Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 01.04.2009
Aktenzeichen: 3 TaBVGa 2/09
Rechtsgebiete: ArbGG, BetrVG


Vorschriften:

ArbGG § 91 a
BetrVG § 2 Abs. 1
BetrVG § 74 Abs. 2
BetrVG § 99 Abs. 1 S. 3
BetrVG § 102 Abs. 2 S. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Beschluss

Aktenzeichen: 3 TaBVGa 2/09

Verkündet am 01.04.2009

Im Beschlussverfahren

hat die 3. Kammer des auf die Anhörung der Beteiligten am 01.04.2009 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende, den ehrenamtlichen Richter ... und den ehrenamtlichen Richter ...

beschlossen:

Tenor:

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.12.2008 - See 3 BVGa 137 c/08 - abgeändert:

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten aus Anlass eines Betriebsrats-Infos um das Bestehen eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruches der Arbeitgeberin.

Die Antragstellerin ist eine Reederei. Sie unterhält an Bord ihrer Fährschiffe -der MS N. und der MS R. - Crew-Kantinen, in denen die Besatzungsmitglieder unter anderem Tabakwaren, alkoholische Getränke und Süßwaren zollfrei zum eigenen Verzehr kaufen können.

Antragsgegner ist der bei ihr gebildete Betriebsrat.

Ende September/Anfang Oktober 2008 stellte die Zollfahndung beim langjährigen Besatzungs- und Betriebsratsmitglied M. bei der Durchsuchung seines PKW und anschließender Hausdurchsuchung 60 Stangen zollfreie Zigaretten und diverse Flaschen hochprozentigen Alkohol sicher. Daraufhin hat die Antragstellerin durch ihre Personalleiterin, Frau S., ohne Beteiligung des Betriebsrats die Abgabe von zollfreien Zigaretten reduziert und den Verkauf von Starkalkohol abgeschafft. Hierauf reagierte der Betriebsrat mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 28.10.2008 zur Regelung und Sicherung seiner diesbezüglichen Mitbestimmungsrechte. Die Betriebsparteien haben sich insoweit im Rahmen eines Vergleiches vom 06.11.2008 unter anderem darauf verständigt, alsbald in Verhandlungen zur Regelung des Kantinenverkaufs an Besatzungsmitglieder einzutreten.

Mit Datum vom 17.11.2008 hat die Antragstellerin beim Antragsgegner die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Betriebsratsmitgliedes M. erbeten. Die Zustimmung wurde am 20.11.2008 verweigert. Am 22.11.2008 hat die Antragstellerin das Zustimmungsersetzungsverfahren eingeleitet. Es ist unter dem Aktenzeichen 3 BV 116 c/08 beim Arbeitsgericht Lübeck anhängig.

Am 25.11.20008 setzte der Betriebsrat das streitbefangene Betriebsratsinfo auf. Es hat folgenden Wortlaut:

"Die unendliche Geschichte

Die Reederei plant erneut einen Angriff auf die Vergünstigungen der Beschäftigten zum zollfreien Einkauf in der Kantine.

Dazu sollte man wissen, das bei der ...-Line der Verkauf von Kantinenwaren 1984 erstreikt worden ist. Seit diesem Zeitpunkt wird von der Reederei in regelmäßigen Abständen immer wieder versucht dieses Streikergebnis rückgängig zu machen und die Kantine zu schließen. Der erneute Versuch von Frau S. den Verkauf von Kantinenwaren einzuschränken ist vorerst abgewehrt worden.

Die Betriebsparteien haben sich in einem Vergleich vor dem Arbeitsgericht verpflichtet in Gesprächen nach einer einvernehmlichen Regelung zu suchen.

Sollte dieses nicht gelingen wird ein Einigungsstellenverfahren durchgeführt.

Wenn es in dieser Einigungsstelle zu keinem akzeptablen Ergebnis für die Beschäftigten kommt, wird sich der Betriebsrat an die Tarifvertragspartei ver.di wenden, mit dem Ziel, den Verkauf von Kantinenwaren in einem firmenbezogenen Verbandstarifvertrag erneut zu regeln.

Kündigung eines Betriebsratsmitglieds.

Frau S. will das langjährige Betriebsratsmitglied St. M. fristlos kündigen. Dieser hat als Betriebsratsmitglied einen besonderen Kündigungsschutz, der es nicht zulässt, ohne Zustimmung des Betriebsrats, eine fristlose Kündigung auszusprechen.

Der Betriebsrat hat dieser fristlosen Kündigung nicht zugestimmt. Grund des Widerspruchs des Betriebsrats ist nicht ein Zollvergehen zu beschönigen, sondern, dass dieses Zollvergehen nicht mit einer Verletzung von arbeitsvertraglichen Verpflichtungen im Zusammenhang steht. Nur bei einer groben Verletzung von arbeitsvertraglichen Verpflichtungen ist eine fristlose Kündigung möglich.

Frau S. will jetzt den Widerspruch des Betriebsrats mit einer Klage beim Arbeitsgericht ersetzen lassen.

Der Betriebsrat hat den Eindruck, dass es hier nur darum geht ein langjähriges aktives Betriebsratsmitglied los zu werden."

(Anlage AST 3 - Bl. 19 d. A.)

Am 26.11.2008 fanden erste Gespräche über die zukünftige Ausgestaltung des Kantinenverkaufs statt. Sie blieben ergebnislos und die Betriebsparteien einigten sich auf Anrufung der Einigungsstelle. Am gleichen Tage erfuhr die Antragstellerin, dass das oben genannte Betriebsratsinfo auf den Schiffen MS R. und MS N. ausgehängt bzw. ausgelegt worden war. Am 27.11.2008 stellte die Antragstellerin fest, dass dieselbe Information auch am Standort "Zum H." auf dem Betriebsgelände aushing und damit ca. 100 weiteren Arbeitnehmern zugänglich gemacht worden war. Nachdem sie ergebnislos den Antragsgegner aufgefordert hatte, das Informationsschreiben abzunehmen, wurde am 28.11.2008 das vorliegende einstweilige Verfügungsverfahren eingeleitet.

Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat das Arbeitsgericht stattgegeben. Das ist im Wesentlichen damit begründet worden, der Aushang sei unangemessen und verstoße gegen das Persönlichkeitsrecht der Personalleiterin sowie gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Gerade weil es gegen die Personalleiterin gerichtet sei, sei es unangemessen und unzulässig. Ihr Ruf als Vorgesetzte werde in Mitleidenschaft gezogen. Außerdem entstehe der Eindruck, es gebe keine Kündigungsgründe in Bezug auf das Betriebsratsmitglied M. . Die Vorgehensweise des Betriebsrates stelle einen Verstoß gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit dar. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.12.2008 - See 3 BVGa 137 c/08 - verwiesen.

Gegen diese dem Beteiligten zu 2 am 15.12.2008 zugestellte Entscheidung hat er am 16.01.2009 Beschwerde eingelegt, die sofort begründet wurde. Der Betriebsrat ist der Ansicht, er habe mit dem ausgehängten Betriebsratsinfo sachgerecht, und soweit Tatsachenbehauptungen aufgestellt wurden, zutreffend informiert. Soweit in dem Informationsblatt Eindrücke des Betriebsrates geschildert worden sind, sei dieses vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Etwaige Kritik sei in angemessener und sachgemäßer Form geäußert worden. Er habe keinerlei unzutreffende Behauptungen verbreitet und im Übrigen ausdrücklich nur seinen subjektiven Eindruck geschildert. Die namentliche Nennung von Frau S. verändere die Bewertung nicht. Der Betriebsrat habe insoweit keinen persönlichen Kleinkrieg geführt. Frau S. sei namentlich benannt worden, da sie die handelnde Person gewesen sei. Das Info enthalte auch keine ehrverletzenden und/oder kränkenden Äußerungen. Im Übrigen sei der ausgeurteilte Unterlassungsanspruch viel zu unspezifisch.

Der Betriebsrat beantragt,

den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck, Az. See 3 BVGa 137 c/08, vom 11.12.2008 abzuändern und die Anträge der Antragstellerin zurückzuweisen.

Die Antragstellerin/Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Beschluss sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Mit dem Betriebsratsinfo werde der Eindruck erweckt, die Arbeitgeberin leite Kündigungen ein, die dem Kündigungsschutzgesetz widersprechen. Zudem sei das Betriebsratsinfo zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt verbreitet worden, da die Arbeitgeberin gegenwärtig mit diversen Arbeitnehmern Gespräche über einen möglichen veränderten Einsatz (verändertes Aufgabengebiet oder eine Reduzierung der Arbeitszeit) führe. Gerade die Führung solcher Gespräche setze aber ein uneingeschränktes Vertrauen der betroffenen Arbeitnehmer in die Personalpolitik des Arbeitgebers voraus. Das werde durch die Vorgehensweise des Betriebsrats untergraben. Das Verhalten des Betriebsrats sei gesetzwidrig. Im Übrigen verletze er das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Personalleiterin Frau S.. Auch verstoße er gegen seine Geheimhaltungsverpflichtung gemäß § 102 Abs. 2 S. 5 i. V. m. § 99 Abs. 1 S. 3 BetrVG. Letztendlich greife der Betriebsrat auch in das Persönlichkeits- und Datenschutzrecht des Betriebsratsmitgliedes M. ein und stelle ihn öffentlich an den Pranger.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist an sich statthaft, sowie form- und fristgerecht eingelegt worden.

Die Beschwerde ist auch begründet. Das Arbeitsgericht hat der Antragstellerin zu Unrecht aus Anlass des ausgehängten Betriebsratsinfos vom 25.11.2008 einen Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch zugesprochen. Die Vorgehensweise des Betriebsrates ist nicht zu beanstanden. Sie verstößt weder gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit noch gegen andere Rechtsvorschriften.

1. Der unter Ziff. b) des Tenors des angefochtenen Beschlusses ausgeurteilte Unterlassungsanspruch ist bereits unzulässig. Er ist weder hinreichend bestimmt noch vollstreckungsfähig. Ihm ist auch nicht ansatzweise inhaltlich zu entnehmen, welche konkreten Behauptungen der Betriebsrat nicht aufstellen und verbreiten darf. Es bleibt offen, was an dem Inhalt des Informationsschreibens rechtlich zu beanstanden ist.

2. Das auf die Verletzung des Persönlichkeitsrecht der Personalleiterin S. gestützte Unterlassungsbegehren der antragstellenden Arbeitgeberin ist zudem auch bereits deshalb unbegründet, weil sich der Arbeitgeber im Rahmen eines deliktischen Unterlassungsanspruches nicht auf Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer berufen kann (BAG vom 20. Januar 2009 - 1 AZR 515/08 - PM Nr. 8/09). Im Beschlussverfahren können vom Arbeitgeber nicht stellvertretend Individualrechte Dritter geltend gemacht werden.

3. Ungeachtet dessen bestehen auch inhaltlich weder ein Beseitigungs- noch ein Unterlassungsanspruch aus Anlass des Betriebsratsinfos vom 25.11.2008.

a) Der Aushang des Betriebsratsinfos vom 25.11.2008 stellt keinen groben Verstoß gegen §§ 2 Abs. 1, 74 Abs. 2 BetrVG dar. Seine Darstellung des Sachverhaltes in diesem Betriebsratsinfo ist angemessen. Der Betriebsrat hat unter der Überschrift "Die unendliche Geschichte" sachlich und im Tatsächlichen unstreitig korrekt darüber informiert, dass die Antragstellerin, handelnd durch Frau S., mitbestimmungswidrig die Regelungen zum Verkauf von zollfreien Kantinenwaren eingeschränkt hat und dass dieses mittels eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens abgewehrt wurde. Die Darstellung des Sachverhaltes durch den Betriebsrat ist in jeder Hinsicht sachlich. Sie ist auch trotz der namentlichen Nennung von Frau S. nicht unangemessen. Die Personalleiterin Frau S. war diejenige, die insoweit für die Antragstellerin gehandelt hat. Es ist nicht per se rechtswidrig, im Übrigen auch durchaus üblich, wenn im Betrieb für den Betrieb handelnde Personen namentlich genannt werden. Insoweit sei nur auf übliche Inhalte, Zitate, Streitgespräche und Berichterstattungen beispielsweise auf Betriebsversammlungen etc. verwiesen. Es ist vielleicht eine Frage des Umgangsstils, jedoch nicht rechtswidrig, wenn eine der Betriebsparteien die andere Seite nicht mit Funktionsbezeichnung, vielmehr namentlich im Rahmen einer Berichterstattung oder gar streitigen Auseinandersetzung nennt.

Ungeachtet dessen kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Antragstellerin nur diese eine Personalleiterin hat. Es ist betriebsbekannt, dass die Personalleiterin Frau S. heißt und dass Frau S. die - einzige - Personalleiterin der Antragstellerin ist.

b) Eine andere rechtliche Würdigung ergibt sich auch nicht im Zusammenhang mit den Äußerungen im Betriebsratsinfo unter der Überschrift "Kündigung eines Betriebsratsmitglieds". Zwar wäre es gerade in diesem Zusammenhang sicherlich sachdienlicher gewesen, nicht Frau S. im Zusammenhang mit der Betreibung des Zustimmungsersetzungsverfahrens betreffend das Betriebsratsmitglied M. personifiziert zu benennen. Das dieses seitens des Betriebsrats gleichwohl geschehen ist, stellt jedoch nicht zwangsläufig eine unsachgemäße Vorgehensweise, eine Ehrverletzung, eine Kränkung und/oder gar eine Beleidigung dar; ebenso wenig einen Verstoß gegen die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Frau S. hat nun einmal für die Antragstellerin gehandelt. Das Vorbringen des Betriebsrats in dem streitbefangenen Info ist allenfalls zweideutig, aber keineswegs falsch. Die Äußerungen sind nicht beleidigend und enthalten auch keine Kränkung. Die Äußerungen sind im Übrigen auch nicht ansatzweise vergleichbar mit den von der Beschwerdegegnerin zur Rechtfertigung des eingeleiteten Verfahrens angeführten Äußerungen des Betriebsrates, die der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom 16.11.1990, 12 TaBV 57/90, zugrunde lagen. Dort hatte der Betriebsrat ein Schreiben mit einer Vielzahl von wertenden und diskreditierenden Adjektiven abgesetzt und verbreitet. Das ist vorliegend gerade nicht geschehen. Das Betriebsratsinfo enthält insoweit überhaupt keine Adjektive in Bezug auf ein Verhalten der Personalleiterin Frau S..

Auch der der zitierten Entscheidung des LAG Düsseldorf vom 25.05.1976 - 15 TaBV 10/76 zugrunde liegende Sachverhalt ist hier nicht annähernd einschlägig.

c) Soweit der Betriebsrat in dem BR-Info vorbringt, er habe dem Kündigungsantrag nicht zugestimmt, weil seines Erachtens hierfür die Voraussetzungen nicht vorliegen, ist diese Information unter keinem erdenklichen Gesichtspunkt rechtswidrig. Der Betriebsrat hat den Sachverhalt sachlich geschildert, und seine Meinung zum Vorliegen eines Kündigungsgrundes geäußert. Seines Erachtens liegt kein Kündigungsgrund vor. Das zu berichten ist sein gutes Recht. Anderenfalls dürfte ein Betriebsrat nie über ein eingeleitetes Zustimmungsersetzungsverfahren informieren, denn ein solches setzt naturgemäß voraus, dass sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über das Vorliegen eines Kündigungsgrundes einig sind. Ansonsten hätte der Betriebsrat dem Kündigungsantrag zugestimmt.

Dem Betriebsratsinfo ist nichts anderes zu entnehmen, als das sich Arbeitgeber und Betriebsrat nicht über das Vorliegen von Kündigungsgründen einig sind. Darüber informieren zu dürfen, sind tragende Grundlagen der Grundrechte auf Meinungs-, Informations- und Pressefreiheit. Der Betriebsrat ist zwar als Gremium nicht grundrechtsfähig. Allerdings wird ihm, soweit er eigene Rechte und Pflichten wahrnimmt, begrenzte Rechtsfähigkeit zugebilligt. Bei der Herausgabe eines Informationsblattes kann der Betriebsrat sich nach herrschender Auffassung auf Art. 5 Abs. 1 GG berufen (vergl. nur GK BetrVG, Einleitung D VI). Über Meinungsverschiedenheiten sachlich zu berichten, stellt daher grundsätzlich keine ehrverletzende Kränkung des Meinungsgegners dar. Angesichts dessen hat sich der Betriebsrat in dem Betriebsratsinfo vom 25.11.2008 weder unangemessen noch unzulässig geäußert.

Ob es Kündigungsgründe gibt, wird letztendlich erst das Zustimmungsersetzungs- oder gar das Kündigungsschutzverfahren zeigen.

d) Er verstößt auch nicht gegen § 74 Abs. 2 BetrVG. Er informiert lediglich über eine Meinungsverschiedenheit zwischen Arbeitgeberin und Betriebsrat und betont die rechtliche Auffassung des Betriebsrats. Eine derartige, noch dazu in jeder Hinsicht sachlich formulierte Vorgehensweise ist nicht geeignet, den Arbeitsablauf oder den Betriebsfrieden zu beeinträchtigen.

e) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Betriebsrat am Ende des Betriebsratsinfos zum Ausdruck gebracht hat, er "habe den Eindruck", dass es hier nur darum gehe, ein langjähriges aktives Betriebsratsmitglied loszuwerden. Der Betriebsrat hat insoweit seinen Eindruck geschildert und dieses ausdrücklich hervorgehoben. Bei dieser Formulierung handelt es sich nicht um eine unzutreffende Tatsachenbehauptung, sondern lediglich um die Schilderung von subjektiven Eindrücken. Letzteres ist von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG ist für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung schlechthin konstituierend. Es gewährleistet eine der wesentlichen Äußerungsformen der menschlichen Persönlichkeit. Aufgrund seiner großen Bedeutung ist seine Berücksichtigung jeweils im Rahmen des Möglichen geboten. Mit der überragenden Bedeutung des Grundrechts aus Art. 5 Abs. 1 GG wäre es unvereinbar, wenn das Grundrecht in der betrieblichen Arbeitswelt, die für die Lebensgrundlage zahlreicher Staatsbürger wesentlich bestimmt ist, gar nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre. Dabei besteht der Grundrechtsschutz unabhängig davon, ob eine Äußerung rational oder emotional, begründet oder grundlos ist, und ob sie von anderen für nützlich oder schädlich, wertvoll oder wertlos gehalten wird (BAG vom 24.06.2004 - 2 AZR 63/03, mit einer Vielzahl von Rechtsprechungsnachweisen, zitiert nach JURIS, Rz. 35). Allerdings wird das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht schrankenlos gewährt. Bei einer Meinungsäußerung, die im Rahmen einer öffentlichen Auseinandersetzung erfolgt, spricht jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich eine Vermutung zugunsten der Freiheit der Äußerung (BAG, a. a. O., Rz. 37 m. w. N.). Einer Äußerung darf kein Sinn beigelegt werden, den sie nicht besitzt; bei mehrdeutigen Äußerungen muss eine ebenfalls mögliche Deutung mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen werden (a. a. O.).

Vor diesem rechtlichen Hintergrund kann angesichts der vom Betriebsrat ausdrücklich gewählten Formulierung, er "habe den Eindruck" nicht in das BR-Info hineininterpretiert werden, es werde der Antragstellerin zweifelsfrei und mit dem Ziel und Ergebnis der Störung des Betriebsfriedens sowie bei gleichzeitiger Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht unterstellt, sie gehe unredlich vor und konstruiere Kündigungsgründe.

f) Letztendlich ergibt sich auch kein Verstoß gegen etwaige Geheimhaltungspflichten durch den Betriebsrat. Zum einen hat er unstreitig mit Einverständnis des stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden, des betroffenen Betriebsratsmitgliedes M. , das Betriebsratsinfo abgesetzt und verbreitet. Angesichts des einvernehmlichen Vorgehens kann daher kein Verstoß gegen eine Geheimhaltungspflicht oder gegen das Datenschutzgesetz gegeben sein.

Zudem ist das eingeleitete Zustimmungsersetzungsverfahren öffentlich.

g) Auch das Vorbringen der Antragstellerin in der Beschwerdeverhandlung, erst der Aushang im Landbereich habe sie dazu veranlasst, das vorliegende Verfahren einzuleiten, da die dort tätigen Arbeitnehmer mangels Detailkenntnisse den Inhalt des Betriebsratsinfos nicht richtig einordnen könnten, ist nicht geeignet, das vorliegende Entfernungs- und Unterlassungsbegehren zu rechtfertigen.

Auch die Arbeitnehmer des Landbereiches haben den Betriebsrat mit gewählt.

Auch sie haben ein Recht, von ihrem Betriebsratsgremium über gegen Betriebsratsmitglieder eingeleitete Kündigungsverfahren und von Arbeitgeberseite einseitig eingeleitete Veränderungen der Abgaberichtlinien für zollfreie Waren informiert zu werden.

h) Letztendlich kann die Antragstellerin auch nicht damit gehört werden, der Zeitpunkt des Betriebsratsinfos sei für sie äußerst ungünstig und beeinträchtige die von ihr beabsichtigten anderen personellen Maßnahmen. Der Betriebsrat ist grundsätzlich berechtigt, zeitnah über betriebliche Ereignisse zu informieren. Das gilt unabhängig davon, welche anderweitigen Vorhaben, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang zu den Betriebsratsinformationen steht, die Arbeitgeberin parallel für den Betrieb vorhat. Aus etwaigen ungünstigen Auswirkungen von Betriebsratsinformationen auf anderweitige zeitnahe Arbeitgebervorhaben kann kein Verstoß des Betriebsrats gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit und ggf. sogar gegen den Betriebsfrieden abgeleitet werden.

i) Aus den genannten Gründen war der angefochtene Beschluss auf die Beschwerde des Betriebsrats abzuändern. Die Anträge der Arbeitgeberin waren zurückzuweisen.

Der Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei.

Ende der Entscheidung

Zurück