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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 27.08.2009
Aktenzeichen: 4 TaBV 12/09
Rechtsgebiete: MTV Kfz-Gewerbe S-H, BetrVG


Vorschriften:

MTV Kfz-Gewerbe S-H § 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 3
Ein ursprünglich von der Arbeitgeberin gemäß § 3 Abs. 1. C. MTV Kfz-Gewerbe S-H in einem Betrieb ohne Betriebsrat eingeführtes Arbeitszeitkonto darf die Arbeitgeberin auch dann zunächst weiter anwenden, wenn nunmehr ein Betriebsrat existiert. Es ist Sache des Betriebsrats, über sein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG Änderungen zu initiieren.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Beschluss

Aktenzeichen: 4 TaBV 12/09

Verkündet am 27.08.2009

hat die 4. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die Anhörung der Beteiligten am 27.08.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter ...als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Lübeck vom 11.02.209 - 5 BV 40/08 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Beteiligten zu 1) (Betriebsrat) gegen die Beteiligte zu 2) (Arbeitgeberin) auf Unterlassung der Anordnung und Duldung von Überstunden ab der 37. Wochenarbeitsstunde ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrates beziehungsweise Ersetzung derselben durch den Spruch einer Einigungsstelle. Der Antragsteller und Beteiligte zu 1) ist Betriebsrat im Betrieb der Antragsgegnerin und Beteiligten zu 2) (Arbeitgeberin).

Die Arbeitgeberin vereinbart in den von ihr mit ihren Arbeitnehmern abgeschlossenen Arbeitsverträgen die Anwendung des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellten und Auszubildenden in den Betrieben des Kraftfahrzeuggewerbes Schleswig-Holstein.

Gemäß § 3 1. A. heißt es in dem dortigen Tarifvertrag, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen betrage 36 Stunden. Weiterhin sieht dieser Tarifvertrag in § 3 Abschnitt B. und Abschnitt C. verschiedene Arbeitszeitmodelle vor. Unter § 3 Abschnitt C. heißt es zu "unterschiedliche Arbeitszeiten-Arbeitszeitkonten" in diesem Tarifvertrag Folgendes:

"Es besteht die Möglichkeit, auf betrieblicher Ebene ein Arbeitszeitkonto für alle Arbeitnehmer (mit Ausnahme der Auszubildenden) einzurichten. Eine solche Regelung ist schriftlich niederzulegen - in Betrieben mit einem Betriebsrat im Wege einer freiwilligen Betriebsvereinbarung gem. § 77 Abs. 5 und § 87 BetrVG.

1. Der Ausgleichszeitraum kann bis zu 12 Monaten betragen.

Ist ein Ausgleich innerhalb des Ausgleichszeitraumes aus betrieblichen Gründen nicht möglich, kann mit Zustimmung des Betriebsrats durch freiwillige Betriebsvereinbarung der Ausgleichszeitraum um 3 Monate verlängert werden. In Betrieben ohne Betriebsrat ist dies nach Rücksprache mit den Betroffenen zulässig.

Innerhalb des vereinbarten Ausgleichszeitraumes muss eine durchschnittliche Arbeitszeit von 36 Stunden/ Woche erreicht werden (siehe dazu auch § 6 C., Ziff. 4.).

Die betroffenen Arbeitnehmer erhalten grundsätzlich 1 x pro Monat einen Zeitkontoauszug, in der Regel mit der Lohn-/ Gehaltsabrechnung.

2. Das Volumen des Zeitkontos ist auf die Bandbreite von max. ± 100 Stunden begrenzt.

Bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern bestimmt sich der maximale Zeitsaldo nach dem Verhältnis ihrer vertraglichen zur tariflichen Arbeitszeit.

3. In das Zeitkonto können mit einbezogen werden:

- Zeiten aus ungleichmäßiger Verteilung der Arbeitszeit;

- Mehrarbeit und entstehende Zuschläge für Mehrarbeit, die in Zeit umgewandelt werden

- sowie evtl. Zeitsalden aus Gleitzeitvereinbarungen.

4. Wird von der Möglichkeit des Arbeitszeitkorridors entsprechend § 3 Ziff. 1 C. Gebrauch gemacht, entsteht Mehrarbeit ab der 43. Stunde Wochenarbeitszeit. In allen anderen Fällen gilt § 4 Ziff. 1."

Wegen der weiteren Regelungen in § 3 dieses Tarifvertrages wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Bl. 10 - 12 d. A.).

In § 4 1. dieses Tarifvertrages vereinbarten die Tarifvertragsparteien, Mehrarbeit sei die angeordnete Überschreitung der nach § 3 Ziff. 1 zulässigen vereinbarten Arbeitszeit.

Mit Wirkung vom 15. März 2006 führte die Arbeitgeberin eine schriftliche betriebliche Regelung/ Anweisung zu den Arbeitszeiten im Bereich Eisenbahnverkehr ein. Dort heißt es unter anderem:

"Für das Eisenbahnverkehrsunternehmen gelten ab 15.03.206 folgende Regelungen:

Die Regelarbeitszeiten der Triebfahrzeugführer und Rangierbegleiter werden in einem monatlichen Dienstplan vorgeplant und entsprechen den gesetzlichen Bestimmungen.

Die Lage der Pause richtet sich nach dem Fahrplan und den auszuführenden Tätigkeiten des Betriebsprogramms im Ermessen der Mitarbeiter unter Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen.

Am Donnerstag der laufenden Woche werden Abweichungen der Arbeitszeiten für die Folgewoche anhand aktueller Ereignisse festgelegt. Weitere kurzfristige Änderungen der Regelarbeitszeiten sind möglich und werden frühzeitig bekannt gegeben.

Ungeplante Überstunden durch unvorhersehbare Ereignisse, wie z. B. Störungen im Betriebsablauf, Verspätungen sind nachvollziehbar zu dokumentieren. Das Stundenkonto darf 100 Stunden nicht überschreiten, im Minimum sollen möglichst 15 Stunden vorhanden sein. Die Mindesteinsatzzeit pro Tag beträgt 5 Stunden.

An zwei Tagen innerhalb des Monats kann die Arbeit komplett abgesagt werden. Diese Zeiten werden in den Vor- oder Folgemonaten nachgeholt.

Die festgelegten Arbeitszeiten beginnen und enden im Pausenraum. Wasch- und Umkleidezeit sind keine Arbeitszeit.

Ansonsten gelten die Festlegungen des gültigen Kfz-Manteltarifvertrages und Arbeitszeitmodells § 3 C.."

Zum Zeitpunkt der Einführung dieser betrieblichen Regelung existierte im Betrieb der Arbeitgeberin kein Betriebsrat.

Die Belegschaft wählte im Dezember 2006 den dreiköpfigen Betriebsrat.

Ausweislich des Protokolls eines Gespräches der Beteiligten vom 26. November 2008 machte die Geschäftsführung bezüglich des Punktes "flexible Einsatzzeiten" darauf aufmerksam, dass sie bereit sei, eine Betriebsvereinbarung über die vereinbarten Bedingungen abzuschließen. In dem Protokoll eines weiteren Gespräches zwischen den Beteiligten vom 15. Dezember 2008 heißt es zu den flexiblen Einsatzzeiten, die Geschäftsführung mache nochmals auf den Inhalt des Protokolls der Besprechung vom 26.11.2008 aufmerksam und weise darauf hin, dass bei einer eventuellen Betriebsvereinbarung eine Rückzahlung bis Mitte des Monats möglich sei.

Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei nicht berechtigt, sich auf das Modell der Arbeitszeitkonten gemäß § 3 C. des Manteltarifvertrages zu berufen. Denn seit seiner - des Betriebsrats - Wahl sei dazu eine freiwillige Betriebsvereinbarung erforderlich. Eine solche liege nicht vor und er wünsche auch nicht den Abschluss der im Tarifvertrag geforderten freiwilligen Betriebsvereinbarung.

Er sei nicht gezwungen, eine solche freiwillige Betriebsvereinbarung abzuschließen mit der Folge, dass Mehrarbeit erst mit der 43. Wochenarbeitsstunde anfalle. Die Arbeitgeberin habe die seit Dezember 2006 mit seiner Gründung tarifvertraglich vorgesehene freiwillige Betriebsvereinbarung weder erstrebt noch abgeschlossen. Sie habe aber nach seiner Wahl unverzüglich die Initiative ergreifen müssen, um seine Zustimmung zu erhalten. Für die Weitergeltung der bisher einseitig eingeführten betrieblichen Regelung gelte maximal die Frist von einem Jahr. Die Arbeitgeberin habe also zwölf Monate Zeit gehabt, um ihn davon zu überzeugen, die freiwillige Betriebsvereinbarung abzuschließen. Diesen Zeitraum habe die Arbeitgeberin nicht genutzt. Folglich könne sie sich nunmehr nicht mehr auf ihre betriebliche Regelung vom 15. März 2006 berufen, diese sei zwischenzeitlich ungültig geworden. Dies folge aus der Wirksamkeitstheorie des § 87 BetrVG, nach welcher Anordnungen des Arbeitgebers ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrates beziehungsweise Spruch der Einigungsstelle unwirksam seien. Die Arbeitgeberin sei daher nicht berechtigt, die Regelung des § 3 1. C. des Manteltarifvertrages für sich in Anspruch zu nehmen, mit der Folge, dass gemäß § 4 1. des Tarifvertrages Mehrarbeit ab der Überschreitung der 36. Wochenstunde vorliege. Die Arbeitgeberin sei deshalb gehalten, die Überschreitung dieser Wochenarbeitszeit mit ihm abzustimmen. Diese 36-Stunden-Woche werde bei der Arbeitgeberin ständig überschritten. Er habe deshalb den geltend gemachten allgemeinen Unterlassungsanspruch aus § 87 BetrVG.

Der Betriebsrat hat beantragt,

1. der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, außer in Notfällen in ihrem Betrieb in der ...straße ... in ..., Überstunden ab der 37. Wochenarbeitsstunde, die nicht lediglich durch individuelle Besonderheiten und Wünsche einzelner Arbeitnehmer bedingt sind, ohne seine vorherige Zustimmung beziehungsweise Ersetzung derselben durch den Spruch einer Einigungsstelle anzuordnen oder zu dulden;

2. festzustellen, dass es sich in dem Betrieb der Arbeitgeberin ab der 37. Wochenarbeitsstunde um Mehrarbeit handelt.

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

die Anträge zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin hat gemeint, sie könne sich weiterhin zu Recht auf ihre betriebliche Regelung vom 15. März 2006 und damit auf das Arbeitszeitmodell gemäß § 3 1.C. des Manteltarifvertrages berufen. Sie habe diese Regelung seinerzeit einseitig rechtmäßig eingeführt. Die Wahl des Betriebsrates führe nicht dazu, dass dieser nunmehr mit dem Hinweis, er wünsche eine freiwillige Betriebsvereinbarung nicht, die Unterlassung der Anwendung dieses Arbeitszeitmodelles begehren könne. Wenn er denn eine Änderung anstreben wolle, so bleibe es ihm unbenommen, insoweit mit ihr - Arbeitgeberin - in Verhandlungen zu treten, eine Betriebsvereinbarung abzuschließen beziehungsweise gegebenenfalls die Einigungsstelle anzurufen. Die von dem Betriebsrat genannte Übergangsfrist von zwölf Monaten existiere nicht.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Hinsichtlich des Antrages zu 1) hat es einen allgemeinen Unterlassungsanspruch verneint, weil die Beklagte sich zutreffend auf § 3 1.C. des Manteltarifvertrages berufen könne. Sie habe im Jahre 2006 rechtmäßig einseitig dieses Arbeitszeitmodell eingeführt. Dieses verliere nicht seine Wirksamkeit mit der Wahl des Betriebsrates und dessen Hinweis, eine freiwillige Betriebsvereinbarung nicht abschließen zu wollen. Vielmehr bleibe diese Regelung solange in Kraft, bis sie durch eine andere betriebliche Regelung, z. B. eine (freiwillige) Betriebsvereinbarung abgelöst werde. Nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit gemäß § 2 Abs. 1 BetrVG seien beide Beteiligten aufgefordert, die ihnen zustehenden Rechte und Pflichten wahrzunehmen. Sofern der Betriebsrat eine von der jetzigen betrieblichen Regelung abweichende Regelung wünsche, sei es seine Verpflichtung, auf die Arbeitgeberin zuzugehen und gegebenenfalls die Einigungsstelle anzurufen.

Der Antrag zu 2) sei mangels eines Rechtsschutzinteresses unzulässig.

Wegen der weiteren Begründung des angegriffenen Beschlusses wird Bezug genommen auf den Inhalt der dortigen Gründe.

Der Betriebsrat hat gegen den ihm am 24. Februar 2009 zugestellten Beschluss am 19. März 2009 mit Fax - und am 20. März 2009 mit Originalschriftsatz - Beschwerde eingelegt und diese nach Verlängerung der Frist bis 25. Mai 2009 am 25. Mai 2009 mit Fax - und am 26. Mai 2009 mit Originalschriftsatz - begründet.

Der Betriebsrat ist folgender Auffassung:

Arbeitszeitkonten könnten ausweislich des Tarifvertrages nur mittels einer freiwillig mitbestimmten Betriebsvereinbarung geregelt werden. Dies geschehe deshalb, weil der Arbeitgeber eben nicht die Möglichkeit haben solle, auf dem Umweg über § 87 Abs. 2 BetrVG und der dort vorgesehenen Anrufung einer Einigungsstelle zur Einrichtung von Arbeitszeitkonten und der damit verbundenen Verlängerung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit zu kommen. Der Arbeitnehmervertretung gehe es bei der Gestaltung des Tarifvertrages darum, zwar betrieblich eine flexible Arbeitszeitgestaltung zu ermöglichen, diese solle jedoch nicht einseitig vom Arbeitgeber erzwingbar sein. Ihm - Betriebsrat - ging und gehe es darum, eine freiwillige Betriebsvereinbarung in dem oben dargestellten Sinne gerade nicht abzuschließen. Er wolle eine Regelung über den Abschluss eines Haustarifvertrages. Aber wenn er gerade einen solchen Tarifvertrag und damit eine freiwillige Betriebsvereinbarung nicht wolle, verbleibe ihm kaum die Möglichkeit, den Gang in die Einigungsstelle zu suchen. Es verbleibe ihm dann nur, im Wege des Beschlussverfahrens dem Arbeitgeber die Anordnung von Mehrarbeit zu untersagen. Lasse man die hier vorliegende tarifvertragliche Sonderregelung außer Betracht, so stehe das Problem im Raum, wie mit Mitbestimmungstatbeständen umzugehen sei, soweit bei der Einführung von Regelungen ein Betriebsrat noch nicht bestanden habe. Er - Betriebsrat - gehe davon aus, dass dann binnen eines Übergangszeitraumes von längstens einem Jahr der Arbeitgeber verpflichtet sei, den mitbestimmungsgemäßen Zustand durch Abschluss einer entsprechenden Betriebsvereinbarung herzustellen. Dieser Verpflichtung sei die Arbeitgeberin nicht gerecht geworden. Er habe deshalb einen Unterlassungsanspruch.

Der Betriebsrat beantragt nunmehr,

es der Beteiligten zu 2) aufzugeben, es zu unterlassen, außer in Notfällen in ihrem Betrieb in der ...straße ... in ..., Überstunden ab der 37. Wochenstunde, die nicht lediglich durch individuelle Besonderheiten und Wünsche einzelner Arbeitnehmer ohne Kollektivbezug bedingt sind, ohne seine vorherige Zustimmung beziehungsweise Ersetzung derselben durch den Spruch einer Einigungsstelle anzuordnen und zu dulden.

Die Arbeitgeberin beantragt,

die Beschwerde des Betriebsrates zurückzuweisen.

Die Arbeitgeberin wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und weist nochmals darauf hin, sie sei bereit, eine Betriebsvereinbarung über das Arbeitszeitmodell abzuschließen und mit dem Betriebsrat insoweit zu verhandeln. Im Übrigen habe sie seinerzeit das Arbeitszeitmodell einseitig wirksam eingeführt. Mit seiner Wahl könne der Betriebsrat nicht mit dem Hinweis auf seine fehlende Bereitschaft zum Abschluss einer solchen freiwilligen Betriebsvereinbarung die Unterlassung der Anwendung des Arbeitszeitmodells gemäß § 3 1. C. des Manteltarifvertrages von ihm begehren. Es bleibe dem Betriebsrat unbenommen, die Einigungsstelle anzurufen. Im Übrigen sei er zu Verhandlungen über Arbeitszeitmodelle auf der Grundlage einer Betriebsvereinbarung bereit.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird Bezug genommen auf den Inhalt der dort gewechselten Schriftsätze.

II.

Die Beschwerde des Betriebsrates ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg. Die Angriffe der Beschwerde rechtfertigen im Ergebnis keine Abänderung der erstinstanzlichen Endscheidung.

I.

Der nunmehr zweitinstanzlich nur noch anhängige Unterlassungsanspruch ist zulässig. Insbesondere ist er hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Ein Antrag im Beschlussverfahren unterliegt denselben Bestimmtheitsanforderungen wie ein solcher im Urteilsverfahren. Dementsprechend muss der Verfahrensgegenstand so genau bezeichnet werden, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann. Unterlassungsansprüche müssen deshalb für den in Anspruch genommenen Beteiligten eindeutig erkennen lassen, welcher Handlungen er sich enthalten soll. Die Prüfung, welche Handlungen er unterlassen soll, darf nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen entsprechend ungenauen gerichtlichen Titel aus dem Erkenntnis- in das Vollstreckungsverfahren verlagert werden (BAG, Beschluss vom 25.08.2004 - 1 AZB 41/03 - AP Nr. 41 zu § 23 BetrVG 1972; BAG, Beschluss vom 03.05.2006 - 1 ABR 14/05 -, zitiert nach JURIS Rd. Nr. 11).

Diesen Anforderungen wird der Antrag gerecht. Die Arbeitgeberin kann diejenigen Handlungen erkennen, welche sie gegenüber bestimmten Arbeitnehmern unterlassen soll. Sie soll gehindert werden, gegenüber Arbeitnehmern des bezeichneten Betriebes ohne Zustimmung des Betriebsrates oder deren Ersetzung durch Spruch der Einigungsstelle mehr als 36 Arbeitsstunden wöchentlich anzuordnen oder zu dulden. Der Antrag ist also eindeutig gerichtet auf das bestimmte Begehren, dass die Arbeitgeberin es unterlässt, wöchentlich von jedem ihrer Arbeitnehmer mehr als 36 Stunden Arbeitsleistung ohne Zustimmung des Betriebsrates abzuverlangen oder zu dulden. Der Unterlassungsantrag beschränkt sich damit nicht lediglich auf die Wiederholung des Wortlautes des § 87 Abs. 1 Nr. 2, 3 BetrVG. Der Betriebsrat hat zutreffend seinen Antrag auch insoweit eingeschränkt, dass nicht planbare und unvorhergesehene Notfälle von dem geltend gemachten Mitbestimmungsrecht ausgenommen sind. Auch wenn der "Notfall" eine Mehrheit möglicher Lebenssachverhalte umschreibt, bleibt der Antrag genügend bestimmt, weil eine weitergehende Konkretisierung der in Betracht kommenden Vielfalt künftiger Fallgestaltungen regelmäßig nicht möglich ist (vgl. dazu LAG Hamm, Beschluss vom 09.03.2007 - 10 TaBV 115/06 -, zitiert nach JURIS Rd. Nr. 38). Dies gilt auch für den Zusatz "individuelle Besonderheiten und Wünsche einzelner Arbeitnehmer ohne Kollektivbezug". Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass mitbestimmungsfrei solche Handlungen der Arbeitgeberin sein sollen, die den individuellen Besonderheiten einzelner Arbeitnehmer Rechnung tragen und deren Auswirkungen sich auf das Arbeitsverhältnis dieses Arbeitnehmers beschränken. Selbstverständlich gibt es auch für den Tatbestand "ohne Kollektivbezug" eine Vielzahl denkbarer Konstellationen. Aber auch insoweit muss es ausreichen, den Antrag auf diesen abstrakten Begriff zu beschränken, weil eine weitergehende Konkretisierung der in Betracht kommenden vielfältigen Fallgestaltungen nicht möglich ist. Dies zu verlangen würde eine Rechtsschutzverweigerung bedeuten. Die Gerichte für Arbeitssachen würden dann von Antragstellern Unmögliches verlangen, was nicht in Einklang zu bringen wäre mit der Pflicht zur Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes (dazu auch Fiebig, Die Bestimmtheit des Unterlassungsantrags nach § 23 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, NZA 1993 Seite 61).

II.

Der Unterlassungsantrag ist jedoch nicht begründet.

1. Mit Urteil vom 3. Mai 1994 (BAG, AP Nr. 23 zu § 23 BetrVG 1972) hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, dass aus § 87 i. V. m. § 2 BetrVG ein allgemeiner Anspruch des Betriebsrats auf Unterlassung mitbestimmungswidrigem Arbeitgeberverhaltens abzuleiten ist. Der Betriebsrat kann sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 BetrVG gegebenenfalls bei Verletzung also durch einen Anspruch auf Unterlassung der beabsichtigten Maßnahme durchsetzen.

2. Der Betriebsrat beruft sich darauf, die Arbeitgeberin verletze sein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, weil sie ohne seine - des Betriebsrats - Zustimmung oder deren Ersetzung durch eine Einigungsstelle vorübergehend die betriebsübliche Arbeitszeit seiner Mitarbeiter verlängere, indem sie bei ihnen die Arbeitsleistung im Umfang von mehr als 36 Stunden in der Woche anordne beziehungsweise die Erbringung entsprechender Arbeitsleistung dulde.

3. Dem Betriebsrat steht ein solcher Unterlassungsanspruch gestützt auf § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG i. V. m. § 2 Abs. 1 BetrVG nicht zu. Denn die Beklagte verletzte und verletzt kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates aus § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, wenn sie für bei ihr beschäftigte Arbeitnehmer eine wöchentliche Arbeitszeit von mehr als 36 Stunden anordnet beziehungsweise eine solche Arbeitsleistung duldet. Denn die Beklagte kann sich dazu berufen auf die weiterhin anwendbare Regelung aus § 3 1. C. des Manteltarifvertrages für die gewerblichen Arbeitnehmer, Angestellten und Auszubildenden in den Betrieben des Kraftfahrzeuggewerbes Schleswig-Holstein.

a) Voranzustellen ist zunächst, dass sich die Beschwerdebegründung irrt, wenn sie vorträgt, im Kern gehe die Auseinandersetzung der Beteiligten darum, ob in ihrem Betrieb eine Wochenarbeitszeit von 37 oder 42 Stunden bestehe. Dies trifft nicht zu. Es ist völlig unstreitig, dass im Betrieb der Arbeitgeberin auch unter Anwendung des Arbeitszeitmodells gemäß § 3 1. C. des Manteltarifvertrages die 36-Stunden-Woche gilt. Ein Blick in den Tarifvertrag stellt dies deutlich klar. § 3 1. A. des Tarifvertrages geht von einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ohne Pausen von 36 Stunden aus. In § 3 1. B. und C. sind sodann verschiedene Arbeitszeitmodelle auf der Grundlage einer 36-Stunden-Woche vorgesehen. In § 3 1. B. räumen die Tarifvertragsparteien die Möglichkeit ein, unterschiedliche wöchentliche Arbeitszeiten einzuführen, wobei der Durchschnitt von 36 Stunden pro Woche im Ausgleichszeitraum von zwölf Monaten erreicht werden muss. In dem hier streitgegenständlichen § 3 1. C. des Manteltarifvertrages geht es wiederum um die Möglichkeit der Einführung unterschiedlicher Arbeitszeiten auf der Basis von Arbeitszeitkonten. Auch dort ist ausdrücklich im Tarifvertrag geregelt, dass innerhalb des vereinbarten Ausgleichszeitraums eine durchschnittliche Arbeitszeit von 36 Stunden/ Woche erreicht werden muss. Mit anderen Worten: Auch bei einem eingeführten Arbeitszeitmodell gemäß § 3 Abs. 1 C. bleibt es bei der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ohne Pause von 36 Stunden gemäß § 3 1. A.. Die Tarifvertragsparteien haben für das Modell gemäß § 3 1. C. lediglich in § 3 Abs. 4 festgelegt, dass Mehrarbeit erst ab der 43 Wochenarbeitszeit entsteht. Das bedeutet aber nicht, dass die regelmäßige Arbeitszeit 43 Stunden beträgt. Vielmehr bleibt diese weiterhin bei 36 Stunden bestehen, allerdings entsteht kraft der Vereinbarung der Tarifvertragsparteien Mehrarbeit mit der Folge möglicher Zuschläge und der Zustimmungsbedürftigkeit seitens des Betriebsrates erst ab der 43. Wochenstunde. Dies bedeutet aber nicht - wie der Betriebsrat in seiner Beschwerdebegründung ausführt - eine Erhöhung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit auf 43 Stunden im Rahmen des Modells gemäß § 3 1. C. des Manteltarifvertrages.

b) Der Betriebsrat meint, die Arbeitgeberin sei nicht mehr berechtigt, sich auf das von ihr 2006 einseitig eingeführte Arbeitszeitmodell gemäß § 3 1. C. des Manteltarifvertrages zu berufen, weil sie es unterlassen habe, nach seiner Wahl im Dezember 2006 innerhalb einer angemessenen Frist von zwölf Monaten einen betriebsverfassungskonformen Zustand herbeizuführen, nämlich ihn zu ersuchen, seine Zustimmung zu einer abzuschließenden freiwilligen Betriebsvereinbarung einzuholen. Diese Argumentation des Betriebsrates trägt nicht.

(1). Gemäß § 3 1. C. des Manteltarifvertrages besteht die Möglichkeit, auf betrieblicher Ebene ein Arbeitszeitkonto für alle Arbeitnehmer einzurichten. Nach dieser tariflichen Vorschrift ist eine solche Regelung schriftlich niederzulegen - in Betrieben mit einem Betriebsrat im Wege einer freiwilligen Betriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 5 und § 87 BetrVG. Dies bedeutet zunächst, dass aufgrund dieser tariflichen Regelung der Arbeitgeber bei einem nicht existierenden Betriebsrat die Möglichkeit hat, dieses Arbeitszeitkonto einseitig auf der Grundlage eines etwa bestehenden Direktionsrechts einzuführen. Besteht allerdings ein Betriebsrat, so soll ausweislich der tarifvertraglichen Regelung die Einrichtung des Arbeitszeitkontos im Wege einer freiwilligen Betriebsvereinbarung erfolgen. Dies bedeutet, dass die Arbeitgeberin im März 2006 zunächst rechtmäßig das Modell des Arbeitszeitkontos gemäß § 3 Abs. 1 C. des Manteltarifvertrages eingeführt hat. Ein Betriebsrat bestand seinerzeit nicht, also bedurfte es auch keiner freiwilligen Betriebsvereinbarung zur Einführung des Arbeitszeitkontos. Dass im Übrigen die Arbeitgeberin in Betrieben ohne Betriebsrat einseitig ein solches Arbeitszeitkonto einrichten kann, ergibt sich im Umkehrschluss auch aus § 3 1. C. 1. Satz 3, wonach in Betrieben ohne Betriebsrat der Ausgleichszeitraum nach Rücksprache mit den Betroffenen verlängert werden kann. Dies bestätigt, dass generell auch in Betrieben ohne Betriebsrat einseitig das Arbeitszeitmodell "Arbeitszeitkonto" eingeführt werden darf.

(2). Der Betriebsrat meint nun, die Arbeitgeberin dürfe dieses Arbeitszeitmodell nicht weiter anwenden, weil sie gehalten sei, nach seiner Wahl seine Zustimmung zur Einrichtung eines Arbeitszeitkontos im Wege einer freiwilligen Betriebsvereinbarung zu erreichen. Da sie diese Zustimmung nicht innerhalb einer angemessenen Frist von zwölf Monaten ersucht und erreicht habe, stehe ihm nun ein Unterlassungsanspruch hinsichtlich der Durchführung von Arbeitszeitkonten gemäß § 3 1. C. des Manteltarifvertrages zu.

Eine solche Sichtweise berücksichtigt nicht ausreichend den Gehalt und Sinn und Zweck der tariflichen Regelung in § 3 Abs. 1 C. des Manteltarifvertrages.

Nach dieser Vorschrift soll - wie bereits ausgeführt - bei Nichtexistenz eines Betriebsrates die Einführung der Arbeitszeitkonten schriftlich niedergelegt werden und bei Existenz eines Betriebsrates das Arbeitszeitkonto im Wege einer freiwilligen Betriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 5 und § 87 BetrVG eingeführt werden. Diese tarifliche Formulierung ist unklar, zum Teil widersprüchlich und bedarf deshalb der Auslegung.

aa) Auszugehen ist dabei zunächst von dem Grundsatz, dass der Betriebsrat gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG ein zwingendes Mitbestimmungsrecht hat bezüglich des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Es ist deshalb völlig unstreitig, dass auch die Einführung und Ausgestaltung von Arbeitszeitmodellen mitbestimmungspflichtig ist. Dies gilt z. B. für die Einführung sogenannter gleitender Arbeitszeit, der Arbeit nach Bedarf und der Einführung von Arbeitszeitkonten (vgl. dazu grundsätzlich BAG, Beschluss vom 18.04.1989; BAG, AP Nr. 33 zu § 87 BetrVG Arbeitszeit). Vor dem Hintergrund, dass also die Einführung eines Arbeitszeitkontos unstreitig der zwingenden Mitbestimmung des Betriebsrates unterliegt, erscheint es etwas missverständlich, wenn die Tarifvertragsparteien in § 3 1. C. des Manteltarifvertrages von der Möglichkeit der Einführung eines solchen Arbeitszeitkontos im Wege einer freiwilligen Betriebsvereinbarung gemäß § 77 Abs. 5 und § 87 BetrVG sprechen. Freiwillige Betriebsvereinbarung und § 87 BetrVG schließen sich gegenseitig aus, denn die Mitbestimmungsrechte aus § 87 sind zwingend. Wenn also die Tarifvertragsparteien - und deren Kenntnis von den zwingenden Mitbestimmungstatbeständen des § 87 BetrVG kann unterstellt werden - dennoch in dem Tarifvertrag den Begriff einer freiwilligen Betriebsvereinbarung formulieren, so ist davon auszugehen, dass diesem Wortlaut eine eigene Bedeutung beizumessen ist. Freiwilligkeit kann dann wiederum nur bedeuten, dass das "ob" der Einführung von Arbeitszeitkonten freiwillig ist. Mit anderen Worten: Weder der Arbeitgeber noch der Betriebsrat kann gegen den Willen der anderen Seite über Einschaltung der Einigungsstelle die grundsätzliche Frage des "ob" klären und entscheiden lassen. Will einer der beiden Betriebspartner keine Arbeitszeitkonten gemäß § 3 1. C. des Manteltarifvertrages, so hat die Einrichtung zu unterbleiben. Eine Einigungsstelle ist dann auch nicht anzurufen, weil der Wille der jeweiligen Betriebspartei zu beachten ist, dass sie grundsätzlich ein solches Arbeitszeitmodell nicht möchte. Besteht allerdings grundsätzliche Einigkeit darüber, dass Arbeitszeitkonten eingeführt werden, dann wiederum besteht das zwingende Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Mit einem solchen Verständnis wird der etwas verunglückten Formulierung im Tarifvertrag entsprochen, mit der sowohl berücksichtigt wird, dass einerseits die grundsätzliche Einführung eines solchen Arbeitszeitmodells freiwillig für die Betriebsparteien sein soll, andererseits bei grundsätzlicher Übereinkunft zur Bejahung der Einführung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates zu beachten ist.

bb) Aus einem solchen Verständnis heraus ergeben sich allerdings auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Maßnahmen zwei unterschiedliche Zeitpunkte.

Die Tarifvertragsparteien haben damit also quasi ein Zwei-Stufen-Mitbestimmungsrecht eingeführt. Auf der ersten Stufe geht es um das grundsätzliche "ob", das der Freiwilligkeit unterliegt und nicht in der Einigungsstelle erzwingbar ist. In der zweiten Stufe nach Überwindung des "ob" greift die zwingende Mitbestimmung des Betriebsrates gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Dies wiederum bedeutet, dass sich die Rechtmäßigkeit bezüglich des "ob" auf der sogenannten Erststufe immer nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Einführung des Arbeitszeitmodells richtet. Mit anderen Worten: Hat ein Arbeitgeber einmal bei einem nicht existierenden Betriebsrat ein solches Arbeitszeitkonto eingeführt, so kann sich der später gewählte Betriebsrat nicht einfach darauf berufen, für die Einführung eines solchen Arbeitszeitkontos sei eine freiwillige Betriebsvereinbarung erforderlich, der er nicht zustimme. Ein ursprünglich rechtmäßig eingeführtes System kann nicht allein deshalb nach Ablauf einer bestimmten Zeit rechtswidrig werden, nur weil ein später gewählter Betriebsrat sich nunmehr weigert, eine freiwillige Betriebsvereinbarung abzuschließen. Die erste Stufe hinsichtlich des "ob" bleibt nunmehr unberührt.

Dies bedeutet aber nicht, dass der Betriebsrat insoweit die Existenz des eingeführten Arbeitszeitmodelles ohne Weiteres hinnehmen muss. Im Gegenteil: Er kann initiativ werden gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG und vom Arbeitgeber beziehungsweise gegebenenfalls im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens begehren, dass dieses Arbeitszeitmodell in Teilen geändert oder insgesamt abgeschafft und zu festen Arbeitszeiten zurückgekehrt wird. Um insoweit Missverständnissen vorzubeugen: Wenn ausgeführt wird, ein einmal rechtmäßig eingeführtes Arbeitszeitmodell könne nicht später rechtswidrig werden, so bedeutet dies nur, dass ein später gewählter Betriebsrat nicht mit dem alleinigen Hinweis auf das Fehlen einer freiwilligen Betriebsvereinbarung, zu deren Abschluss er auch nicht bereit sei, seinen Unterlassungsanspruch geltend machen kann. Selbstverständlich muss er nicht die vom Arbeitgeber gegebene Situation akzeptieren. Dafür steht ihm - wie bereits ausgeführt - sein Initiativrecht und die zwingende Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu. Er kann sich dann aber auch nicht weigern, diesen Weg zu gehen, wenn er eine Abänderung erreichen will. Der Hinweis darauf, er wolle eine freiwillige Betriebsvereinbarung nicht, trägt nicht mehr, weil sich die Beteiligten auf der ersten Stufe nicht mehr befinden. Insbesondere kann der Betriebsrat auch nicht damit gehört werden, er wolle eine freiwillige Betriebsvereinbarung nicht, sondern einen Tarifvertrag. Ihm steht nur das Recht aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu.

cc) Mit einem solchen Verständnis - um es deutlich zu betonen - werden auch nicht die Rechte des Betriebsrates verkürzt, sondern im Gegenteil, sie werden im Vergleich zu der schlichten gesetzlichen Regelung sogar noch erweitert. Würde nämlich nur § 87 BetrVG Anwendung finden, so könnte der Arbeitgeber auch gegebenenfalls gegen den Willen des Betriebsrates die Einführung eines Arbeitszeitkontos durch die Einigungsstelle erzwingen. Bei dem Verständnis des Beschwerdegerichts von der tariflichen Vorschrift werden im Gegenteil die Rechte des Betriebsrates erweitert. Er kann bezogen auf den Zeitpunkt der grundsätzlichen Einführung des Arbeitszeitmodells - durch ein schlichtes Nein - die Einführung eines solchen Arbeitszeitkontos verhindern, ohne dass der Arbeitgeber insoweit noch die Einigungsstelle anrufen könnte. Existierte aber zum Zeitpunkt der Einführung eines solchen Arbeitszeitkontos noch kein Betriebsrat, so hat er nicht durch die Verweigerung einer freiwilligen Betriebsvereinbarung die Möglichkeit, einen Unterlassungsanspruch zu begründen, vielmehr muss er versuchen, seine Interessen im Rahmen eines Einigungsstellenverfahrens zu erreichen.

(3). Völlig unverständlich erscheint dem Beschwerdegericht die Argumentation des Betriebsrates, der Unterlassungsanspruch bestehe deshalb, weil es die Arbeitgeberin unterlassen habe, innerhalb von zwölf Monaten nach der Wahl des Betriebsrates seine Zustimmung zu einer freiwilligen Betriebsvereinbarung zu erreichen. Hier stellt sich die Frage, was der Betriebsrat eigentlich will. Er verlangt auf der einen Seite, dass die Arbeitgeberin innerhalb dieses vermeintlichen Übergangszeitraumes von einem Jahr den mitbestimmungsgemäßen Zustand durch Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung herstellen soll, andererseits lehnt er aber gerade den Abschluss einer solchen Betriebsvereinbarung ab. Wieso soll - wie der Betriebsrat erstinstanzlich in seinem Schriftsatz vom 5. Januar 2009 auf Seite 2 ausführt - die Arbeitgeberin ihn eigentlich innerhalb von zwölf Monaten davon überzeugen, die freiwillige Betriebsvereinbarung abzuschließen, wenn er, wie er mehrfach erstinstanzlich und im Beschwerdeverfahren betont hat, grundsätzlich überhaupt nicht bereit ist, eine freiwillige Betriebsvereinbarung abzuschließen. Wenn der Betriebsrat insoweit von einem rechtsmissbräuchlichen Verhalten der Arbeitgeberin spricht, so muss er sich die Frage stellen, warum er von der Arbeitgeberin etwas erwartet, was er - Betriebsrat - ohnehin nicht zu geben bereit ist.

(4). Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus dem Argument des Betriebsrates, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, den betriebsverfassungsgemäßen Zustand herbeizuführen. Der betriebsverfassungsgemäße Zustand bedeutet nicht, dass die Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat quasi nachträglich zu einem bereits 2006 eingeführten Arbeitszeitmodell die Zustimmung des später gewählten Betriebsrates mittels einer freiwilligen Betriebsvereinbarung herbeiführen muss. Insoweit wird auf obige Ausführungen verwiesen. Denkbar wäre es allenfalls, eine Verpflichtung der Arbeitgeberin zu sehen, Verhandlungen über eine Neuregelung des Arbeitszeitmodells im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG zu führen und gegebenenfalls die Einigungsstelle anzurufen. Dies setzt aber voraus, dass sich der Betriebsrat zunächst klar dahingehend äußert, dass er mit dem bestehenden Zustand nicht einverstanden ist und insoweit auf der Grundlage einer gegebenenfalls zu erzwingenden Betriebsvereinbarung eine andere Regelung möchte. Dies hat der Betriebsrat aber zu keinem Zeitpunkt zum Ausdruck gebracht. Er lehnt lediglich den Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung ab und meint deshalb, daraus ergebe sich ein Unterlassungsanspruch. Er hat aber zu keinem Zeitpunkt erklärt, welche geänderten Regelungen er sich denn auf der Grundlage einer erzwingbaren Betriebsvereinbarung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG vorstellt. Solange dies nicht der Fall ist, besteht auch keine Veranlassung für die Arbeitgeberin, von sich aus die Einigungsstelle anzurufen. Hinzu kommt, dass die Arbeitgeberin deutlich ausweislich des Protokolls über ein Gespräch der Beteiligten vom 26. November 2008 darauf hingewiesen hat, eine Betriebsvereinbarung über die vereinbarten Bedingungen abschließen zu wollen. Nicht die Arbeitgeberin war es, die den Abschluss einer Betriebsvereinbarung verweigerte und verweigert, sondern Verhandlungen scheiterten an der Haltung des Betriebsrates, generell keine Betriebsvereinbarung über den Regelungsgegenstand des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG abzuschließen, sondern dies den Tarifvertragsparteien zu überlassen.

Sicherlich hat der Betriebsrat die Möglichkeit, insoweit sich darauf zu verlassen, dass die Gewerkschaft für ihn aktiv wird und tarifvertragliche Regelungen in seinem Sinne erzielt. Denn tarifliche Regelungen über Tatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG gehen ausweislich des Einleitungssatzes des § 87 Abs. 1 BetrVG betrieblichen Regelungen vor. Wenn er dann aber sozusagen der Gewerkschaft das Feld überlasst, dann kann er selbst gegenüber der Arbeitgeberin nicht geltend machen, diese sei verpflichtet, ihm gegenüber im Wege einer Betriebsvereinbarung einen betriebsverfassungskonformen Zustand herzustellen.

(5). Nach alledem bleibt es bei dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Grundsatz (BAG, 25.11.1981, AP Nr. 13 § 9 TVAL II): Besteht in einem betriebsratspflichtigen Betrieb kein Betriebsrat, so kann der Arbeitgeber in den Angelegenheiten, die der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 BetrVG unterliegen, durch Vertrag mit den einzelnen Arbeitnehmern oder im Rahmen seines Direktionsrechts einseitig wirksame Maßnahmen treffen. Mit der Wahl des Betriebsrates treten die getroffenen Maßnahmen nicht von selbst außer Kraft. Vielmehr kann der Betriebsrat aufgrund seines Initiativrechts seine Änderung verlangen und nach §§ 87 Abs. 2, 76 Abs. 5 BetrVG durchsetzen (GK-Wiese § 87 Rd. Nr. 85 mit Hinweis auf Rechtsprechung und weitere Literatur).

Nach alledem ist die Beschwerde des Betriebsrates zurückzuweisen. Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht nicht. Es geht um das Verständnis einer tariflichen Vorschrift eines Tarifvertrages, dessen Geltungsbereich identisch ist mit dem Gerichtsbezirk des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein. Grundsätzliche Bedeutung ist deshalb nicht erkennbar.

Ende der Entscheidung

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