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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 01.12.2005
Aktenzeichen: 4 Sa 276/05
Rechtsgebiete: MTArb


Vorschriften:

MTArb § 15 Abs. 6
MTArb § 15 Abs. 6 Unterabs. 2
MTArb § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 Satz 2
MTArb § 15 Abs. 6 Unterabs. 3
MTArb § 15 Abs. 6 Unterabs. 3 Satz 2
MTArb § 15 Abs. 8 Unterabs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 276/05

Verkündet am 1. Dezember 2005

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 15. April 2005 - ö.D. 1 Ca 1258/04 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um Lohn für den Ausgleichstag, der dem Kläger für von ihm geleistete Sonntagsarbeit gewährt wurde.

Der Kläger trat am 1. November 1970 in die Dienste des beklagten Landes ein. Seit dem 1. November 1995 wird er als Brückenwärter bei der... brücke im 3-Schicht-Betrieb beschäftigt. Gem. § 2 des schriftlichen Arbeitsvertrages vom 24. Oktober 1995 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Manteltarifvertrag für Arbeiter der Länder (MTL II) und den diesen ergänzenden, ändernden und ersetzenden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung.

Der Kläger hatte am 4. April 2004 - Ostersonntag - Frühschicht von 5:00 Uhr bis 13:30 Uhr. Er erhielt dafür Freizeitausgleich am 13. April 2004. An diesen Tag hatte der Kläger nach Dienstplan eine Freischicht. Der Kläger arbeitet an wenigstens 30 Sonntagen pro Jahr und erhält hierfür immer unbezahlten Freizeitausgleich während der Freischicht. Für die Arbeit am Sonntag werden zuzüglich zum Lohn die tariflichen Zuschläge bezahlt.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm werde kein "gehöriger" Freizeitausgleich gewährt, wenn er seinen Ausgleichstag an einem ohnehin arbeitsfreien Tag erhalte. Ihm stehe je ein bezahlter freier Tag als Ausgleich für die Arbeit an einem Sonntag zu. Dies folge aus § 15 Abs. 6 3. Unterabs. MTArb. Außerdem liege eine Ungleichbehandlung vor, weil Straßenwärterkollegen durch die Zahlung von Zuschlägen besser behandelt würden.

Der Kläger hat beantragt,

das beklagte Land zu verurteilen, ihm 147,65 EUR brutto zu zahlen. Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das beklagte Land hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe ein Anspruch auf Zahlung nicht zu. Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus § 15 Abs. 6 MTArb. Eine zusätzliche Vergütung sei nicht zu zahlen. Im Ergebnis laufe dies darauf hinaus, dass er einen weiteren Zuschlag von 100% für die Sonntagsarbeit erhalte. Eine Ungleichbehandlung mit den Straßenwärterkollegen bestehe nicht, da diese lediglich von Montag bis Freitag arbeiteten. Bei einem Arbeitseinsatz am Sonntag handele es sich für diese Arbeitnehmer um Überstunden.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, durch die Regelung in § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb solle sichergestellt werden, dass ein Arbeiter nicht auf eine Arbeitsunterbrechung verzichten müsse, die anderenfalls an einem Sonntag gegeben wäre. Der Arbeiter solle ebenso viele freie Tage haben wie die übrigen Arbeiter. Der Kläger könne nicht verlangen, dass ihm der Freizeitausgleich an einem anderen bezahlten Tag gewährt werde. Es sei nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land den Freizeitausgleich in den normalen Dienstplan integriere. Wegen der weiteren Begründung wird Bezug genommen auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils.

Der Kläger hat gegen das ihm am 30. Mai 2005 zugestellte Urteil am 21. Juni 2005 mit Faxschriftsatz und am 22. Juni 2005 mit Originalschriftsatz Berufung eingelegt. Er hat diese am 12. August 2005 mit Faxschriftsatz und am 15. August 2005 mit Originalschriftsatz - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. August 1005 - begründet.

Der Kläger wiederholt seine erstinstanzliche Rechtsauffassung und meint, ihm werde kein ordnungsgemäßer Freizeitausgleich gewährt, wenn das beklagte Land eine Freistellung für einen Zeitraum vornehme, in dem er wegen der Schichtgestaltung unter Berücksichtigung seiner zu leistenden Gesamt-Monatsarbeitszeit von der Arbeit freigestellt sei. Er habe dann praktisch an einem Tag doppelt frei. Dies lasse die Regelung des Freizeitausgleichs leer laufen und zu einer hohlen Rechtsposition werden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Flensburg - ö. D. 1 Ca 1258 /04 - vom 15. April 2005 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 147,65 EUR brutto nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 15. April 2005 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag und weist darauf hin, der Kläger verlange im Ergebnis mit seiner Klage für die Arbeit am Sonntag eine Bezahlung in Höhe von 200% des normalen Lohns zzgl. der Sonntagszuschläge. Die Regelung in § 15 Abs. 6 MTArb sehe lediglich vor, dass für die Arbeitszeit an einem Sonntag entsprechend zusammenhängende Freizeit an einem Werktag zu gewährleisten sei. Über eine zusätzliche Vergütung treffe § 15 Abs. 6 MTArb keine Aussagen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt worden. In der Sache ist sie nicht begründet. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen in vollem Umfang Bezug auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils. Die Angriffe der Berufung rechtfertigen keine Abänderung dieser Entscheidung.

1.

Gem. § 15 Abs. 6 MTArb ist der Kläger verpflichtet, dienstplanmäßig sonntags zur arbeiten. Gem. § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb ist die dienstplanmäßige Arbeitszeit an einem Sonntag durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag oder ausnahmsweise an einem Wochenfeiertag der nächsten oder der übernächsten Woche auszugleichen.

Der Kläger hat am 4. April 2004 Sonntagsarbeit im Sinne dieser Vorschrift geleistet. Denn Arbeit, die an einem auf einen Sonntag fallenden Feiertag geleistet wird, ist Sonntagsarbeit i. S. d. § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb, da Wochenfeiertage nach der Begriffsdefinition des § 15 Abs. 8 Unterabs. 4 MTArb nur Werktage sein können. Auch in diesem Fall gilt daher für den Freizeitausgleich die Vorschrift über die Sonntagsarbeit (§ 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb) (Scheuring/Steingen/Banse/Thivessen, Manteltarifvertrag für die Arbeiterinnen und Arbeiter des Bundes und der Länder, § 15 Erl. 14).

2.

Das beklagte Land hat seine Verpflichtung aus § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 Satz 2 MTArb erfüllt. Sie hat dem Kläger für die Sonntagsarbeit am 4. April 2004 entsprechende zusammenhängende Freizeit an einem Werktag, 13. April 2004, gewährt. Darüber hinausgehende Ansprüche bestehen nicht.

a.

Gemäß § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb ist die dienstplanmäßige Arbeitszeit an einem Sonntag durch eine entsprechende zusammenhängende Freizeit grundsätzlich an einem Werktag auszugleichen. Die Vorschrift regelt die Verteilung der regelmäßigen Arbeitszeit auf die einzelnen Tage einer jeden Woche und gewährleistet damit, dass auch der Schichtarbeiter, der an einem Sonntag arbeiten muss, zeitlich nicht mehr arbeitet als die regelmäßige durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit. Die Freizeit, die zu diesem Zweck gewährt werden muss, ist unbezahlte Freizeit und führt demgemäß nicht zur Verkürzung der regelmäßigen durchschnittlichen Wochenarbeitszeit. Vielmehr wird die Freizeit durch den Ausgleich lediglich vom normalerweise arbeitsfreien Sonntag auf einen anderen Wochentag der nächsten oder der übernächsten Woche verlagert. Die Tarifbestimmung begründet jedoch keinen Anspruch auf eine bezahlte Freistellung für dienstplanmäßige Sonntagsarbeit (vgl. BAG, Urt. v. 30. Juli 1992 - 6 AZR 283/91 - zum vergleichbaren § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 BAT; BAG, Urt. v. 27. Mai 2004 - 6 AZR 299/03 - zum vergleichbaren § 15 Abs. 2 Satz 3 BMTG).

Aus § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb folgt daher kein Anspruch auf eine bezahlte Freistellung für dienstplanmäßige Sonntagsarbeit.

b.

Etwas anderes folgt auch nicht aus § 15 Abs. 6 Unterabs. 3 Satz 2 MTArb. Für das Berufungsgericht erschließt sich nicht, wieso der Kläger meint, aus dieser Vorschrift etwas für seinen Anspruch ableiten zu können. § 15 Abs. 6 Unterabs. 3 MTArb bezieht sich auf den Ausgleich, der an einem Wochenfeiertag genommen wird. Nur für diese Freizeit wird - bei Ausgleich an einem Wochenfeiertag neben dem Lohn nach § 34 Abs. 2 - der Monatsregellohn fortgezahlt. Der Kläger hat seinen Ausgleich aber nicht an einem Wochenfeiertag, sondern an einem Werktag genommen.

c.

Weiterhin ist auch nicht zu beanstanden, dass das beklagte Land des Ausgleichstag des Klägers auf eine Freischicht legte. Aus § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb folgt nicht, dass der Ausgleichstag immer auf einen Tag gelegt werden muss, an dem der Arbeitnehmer eigentlich dienstplanmäßig zu arbeiten gehabt hätte. § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb stellt lediglich auf Freistellung an einem Werktag ab. Dies kann auch ein Tag ohne Schichtdienst sein. Der Arbeitnehmer, der sonntags arbeitet, soll wenigstens einen arbeitsfreien Tag in der Woche haben. Dies wird gewährleistet, auch wenn der Ausgleichstag auf einen schichtfreien Werktag gelegt wird. Entscheidend ist allein, dass der Schichtarbeiter, der an einem Sonntag arbeiten muss, zeitlich nicht mehr arbeitet als die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit. Wenn er sonntags arbeitet, muss gewährleistet sein, dass durch die zu gewährende Freizeit die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit eingehalten wird. Ist dies der Fall, kann der Arbeitnehmer keinen Anspruch auf einen bezahlten Ausgleichstag erheben. Da nicht erkennbar ist, dass der Kläger mehr als die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit gearbeitet hat, erschöpft sich sein Anspruch im Hinblick auf die geleistete Sonntagsarbeit auf eine unbezahlte Freistellung an einem anderen Tag.

d.

Die vom Kläger angeführte Ungleichbehandlung ist nicht erkennbar. Der Kläger übersieht, dass die Vorschrift des § 15 Abs. 6 Unterabs. 2 MTArb gerade der Gleichbehandlung dient. Er soll durch den Verlust des arbeitsfreien Sonntags im Vergleich zu den insoweit besser gestellten Kollegen, die sonntags nicht arbeiten müssen, einen freien Werktag haben. Er soll aber nicht besser stehen als seine Kollegen, d. h. er soll abgesehen von den zu zahlenden Zuschlägen die von ihm geleistete Sonntagsarbeit nicht zu 200% bezahlt bekommen. Darauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen. Wenn der Kläger im Übrigen hinweist auf die Straßenwärterkollegen, so ist zu beachten, dass diese lediglich Montag bis Freitag arbeiten und es sich bei einem Arbeitseinsatz am Sonntag bereits um Überstunden handelt.

Nach alledem ist die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Zulassung der Revision folgt aus § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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