitz der Anträge auf Weiterzahlung von Kindergeld und KOZ für die Kinder der Klägerin gewesen und verblieben. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 08.11.2007 verwiesen. Im Übrigen wird Bezug genommen auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden.

II.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat die Zahlungsklage zu Recht abgewiesen und insbesondere darauf abgestellt, dass etwaige Ansprüche der Klägerin auf Erhalt kinderbezogener Ortszuschläge im streitbefangenen Zeitraum unter Berücksichtigung der tarifvertraglichen Ausschlussfrist verfallen sind. Es hat auch zu Recht eine Hinweispflicht der Beklagten auf die Ausschlussfrist verneint. Dem folgt das Berufungsgericht. Zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen. Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

1. Nach § 70 S. 1 BAT/§ 37 S. 1 TVöD verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vom Angestellten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden, soweit tarifvertraglich nichts anderes bestimmt ist.

Die Vergütungsansprüche der Klägerin für die Monate ab April 2003 waren jeweils am letzten Tag eines jeden Monats (Zahltag) für den laufenden Monat zu zahlen (§ 36 Abs. 1 BAT), und demnach mit diesem Zeitpunkt fällig. Die Bezüge des auf den Zeitraum 2003 bis Januar 2005 anzuwendenden § 36 BAT setzten sich aus der Grundvergütung und dem Ortszuschlag zusammen (§ 26 Abs. 1 BAT). Dazu zählt auch der kinderbezogene Teil des Ortszuschlages nach § 29 Buchst. B Abs. 4 BAT.

2. Nach § 29 Buchst. B Abs. 4 BAT erhalten Angestellte der Stufe 1, denen Kindergeld nach dem EStG oder nach dem BKGG zusteht oder ohne Berücksichtigung des § 64 oder 65 EStG oder des § 3 oder 4 BKGG zustehen würde, zusätzlich zum Ortszuschlag der Stufe 1 den Unterschiedsbetrag zwischen Stufe 2 und der Stufe, die der Anzahl der berücksichtigungsfähigen Kinder entspricht. Dafür kommt es weder darauf an, ob ein formeller Verwaltungsakt über die Gewährung von Kindergeld vorliegt, noch ob Kindergeld tatsächlich gezahlt wird (BAG vom 18.11.2004 - 6 AZR 512/03 - zitiert nach JURIS). Der KOZ-Anspruch ist ein "Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis" und verfällt gemäß § 70 BAT/37 TVöD mit Ablauf von sechs Monaten nach Fälligkeit (BAG aaO.). Die Tarifvertragsparteien haben den Anspruch des Angestellten auf den kinderbezogenen Anteil des Ortszuschlags nicht daran geknüpft, ob er Kindergeld "erhält", oder ob der Anspruch durch Bescheid festgestellt ist, sondern daran, ob ihm ein Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG oder dem BKGG "zusteht". Mit dieser Wortwahl haben sie deutlich gemacht, dass es für den kinderbezogenen Teil des Ortszuschlags allein auf die Anspruchsberechtigung nach dem EStG oder dem BKGG ankommt, unabhängig davon, ob ein Antrag auf Gewährung von Kindergeld überhaupt gestellt wurde oder über einen solchen Antrag eine Entscheidung ergangen ist (LAG Brandenburg vom 12.06.2003 - 3 Sa 95/03, nachgehend BAG vom 18.11.2004 - 6 AZR 512/03; jeweils zitiert nach JURIS; Utlinger/Breier /Kiefer/ Hoffmann/Dassau, Kommentar zum BAT, Anmerkung 9 zu § 29 mwN mit Hinweis auf ein Rundschreiben des BMI vom 20.05.1997). In letzterem werden die - besoldungsrechtlichen - Auswirkungen bei Änderungen in der Kindergeldberechtigung geregelt. Schon 1997 wurde insoweit - besoldungsrechtlich - in dem Runderlass ausdrücklich hervorgehoben, dass für KG und KOZ-Ansprüche die tariflichen Ausschlussfristen zu beachten sind, auch soweit wegen erwarteter Einkünfte des Kindes vorerst keine KG/KOZ-Anträge gestellt werden (Brehm - Utlinger/Breier.., Anh. 2 zu § 29 BAT VI Ziff. 1 und 2).

Demnach waren die Ansprüche der Klägerin auf KOZ für K. für den Zeitraum Mai 2003 bis Dezember 2003 und für K. für den Zeitraum ab März 2003 bis einschließlich 2005 jeweils mit Ablauf des Monatsendes fällig. Der KOZ-Anspruch für den letzten Monat des streitbefangenen Zeitraums war für K. daher mit Ablauf des 30.06.2004 verfallen, der letzte KOZ-Anspruch für K. mit Ablauf des 30.7. 2005. Die in der Personalakte vorliegenden Anträge der Klägerin datieren vom 31.10.2005.

3. Ihre nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme mit der Beklagten am 11.03.2003 erörterten Anträge auf Weiterzahlung von Kindergeld und KOZ für K. und für K. stellen keine hinreichende schriftliche Geltendmachung des Anspruches auf KOZ für K. und K. i. S. d. § 70 Satz 1 BAT/39 Satz 1 TVöD dar.

a) Soweit die Klägerin behauptet hat, sie habe am 28.02.2003 zwei Anträge auf Weitergewährung von Kindergeld und KOZ betreffend K. und K. bei dem Sachgebiet Personalangelegenheiten abgegeben, ist sie beweisfällig geblieben. Die Anträge befinden sich unstreitig nicht in der Personalakte der Klägerin. Der Zugang ist streitig. Insoweit fehlt bereits jeglicher substantiierter Vortrag der Klägerin und auch ein diesbezügliches Beweisangebot, wann sie am 28. Februar 2003 bei wem im Sachgebiet Personalangelegenheiten aus diesem Anlass "vorgesprochen" hat und wem sie die Anträge in einer Umlaufakte ausgehändigt haben will.

b) Auch im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 ZPO ergibt sich unter Berücksichtigung des gesamten Vorbringens der Parteien, des Inhalts der Verhandlungen und der Beweisaufnahme kein Zugang eines KOZ-Antrages mit Datum vom 28.2.2003 bei der Beklagten. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht lediglich fest, dass am 11.03.2003 ein Gespräch der Klägerin mit dem für sie in diesen Angelegenheiten zuständigen Sachbearbeiter, dem Zeugen F. sowie dessen Vorgesetzten, dem Fachbereichsleiter Herrn D. zur Erörterung von Anträgen der Klägerin auf Weiterzahlung von Kindergeld und KOZ betreffend K. und K. stattgefunden hat. Damit haben schon am 11.3.2003 schriftliche Anträge existiert. Die Beweisaufnahme hat jedoch nicht ergeben, dass diesbezügliche Anträge der Klägerin bereits vor diesem Gespräch bei der Beklagten eingegangen sind. Sie hat ebenso wenig - entgegen der Behauptungen der darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin - ergeben, dass die diesbezüglichen Anträge zur Weiterzahlung von Kindergeld/KOZ nach der Erörterung am 11.3.2003 im Original oder mindestens in Form einer Fotokopie bei der Beklagten verblieben sind. Der Zeuge F. hat ausgeführt, dass er als zuständiger Sachbearbeiter zu dem Zeitpunkt, als er zu dem Gespräch in das Büro seines Fachbereichsleiters geordert wurde, nicht im Besitz der Anträge war und diese auch vorher nicht kannte. Die Anträge lagen vielmehr auf dem Tisch, als er den Raum betrat. Der Zeuge F. hat zudem bestätigt, dass die Anträge auf Vollständigkeit von ihm durchgesehen und insoweit Beanstandungen erhoben wurden. Beides ist unstreitig. Der Zeuge hat dann jedoch weiter ausgesagt, dass die Klägerin sodann die Anträge im Original wieder an sich genommen hat, um die geforderten ergänzenden Eintragungen vorzunehmen und die notwendigen Belege und Einkommensnachweise zu beschaffen. Das widerspricht dem Vorbringen der Klägerin, der Originalantrag sei vor dem Gespräch bereits in den Machtbereich der Beklagten gelangt und auch im Machtbereich der Beklagten verblieben.

Die Kammer hat insoweit keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit des Zeugen F. bezüglich seiner Aussage, die Klägerin habe die Unterlagen wieder an sich und mitgenommen. Es existiert unstreitig kein Gesprächsvermerk, keine Fotokopie des Antrags oder ein sonstiger Nachweis bzw. Anhaltspunkt, aus dem abgeleitet werden könnte, die Originale seien bei der Beklagten nach dem Gespräch am 11.03.2003 verblieben. Es existieren aber diverse Hinweise in der zwischen der Klägerin und der Beklagten nach diesem Gespräch geführten Korrespondenz, die die Aussage des Zeugen F. bestätigen.

aa. So hat die Klägerin noch am gleichen Tage des Gespräches vom 11.03.2003 darum gebeten, neue Antragsformulare zu erhalten, um nicht mit Tipp Ex arbeiten zu müssen. Mit "Tipp Ex" arbeitet man jedoch regelmäßig in Originalen, um dort Korrekturen vorzunehmen. Das setzt voraus, dass man im Besitz dieser Originale ist. Insoweit ergibt sich nach der Überzeugung der Kammer schon aus der von der Klägerin im unmittelbaren Anschluss an das Gespräch vom 11. März 2003 formulierten E-Mail, dass sie entgegen ihrem prozessualen Vorbringen die Originalleistungsanträge wieder an sich und mitgenommen hat.

bb. Erhärtet wird diese Beweiswürdigung auch durch die von der Klägerin am 28. April 2003 geschriebene E-Mail. In ihr bringt die Klägerin zum Ausdruck, dass sie angedacht hat, etwaige KOZ-Ansprüche erst später weiter zu verfolgen. Obgleich sie an die Abgabe der Erklärung bzw. des Antrages zur Weiterzahlung von Kindergeld und KOZ erinnert wurde, empört sie sich nicht unter Hinweis auf bereits vorliegende Erklärungen/ Anträge über diese Erinnerung, sondern legt dar, warum eine "Abgabe" zum gegenwärtigen Zeitpunkt ihres Erachtens nicht erforderlich ist. Auch dieses spricht nach Ansicht der Kammer dafür, dass die Aussage des Zeugen F., die Anträge seien wieder mitgenommen worden, zutrifft.

cc. Letztendlich ergibt sich auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 08.11.2005 (Anlage K 8 - Bl. 21 d. A.), dass sie entgegen ihrem prozessualen Vorbringen die Anträge auf Kindergeld/KOZ für die Zeit ab April 2003 bzw. Mai 2003 nur bei der Beklagten zur Einsichtnahme und Erörterung vorgelegt, jedoch noch nicht bei ihr abgegeben hat; - weder in unvollständiger, noch in vollständiger Form -. In dem Schreiben vom 08.11.2005 hat die Beklagte explizit in Absatz 2 formuliert, dass sie "auf eine Abgabe der Anträge für ihre Kinder vorläufig verzichtet" hat. Weiter hat sie ausdrücklich formuliert, dass sie den "Antrag auf Gewährung von Kindergeld und kinderbezogenen Ortszuschlag stellen wird, wenn bekannt ist, dass die Einkünfte nach Abzug aller Werbungskosten eine Weitergewährung von Kindergeld rechtfertigen". Auch hieraus ergibt sich, dass die Klägerin, die für ein etwaiges Einreichen eines Antrages vor dem 28.02.2003 beweisfällig geblieben ist, auch im Rahmen des Gespräches am 11.03.2003 keine Anträge bei der Beklagten eingereicht hat. Sie hat diese vielmehr wieder an sich genommen und in der Folgezeit trotz Erinnerung für die Dauer von mehr als zwei Jahren auf eine Abgabe dieser Anträge verzichtet.

c.) Zur Wahrung der Ausschlussfrist des § 70 Satz 1 BAT/37 Satz 1 TVöD reicht es jedoch nicht aus, mit dem Arbeitgeber einen - unvollständig - ausgefüllten Leistungsantrag im Einzelnen zu besprechen, wenn der Antrag anschließend vom Arbeitnehmer komplett wieder mitgenommen wird, ohne dass hierüber ein Vorgang angelegt wird. Um das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung im Sinne des § 70 Satz 1 BAT/37 Satz 1 TVöD zu erfüllen, muss dem Arbeitgeber mindestens ein urheberrechtlich dem Anspruchsteller zuzuordnendes anspruchsbegründendes Schriftstück vorgelegen haben und beim Arbeitgeber in irgendeiner Form verbleiben. Das gilt auch für den Fall der Erörterung eines - ggf. unvollständigen - Antrages mit dem Arbeitgeber. Es reicht insoweit nicht aus, wenn der Arbeitnehmer ein Antragsformular ausfüllt, dieses Formular aber in keinerlei Form beim Arbeitgeber verbleibt. Das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung zur Wahrung einer Ausschlussfrist dient gerade dem Ziel, dem Anspruchsgegner zweifelsfrei und unmissverständlich deutlich zu machen, dass jetzt Ansprüche geltend gemacht und verfolgt werden. Das ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der Erklärung eines Vorbehaltes, die Ansprüche gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt weiterverfolgen zu wollen. Letzteres hat die Klägerin jedoch gegenüber der Beklagten sowohl durch die Mitnahme der Originalanträge ohne Schaffung jedweden Verwaltungsvorganges darüber als auch durch ihre anschließenden Erklärungen vom 28. April 2003 und später auch vom 08.11.2005 zum Ausdruck gebracht.

4. Die Berufung der Beklagten auf die tarifliche Ausschlussfrist des § 70 BAT/37 TVöD ist vorliegend auch nicht rechtsmissbräuchlich oder treuwidrig im Sinne des § 242 BGB.

a) Der Gläubiger kann dem Ablauf der Verfallfrist mit der Einwendung der unzulässigen Rechtsausübung begegnen; dann tritt trotz des Ablaufs der Verfallfrist ein Erlöschen des Anspruchs nicht ein. Ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, ist auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalles zu entscheiden. So ist beispielsweise der Einwand anerkannt, wenn der Arbeitnehmer darauf vertrauen durfte, der Schuldner werde die Forderung noch erfüllen oder wenn der Schuldner - auch unabsichtlich - den Gläubiger von der fristgerechten Geltendmachung abgehalten hat. Immer ist aber Voraussetzung, dass das Verhalten des Schuldners für den Verfall ursächlich geworden ist. Dagegen ist die Einrede der Treuwidrigkeit nicht gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer seine Ansprüche mündlich geltend gemacht und der Arbeitgeber ihn nicht auf die vorgeschriebene schriftliche Geltendmachung hingewiesen oder der Arbeitgeber eine fehlerhafte Auskunft gegeben hat (vgl. Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, Rz. 40 f zu § 205 mwN).

b) Vor diesem rechtlichen Hintergrund steht der Berufung der Beklagten auf die Verfallfrist § 242 BGB nicht entgegen. Die Beklagte hat der Klägerin rechtzeitig die Antragsformulare übermittelt und mit ihr die materiellen Zahlungsvoraussetzungen und Nachweispflichten besprochen. Sie hat sie zudem noch an die Erledigung der ihres Erachtens erforderlichen Formalien mit E-Mail vom 28. April 2003 erinnert. Es oblag insoweit der Klägerin, sich über Fälligkeit, Durchsetzbarkeit und möglichen Verfall des kindergeldbezogenen Ortszuschlags und etwaiger Nachzahlungsansprüche richtig zu informieren. Die Klägerin hat sich in ihrer E-Mail vom 28.4.2003 verwahrt, an die Erledigung des Antrages erinnert zu werden. Sie hat sich sogar unter Darlegung ihres Rechtstandpunktes dafür entschieden, etwaige Ansprüche vorerst nicht weiter zu verfolgen und keinen Wert auf nahtlose Weiterzahlung des Kindergeldes sowie des KOZ zu legen. Das hat die Beklagte akzeptiert und die Klägerin nicht mehr erinnert. Sie ist als Arbeitgeberin nicht verpflichtet, insoweit für eine andere Vorgehensweise zu werben oder gar selbst eine kostenlose Rechtsberatung der Klägerin durchzuführen, verbunden mit der Herbeiführung eigener Haftung für die Richtigkeit einer solchen Beratung.

c) Entgegen der Ansicht der Klägerin traf die Beklagte auch keine Aufklärungspflicht, ob und inwieweit gegebenenfalls Ausschlussfristen einer späteren Einreichung der Anträge zur Weiterzahlung von Kindergeld und kindergeldbezogenen Leistungen entgegenstehen könnten. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin finden kraft des Arbeitsvertrages Tarifverträge des öffentlichen Dienstes Anwendung. Insoweit obliegt es ausschließlich ihr, sich gegebenenfalls über die Inhalte des Tarifvertrages sowie die Existenz etwaiger Verfallfristen zu informieren. Dass Ausschlussfristen im Tarifvertrag existieren, war der Klägerin auch bekannt. Sie hat in Absatz 3 ihrer E-Mail vom 28. April 2003 die Thematik der Ausschlussfristen unaufgefordert selbst angesprochen. Angesichts dessen ist ein Arbeitgeber nicht verpflichtet, mit seinem Arbeitnehmer in Rechtsgespräche einzutreten, ob, unter welchen Voraussetzungen, wann und wie sowie bei welcher Gelegenheit Ausschlussfristen zu laufen beginnen und ablaufen. Die Einholung diesbezüglicher Informationen oblag ausschließlich der Klägerin selbst. Soweit sie insoweit nicht, nicht richtig oder nur unvollständig informiert war, oblag es nicht der Beklagten, etwaige diesbezügliche Rechtsirrtümer der Klägerin aufzuklären - sofern sie der Beklagten überhaupt aufgefallen sein sollten und sie nicht selbst zum Zeitpunkt der Korrespondenz diesem Rechtsirrtum noch unterlag - . So konnte die Beklagte die Klägerin am 28. April 2003 über den Beginn der Ausschlussfristen für die Gewährung von KOZ nicht rechtsverbindlich informieren, da diese Frage vom Bundesarbeitsgericht erst eineinhalb Jahre später, nämlich am 18.11.2004, entschieden wurde, noch dazu zu einem Verwaltungsvorgang aus einem anderen Bundesland.

Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Klägerin sich vorliegend gerade ausweislich des letzten Absatzes der E-Mail vom 28. April 2003 noch nicht einmal abschließend entschieden hatte, ob sie die Erklärungen über die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Kinder sowie den Antrag zur Weiterzahlung von Kindergeld und kindegeldbezogenen Leistungen gegebenenfalls noch Mitte des Jahres 2003 vervollständigt abgeben oder aber noch länger warten wollte. Gerade angesichts der Tatsache, dass sich die Klägerin "alle Türen für ein mögliches weitergehendes Vorgehen" offen gehalten hat, oblag es nicht der Beklagten, sie darüber ausführlich zu beraten, welcher Weg gegebenenfalls sinnvoller sein könnte.

d) Anhaltspunkte für eine andere Verwaltungspraxis der Beklagten bis zur o. g. BAG-Entscheidung im Zusammenhang mit der Bearbeitung rückwirkend gestellter Anträge auf kindergeldbezogenen Ortszuschlag, die eine Berufung auf die Verfallfristen treuwidrig erscheinen lassen könnten, sind ebenfalls nicht vorhanden. Das Bestehen einer etwaigen diesbezüglichen Verwaltungspraxis der Beklagten bis zur BAG - Entscheidung vom 18.11.2004 ohne Beachtung der Ausschlussfrist wurde in der Berufungsverhandlung erörtert. Die Klägerin ist dem Vorbringen der Beklagten, üblicherweise würden bei ihr Weiterzahlungsanträge für Kindergeld und kindbezogene Leistungen bei Kindern mit eigenen Einkünften und Bezügen nahtlos gestellt und von ihr im Wege der vorläufigen Einkommensschätzung entsprechend dem Hinweisblatt Anlage B 1 berechnet und vorläufig gewährt, nicht entgegengetreten. Im Gegenteil. Die Klägerin hat im Berufungstermin in diesem Zusammenhang betont, sie sei insoweit eben anders als die anderen Anspruchsberechtigten der Beklagten. Daraus ergibt sich, dass es keine Verwaltungspraxis der Beklagten im Umgang mit der Bearbeitung von "zurückgestellten" Weiterzahlungsanträgen für Kindergeld und KOZ gab, von der die Beklagte im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes vom 18.11.2004 zu Lasten der Klägerin treuwidrig und überraschend abgewichen sein könnte.

5. Auch aus der Tatsache, dass die Beklagte der Klägerin auf ihren Antrag vom 18.05.2005 für ihre Tochter K. KOZ rückwirkend ab 01.01.2004 bewilligt hat, ohne sich insoweit auf die tarifliche Ausschlussfrist des § 70 BAT/ § 37 TVöD zu berufen, die teilweise nicht eingehalten war, ergibt sich nichts anderes. Es ist allgemein anerkannt, dass es keinen Grundsatz der Gleichbehandlung im Unrecht gibt.

6. Aus den genannten Gründen war der Zahlungsantrag unbegründet. Die Klage ist daher zu Recht abgewiesen worden, so dass die Berufung zurückzuweisen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision war zuzulassen, da vorliegend die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 S. 1 ArbGG erfüllt sind. Soweit ersichtlich ist, liegt keine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts zu der Frage vor, ob ein schriftlich ausgefüllter, besprochener aber beim Arbeitgeber letztendlich nicht verbliebener Leistungsantrag eine schriftliche Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen darstellt.

Ende der Entscheidung

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