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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 05.02.2008
Aktenzeichen: 5 Sa 317/07
Rechtsgebiete: ArbGG, SGB II, ARGE-Vertrag, ZPO, TzBfG


Vorschriften:

ArbGG § 64 Abs. 2 lit. B
ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 69 Abs. 2
ArbGG § 72 a
SGB II § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
SGB II § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
SGB II § 6a
SGB II § 6c
SGB II § 44b
ARGE-Vertrag § 20 Abs. 2
ARGE-Vertrag § 20 Abs. 2 S. 1
ARGE-Vertrag § 20 Abs. 2 S. 2
ZPO § 519
TzBfG § 14 Abs. 1
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 1
TzBfG § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1
TzBfG § 14 Abs. 2
TzBfG § 14 Abs. 2 S. 1 Hbs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 317/07

Verkündet am 05.02.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 05.02.2008 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11. Juli 2007, Az.: ö. D. 4 Ca 664 d/07, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung am 31.12.2009 endet.

Der 54-jährige Kläger ist aufgrund dreier aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge als Zeitangestellter bei der Beklagten im Bereich der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit (künftig: ARGE) seit dem 01.01.1995 beschäftigt. Der letzte schriftliche "Zu-satzvertrag zum Arbeitsvertrag vom 28.12.2004" vom 22.11.2006 sieht eine Befristung für die Zeit vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2009 vor (Bl. 10 d. GA.). Anders als in den ersten beiden Verträgen heißt es dort, dass der Kläger für die Dauer der zeitlich befristeten Errichtung der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit und Integration (ARGE) längstens bis zum 31.12.2009 zu sonst gleichen Bedingungen weiterbeschäftigt wird. Auf das Arbeitsverhältnis findet der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) als Nachfolger des Bundesangestelltentarifvertrags (BAT) Anwendung. Der Kläger ist als Fallmanager eingruppiert in die damalige Vergütungsgruppe V b BAT und bezieht zum gegebenen Zeitpunkt einen monatlichen Bruttoverdienst in Höhe von 2.730,00 EUR.

Die Beklagte hatte am 23.11.2004 mit der Bundesagentur für Arbeit einen öffentlichrechtlichen Vertrag über die Gründung und Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft für den Bereich der ... K... nach § 44b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) geschlossen (im Folgenden: ARGE-Vertrag). In § 20 Abs. 2 des ARGE-Vertrages heißt es:

"Die Wahrnehmung der Aufgaben nach dieser Vereinbarung durch die ARGE beginnt am 1. Januar 2005 und ist zunächst auf die Dauer von sechs Jahren befristet. Die Vertragspartner können den Vertrag einvernehmlich um jeweils drei weitere Jahre verlängern."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt des Vertrages verwiesen (Bl. 39-53 d. GA.).

Mit seiner am 02.04.2007 vor dem Arbeitsgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger das Vorliegen eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrages geltend gemacht.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 11.07.2007 der Entfristungsklage stattgegeben. Der hier streitgegenständliche letzte befristete Arbeitsvertrag vom 22.11.2006 sei nicht durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt. Die Befristung sei nicht durch den Sachgrund des nur vorübergehenden Bedarfs gerechtfertigt. Dass die ARGE gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 des ARGE-Vertrages zunächst für eine begrenzte Dauer von sechs Jahren errichtet worden sei, vermöge nicht eine Befristung des Arbeitsverhältnisses wegen eines vorübergehenden Arbeitsanfalles zu rechtfertigen. Die Beklagte habe zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses am 22.11.2006 nicht den Schluss ziehen können, dass für die Beschäftigung des Klägers über den 31.12.2009 hinaus kein Bedarf mehr bestehe. Vielmehr sehe § 20 Abs. 2 S. 2 ARGE-Vertrag die Möglichkeit der Vertragsverlängerung um weitere drei Jahre vor. Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses hätten keine konkreten Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die ARGE mit Ablauf der Befristung nicht mehr bestehen würde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Experimentierklausel des § 6a SGB II. Nach dem Willen des Gesetzgebers sei die Zukunft der ARGE noch völlig ergebnisoffen und von der Auswertung der bis zum 31.12.2008 abzugebenden Erfahrungsberichte der kommunalen Träger abhängig. Allein der Umstand der ungewissen Zukunft der ARGE habe am 22.11.2006 noch nicht den Abschluss eines befristeten Vertrages gerechtfertigt. Es habe nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestanden, dass die ARGE nach Ablauf der auf sechs Jahre erteilten Zulassung nicht mehr bestehe und somit auch kein Bedarf mehr für die Beschäftigung des Klägers vorhanden sein werde. Auch die noch ungeklärte Rechtsfrage aufgrund der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den bundesgesetzlichen Durchgriff auf die kommunale Ebene führe nicht zu einer sachlichen Rechtfertigung des befristeten Arbeitsvertrages.

Gegen dieses ihr am 26.07.2007 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 01.08.2007 beim Landesarbeitsgericht Berufung eingelegt und diese am 25.09.2007 begründet.

Die Beklagte trägt vor,

dass für sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des letzten Arbeitsvertrages erkennbar gewesen sei, dass die nach § 44b SGB II erfolgte Gründung der ARGE befristet gewesen und somit kein Mehrbedarf an Arbeitsplätzen auf Dauer geschaffen worden sei. Das Arbeitsgericht gehe fehl in der Auffassung, dass bei der gegebenen Gesetzes- und Rechtslage kein hinreichender Anlass für eine Befristung bestanden habe. Vielmehr sei sie, die Beklagte, aufgrund der Sach- und Rechtslage der Überzeugung gewesen, dass der Mehrbedarf sich auf den vertraglich fixierten Zeitraum beschränken würde. Die Experimentierklausel sei ein konkreter Anhaltspunkt für die Beendigung des Projekts nach Ablauf der First gewesen. Ob und in welcher Form die Bearbeitung der Aufgaben der ARGE dann stattfinden sollte, sei offen gewesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Kiel vom 11.07.2007 - öD 4 Ca 664 d/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt

das angefochtene Urteil. Die bloße Inbezugnahme der zeitlichen Befristung der ARGE selbst stelle keinen sachlichen Rechtfertigungsgrund für die Befristung dar. Bei Vertragsschluss hätten keine konkreten Anhaltspunkte vorgelegen, die die Prognose gerechtfertigt hätten, nach Fristablauf bestünde kein Bedarf für eine weitergehende Beschäftigung. Allein die Unsicherheit der Beklagten über die zukünftige Entwicklung des Arbeitskräftebedarfs, rechtfertige die Befristung nicht.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 05.02.2008 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

In der Sache selbst hat die Berufung indessen keinen Erfolg.

Das Arbeitsgericht hat der Entfristungsklage sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht stattgegeben. Es hat zu Recht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der beklagten ... nicht aufgrund der Regelung in § 1 des Arbeitsvertrages vom 22.11.2006 "für die Dauer der zeitlich befristeten Errichtung der Arbeitsgemeinschaft für Arbeit und Integration (ARGE)" spätestens am 31.12.2009 endet. Das Arbeitsgericht hat den Tatsachenvortrag der Parteien richtig gewürdigt und ist auf sämtliche ernsthaft in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkte eingegangen. Das Berufungsvorbringen der Beklagten enthält keinen Vortrag oder rechtliche Gesichtspunkte, die das Arbeitsgericht nicht bereits gewürdigt hätte. Infolge dessen kann und soll an dieser Stelle zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die zutreffenden und umfassenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen werden. Die mit der Berufung hiergegen erhobenen Einwände rechtfertigen kein anderes Ergebnis. Lediglich ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:

1. Die mit Vertrag vom 22.11.2006 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses ist nicht nach § 14 Abs. 2 TzBfG zulässig. Hiernach bedarf es ausnahmsweise keines sachlichen Grundes für eine bis zu einer Dauer von zwei Jahren vereinbarte Befristung, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor weder ein befristetes noch unbefristetes Arbeitsverhältnis bestand. Unstreitig handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Arbeitsvertrag vom 22.11.2008 weder um eine Neueinstellung des Klägers noch um einen zulässigen Verlängerungsvertrag i. S. v. § 14 Abs. 2 S. 1 Hbs. 2 TzBfG.

2. Die Befristung auf den 31.12.2009 ist auch nicht nach § 14 Abs. 1 TzBfG zulässig. Nach dieser Vorschrift ist die Befristung des Arbeitsvertrages nur zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Hieran fehlt es vorliegend.

a) Nach § 14 Abs. 1 S. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt nach § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht. Ein projektbedingt erhöhter Personalbedarf kann die Befristung des Arbeitsvertrags eines projektbezogen beschäftigten Arbeitnehmers rechtfertigen (BAG Urt. v. 25.08.2004 - 7 AZR 7/04 -, AP Nr. 13 zu § 14 TzBfG; BAG Urt. v. 15.02.2006 - 7 AZR 241/06 -, zit. n. Juris). Dies setzt voraus, dass im Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass für die Beschäftigung des Arbeitnehmers über das vereinbarte Vertragsende hinaus kein Bedarf besteht. Hierzu muss der Arbeitgeber eine Prognose erstellen, der konkrete Anhaltspunkte zugrunde liegen. Die tatsächlichen Grundlagen der Prognose hat der Arbeitgeber im Rechtsstreit darzulegen, damit der Arbeitnehmer die Möglichkeit erhält, deren Richtigkeit im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu überprüfen. Die Prognose ist Teil des Sachgrunds für die Befristung (st. Rspr. des BAG, vgl. etwa BAG Urt. v. 15.02.2006 - 7 AZR 241/06 -, a.a.O., m.w.N.). Wird ein Arbeitnehmer für eine Aufgabe von begrenzter Dauer, z. B. zur Mitwirkung an einem zeitlich begrenzten Forschungsvorhaben, befristet eingestellt, muss im Zeitpunkt des Vertragsschlusses zu erwarten sein, dass die Aufgabe nicht dauerhaft, sondern nur für die Laufzeit des befristeten Arbeitsvertrags anfällt. Für eine solche Prognose müssen ausreichend konkrete Anhaltspunkte vorliegen (BAG Urt. v. 24.10.2001 - 7 AZR 620/00 -, AP Nr. 9 zu 57c HRG; m.w.N.). Allgemeine Bedarfsschwankungen, insbesondere eine Ungewissheit über die künftige Entwicklung eines Arbeitskräftebedarfs sind generell nicht geeignet, eine Sachgrundbefristung zu rechtfertigen (BAG Urt. v. 28.03.2001 - 7 AZR 701/99 -, AP Nr. 227 zu § 620 BGB ,Befristeter Arbeitsvertrag'; LAG Baden-Württemberg Urt. v. 27.09.2006 - 12 Sa 27/06 -, zit. n. Juris). Der allgemeinen Unsicherheit über die künftige Entwicklung des konkreten Arbeitskräftebedarfs hat der Gesetzgeber durch die Möglichkeit einer betriebsbedingten Kündigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG Rechnung getragen.

b) Hieran gemessen hält der in § 1 des Arbeitsvertrages vom 22.11.2006 angegebene Befristungsgrund einer Befristungskontrolle nicht stand. Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf einen nur vorrübergehenden Arbeitskräftebedarf gemäß § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 TzBfG berufen. Insbesondere rechtfertigt der Umstand der - vorerst - nur auf sechs Jahre befristet angelegten ARGE vorliegend nicht die Befristung des Arbeitsverhältnisses.

aa) Zutreffend hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses gerade nicht mit hinreichender Sicherheit feststand, dass die vom Kläger in der ARGE übernommenen Aufgaben als Fallmanager mit dem 31.12.2009 wegfallen würden. Bei den der ARGE nach § 44b SGB II von der Agentur für Arbeit und der beklagten Stadt übertragenen Aufgaben handelt es sich unstreitig um dauerhafte und nicht nur vorübergehende Aufgaben nach dem SGB II. § 44b SGB II beschreibt zum einen die Aufgabe der Arbeitsgemeinschaften, wonach sie der einheitlichen Aufgabenwahrnehmung dient. Dazu wird festgelegt, dass die Arbeitsgemeinschaft die Aufgaben der Agenturen für Arbeit als Leistungsträger wahrnimmt, während die kommunalen Träger ihre Aufgaben der Arbeitsgemeinschaft lediglich übertragen sollen. Ist eine Arbeitsgemeinschaft errichtet und hat der kommunale Träger - wie vorliegend - seine Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende übertragen, dann erfüllt die Arbeitsgemeinschaft die jeweiligen Aufgaben nach dem SGB II von Bundesagentur für Arbeit und der Kommune, ohne selbst Leistungsträger zu werden. Von dieser gesetzlichen Möglichkeit zur gemeinsamen Aufgabenerledigung durch die ARGE haben die Agentur für Arbeit und die Beklagte Gebrauch gemacht und den ARGE-Vertrag vom 23.1.2004 abgeschlossen.

bb) Die gesetzliche Möglichkeit der Errichtung einer ARGE nach § 44b SGB II war auch nicht zeitlich begrenzt. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des hier strittigen Arbeitsvertrages war für die Beklagte gerade nicht absehbar - Gegenteiliges behauptet sie auch nicht -, dass das Bundesverfassungsgericht zwischenzeitlich mit Urteil vom 20.12.2007 - 2 BvR 2433/04 - (zit. n. Juris) aufgrund von Verfassungsbeschwerden mehrerer Kreise und Landkreise hin die Unvereinbarkeit von § 44b SGB II mit Art. 28 Abs. 2 S. 1 und 2 GG i. V. m. Art. 83 GG festgestellt hat. Nach dieser Entscheidung verstößt § 44b SGB II zwar gegen das Grundgesetz, kann im Hinblick auf einen geordneten Gesetzesvollzug im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende indessen noch längstens bis zum 31.12.2010 weiter angewendet werden. Ebenso wenig wie die unsichere Auftragsentwicklung eines Produktionsbetriebes oder die allgemeine Ungewissheit des öffentlichen Arbeitgebers, ob auch in Zukunft entsprechende Haushaltsmittel für die Beschäftigung des Personals weiter zur Verfügung stehen, vermag auch eine möglicherweise ungeklärte Rechtslage eine Befristung allein nicht zu rechtfertigen. Vielmehr müssen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses konkrete Anhaltspunkte für die nachvollziehbare Prognose vorliegen, dass der Arbeitnehmer nur begrenzte Zeit auf der ihm zugewiesenen Stelle beschäftigt werden kann bzw. der Beschäftigungsbedarf auf dieser Stelle nach Fristablauf wegfällt (vgl. BAG Urt. v. 07.07.1999 - 7 AZR 609/97 -, AP Nr. 215 zu § 620 BGB ,Befristeter Arbeitsvertrag'). Es war aber am 22.11.2006 (Vertragsabschluss) nicht ersichtlich, dass die ARGE in ihrer jetzigen rechtlichen Ausgestaltung gemäß § 44b SGB II über den 31.12.2010 nicht würde weiter betrieben werden können. Zumindest stand nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass § 44b SGB II für verfassungswidrig erklärt werden würde.

cc) Die sachliche Rechtfertigung der Befristung folgt auch nicht aus § 20 Abs. 2 S. 1 ARGE-Vertrag. Zwar haben die Agentur für Arbeit und die Beklagte die ARGE hiernach zunächst befristet für die Dauer von sechs Jahren errichtet, indessen bestand von vornherein die Möglichkeit, "den Vertrag einvernehmlich um jeweils drei weitere Jahre" zu verlängern, § 20 Abs. 2 S. 2 ARGE-Vertrag. Bei dieser Vertragsgestaltung konnte die Beklagte gerade nicht mit hinreichender Sicherheit davon ausgehen, dass der Aufgabenbereich des Klägers im Bereich der ARGE mit Ablauf des 31.12.2009 wegfallen würde. Zum damaligen Zeitpunkt gab es grundsätzlich drei Formen zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl. Hoehl, JurisPK-SGB II, 2. Aufl.; Rn. 9 zu § 44b):

- Die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger kooperieren weitestgehend, d.h. sie einigen sich in einer Vereinbarung über die Arbeitsabläufe in der Arbeitsgemeinschaft und erbringen nach außen ihre Leistungen im Idealfall wie eine einzige Behörde (§ 44b SGB II).

- Die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger erbringen ihre jeweiligen Leistungen außerhalb einer gemeinsamen Arbeitsgemeinschaft ohne Kooperationsvereinbarung. Anwendbar sind dann jedenfalls aber die allgemeinen Regeln der Zusammenarbeit zwischen Leistungsträgern (vgl. die §§ 86 ff. SGB X).

- Der kommunale Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende übernimmt gem. § 6a SGB II zusätzlich die Aufgaben der Agentur für Arbeit.

Die Beklagte hatte sich gemeinsam mit der Agentur für Arbeit durch Abschluss des ARGE-Vertrages am 23.11.2004 für die erste Alternative, d.h. die Errichtung einer ARGE entschieden. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des letzten befristeten Arbeitsvertrages (22.11.2006) stand aber nicht mit hinreichender Sicherheit fest, dass die Beklagte ab dem 01.01.2010 eine andere Form als die ARGE zur gemeinsamen Wahrnehmung der Aufgaben nach dem SGB II wählen würde.

dd) Entgegen der Auffassung der Beklagten folgt die sachliche Rechtfertigung der Befristung des Arbeitsvertrages vom 22.11.2006 nicht aus der Experimentierklausel des §§ 6a ff. SGB II. Nach dieser Vorschrift können zur Weiterentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende an Stelle der Agenturen für Arbeit als Träger der Leistungen nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II im Wege der Erprobung kommunale Träger im Sinne des § 6 Abs. 1 S.1 Nr. 2 SGB II zugelassen werden. Anstelle der Bildung einer Arbeitsgemeinschaft gemäß § 44b SGB II steht dann die Errichtung besonderer kommunaler Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB II (§ 6a Abs. 6 SGB II). Kommunale Träger, die mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde einen entsprechenden Antrag stellen, können dann selbst die in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II üblicherweise der Bundesagentur für Arbeit zugewiesenen Aufgaben übernehmen. Nur solche kommunalen Einrichtungen unterliegen Der Wirkungsforschung nach § 6c SGB II, nicht aber die nach § 44b SGB II errichteten ARGE.

3. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Für die Zulassung der Revision bestand keine gesetzlich begründbare Veranlassung, § 72 Abs. 2 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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