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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 27.10.2004
Aktenzeichen: 3 Sa 314/04
Rechtsgebiete: BGB, BAT


Vorschriften:

BGB § 626
BAT § 10
BAT § 54 Abs. 1
Wer als Sachbearbeiter im Betreuungsrecht von der Tochter und Erbin der verstorbenen Betreuten in nahem zeitlichen Zusammenhang zur Betreuung wiederholt in großem Umgang Geldgeschenke annimmt, handelt pflichtwidrig. Insoweit besteht jedenfalls dann ein unzulässiger "Bezug zur dienstlichen Tätigkeit" i. S. d. § 10 BAT, wenn der Betreuer die Erbin ausschließlich durch das Betreuungsverhältnis kennen gelernt hat; die Erbin unmittelbar nach dem Tod der Betreuten, noch vor Erstellung des Abschlussberichtes dem Betreuer eine Vollmacht zur Abwicklung aller Vermögens- und Nachlassangelegenheiten erteilt hat, ohne das eigene private Kontakte bestanden haben und in der Vollmacht seine Tätigkeit als Sozialarbeiter, beschäftigt beim Kreis X ausdrücklich erwähnt ist. Bei den angenommenen Geldgeschenken handelt es sich wirtschaftlich um verbotene Früchte der Arbeitsvertraglichen Dienstleistung als Betreuer, die keinen Ursprung in der privaten Sphäre haben (ausschließlich Einzelfallentscheidung).
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 3 Sa 314/04

Verkündet am 27.10.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 3. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 27.10.2004 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 27.4.04 - öD 6 Ca 4032 b/03 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung mit dem Vorwurf, der Kläger habe im Rahmen der Tätigkeit als Betreuer durch die Annahme von Geldgeschenken gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen.

Der Kläger ist 58 Jahre alt und seit dem 01.04.1980 bei dem Beklagten, zuletzt als Sachbearbeiter im Betreuungsrecht tätig. Er erhält durchschnittlich 3.500,00 Euro brutto monatlich. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) Anwendung. Der Kläger ist aufgrund seines Lebensalters und seiner Betriebszugehörigkeit gem. § 53 Abs. 3 BAT ordentlich unkündbar.

Der Kläger war gesetzlicher Betreuer von Frau M. Kr.. Diese hatte eine Tochter, Frau G. Kr., geb. am ....1943. Letztere beerbte die am ....2002 verstorbene M. Kr., die u. a. ein Haus, Bargeld und ein Wertpapierdepot hinterließ. G. Kr., die der Kläger aus Anlass der Betreuung der Mutter kennen gelernt hatte, erteilte dem Kläger unmittelbar nach dem Tod der Mutter, am ......2002 eine privatschriftliche Vollmacht zur Regelung der Bestattung und zur Übergabe der Nachlassangelegenheiten. Diese Tätigkeiten nahm der Kläger unverzüglich auf. Am 08.10.2002 schenkte G. Kr. dem Kläger 10.000,00 Euro (Bl. 45, 75 d. A.). Am 16.10.2002 erteilte sie, damals noch in Süddeutschland lebend, dem Kläger eine notarielle Vollmacht zur Verwaltung des Nachlasses, den sie von der Mutter geerbt hatte. Die Vollmacht erstreckte sich u. a. insbesondere auf die Verfügung über das Konto und über das Wertpapierdepot bei der Sparkasse S., zum Kauf einer Eigentumswohnung einschließlich der Vereinbarung des Kaufpreises. Die Vollmacht wurde ausgestellt auf

"Herrn F., Sozialarbeiter,

beschäftigt beim Kreis ..." (Bl. 49 d. A.).

Am 18.03.2003 schenkte Frau G. Kr. dem Kläger per Überweisung weitere 10.000,00 Euro und am 15.04.2003 nochmals 10.000,00 Euro (Bl. 45 d. A.). Am 19.09.2003 überwies sie - wie stets vorformuliert vom Kläger (Bl. 136 d. A.) - nochmals 9.000,00 Euro an eine Frau S., der Inhaberin einer Bootsreparaturwerkstatt zum Zwecke der Reparatur des Bootsmotors des Klägers (Bl. 33 d. A.).

Nachdem der Rechtsanwalt der Frau G. Kr. den Kläger mit Schreiben vom 06.10.2003 zur Rückzahlung von insgesamt 44.000,00 Euro aufgefordert und kurz danach die Einrichtung einer Betreuung für Frau G. Kr. für Vermögensangelegenheiten wegen eines demenziellen Zustandes und befürchteter Geldverschwendung beantragt hatte, meldete der Kläger seinem Arbeitgeber am 24.10.2003 den Erhalt von ca. 30.000,00 EUR von Frau G. Kr. und teilte mit, er habe diese aus Dankbarkeit und Anerkennung für seine Hilfe schenkungshalber bekommen. Nach Anhörung des Klägers, Anhörung des Personalrates und Erhalt dessen Zustimmung sprach der Beklagte am 10.11.2003 die streitbefangene fristlose Kündigung aus.

Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht Lübeck im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Zuwendungen hätten einen engen Zusammenhang zum Betreuungsverhältnis zur Mutter und damit zur dienstlichen Tätigkeit des Klägers gehabt. Sie stellten daher einen Pflichtenverstoß gegen § 10 Abs. 1 BAT in Verbindung mit § 14 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Kreises .... dar. Diese Pflichtverletzung sei auch unter Berücksichtigung der langjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers derart schwerwiegend, dass eine fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. Hinsichtlich des weiteren Inhalts der Entscheidung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidung des Arbeitsgerichts Lübeck vom 27.04.2004 Bezug genommen.

Gegen das am 16.06.2004 zugestellte Urteil legte der Kläger am 13.07.2004 Berufung ein, die nach Fristverlängerung bis zum 16.09.2004 am 16.09.2004 begründet wurde.

Er vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen und trägt im Wesentlichen vor, es habe kein engerer Zusammenhang zwischen seiner dienstlichen Tätigkeit - der Betreuung der Mutter von Frau G. Kr. - und der schenkungsweise erhaltenen rund 30.000,00 Euro bestanden. Das Betreuungsverhältnis sei schon beendet gewesen. Er habe das Geld anlässlich seiner privaten Tätigkeit, die er für Frau G. Kr. entfaltet habe, erhalten. Das sei nicht in Verbindung zu bringen mit seiner früheren Tätigkeit und auch nicht unzulässig. Im Übrigen sei die Kündigung unverhältnismäßig.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichtes Lübeck vom 27.04.2004 - öD 6 Ca 4032 b/03 - abzuändern und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die außerordentliche Kündigung des Beklagten vom 10.11.2003 nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus ungekündigt fortbesteht.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend und verweist u. a. sowohl auf den engen zeitlichen Zusammenhang der beruflichen Tätigkeit des Klägers und der Geldzahlungen, als auch auf den Wortlaut der erteilten notariellen Vollmacht. Seines Erachtens haben die Zuwendungen der Frau G. Kr. ihren Anknüpfungspunkt an der dienstlichen Tätigkeit, die der Kläger im Zusammenhang mit der Betreuung der Mutter von Frau G. Kr. erbracht hat.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Arbeitsgericht Lübeck hat in der angefochtenen Entscheidung die Kündigungsschutzklage zu Recht als unbegründet abgewiesen und das Vorliegen eines wichtigen Grundes zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung bejaht.

I.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die Kündigung ist wirksam. Es liegt ein wichtiger Grund zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung vor. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zutreffenden Gründe des Arbeitsgerichts Lübeck in dem angefochtenen Urteil vom 27.04.2004 Bezug genommen. Lediglich ergänzend wird Folgendes angeführt:

1)

Gem. §§ 626 Abs. 1 BGB, 54 Abs. 1 BAT kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

Die Beschäftigten der Kreisverwaltung dürfen gem. § 10 Abs. 1 BAT in Verbindung mit § 14 der Geschäftsordnung des Kreises .... - auch nach Beendigung des Dienverhältnisses - Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit nur mit Zustimmung der Landrätin/des Landrates annehmen. Werden Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf die dienstliche Tätigkeit angeboten, so ist dies unverzüglich und unaufgefordert dem Fachdienstpersonal über die jeweiligen Vorgesetzten mitzuteilen.

2)

Gegen diese Vorschrift hat der Kläger durch die Annahme von mindestens 30.000,00 Euro als Geschenk von Frau G. Kr., Erbin der vom Kläger in der Vergangenheit betreuten Frau M. Kr., verstoßen. Der Kläger hat sie "in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit" erhalten, auch wenn das Betreuungsverhältnis zu Frau M. Kr. vor Erhalt des ersten Zahlbetrages bereits beendet war.

a)

Der Zweck des § 10 BAT dient der arbeitsrechtlichen Verhaltenssteuerung (BAG vom 17.6.2003 - 2 AZR 62/02) sowie der Gewährleistung einer sauberen und unbestechlichen Verwaltung (Utlinger/ Breier/ Kiefer/ Hoffmann/ Dassau, Kommentar zum BAT, Anm. 1 zu § 10 BAT). Nach § 10 BAT ist dem Angestellten die Annahme von Belohnungen oder Geschenken "in Bezug auf seine dienstliche Tätigkeit" ohne Genehmigung des Arbeitgebers untersagt. Es ist ihm verboten, seine dienstliche Tätigkeit von der Gewährung irgendwelcher Vorteile abhängig zu machen, oder zum eigenen Vorteil zu auszunutzen (Utlinger/ pp., a.a.O).

Der "Bezug zur dienstlichen Tätigkeit" im Sinne des § 10 BAT ist jedenfalls immer dann gegeben, wenn der Geber sich davon leiten lässt, dass der Angestellte aufgrund seiner Aufgabenstellung bestimmte Handlungen vornimmt. Der Bezug zur dienstlichen Tätigkeit ist aber auch dann stets zu bejahen, wenn nach den Umständen des Falles ein anderer Grund für die Belohnung oder das Geschenk nicht zu finden ist. Keine Verbindung zur dienstlichen Tätigkeit besteht, wenn ein Vorteil ausschließlich in der privaten Sphäre des Angestellten begründet ist. Wird das Geschenk oder die Belohnung zwar im privaten Bereich, aber nicht ohne jeden Bezug zur dienstlichen Tätigkeit gewährt, darf der Angestellte diese Zuwendung nicht annehmen. (Böhm/Spiertz/Sponer/Steinherr, Komm. zum BAT, Rnd Ziff. 11 u. 13 zu § 10). Liegt objektiv ein enger Zusammenhang zwischen Geschenk und der dienstlichen Tätigkeit vor, ist der Bezug zur dienstlichen Tätigkeit zu bejahen (vgl. BAG vom 17.06.2003, a.a.O.). Zu berücksichtigen ist auch insoweit, ob die Zuwendung durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist und der Arbeitnehmer den erhaltenen Vorteil "wirtschaftlich als Frucht seiner Dienstleistung" für den Arbeitgeber erhielt. Dann handelt es sich quasi um zusätzliches Arbeitsentgelt. (vgl. Böhm pp. Rnd Ziff. 13 a zu § 10 BAT).

b)

Vor diesem rechtlichen Hintergrund liegt nach Ansicht der Kammer vorliegend unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles bei den Schenkungen der Frau G. Kr. ein Bezug zur dienstlichen Tätigkeit des Klägers vor. Es handelt sich nicht um Zahlungen, die ausschließlich ihren Bezugspunkt in der privaten Sphäre des Klägers haben.

Von Bedeutung für die Feststellung ist vorliegend u. a., dass Frau G. Kr. den Kläger in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit als Betreuer ihrer Mutter kennen gelernt hat. G. Kr. kannte den Kläger vor seiner Tätigkeit als Betreuer der Mutter nicht. Sie wohnte in Süddeutschland, die Mutter wohnte in Norddeutschland. Aus diesem Betreuerverhältnis resultiert die Erteilung der zunächst nur privatschriftlichen Vollmacht, die gleich einen Tag nach dem Todesfall der betreuten M. Kr., am ...2002 erteilt wurde. Damit war die Erteilung der zunächst nur privatschriftlichen, dann notariellen Vollmacht zur Abwicklung der Nachlassangelegenheiten der verstorbenen Betreuten unmittelbare Folge der dienstlichen Tätigkeit. Das Betreuungsverhältnis war zum Zeitpunkt der privatschriftlichen Vollmachtserteilung noch nicht abgeschlossen. Der Abschlussbericht wurde vom Kläger erst am 18.09.2002 erstellt. Bereits knapp 3 Wochen später, am 08.10.2002, noch vor Erhalt der notariellen Vollmacht zur Verfügung über das Wertpapierdepot sowie zum Kauf einer Eigentumswohnung erhielt der Kläger bereits die ersten 10.000,00 Euro geschenkt. Bereits aus diesem zeitlichen Ablauf ergibt sich vorliegend die Ausnutzung der dienstlichen Tätigkeit zum eigenen Vorteil. Durch die Annahme des Geldes von der Erbin seiner verstorbenen Betreuten entsteht der Eindruck, der Kläger lasse sich seine Tätigkeit als Betreuer nachträglich vergüten. Gerade das soll u. a. durch § 10 BAT verhindert werden. Die am ...2002 erteilte privatschriftliche Vollmacht war unmittelbare Folge seiner dienstlichen Tätigkeit als Betreuer und nur diese dienstliche Tätigkeit als Betreuer der Frau M. Kr. verschaffte ihm die Möglichkeit zur Übergabe des Nachlasses und zum Einstieg in die Nachlassverwaltung der Erbin sowie die Umschreibung der Konten etc.

Das wird vorliegend bestärkt durch den Wortlaut der notariellen Vollmacht. Sie benennt ausdrücklich seine berufliche Tätigkeit, ist ausgestellt auf ihn, den Sozialarbeiter beim Kreis ... Auch hieraus wird der Bezug zur dienstlichen Tätigkeit des Klägers deutlich.

Die bei Gelegenheit der Nachlassverwaltung erhaltenen Schenkungen sind daher nach Überzeugung der Kammer wirkursächlich mit der dienstlichen Tätigkeit des Klägers verklammert. Das ist angesichts des bereits festgestellten engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhanges ausreichend für die Bejahung eines Bezuges auf die dienstliche Tätigkeit des Klägers als Betreuer der M. Kr.. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Zuwendung auch subjektiv aus der Sicht des Zuwendenden und des Begünstigenden in Bezug auf die dienstliche Tätigkeit erfolgte (vgl. BAG v. 17.06.2003 - 2 AZR 62/02 - zit. nach Juris). Die schon am 08.10.2003 erfolgte erste Schenkung in Höhe von 10.000,00 Euro ist nach der Überzeugung der Kammer die wirtschaftliche Frucht der Dienstleistung des Klägers für seinen Arbeitgeber, nämlich seiner Betreuungsleistung gegenüber M. Kr..

3)

Das Vorliegen einer ungenehmigten, den dienstlichen Belangen des Beklagten widersprechenden Nebentätigkeit in Form privater Nachlassverwaltung des Erbes seiner ehemaligen Betreuten gegen "Vergütung" in horrenden Größenordnungen und deren Folgen bedurfte daher keiner weiteren Überprüfung und rechtlichen Bewertung mehr.

4)

Die pflichtwidrige Annahme von mehr als 30.000,00 Euro von der Erbin seiner verstorbenen Betreuten rechtfertigt vorliegend unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles eine fristlose Kündigung. Dem Beklagten ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses des unkündbaren Klägers, nicht zumutbar. Das gilt auch unter Berücksichtigung der langjährigen Betriebszugehörigkeit sowie seines hohen Lebensalters. Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, dass die berufliche Tätigkeit des Klägers als Betreuer grundsätzlich auch die Vermögenssorge seiner Betreuten umfasst, weil diese gerade dazu nicht in der Lage sind. Gerade bei diesem Berufsbild ist die unmittelbare Verquickung vermeintlicher privater geldlicher Angelegenheiten mit den Amtspflichten unentschuldbar und unduldbar. Durch sein Verhalten hat der Kläger das Ansehen des Beklagten nachhaltig beeinträchtigt, indem er den Kreis ... dem Vorwurf aussetzt, ein Behördenbetreuer dieses Kreises lasse sich von der - selbst an Demenz erkrankten und unter Betreuung gestellten - Tochter einer ehemaligen Betreuten mindestens 30.000,00 Euro schenken, ohne dass hierfür ein Rechtsgrund vorlag. Dadurch setzt er seinen Arbeitgeber gerade der Situation aus, die § 10 BAT verhindern soll und verhindern will. Nämlich dass der Eindruck entsteht, eine saubere und unbestechliche Diensterfüllung des staatlichen Bereiches sei nicht gewährleistet. Von Bedeutung ist auch die Größenordnung der erhaltenen Beträge, die umgerechnet auf den Gesamtzahlungszeitraum ein Vielfaches der monatlichen Nettobezüge darstellt. Angesichts des Gewichtes, das das Vorgehen des Klägers insoweit erhält, muss auch das hohe Lebensalter des Klägers und die ordentliche Unkündbarkeit vor den Beendigungsinteressen des Beklagten zurücktreten.

5)

Aus den vorstehenden Gründen ist das Vorliegen eines wichtigen Grundes für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung zu bejahen. Das Arbeitsgericht Lübeck hat daher die Kündigungsschutzklage zu Recht abgewiesen. Die Berufung ist daher unbegründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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