Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 04.06.2009
Aktenzeichen: 4 Sa 40/09
Rechtsgebiete: RTV


Vorschriften:

RTV § 38
RTV § 38 Abs. 1
RTV § 38 Abs. 4
RTV § 43
RTV § 43 Abs. 1
RTV § 44
RTV § 46
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 40/09

Verkündet am 04.06.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 04.06.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 03.12.2008 - 1 Ca 648 d/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird für den Kläger zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darum, ob der Kläger bei der Finanzierung des Arbeitnehmeranteils zur Winterbeschäftigungsumlage durch Einbringung von zwei Urlaubstagen des Jahresurlaubs dennoch Anspruch auf Zahlung des zusätzlichen Urlaubsgeldes für diese beiden Urlaubstage hat.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der Rahmentarifvertrag für gewerbliche Arbeitnehmer im Dachdeckerhandwerk Anwendung. § 38 dieses Rahmentarifvertrages, der die Überschrift "Urlaubsdauer" trägt, regelt in seinem Absatz 1 die Dauer des Jahresurlaubs und in seinem Absatz 4 die Finanzierung des Arbeitnehmeranteils an der Winterbeschäftigungsumlage. Dazu heißt es in § 38 Abs. 4 des Rahmentarifvertrages im Dachdeckerhandwerk:

"Der Arbeitnehmeranteil an der Winterbeschäftigungsumlage (2,5 % der umlagefähigen Bruttoarbeitsentgelte der gewerblichen Arbeitnehmer) beträgt nach der Winterbeschäftigungs-Verordnung 0,8 %. Er wird finanziert durch die Einbringung von zwei Urlaubstagen des Jahresurlaubs oder nach betrieblicher Vereinbarung durch Abzug vom Lohn."

In § 43 Abs. 1 dieses Rahmentarifvertrages ist geregelt, wie das für jeden Urlaubstag zu zahlende Urlaubsentgelt berechnet wird. In § 44 des Rahmentarifvertrages wiederum vereinbarten die Tarifvertragsparteien, dass der Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber Anspruch auf Zahlung eines zusätzlichen Urlaubsgeldes in Höhe von 25 % des Urlaubsentgelts nach § 43 hat. Gemäß § 46 des Rahmentarifvertrages werden das Urlaubsentgelt und das zusätzliche Urlaubsgeld fällig, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub antritt oder aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet bzw. wenn der Arbeitnehmer verstirbt.

Die Parteien einigten sich darauf, dass der Kläger zwei Urlaubstage zur Finanzierung der Winterbeschäftigungsumlage einbringt. Die Beklagte zahlte ihm für diese beiden Tage nicht das zusätzliche tarifliche Urlaubsgeld, weshalb er dieses mit Schreiben vom 10.03.2008 bei der Beklagten geltend machte.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, bei der Regelung des § 38 Abs. 4 des Rahmentarifvertrages handele es sich nicht um eine Kürzung des Urlaubsanspruches, sondern um eine andere Finanzierung des Arbeitnehmerbeitrages, so dass der Anspruch auf das zusätzliche Urlaubsgeld gemäß § 44 des Rahmentarifvertrages erhalten bleibe. Die Regelung in § 38 Abs. 4 des Rahmentarifvertrages sei dahin auszulegen, dass bei Einbringung des Arbeitnehmeranteils an der Winterbeschäftigungsumlage eine Erfüllung des Urlaubsanspruches in Höhe von zwei Urlaubstagen eingetreten sei. Erfüllung bedeute in diesem Zusammenhang, dass er - Kläger - an diesen beiden Tagen Arbeitsleistung erbracht habe. Diese beiden "fiktiven Tage", an denen er gearbeitet habe, seien als Urlaubstage zu werten, weshalb ihm das zusätzliche Urlaubsgeld zustehe. Hätten die Tarifvertragsparteien eine Minderung des Jahresurlaubs gewollt, so hätten sie den Rahmentarifvertrag geändert.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 61,68 EUR brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2008 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, bei Einbringung von zwei Urlaubstagen berechne sich das Urlaubsentgelt für 28 Urlaubstage p.a. Folglich knüpfe auch das zusätzliche Urlaubsgeld gemäß § 44 des Rahmentarifvertrages nur an diese 28 Tage an. Alles andere widerspreche dem Tarifwortlaut und sei systemwidrig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der ersten Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angegriffenen Urteils mit seinen Verweisungen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Jahresurlaubsanspruch des Klägers nach § 38 Abs. 1 RTV reduziere sich um zwei Tage, wenn er diese zwei Urlaubstage zur Finanzierung des Arbeitnehmeranteils an der Winterbeschäftigungsumlage einbringe. Er werde dann im betreffenden Jahr zwei Tage weniger von der Arbeitspflicht befreit und erwerbe an diesen Tagen keinen Anspruch auf Urlaubsvergütung, sondern auf Arbeitsentgelt. Ein Urlaubsanspruch könne ohne Befreiung von der Arbeitspflicht nicht erfüllt werden. Zudem sei zu beachten, dass Urlaubsentgelt und zusätzliches Urlaubsentgelt gemäß § 46 des Rahmentarifvertrages bei Urlaubsantritt fällig werden. Wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub nicht antrete, könne er dementsprechend für diese Tage weder Urlaubsentgelt noch das zusätzliche Urlaubsgeld gemäß § 44 des Rahmentarifvertrages beziehen.

Wegen der weiteren Begründung wird Bezug genommen auf den Inhalt der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils.

Der Kläger hat gegen das ihm am 14.01.2009 zugestellte Urteil am 09.02.2009 Berufung eingelegt und diese am 10.03.2009 begründet.

Der Kläger wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag und vertritt weiterhin die Auffassung, die tarifvertragliche Regelung zur Finanzierung der Beschäftigungsumlage reduziere nicht seinen tariflichen Anspruch auf die ihm zustehenden 30 Urlaubstage. Durch das Einbringen von zwei Urlaubstagen könne lediglich der Freizeitanspruch nicht mehr realisiert werden. Alle anderen Ansprüche, die im Zusammenhang mit dem Urlaub stünden, blieben jedoch erhalten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Neumünster vom 03.12.2008 (1 Ca 648 d/08) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 61,68 EUR brutto zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 06.06.2008 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung unter Wiederholung ihres dortigen Vortrages.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen darauf ausdrücklich Bezug und macht sich die dortigen Ausführungen zu eigen. Lediglich ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

1. § 38 des Rahmentarifvertrages im Dachdeckerhandwerk ist überschrieben mit dem Begriff "Urlaubsdauer". Die hier auszulegende tarifliche Vorschrift befindet sich in Absatz 4 des § 38 des Rahmentarifvertrages. Sie hat also ihren Standort in einer tariflichen Norm, die sich nach der Formulierung der Tarifvertragsparteien grundsätzlich mit der Urlaubsdauer befasst. Dies stützt das Argument des Arbeitsgerichts, wonach sich bei der "Einbringung von zwei Urlaubstagen" der tarifliche Jahresurlaub um eben diese beiden Urlaubstage reduziert.

2. Einbringung von zwei Urlaubstagen bedeutet wiederum, dass sich der Kläger an diesen beiden Tagen nicht von der Arbeitsleistung zum Zwecke der Inanspruchnahme des Urlaubs bei Zahlung des Urlaubsentgelts freistellen lässt, sondern statt des Urlaubs an diesen beiden Tagen arbeitet und dafür Arbeitsentgelt erhält. Wenn der Kläger die Auffassung vertritt, bei der Einbringung von zwei Urlaubstagen handele es sich auch um die Erfüllung des Urlaubsanspruches, so ist dies nicht nachzuvollziehen. Erfüllung des Urlaubs kann nur durch Freistellung von der Arbeit bei Zahlung des Urlaubsentgelts erfolgen. Nimmt der Arbeitnehmer diese Freistellung nicht in Anspruch und arbeitet stattdessen, so nimmt er keinen Urlaub, sondern arbeitet bei Zahlung des Arbeitsentgelts. Darauf hat das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen.

3. Wenn der Arbeitnehmer aber nicht die Freistellung vom Dienst gegen Zahlung des Urlaubsentgelts in Anspruch nimmt, sondern Arbeitsentgelt erhält, dann fehlt es an der für § 44 des Rahmentarifvertrages erforderlichen Anknüpfung an ein gemäß § 43 des Rahmentarifvertrages zu zahlendes Urlaubsentgelt. Das zusätzliche Urlaubsgeld gemäß § 44 ist verknüpft mit dem gemäß § 43 zu zahlenden Urlaubsentgelt. Es beträgt 25 % des Urlaubsentgelts nach § 43. Wird aber kein Urlaubsentgelt gezahlt, sondern Arbeitsentgelt, so besteht auch kein Anspruch auf Zahlung des zusätzlichen Urlaubsgeldes gemäß § 44 des Rahmentarifvertrages.

4. Schließlich wird dieses Ergebnis auch gestützt durch die Regelung in § 46 des Rahmentarifvertrages. Urlaubsentgelt und zusätzliches Urlaubsgeld werden fällig, wenn der Arbeitnehmer seinen Urlaub antritt. Bringt er jedoch zwei Urlaubstage ein, das heißt nimmt er insoweit die Freistellung gegen Zahlung des Urlaubsentgelts nicht in Anspruch, so tritt er seinen Urlaub nicht an, weshalb auch das zusätzliche Urlaubsgeld nicht fällig werden kann, beziehungsweise der Anspruch überhaupt nicht entstanden ist.

5. Insoweit kann es auch offen bleiben, ob bei Einbeziehung des zusätzlichen Urlaubsgeldes der Arbeitnehmeranteil bei Einbringung von zwei Urlaubstagen 1 Prozent beträgt. Selbst wenn dies so wäre, würde es nicht zu einer anderen Auslegung des Tarifvertrages führen. Es wäre dann Aufgabe der Tarifvertragsparteien, gegebenenfalls - sofern vom Willen beider getragen - den Tarifvertrag abzuändern und eine neue Regelung zu vereinbaren.

Nach alledem ist die Berufung mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

Ende der Entscheidung

Zurück