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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 14.10.2002
Aktenzeichen: 4 Sa 71/02
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 626
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 4 Sa 71/02

Verkündet am 14. Oktober 2002

In dem Rechtsstreit

hat die IV. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 14. Oktober 2002 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Müller als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter Rose und Geng als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 14. September 2001 - 5 Ca 2403/00 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Entscheidungsgründe:

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit der von der Beklagten ausgesprochenen fristlosen Kündigungen vom 13. Januar 1998 und vom 24. Januar 1998, wobei die letztere Kündigung auch vorsorglich fristgemäß zum nächstmöglichen Termin ausgesprochen worden ist.

Wegen des Sach- und Streitstandes, wie er in erster Instanz zur Entscheidung vorgelegen hat, wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils und wegen des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz auf den Inhalt ihrer in der Berufung gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist dem Werte des Beschwerdegegenstandes nach statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet worden.

Die Berufung ist jedoch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet. Insoweit wird gem. § 540 ZPO auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen:

Das Arbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung auch darauf gestützt, dass die Klägerin in erheblichem Maße ihre Pflicht, ihre Arbeitsleistung anzubieten verletzt habe. Bereits dieser Kündigungsgrund reicht für das Vorliegen eines wichtigen Grundes nach § 626 Abs. 1 BGB aus.

Die nachhaltige Weigerung der Klägerin zur Erbringung der Arbeitsleistung bereits seit 9. Oktober 1997 und ihr weiteres Wegbleiben nach dem 29. Dezember 1997 stellt sich als beharrliche Arbeitsverweigerung dar und begründet die außerordentliche Kündigung i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB.

Die beharrliche Arbeitsverweigerung und das beharrliche unbefugte Verlassen der Arbeit sind in der Regel nach wie vor hinreichend triftige Gründe für eine fristlose Kündigung (so zutreffend: LAG Niedersachsen, Urt. v. 4. Februar 1982 - 11 Sa 101/81 -; LAG Düsseldorf, Urt. v. 13. April 1974 in DB 1971, 1363; Schaub, Arbeitsrechtshandbuch, 6. Aufl. 1987, § 125 Nr. 6a; LAG Niedersachen, Urt. v. 15. Mai 1978 - 11 Sa 118/77 -, Urt. v. 17. Mai 1979 - 11 Sa 102/78 -, Urt. v. 27. Februar 1980 - 11 Sa 174/78 -, Urt. v. 3. September 1981 - 11 Sa 85/80 -; LAG Schl.-Holst., Urt. v. 1. Juni 1987 - 4 Sa 639/86 -, Urt. v. 25. Mai 1987 - 4 Sa 674/86 -, Urt. v. 9. März 1987 - 4 Sa 590/86 -, Urt. v. 20. August 1992 - 4 Sa 326/91 -, Urt. v. 8. Juni 1995 - 4 Sa 628/94 -, Urt. v. 2. November 1995 - 4 Sa 444/95 -, Urt. v. 28. Februar 1998 - 4 Sa 517/97 -, Urt. v. 11. Mai 2000 - 4 Sa 467/99 -, Urt. v. 20. Januar 2000 - 4 Sa 389/99 -, Urt. v. 1. November 2001 - 4 Sa 394/01 -; LAG Berling, Urt. v. 6. Dezember 1993 - 9 Sa 12/93 -). Zur Annahme einer Arbeitsverweigerung reicht die Verletzung jeder vertraglichen Pflicht aus, die der Arbeitnehmer zu erfüllen hat. Die Arbeitsverweigerung muss, um eine fristlose Kündigung zu begründen, beharrlich gewesen sein. Beharrlichkeit setzt in der Person des Arbeitnehmers den Willen zum nachhaltigen Tun oder Unterlassen voraus. Der Arbeitnehmer muss die ihm übertragene Arbeit pflichtbewusst nachhaltig nicht leisten wollen. Es muss die Willensrichtung des Arbeitnehmers erkennbar werden, Weisungen des Arbeitgebers nicht befolgen zu wollen (Stahlhacke, Kündigung- und Kündigungsschutz, 3. Aufl. 1977, Rdnr. 216 f.; LAG Schl.-Holst., Urt. v. 8. Juni 1995, a. a. O., a. S. 10 der Entscheidungsgründe). Regelmäßig wird die Beharrlichkeit dadurch indiziert, dass der Arbeitnehmer trotz Abmahnung seinen vertragswidriges Verhalten fortsetzt (BAG in AP-Nr. 57 zu § 626 BGB); es kann aber auch ein einmaliges Verhalten ohne Abmahnung die Intensität des Willens des Arbeitnehmers erkennen lassen (BAG, Urt. v. 12. Januar 1956 in AP-Nr. 5 zu § 123 Gewerbeordnung); die Beharrlichkeit erfordert aber auch dann keine Abmahnung, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nachhaltig ermahnt hat und der Arbeitnehmer sein beanstandetes Verhalten fortsetzt, denn auch daraus ist erkennbar, dass der Arbeitgeber das Verhalten des Arbeitnehmers nicht als vertragsmäßig betrachtet, die vertraglich geschuldete Leistung fordert und der Arbeitnehmer nicht zur Erbringung der geschuldeten Leistung bereit ist (BAG, Urt. v. 7. Juli 1970 - 1 AZR 505/69 - in DB 1970, 2227).

Die Klägerin hat sich beharrlich geweigert ihre Arbeit bei der Beklagten nach dem 9. Oktober 1997 wieder aufzunehmen. Die Klägerin war mit Schreiben des Vertreters der Firma J. - der früheren Arbeitgeberin der Klägerin - am 11. November 1997 zur Arbeitsaufnahme aufgefordert worden. Sie war auch am 12. Dezember 1997 vom Vertreter der Firma J. nochmals auf den fehlenden Arbeitseinsatz hingewiesen worden. Ob sie am 3. Dezember 1997 tatsächlich zur Arbeit erschienen war oder erst nach Dienstschluss und ob sie am 4. Dezember 1997 die Arbeit aufgenommen oder nur ein Telefonat mit der Beklagten geführt hatte, kann dahinstehen, denn die Klägerin ist am 29. Dezember 1997 wiederum nicht zur Arbeit erschienen, obwohl im Schreiben vom 29. Dezember 1997 die Bevollmächtigten der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der Firma J. , die Klägerin nachhaltig in Verbindung mit einer Abmahnung zur Arbeitsleistung aufgefordert haben. Dies folgt aus dem Wortlaut der Aufforderung:

"Auch wenn es Verpflichtung Ihrer Mandantin ist, die eigene Arbeitsleistung anzubieten und tatsächlich zu arbeiten, haben wir für unsere Mandantin ausdrücklich zu erklären, dass diese Ihre Mandantin im Rahmen der gegebenen betrieblichen Möglichkeiten beschäftigen wird. Diese Erklärung gilt selbstverständlich vorbehaltlich der Rechte unserer Mandantin aus der ausgesprochenen Kündigung.

Da unsere Mandantin im übrigen Interesse hat an einer kurzfristigen Klärung der Angelegenheit, auch zum Bestand des Arbeitsverhältnisses, wird Ihre Mandantin ausdrücklich zur Erbringung der Arbeitsleistung aufgefordert.".

Die Beklagtenvorgängerin hat der Klägerin auch nachhaltig eine Abmahnung ausgesprochen, denn in dem Schreiben wird für die Nichtaufnahme der Tätigkeit der Klägerin eine außerordentliche Kündigung angedroht:

"Sollte Ihre Mandantin weiterhin der Auffassung sein, sie könne schlichtweg zu Hause bleiben, wird unsere Mandantin gegebenenfalls die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses aussprechen. Insoweit haben wir für unsere Mandantin ausdrücklich auf die Konsequenzen hinzuweisen, die unsere Mandantin aus dem weiterhin unentschuldigten Fehlen Ihrer Mandantin ziehen wird.".

Die Beharrlichkeit der Klägerin liegt auch darin, dass sie weder am folgenden Tage noch in den folgenden Wochen bei der Beklagten zur Arbeitsaufnahme erschienen ist. Die Vermutung der Klägerin, die Beklagte habe gar kein Arbeitsplatz für sie gehabt, so dass sie am 29. Dezember 1997 gar nicht wirksam aufgefordert sei, bei der Beklagten zu arbeiten, ist abwegig. Es ist Sache des Arbeitnehmers, wird er zur Arbeit aufgefordert, weil er im bestehenden Arbeitsverhältnis nicht zur Arbeit erscheint, sich am Arbeitsplatz einzufinden. Dort ist ihm vom Arbeitgeber dann der Arbeitsplatz zuzuweisen. Tatsächlich war die Klägerin nicht mehr arbeitsbereit, denn sie hat bereits am 4. Dezember 1997 die Firma J. angeschrieben und erklärt, dass sie entsprechend des mit dem Herrn Jä. am 4. Dezember 1997 geführten Telefonats eine ausgefüllte Bescheinigung für das Arbeitsamt verlange und dass ihr die Lohnsteuerkarte 1997 oder eine Bescheinigung bezüglich der Merkmale der Lohnsteuerkarte 1997 übersandt werde. Dieser Umstand in Verbindung mit der Tatsache, dass die Klägerin nur wenige Tage später, nämlich am 9. Dezember 1997 ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen ist, belegt auch, dass die Klägerin nicht die Absicht hatte, bei der Beklagten weiter tätig zu werden.

Die Berufung war daher mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zurückzuweisen gewesen.

Gegen das Urteil ist die Revision nicht zugelassen worden. Wegen der Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde wird auf § 72 a ArbGG Bezug genommen.

Ende der Entscheidung

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