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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 07.12.2005
Aktenzeichen: 3 TaBV 20/05
Rechtsgebiete: PÜV, BGB, GG, BetrVG


Vorschriften:

PÜV § 1 Ziff. 1
PÜV § 1 Ziff. 2 Abs. 2
PÜV § 2
PÜV § 2 Abs. 2
PÜV § 2 Ziff. 2
PÜV § 2 Ziff. 3
PÜV § 4 Ziff. 1
PÜV § 7
PÜV § 7 Ziff. 1
PÜV § 9
PÜV § 9 Ziff. 2
BGB § 39
BGB § 40
BGB § 134
GG Art. 9 Abs. 3 Satz 2
BetrVG § 77 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Beschluss

Aktenzeichen: 3 TaBV 20/05

Verkündet am 07.12.2005

Im Beschlussverfahren

hat die 3. Kammer des auf die Anhörung der Beteiligten am 07.12.2005 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.5.2005 - 6 BV 12/05 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Die Fristen für die Einlegung und die Begründung der Rechtsbeschwerde beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Beschlusses, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

Die Rechtsbeschwerdeschrift muss den Beschluss bezeichnen, gegen den die Rechtsbeschwerde gerichtet wird, und die Erklärung enthalten, dass gegen diesen Beschluss Rechtsbeschwerde eingelegt werde.

Der Rechtsbeschwerdeschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Beschlusses beigefügt werden.

Die Rechtsbeschwerde und ihre Begründung müssen von einem bei einem deutschen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.

(Rechtsmittelschriften, Rechtsmittelbegründungsschriften und wechselseitige Schriftsätze im Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht sind in siebenfacher - für jeden weiteren Beteiligten eine weitere - Ausfertigung einzureichen).

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beteiligte zu 2) (im Folgenden: Arbeitgeberin) aufgrund eingegangener Vereinbarungen auf Dauer Vollmitglied des Kommunalen Arbeitgeberverbandes (KAV) ... e.V. sein muss.

Bis zum 01.01.2002 betrieb der Kreis ... eine Klinik in B. und Pflegezentren in A. und R.. Den Arbeitsverhältnissen der Mitarbeiter lagen die Tarifbedingungen des BAT/BMTG zugrunde. Es existierte ein Personalrat.

Die Arbeitgeberin übernahm mit Wirkung vom 01.01.2002 diese Klinik und die oben genannten Pflegezentren. Der Beteiligte zu 1)/Beschwerdeführer (im Folgenden: Betriebsrat) ist der hierfür gewählte Betriebsrat.

In Vorbereitung des Betriebsüberganges schlossen der Kreis ..., der Arbeitgeber sowie der damals zuständige Personalrat mit Datum vom 30.09.2001 einen Personalüberleitungsvertrag (PÜV) (Anlage ASt 1 - Bl. 7-28 d. A.). Ebenso kam zwischen der Arbeitgeberin und der Gewerkschaft ver.di am 24.10.2001 ein Personalüberleitungstarifvertrag (PÜTV) zustande (Anlage ASt 2 - Bl. 29-35 d. A.).

Während § 1 Ziff. 1 des PÜV die Tatsache des Betriebsüberganges an sich festschreibt, heißt es in § 1 Ziff. 2 Abs. 2 PÜV u. a. wie folgt:

§ 1 Gegenstand und Grundsatz

....

2.

Die Vereinbarung hat das Ziel, ..., die Mitarbeiterinnen so zu stellen, dass sie durch die Überleitung ihres Arbeitsverhältnisses keine nachteiligen Veränderungen in den arbeitsrechtlichen und sonstigen für sie bisher geltenden Regelungen erleiden. Dazu bleiben alle bisherigen Regelungen und Vereinbarungen in Kraft und es sind insbesondere alle bisherigen Rechtsvorschriften und tatsächlichen Verfahrensweisen, die bisher geltenden Tarifregelungen und die vom bisherigen Dienstherrn bzw. bisherigen Arbeitgeber abgeschlossenen dienststelleninternen/betrieblichen Vereinbarungen fortzuführen. ..." (Bl. 8 d. A.).

§ 3 regelt die Besitzstandswahrung. In § 4 Ziff. 1 heißt es dann u. a. wie folgt:

§ 4 Eintritt in die Arbeitsverträge sowie in sonstige Regelungen

In Ergänzung und Konkretisierung der für die Überleitung geltenden gesetzlichen Bestimmungen wird zudem vereinbart:

1.

Der Übernehmer steht dafür ein, dass den Mitarbeiterinnen durch die Übernahme der drei Betriebe keine Rechtsnachteile entstehen und es werden die bisherigen gesetzlichen Regelungen, soweit sie auch bisher Anwendung fanden, Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung, Dienstvereinbarungen, Arbeitsverträge und sonstige Regelungen oder Vereinbarungen durch den Übernehmer weiter angewendet. ....(Bl. 11. d. A.).

In § 7 Ziff. 1 trifft der PÜV u. a. folgende Regelung:

§ 7 Mitgliedschaften

1.

Der Übernehmer verpflichtet sich, bis zum Stichtag gegenüber den anderen Vertragspartnern die Mitgliedschaft in einem kommunalen Arbeitgeberverband und die Beteiligung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) oder einer anderen Zusatzversorgungskasse des öffentlichen Dienstes (ZVK), welche Überleitungsregelungen mit der VBL abgeschlossen hat, nachzuweisen und sich zu verpflichten, es für die Dauer seines Bestehens zu bleiben. ... (Bl. 13 d. A.).

§ 9 des PÜV enthält eine umfassende Versorgungsvereinbarung. Dort heißt es u. a. wie folgt:

§ 9 Versorgungsvereinbarung

...

2.

Hinsichtlich der für die Mitarbeiterinnen des Klinikums und der Alten- und Pflegeheime bei der VBL abgeschlossenen Zusatzversicherung steht der Übernehmer sowohl dem Kreis wie den einzelnen Mitarbeiterinnen - im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter - dafür ein, dass den Mitarbeiterinnen, sollte die Zusatzversicherung nicht bei der VBL bestehen bleiben, keine Nachteile in der Zusatzversorgung entstehen. Als Nachteil gilt nicht die gem. Ziff. 3 vorgegebene Alternative zur VBL.

3.

Es ist dem Übernehmer anstelle des Abschlusses einer Beteiligungsvereinbarung nach § 20 a) der Satzung der VBL gestattet, die Zusatzversicherung der Mitarbeiterinnen in eine Zusatzversorgungseinrichtung überleiten zu lassen, mit der die VBL ein Überleitungsabkommen gem. § 22 Abs. 3 der Satzung der VBL abgeschlossen hat. .... (Bl. 15 f. d. A.).

Der mit der Gewerkschaft ver.di abgeschlossene PÜTV enthält u. a. folgende Regelung:

§ 2 Verpflichtungen

...

2.

Die Mitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband ... wird unverzüglich, spätestens mit Beginn der Widerspruchsfrist für die Arbeitnehmer/innen durch Vorlage des Aufnahmebeschlusses nachgewiesen.

3.

Die Mitgliedschaft in der kommunalen Zusatzversorgungskasse (ZVK) der ... Gemeinden wird durch Vorlage des Beschlusses der ZVK nachgewiesen. Die Mitgliedschaft in der ZVK wird auch in Zukunft aufrechterhalten. ... (Bl. 31 d. A.).

Die Arbeitgeberin gehört zur Unternehmensgruppe der .... Kliniken G. GmbH. Diese teilte dem Betriebsrat Ende 2004 mit, sie werde ab dem 01.01.2005 einen Statuswechsel im Kommunalen Arbeitgeberverband ... e.V. (im Folgenden KAV ...) durchführen und dort ab 01.01.2005 nur noch Gastmitglied sein. An den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter der Klinik B. ändere sich jedoch nichts. Es werde der PÜV und der PÜTV mit allen Rechten und Pflichten erfüllt. Die Mitarbeiter würden auch weiterhin dynamisch dem BAT/BMTG in der jeweils gültigen Fassung unterliegen. Die Mitgliedschaft in der ZVK bleibe aufrechterhalten (Anlage ASt. 3 - Bl. 36, Anlage Ast. 5 - Bl. 38 d.A. und Anlage ASt. 7 - Bl. 42 d. A.).

Die Möglichkeit der Gastmitgliedschaft nach § 7a des KAV ... existiert seit 1999 (Anlage AG 3 - Bl. 71 d. A.). Zum Zeitpunkt des Abschlusses des PÜV war die Beklagte anlässlich eines schon in G. aus dem öffentlichen Bereich übernommenen Betriebes bereits Vollmitglied im KAV ....

Der Betriebsrat protestierte gegen den Statuswechsel und wandte sich u. a. an die ZVK .... Diese informierte den Betriebsrat mit Schreiben vom 05.01.2005 (Anlage ASt. 11 - Bl. 48 f. d. A.) u. a. darüber, dass sich durch die Beendigung der ordentlichen Mitgliedschaft gem. § 14 Abs. 2 der Satzung unter bestimmten Voraussetzungen für die ZVK die rechtliche Möglichkeit ergebe, die Mitgliedschaft fristgemäß mit Kündigungsfrist von 6 Monaten zum Schluss des Kalenderjahres zu kündigen. Außerdem gebe es noch die Möglichkeit zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung, z. B. bei all zu großer Ausdünnung der Belegschaft durch Einsatz zu vieler Leiharbeitnehmer. Zurzeit seien aber keine Umstände für eine Kündigung der Gastmitgliedschaft festgestellt worden.

Seit dem 01.01.2005 ist die Arbeitgeberin Gastmitglied im KAV ... (Anlage AG 2 - Bl. 70 d. A.). Sie hat die Regelungen des BAT/BMTG für die Arbeitnehmer in Schleswig - Holstein dynamisch angewandt und auch zwischenzeitlich schriftlich zugesichert, auch der TV-öD werde als Nachfolgetarifvertrag in Erfüllung der vertraglichen Vereinbarungen dynamisch angewendet werden.

Der Betriebsrat meint, die Arbeitgeberin sei nach § 7 Ziff. 1 PÜV verpflichtet, Vollmitglied im KAV zu sein. Nur so sei die Bindung an die Regelungen des BAT/BMTG sowie die Mitgliedschaft in der ZVK ... sicher gewährleistet. Er hat deshalb das vorliegende Beschlussverfahren auf Wiederherstellung der Vollmitgliedschaft eingeleitet.

Er hat beantragt,

der Beteiligten zu 2) wird aufgegeben, mit Wirkung am 01.01.2005 die Mitgliedschaft im Kommunalen Arbeitgeberverband ... e. V. gem. § 3 ihrer Satzung, Stand 18.03.2003, wieder herzustellen und diese beim KAV ... e. V. wieder zu beantragen.

Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag zurückzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen. Das geschah im Wesentlichen mit der Begründung, es spreche bereits viel dafür, dass sowohl für die Erfüllung des § 7 PÜV, als auch des § 2 PÜTV das Bestehen einer Gastmitgliedschaft ausreiche. Das könne jedoch letztendlich dahingestellt bleiben, da beide Regelungen wegen Verstoßes gegen die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 GG abgesicherte negative Koalitionsfreiheit unwirksam seien. Abgesehen davon könne der Betriebsrat aus dem PÜTV keine eigenen Rechte herleiten, da er nicht Partei des Tarifvertrages sei/ist. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses des Arbeitsgerichts Lübeck vom 24.05.2005 verwiesen.

Gegen diesen dem Betriebsrat am 23.06.2005 zugestellten Beschluss legte er am 05.07.2005 Beschwerde ein, die am 20.07.2005 begründet wurde.

Er ergänzt und vertieft im Wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen: § 7 Ziff. 1 PÜV könne nur dahingehend verstanden werden, dass die Vertragsparteien eine vertragliche Verpflichtung zur Vollmitgliedschaft wollten. Zweck der Regelung sei ein allumfassender Schutz der Mitarbeiter. Die Arbeitnehmerrechte seien aber gefährdet, da durch die Gastmitgliedschaft nunmehr die Möglichkeit zur Kündigung durch die ZVK ... besteht. Durch die Mitgliedschaftsregelung in § 7 Ziff. 1 PÜV werde auch nicht die negative Koalitionsfreiheit der Arbeitgeberin verletzt. Der Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG erfasse nicht das Verhältnis Arbeitgeber und Betriebsrat. Der Schutzzweck der Norm erfasse nicht privatrechtliche Regelungen und Vereinbarungen, sondern nur gesetzliche Regelungen oder Tarifverträge, die quasigesetzliche Wirkungen entfalten. Die negative Koalitionsfreiheit sei zudem nur dann berührt, wenn der Organisationszwang mit sozial inadäquaten Druckmitteln ausgeübt und herbeigeführt werde. Die Arbeitgeberin habe sich aber freiwillig vertraglich verpflichtet, Mitglied in einem Arbeitgeberverband zu werden und danach zu bleiben. Die negative Koalitionsfreiheit werde nicht vor jedem Druck geschützt. Der sich beim Zustandekommen dieses Vertrages naturgemäß ergebende "Druck", Zugeständnisse machen zu müssen, um das Ziel der Betriebsübernahme zu erreichen, sei sozial adäquat. Er greife nicht in den Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG ein.

Der Betriebsrat beantragt nunmehr in zweiter Instanz:

Unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Lübeck, 6 BV 12/05, vom 24.05.2005 wird der Beteiligten zu 2)/Beschwerdegegnerin aufgegeben, mit Wirkung ab 01.01.2005 die Vollmitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband ... e. V. gem. § 3 ihrer Satzung, Stand 18.03.2003, wieder herzustellen.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde des Beteiligten zu 1) wird zurückgewiesen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher, als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Ihres Erachtens erfülle sie die Voraussetzungen des § 7 PÜV auch durch die Gastmitgliedschaft. Vollmitgliedschaft sei vertraglich nicht zwingend erforderlich. Die Möglichkeit der Gastmitgliedschaft habe es schon seit 1999, mithin bei Vertragsschluss gegeben. Gleichwohl hätten die Vertragsparteien bei der Vereinbarung der Mitgliedschaft beim KAV ... nicht differenziert. Sowohl § 7 Ziff. 1 PÜV, als auch § 2 Abs. 2 PÜTV, dessen Einhaltung der Betriebsrat allerdings nicht geltend machen könne, seien mit einem Regelungsgehalt der Garantie einer Vollmitgliedschaft wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG unheilbar rechtwidrig und damit nichtig. Die dort geregelte Zwangsmitgliedschaft / Mitgliedschaftsgarantie der Arbeitgeberin sei unzulässig. Der Betriebsrat übersehe, dass Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG unmittelbare Drittwirkung entfalte, sodass sämtliche privatrechtlichen Vereinbarungen, die die Koalitionsfreiheit einschränken, nichtig seien. Auch aus dem in Art. 9 Abs. 1 GG normierten Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit, die gem. §§ 39, 40 BGB zwingend eine Austrittsmöglichkeit verlange, ergebe sich die Nichtigkeit des § 7 Ziff. 1 PÜV.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen Bezug genommen.

II. A. 1)

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Beschwerdebegründungsfrist auch begründet worden.

2)

Der Antrag ist zulässig.

Antragsbefugnis und Rechtsschutzinteresse sind seitens des Arbeitsgerichtes zutreffend bejaht worden. Zudem hat der Betriebsrat in der Beschwerdeinstanz seinen Leistungsantrag konkretisiert und als Ziel nunmehr ausdrücklich formuliert, dass von der Arbeitgeberin die Vollmitgliedschaft im KAV ... verlangt wird.

B.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Es besteht keine wirksame vertragliche Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Aufrechterhaltung der Vollmitgliedschaft im KAV .... Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder aus dem Personalüberleitungsvertrag vom 30.09.2001 (PÜV), noch aus dem Personalüberleitungstarifvertrag vom 24.10.2001 (PÜTV). Im Übrigen sind sowohl die Vereinbarung aus § 7 Ziff. 1 Personalüberleitungsvertrag, als auch § 2 Ziff. 2 des Personalüberleitungstarifvertrages mit einer solchen Verpflichtung wegen Verstoßes gegen die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit unwirksam. Das hat das Arbeitsgericht bereits zutreffend festgestellt. Dem folgt das Beschwerdegericht. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird vorab auf die ausführlichen Entscheidungsgründe des angefochtenen Beschlusses verwiesen. Lediglich ergänzend wird Folgendes ausgeführt:

I.

§ 2 Ziff. 2 des PÜTV hat der Betriebsrat in der Beschwerdebegründung nicht mehr maßgeblich herangezogen.

Angesichts der mündlichen Erörterungen sei jedoch gleichwohl kurz auf diese Regelung eingegangen.

1)

Es ist insoweit bereits zutreffend erstinstanzlich festgestellt worden, dass der Betriebsrat Rechte aus diesem Personalüberleitungstarifvertrag nicht geltend machen kann, da der PÜTV lediglich von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft und der Arbeitgeberin unterschrieben wurde, nicht jedoch vom Betriebsrat. Der Betriebsrat ist grundsätzlich nicht befugt, etwaige Ansprüche anderer Rechtssubjekte geltend zu machen. Im arbeitsrechtlichen Beschlussverfahren ist grundsätzlich nur antragsbefugt, wer mit der begehrten Entscheidung eigene, betriebsverfassungsrechtliche Rechte geltend macht; aus dem Rechtsverhältnis unmittelbar berechtigt und verpflichtet ist. (vgl. BAG vom 26.7.2005 - 1 ABR 16/04 mwN; vgl. auch Fitting, Kaiser, Heither, Engels, Schmidt, 22.Aufl., Nach § 1, Rnd Ziff. 35f mwN; Richardi, BetrVG, 9. Aufl., Rnd Ziff. 219 zu § 77 mwN).

2)

§ 2 Ziff. 2 und 3 PÜTV normieren zudem keine ausdrückliche Verpflichtung der Arbeitgeberin, (Voll)-Mitglied des KAV ... zu werden und zu bleiben. In § 2 Ziff. 2 PÜTV übernimmt die Arbeitgeberin vielmehr lediglich gegenüber der Tarifvertragspartei ver.di die Verpflichtung, die Mitgliedschaft im KAV innerhalb einer bestimmten Frist nachzuweisen. Diese Verpflichtung hat die Arbeitgeberin zweifelsfrei erfüllt. Den Nachweis der Mitgliedschaft hat sie erbracht. § 2 Ziff. 2 PÜTV enthält, anders als § 2 Ziff. 3 PÜTV bzgl. der Mitgliedschaft in der ZVK, keinerlei Aussage darüber, ob und wie lange die Mitgliedschaft im KAV ... aufrecht erhalten bleiben muss. Das spricht bereits dafür, wie vom Arbeitsgericht zutreffend festgestellt, dass eine Beibehaltung der Mitgliedschaft im KAV ... tarifvertraglich nicht geschuldet ist.

§ 2 Ziff. 2 PÜTV differenziert zudem nicht zwischen Gastmitgliedschaft und Vollmitgliedschaft. Im gesamten Tarifwerk findet sich keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Tarifvertragsparteien ausschließlich eine Vollmitgliedschaft im KAV wollten und geregelt haben.

3)

Ungeachtet dessen verstieße eine die Vollmitgliedschaft in einem kommunalen Arbeitgeberverband garantierende Regelung im PÜTV gegen die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte negative Koalitionsfreiheit. Nach Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG ist das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig. Hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Die durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützte Koalitionsfreiheit schließt das Recht ein, einer Koalition fern zu bleiben oder aus dieser auszutreten (negative Koalitionsfreiheit). Die ausdrückliche Verpflichtung eines Arbeitgebers in einem Tarifvertrag, die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in einem bestimmten Arbeitgeberverband zu garantieren, verstößt gegen Art. 9 Abs. 3 Satz 2 i. V. m. Satz 1 GG. Der Arbeitgeber verliert durch eine derartige Verpflichtung seine grundrechtlich garantierte Freiheit, aus dem Verband auszutreten (BAG v. 10.12.2002 - 1 AZR 96/02 - zit. nach Juris mit einer Vielzahl von Nachweisen; vgl. auch BAG v. 18.02.2003 - 1 AZR 142/02 - zit. nach Juris; ErfK zum Arbeitsrecht - Dietrich, 6.2006 Aufl., Rnd Ziff. 32 f. zu Art. 9 GG).

Dem ist nichts hinzuzufügen. Die Kammer folgt dem uneingeschränkt.

II.

Aus § 7 Ziff. 1 PÜV ergibt sich entgegen der Ansicht des Betriebsrates keine wirksame vertragliche Verpflichtung der Arbeitgeberin zur Vollmitgliedschaft im KAV ....

1)

Es spricht schon sehr viel dafür, dass die Arbeitgeberin auch mit ihrer Gastmitgliedschaft die im PÜV eingegangenen Verpflichtungen erfüllt.

a.

Schon die Auslegung dieser Vorschrift spricht überwiegend dagegen, dass der Personalüberleitungsvertrag nicht mit einer Gastmitgliedschaft, sondern nur mit einer Vollmitgliedschaft im KAV korrekt erfüllt wird. Beim PÜV handelt es sich um eine Dienstvereinbarung, die mit Wirkung vom 01.01.2002 als Betriebsvereinbarung weiter gilt. Die Auslegung von Betriebsvereinbarungen richtet sich wegen deren aus § 77 Abs. 4 BetrVG folgenden Normcharakters nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung. Auszugehen ist danach zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Gebrauchen die Parteien einer Betriebsvereinbarung einen Begriff, der allgemein in bestimmter Bedeutung angewandt wird, so ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sie ihn gleichfalls in diesem Sinn verstanden haben. Ist der Wortsinn nicht eindeutig, so ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien und der von ihnen beabsichtigte Zweck der betrieblichen Regelungen zu berücksichtigen, sofern und soweit sie im Regelungswerk ihren Niederschlag gefunden haben. Abzustellen ist ferner auf den Gesamtzusammenhang der Regelungen, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Betriebsparteien liefern kann. Bleiben im Einzelfall gleichwohl noch Zweifel, können die Gerichte ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge auf weitere Kriterien zurückgreifen, wie etwa die Entstehungsgeschichte und die bisherige Anwendung der Regelung. Zudem ist die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse zu berücksichtigen. Unter mehreren Auslegungsmöglichkeiten ist derjenigen der Vorzug zu geben, die sich als gesetzeskonform erweist (BAG v. 02.03.2004 - 1 AZR 272/03 - mit einer Vielzahl von Rechtsprechungsnachweisen, zit. nach Juris; vgl. auch BAG v. 12.11.2002 - 1 AZR 632/01; BAG 21.07.1998 - 1 AZR 57/98).

b.

Der Wortlaut enthält keinerlei Differenzierung zwischen Vollmitgliedschaft und Gastmitgliedschaft. Das spricht nach der Überzeugung der Kammer zunächst dafür, dass die Parteien der Vereinbarung nicht ausschließlich eine Vollmitgliedschaft zwingend für erforderlich gehalten haben. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch, dass bereits seit 1999 aufgrund der Satzung des KAV ... sowohl die Vollmitgliedschaft, als auch die Gastmitgliedschaft möglich war. Gleichwohl haben die Vertragsparteien insoweit nicht differenziert, vielmehr nur die allgemeine Formulierung "Mitgliedschaft" gewählt. Gastmitgliedschaft ist jedoch auch eine Art der möglichen Mitgliedschaft.

Andererseits war die Arbeitgeberin bzgl. ihres Betriebes in Gauting bei den Verhandlungen um den PÜV bereits Vollmitglied im KAV .... Die heutige Betriebsratsvorsitzende und damalige Personalratsvorsitzende gab insoweit in der Verhandlung über die Beschwerde an, man sei vor diesem Hintergrund bei den Vertragsverhandlungen automatisch von einer Vollmitgliedschaft ausgegangen. Man habe insoweit auch darauf vertraut, dass die Arbeitgeberin diese in Erfüllung des PÜV auch für den O. Betrieb herbeiführen und beibehalten werde.

Die Arbeitgeberin ist dann ja auch zunächst Vollmitglied geworden, obgleich sie schon 2001/2002 die Gastmitgliedschaft hätte erwerben können. Dieses Indiz spricht wiederum für die Vereinbarung einer Vollmitgliedschaft.

Der Sachzusammenhang spricht hingegen nach Ansicht der Kammer mehr dafür, dass für die Parteien nicht allein die Vollmitgliedschaft im KAV die einzig gewollte und als Vertragserfüllung akzeptierte Form der Mitgliedschaft war. Die Tatsache, dass bei einer Gastmitgliedschaft die künftige Tarifbindung entfällt, haben die Parteien mit ihrer Regelung in § 4 Ziff. 1 PÜV ausdrücklich aufgefangen. Die Arbeitgeberin hat sich explizit zur Anwendung u.a. der Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung verpflichtet. Die Arbeitnehmer sind insoweit geschützt. Die Umwandlung der Mitgliedschaftsform wirkt sich auf deren Rechte zunächst nicht aus.

Die Rechte der Arbeitnehmer aus der Zusatzversorgung sind unabhängig von der Regelung des § 7 Ziff. 1 PÜV darüber hinaus ausdrücklich in § 9 PÜV geregelt und geschützt. Mit den Versorgungsvereinbarungen in § 9 PÜV haben die Vertragsparteien detaillierte Regelungen getroffen, die die Rechte der Arbeitnehmer auf Erhalt einer Zusatzversorgung, auf deren Fortschreibung und deren Realisierung, auf deren Absicherung festschreiben, die Pflichten der Arbeitgeberin detailliert auflisten und den Arbeitnehmern ggfs. einen Versorgungsverschaffungsanspruch gewähren, sollte der Realisierung ihrer ursprünglichen Versorgungszusage etwas entgegenstehen. Diese detaillierten Versorgungsvereinbarungen wären teilweise überflüssig. Die Arbeitgeberin hat sich in § 9 Ziff. 2 PÜV im Wege eines echten Vertrages zugunsten Dritter ausdrücklich verpflichtet, dass den Mitarbeitern keine Nachteile in der Zusatzversorgung entstehen. Auch diese Regelung spricht nach der Überzeugung der Kammer dafür, dass die Parteien des PÜV gerade nicht ausschließlich die Pflicht zur "Vollmitgliedschaft" der Arbeitgeberin im KAV geregelt haben und regeln wollten, sondern nur die Verpflichtung, in irgendeiner Form Mitglied des KAV zu sein.

2.

Letztendlich kann diese Frage jedoch dahingestellt bleiben, denn § 7 Ziff. 1 PÜV wäre, soweit er tarifgebundene Vollmitgliedschaft in einem kommunalen Arbeitgeberverband voraussetzt, gem. § 134 BGB i.V.m. Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG nichtig. Er verstößt dann, wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, gegen die durch Art.9 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG unter anderem mittels unmittelbarer Drittwirkung garantierte negative Koalitionsfreiheit.

a.

Wie bereits erwähnt, gewährleistet Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG das Recht, Koalitionen zu bilden und ihnen beizutreten. Gleichzeitig ist auch die sog. "negative Koalitionsfreiheit" geschützt (BAG GS v. 29.11.1967 - AP Nr. 13 zu Art. 9 GG unter Teil IV, VIII, 5c). Die negative Koalitionsfreiheit umfasst das Recht des einzelnen Arbeitnehmers oder Arbeitgebers, sich nicht zu Koalitionen zusammenzuschließen, bestehenden Koalitionen fern zu bleiben sowie aus diesen auszutreten (vgl. etwa BVerfG v. 14.06.1983 - 2 BvR 488/80 - Rz. 23 - zitiert nach Juris = BVerfGE 64, 208, 213). Der Schutzbereich der negativen Koalitionsfreiheit beschränkt sich insofern auf ein Fernbleiberecht der Außenseiter (BVerfG vom 29.12.2004 - 1 BvR 2283/03 - Rz 35 - zitiert nach Juris). Tatbestandlich verpflichtet die negative Koalitionsfreiheit ebenso wie die positive Koalitionsfreiheit nicht nur den Staat, sondern auch alle Privaten (Maunz/ Düring/Herzog - Scholz, Kommentar zum GG, Rnd Ziff. 226 zu Art. 9 mwN).

Die praktische Bedeutung der negativen Koalitionsfreiheit liegt vor allem im Schutz des Außenseiters vor dem unmittelbaren Koalitionszwang wie auch vor einem mittelbaren Koalitionszwang, sofern dieser mit den Mitteln eines sozial inadäquaten Drucks ausgeübt wird. Mit Art. 9 Abs. 3 unvereinbar ist zunächst jede gesetzliche Regelung, die Arbeitnehmer oder Arbeitgeber im Wege des Zwangszusammenschlusses oder der Beitrittspflicht in Berufsverbänden vereinigte (Maunz/Düring/Herzog - Scholz, Rnd Ziff. 227 und 228 zu Art. 9 m.w.N).

Darüber hinaus besitzt die Koalitionsfreiheit gem. Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG unmittelbare Drittwirkung. Nach Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG sind Abreden, die die Koalitionsfreiheit einzuschränken oder zu behindern suchen, nichtig und Maßnahmen mit dem gleichen Ziel rechtswidrig. Damit schützt Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG als einzige unmittelbare Drittwirkungsklausel des Grundgesetzes die Koalitionsfreiheit auch gegen private Übergriffe. Die Vorschrift sichert allseitig und umfassend. Sie erfasst alle Formen zwei- oder mehrseitiger Vereinbarungen ("Abreden") ebenso wie einseitige Handlungen ("Maßnahmen"), seien sie rechtsförmlicher oder faktischer Natur (Sachs - Höfling in Kommentar zum GG, 3. Aufl. 2003, Rz. 124 zu Art 9 mwN). Unbeachtlich ist auch, ob die Abrede zwischen Trägern öffentlicher Gewalt, zwischen einer Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerkoalition, zwischen zwei Koalitionen der gleichen Seite, zwischen einem Arbeitgeber und einer Arbeitnehmerkoalition oder zwischen zwei Privatpersonen getroffen wird (GG-Bonner Kommentar Rz. 158 zu Art 9). Die Wirkungen treten unabhängig davon ein, welcher Art diese Abreden oder Maßnahmen sind bzw. welcher Rechtsträger an ihnen konkret beteiligt ist. Es sind also nicht nur Träger öffentlicher Gewalt, sondern auch alle Privatrechtssubjekte sowie auch die Koalitionen selbst durch das Grundrecht des Art. 9 Abs. 3 gebunden. Hiermit wird ein umfassender Schutz der Koalitionsfreiheit auch im Privatrechts- bzw. Arbeitsrechtsverkehr erreicht. Dieser Schutz betrifft nicht nur Verträge im rechtstechnischen Sinne, sondern alle Vereinbarungen in irgendeiner Form sowie überhaupt jedes rechtlich relevante Handeln im weitesten Sinne des Wortes (Maunz/Düring/Herzog - Scholz, Rnd Ziff. 332 und 333 zu Art. 9 mwN.).

Der Arbeitgeber verliert durch eine Verpflichtung, die Aufrechterhaltung der Mitgliedschaft in einem bestimmten Arbeitgeberverband zu garantieren, seine grundrechtlich garantierte Freiheit, aus dem Verband auszutreten. Eine solche Vereinbarung verstößt daher gegen Art. 9 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1 GG (BAG v. 10.12.2002 - 1 AZR 96/02 - zit. nach Juris).

Auch der freiwilligen Beschränkung der negativen Koalitionsfreiheit sind enge Grenzen gesetzt. Die durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierte Freiheit, eine Koalition zu verlassen, darf beispielsweise nicht unangemessen durch zeitliche Austrittshindernisse erschwert werden (vgl. BAG a.a.O; BGH v. 04.07.1977 - II ZR 30/76 - zit. nach Juris. Die individuelle Koalitionsfreiheit muss sich, um ein ausgewogenes Verhältnis zu den Rechten der Koalition als solcher herzustellen, in der Weise durchsetzen, dass dem Mitglied, das sich anderswo organisieren möchte, nicht unangemessen erschwert werden darf, sich von seiner bisherigen Koalition zu lösen. Das gilt auch für zeitliche Austrittshindernisse. So ist die Einhaltung einer mäßigen Kündigungsfrist einem Mitglied in der Regel zuzumuten. Sie stellt keine nennenswerte Beeinträchtigung seiner durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Individualrechte dar, da es diese nach einem verhältnismäßig kurzen Zeitraum verwirklichen kann (vgl. BGH v. 04.07.1977 - II ZR 30/76).

b.

Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist eine auf eine Vollmitgliedschaft der Arbeitgeberin im KAV ... gerichtete Verpflichtung nach § 7 Ziff. 1 PÜV unwirksam. Zunächst ist es unerheblich, dass es sich vorliegend nicht um eine quasigesetzliche Regelung - so der Betriebsrat -, sondern um eine freiwillige vertragliche Vereinbarung handelt, da Art. 9 Abs. 3 Satz 2 GG kraft ausdrücklicher Regelung unmittelbare Drittwirkung besitzt. Insoweit ist es für die Feststellung einer Unvereinbarkeit mit Art. 9 Abs. 3 GG irrelevant, ob sich bei der Herbeiführung einer die Koalitionsfreiheit betreffenden Regelung Koalitionsparteien gegenüber standen oder Privatpersonen die Vereinbarung herbeigeführt haben. Auch im Privatrecht sind daher von beiden Parteien die positive und auch die negative Koalitionsfreiheit bei der Ausgestaltung des Vertragswerkes zu beachten.

Entgegen der Ansicht des Betriebsrates ergibt sich auch aus der Tatsache, dass sich die Arbeitgeberin freiwillig durch die Vereinbarung in § 7 Ziff 1 des PÜV, z. B. ohne Arbeitskampfmaßnahmen, verpflichtet hat, Mitglied in einem Arbeitgeberverband zu werden und zu bleiben, keine noch zu billigende "soziale Angemessenheit" dieser Regelung. Es trifft zwar zu, dass nach der Rechtsprechung und Kommentierung der Grundrechtsinhaber nicht vor jedem tatsächlichen Druck, einer Koalition beizutreten oder in einer Koalition zu verbleiben, geschützt werden kann und geschützt werden soll. In der Tat hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 15.07.1980 - 1 BvR 4/74 - festgestellt, dass nicht jeder tatsächliche Druck, einer Koalition beizutreten oder in dieser zu verbleiben, einen bereits unzulässigen Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit darstellt (vgl. BVerfGE 55, 7,(22); BAG v. 18.02.2003 - 1 AZR 142/02 - Rz. 33 - zit. nach Juris, mwN). Ein unzulässiger Eingriff in die negative Koalitionsfreiheit liegt jedoch immer dann vor, wenn das Recht an sich, einer Koalition beizutreten bzw. aus einer Koalition auszutreten, nicht mehr ausgeübt werden kann. Besteht in dieser Frage generelle "Unbeweglichkeit" des Grundrechtsinhabers, ist das Grundrecht verletzt. Als zulässigen, mithin sozial adäquaten Eingriff angesehen werden kann eine "Erschwerung" der individuellen Koalitionsfreiheit durch Aufstellung von Ein- bzw. Austrittshindernissen z. B. in Form der Schaffung von Kündigungsfristen. Bei einer derartigen Fallkonstellation sind nach der Rechtsprechung aller Gerichte das Interesse der einen Seite und das Interesse der anderen Seite in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander zu stellen, um die Frage der Angemessenheit der Beeinträchtigung der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Individualrechte überprüfen zu können. Wird durch eine vertragliche Abrede jedoch das Recht der positiven oder negativen Koalitionsfreiheit derart eingeschränkt, dass es auf Dauer und nicht nur für eine bestimmte Zeit nicht ausgeübt werden darf, handelt es sich nicht mehr um einen zulässigen Eingriff in Art. 9 Abs. 3 GG. Mit der ausdrücklichen vertraglichen Verpflichtung, einem kommunalen Arbeitgeberverband beizutreten und in diesem auf Dauer zu verbleiben, wird dem Arbeitgeber unter Verstoß gegen Art. 9 Abs. 3 GG der Kernbereich der Koalitionsfreiheit - hier der negativen Koalitionsfreiheit verweigert. So liegt es hier. Streitpunkt ist nicht etwa die Angemessenheit einer etwaigen langen Kündigungsfrist als zeitliches Austrittshindernis, sondern das Austrittsrecht der Arbeitgeberin an sich. Auf dieses Austrittsrecht an sich kann keine Partei wirksam verzichten. Regelungen, Abreden und Vereinbarungen, die Derartiges zum Gegenstand haben, sind mit Art. 9 Abs. 3 GG unvereinbar und daher unwirksam. Der Betriebsrat kann sein Begehren daher nicht auf § 7 Ziff. 1 PÜV stützen, da es gegen Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG verstößt.

d.

Das ergibt sich im Übrigen auch aus dem Gedanken des Art. 9 Abs. 1 GG, der die negative Vereinigungsfreiheit schützt. Diesem grundrechtlichen Schutz der negativen Vereinigungsfreiheit entspricht die zwingende Vorschrift des § 39 BGB. Danach besitzen Vereinsmitglieder ein unverzichtbares Recht zum Austritt aus dem Verein. Gem. § 40 BGB kann auf dieses Recht nicht verzichtet werden. Deshalb ist eine den Arbeitgeber zur dauerhaften Mitgliedschaft im Arbeitgeberverband verpflichtende Bestimmung auch im Verhältnis Arbeitgeber zum Betriebsrat zudem nicht mit Art. 9 Abs. 1 GG in Verbindung mit § 39 BGB zu vereinbaren.

III.

Nach alledem war die Beschwerde unbegründet. Der Antrag des Betriebsrates, die Arbeitgeberin zur Wiederherstellung der Vollmitgliedschaft im kommunalen Arbeitgeberverband ... e. V. zu verpflichten, ist zu Recht vor allem wegen Verstoßes gegen Art. 9 Abs. 3 Satz 1 und 2 GG zurückgewiesen worden. Auch die Beschwerde des Betriebsrates war daher zurückzuweisen.

Die Rechtsbeschwerde war zuzulassen. Es handelt sich um eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung (§§ 92, 72 Abs. 2 ArbGG).

Ende der Entscheidung

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