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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 30.01.2007
Aktenzeichen: 5 Sa 357/06
Rechtsgebiete: KSchG


Vorschriften:

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1
KSchG § 2 S. 1
1. Die unternehmerische Entscheidung zur einheitlichen Umsetzung eines Sanierungsplans rechtfertigt eine betriebsbedingte Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung, wenn damit eine drohende Betriebsschließung und der damit einhergehende Ausspruch von Beendigungskündigungen vermieden werden kann, wenn der Arbeitgeber zuvor alle gegenüber der Änderungskündigung milderen Mittel ausgeschöpft hat, der Arbeitnehmer die Entgeltabsenkung billigerweise hinnehmen muss und die Gleichbehandlung der von den Änderungskündigungen betroffenen Arbeitnehmer gewahrt ist (BAG, Urt. v. 12.11.1998 - 2 AZR 91/98 -).

2. Dabei spielt es keine Rolle, ob und wie viele der im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer der Änderung ihrer Arbeitsbedingungen (Entgeltreduzierung) im Zeitpunkt des Ausspruchs der Änderungskündigung bereits freiwillig zugestimmt haben, solange das Sanierungskonzept noch nicht in Gänze abgeschlossen ist, der Arbeitgeber an der vollständigen Umsetzung des Sanierungskonzepts nach wie vor festhält und dieses im Zeitpunkt des Kündigungsausspruchs noch Bestand hat.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 357/06

Verkündet am 30.01.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 30.01.2007 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Flensburg, Kammer Husum, vom 22. Juni 2006, Az.: öD 3 Ca 1913/05, abgeändert und die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt der Kläger.

3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung.

Der am ....1968 geborene Kläger ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Er ist auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages vom 27.03.1996 (Bl. 4 d. A.) und eines Nachtrages vom 24.04.1996 (Bl. 5 d.GA.) bei dem Beklagten als Küchenhelfer in dessen Einrichtung "D." in St. tätig. Auf das Arbeitsverhältnis finden gemäß Ziffer 2 des Arbeitsvertrages die Arbeitsbedingungen der Angestellten und Arbeiter des D. in der jeweils geltenden Fassung Anwendung.

Der Beklagte befand sich spätestens seit dem Jahre 2003 in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Ein unrentables Tochterunternehmen, die S., die zwei Pflegeheime betrieb, musste im Jahre 2004 Insolvenz anmelden. Ausweislich der "Gutachterlichen Stellungnahme zur aktuellen wirtschaftlichen Situation und zu Umstrukturierungsmaßnahmen" der W. OHG vom 29.09.2005 (= Wirtschaftsgutachten; Bl. 35-50 d.GA.) waren zur Gewährleistung des Fortbestandes des Beklagten und zur Abwendung der Insolvenz einschneidende Umstrukturierungs- und Sanierungsmaßnahmen erforderlich. Unter anderem wurde gefordert, die Personalkostenstruktur durch Änderung der Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter in insgesamt vier Punkten zu reformieren, um eine Gesamtentlastung im Volumen von ca. € 1,5 Mio. zu erreichen. Die Beklagte entwarf daraufhin den Sanierungsplan vom 24.11.2005, nach dem von allen vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmern eine zusätzliche unentgeltliche Tätigkeit von 145 Stunden innerhalb eines Zeitraums vom 01.11.2005 bis zum 31.03.2008 abverlangt wurde. Als weitere Maßnahmen sieht der Sanierungsplan die Streichung des zusätzlichen Urlaubsgeldes (im Jahre 2005 sollte ein Urlaubsgeld von pauschal € 150,00 gezahlt werden) sowie die Streichung von Sonderzuwendungen und der Arbeitsbefreiung aufgrund eines AZV-Tages vor. Zwischen den Parteien ist inzwischen unstreitig, dass diese Umstrukturierungsmaßnahmen auf der Personalkostenebene zwingend notwendig waren, um die wirtschaftliche Existenz des Beklagten und damit die Arbeitsplätze der Mitarbeiter für die Zukunft zu sichern. Auch steht zwischen den Parteien nicht mehr im Streit, dass der vom Beklagten entwickelte Sanierungsplan alle gegenüber einer Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft. Zur Umsetzung des Sanierungskonzepts schloss der Beklagte mit der Gewerkschaft V. einen Sanierungstarifvertrag (= SanierungsTV; Bl. 56-64 d.GA.) gültig vom 01.11.2005 bis 31.03.2008, auf dessen Inhalt verwiesen wird. Um die Regelungen des SanierungsTV gegenüber den Mitarbeitern in Geltung zu setzen, bedurfte es der individualvertraglichen Vereinbarung der tariflichen Regelungen mit jedem einzelnen Arbeitnehmer. Aus diesem Grund bot der Beklagte dem Kläger, wie auch allen anderen Beschäftigten, mit Schreiben vom 15.12.2005 (Bl. 66 f. d.GA.) unter gleichzeitiger Übersendung der Darstellung "Notwendigkeit zur Änderung der Arbeitsbedingungen" (Bl. 68-70 d.GA.) die freiwillige Annahme der Regelungen des Sanierungstarifvertrages an. In dieser Bezugnahmevereinbarung wurde ausdrücklich auf § 12 Abs. 3 SanierungsTV hingewiesen, nach dem die Tarifvertragsparteien übereinstimmend davon ausgehen, dass alle unter den Geltungsbereich des SanierungsTV fallenden Mitarbeiter dem Tarifvertrag zustimmen. Im Falle, dass bis zum 22.11.2005 nicht mindestens 90 % der Belegschaft den Regelungen des SanierungsTV zustimmen, stand dem Beklagten nach § 12 Abs. 4 SanierungsTV ein Sonderkündigungsrecht zu. Auf diese Regelung wurde im Anschreiben an die Mitarbeiter ausdrücklich Bezug genommen (Bl. 67 d.GA.). In diesem Schreiben führte der Beklagte weiter aus, dass "der D.-L. Schleswig-Holstein schon aus Gründen der Gleichbehandlung gehalten ist, gegenüber Mitarbeitern, die ihr Einverständnis mit der Geltung der tarifvertraglichen Regelungen nicht erklären, betriebsbedingte Änderungskündigungen zum Zwecke der Anwendung der Regelungen des Sanierungstarifvertrages auszusprechen."

Bis Ende November 2005 stimmten 439 der 447 insgesamt betroffenen Arbeitnehmer der Änderungsvereinbarung zu. Der Kläger gehört zu den acht Mitarbeitern, die ihre Zustimmung verweigerten.

In einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme der B. OHG vom 29.11.2005 (Bl. 72 d.GA.), wurde von dieser nochmals ausdrücklich klargestellt, dass das Sanierungskonzept auf der Annahme beruhe, dass alle Mitarbeiter des Vereins einen Sanierungsbeitrag leisten. Die Erreichung des Sanierungsziels sei nicht sichergestellt, solange einzelne Mitarbeiter die Änderungen der Arbeitsbedingungen nicht vorbehaltlos akzeptierten.

Daraufhin beschloss die Beklagte entsprechend der Ankündigung im Bezugnahmeschreiben, den Arbeitnehmern, die den Änderungen ihrer Vertragsbedingungen nicht zugestimmt hatten, betriebsbedingt eine Änderungskündigung auszusprechen, um auch diesen gegenüber den SanierungsTV in Anwendung zu bringen. Dabei wurde eine Einschränkung nur insoweit vorgenommen, als rückwirkend eingetretene Anpassungen, die im SanierungsTV vorgesehen sind, wie beispielsweise die anteilige Streichung der Jahressonderzahlungen und Kürzung des Urlaubsgeldes für das Jahr 2005, nicht Gegenstand der Änderungskündigung wurden.

Nach erfolgter Betriebsratsanhörung (Bl. 74-78 d.GA.) und Zustimmung des Betriebsrats (Bl. 79 d.GA.) sprach der Beklagte gegenüber dem Kläger die streitgegenständliche Änderungskündigung vom 23.12.2005 zum 30.04.2006 aus (Bl. 73 d.GA.), die dem Kläger am gleichen Tage zuging. Der Kläger nahm die Änderungskündigung unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung mit Schreiben vom 27.12.2005 an.

Am selben Tag hat der Kläger vor dem Arbeitsgericht Flensburg Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Änderungskündigung vom 23.12.2005 sowie das unveränderte Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses über den 30.04.2005 hinaus erhoben.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes in erster Instanz, insbesondere des streitigen Parteivorbringens, sowie der erstinstanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils einschließlich der Inbezugnahmen verwiesen, § 69 AbS. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 22.06.2006 stattgegeben und die Änderungskündigung für unwirksam erklärt. Die Änderungskündigung sei sozial ungerechtfertigt. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der sozialen Rechtfertigung sei der Zugang der Kündigung am 23.12.2005. Im Dezember 2005 habe jedoch eine betriebsgefährdende finanzielle Notlage des Beklagten - die Voraussetzung für eine betriebsbedingte Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung sei - nicht mehr vorgelegen, da zu diesem Zeitpunkt bereits ca. 97 % der Belegschaft dem Sanierungstarifvertrag durch freiwillige Vereinbarung zugestimmt hätten. Rein rechnerisch könne der Sanierungsbeitrag des Klägers und der anderen sieben zustimmungsunwilligen Arbeitnehmer in Höhe von € 3.530,20 pro Person im Verhältnis zu dem nach dem Sanierungskonzept im Personalkostenbereich vorgesehenen Einsparbetrag in Höhe von insgesamt € 1,578 Mio. nicht erheblich ins Gewicht fallen. Dem stehe auch die Stellungnahme der Wirtschaftsprüfer, die sich der Beklagte zu eigen gemacht habe, nicht entgegen, da es gerade nicht auf die Erreichung eines wie auch immer definierten Sanierungszieles ankomme, sondern einzig darauf, ob bei Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstünden. Davon könne aber im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung im Hinblick auf die erfolgreichen Sanierungsbemühungen nicht mehr ausgegangen werden. Auch die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes könne zur sozialen Rechtfertigung einer Änderungskündigung nicht herangezogen werden. Auf ihn dürfe ausschließlich zur Begründung von Rechten des Arbeitnehmers zurückgegriffen werden, nicht jedoch zu dessen Lasten.

Gegen dieses ihm am 25. Juli 2006 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 15.08.2006 bei dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Berufung eingelegt und diese nach gewährter Fristverlängerung bis zum 25.10.2006 am 19.10.2006 begründet.

Der Beklagte trägt vor, das Arbeitsgericht habe den kollektiven Charakter der beabsichtigten Änderung der Arbeitsbedingungen gegenüber allen Mitarbeitern außer Acht gelassen. Die Argumentation des Arbeitsgerichts führe zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass zu ändernde Arbeitsbedingungen, die sozial gerechtfertigt waren und allen Arbeitnehmern unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit im Wege einer Änderungskündigung hätten angesonnen werden dürfen, allein dadurch sozial ungerechtfertigt würden, dass eine Vielzahl von Arbeitnehmern vor Ausspruch der Änderungskündigung dem Änderungsangebot freiwillig zugestimmt hätten. Dabei werde übersehen, dass die Änderungskündigung lediglich ein Teilschritt innerhalb der einheitlichen Sanierungsmaßnahme auf der Basis des SanierungsTV sei. Bei der Bewertung der mit der Änderungskündigung angebotenen Arbeitsbedingungen im Hinblick auf den bei der Prüfung der sozialen Rechtfertigung anzulegenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei mithin nicht nur das Arbeitsverhältnis des Klägers isoliert zu sehen, sondern auch die gegenüber allen Arbeitnehmern kollektiv wirkende Sanierungsmaßnahme. Zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit komme es mithin unabhängig davon, ob die geänderten Arbeitsbedingungen von den Arbeitnehmern freiwillig akzeptiert würden oder mittels Änderungskündigung umgesetzt werden müssten, auf das Sanierungskonzept selbst an. Zum Zeitpunkt des Zugangs der streitgegenständlichen Änderungskündigung habe der kollektive Charakter der Gesamtmaßnahme "Änderung der Arbeitsbedingungen gegenüber allen Arbeitnehmern" nach wie vor Bestand gehabt. Letztlich diene die Änderungskündigung auch gerade dazu, die für die Sanierung erforderliche Änderung der Arbeitsbedingungen gegenüber allen Arbeitnehmern gleichmäßig durchzuführen und zwar unabhängig davon, ob die Arbeitnehmer freiwillig an der Sanierung mitwirkten oder dies verweigerten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Flensburg vom 22.06.2006, Az.: öD 3 Ca 1913/06, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil, wobei er sich die Argumentation des Arbeitsgerichts zu eigen macht und ergänzend vorträgt, die wirtschaftliche Situation des Beklagten habe sich im Jahre 2006 sogar besser entwickelt, als vom Sanierungskonzept im Jahre 2005 prognostiziert. Er ist der Auffassung, der Beklagte habe die soziale Rechtfertigung der Kündigung zum Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung durch ein zusätzliches Sachverständigengutachten zur Sanierungsbedürftigkeit des Betriebs unter Berücksichtigung der durch die Zustimmung von über 97 % der Mitarbeiter erreichten Sanierungserfolge nachweisen müssen. Es bestünde auch keine Rechtspflicht des Klägers, Abstriche bei der Vergütung hinnehmen zu müssen. Eine solche Pflicht könne sich insbesondere nicht aus dem Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 30.01.2007 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist begründet. Die gemäß § 64 Abs. 2 lit. c ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

Auch in der Sache selbst hat die Berufung Erfolg.

Die Änderungskündigungsschutzklage ist unbegründet. Die mit der Änderungskündigung vom 23.12.2005 bewirkte Änderung der Arbeitsbedingungen ist gemäß § 2 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG sozial gerechtfertigt. Nachdem der Kläger die Änderung der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt ihrer sozialen Rechtfertigung angenommen hatte und damit der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststeht, hängt die Wirksamkeit der Änderungskündigung davon ab, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Anlass zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss (BAG, Urt. v. 20.08.1998 - 2 AZR 84/98 -, AP Nr. 50 zu § 2 KSchG 1969).

I. Zutreffend zieht das Arbeitsgericht zunächst die von der Rechtsprechung des BAG zu einer betriebsbedingten Änderungskündigung mit dem Ziel der Entgeltabsenkung entwickelten Grundsätze bei der Beurteilung der sozialen Rechtfertigung nach § 2 S. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG heran. Danach ist eine Änderungskündigung - als vollwertige Kündigung nach dem KSchG - als sozial ungerechtfertigt anzusehen, wenn nicht dringende betriebliche Gründe einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Konditionen entgegenstehen (st. Rspr.: zuletzt BAG, Urt. v. 12.01.2006 - 2 AZR 126/05 -, AP Nr. 82 zu § 2 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 -, AP zu § 2 KSchG 1969 Nr. 81). Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnt oder unter Vorbehalt angenommen hat (BAG, Urt. v. 19.05.1993 - 2 ARZ 584/92 -, AP Nr. 31 zu § 2 KSchG 1969).

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BAG sowie der Instanzgerichte gelten für eine Änderungskündigung zum Zwecke der Entgeltabsenkung folgende Grundsätze:

a) Die Unrentabilität des Betriebs kann einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegenstehen und ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen sein, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stilllegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind (BAG, Urt. v. 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 -, AP Nr. 81 zu § 2 KSchG 1969 m.w.N.; ebenso KR-Rost, 7. Aufl., Rn. 107 a zu § 2 KSchG; ErfK-Kiel, 7. Aufl. 2007, Rn. 40 zu § 2 KSchG). Eine betriebsbedingte Änderungskündigung, die eine aus wirtschaftlichen Gründen sonst erforderlich werdende Beendigungskündigung vermeidet, ist danach grundsätzlich zulässig. Oft ist sie das einzige, dem Arbeitgeber zur Verfügung stehende Mittel. Das bedeutet allerdings nicht, dass die dringenden betrieblichen Erfordernisse schon im Zeitpunkt der Kündigung einer Weiterbeschäftigung dergestalt entgegenstehen müssen, dass ohne den Ausspruch einer Änderungskündigung die Existenz des Betriebs unmittelbar bedroht ist (BAG, Urt. v. 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 -, a.a.O.). Liegt eine solche akute Existenzgefährdung gleichwohl vor, stellt die Änderungskündigung regelmäßig die gegenüber der Beendigungskündigung mildere Maßnahme dar, soweit es dadurch tatsächlich zum Erhalt des Arbeitsplatzes kommt.

b) Das betriebliche Erfordernis muss stets dringend sein. An das Merkmal der Dringlichkeit sind dabei hohe Anforderungen zu stellen, da der Arbeitgeber durch die Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung einseitig und nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, wenn er die vereinbarte Vergütung reduziert (BAG, Urt. v. 26.01.1995 - 2 AZR 371/94 -, AP Nr.36 zu § 2 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 01.07.1999 - 2 AZR 826/98 -, AP Nr. 53 zu § 2KSchG 1969). Auch im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz, dass einmal geschlossene Verträge einzuhalten sind. Daher ist es allgemein anerkannt, dass Geldmangel allein den Arbeitgeber nicht entlastet. Der schwerwiegende Eingriff in das Leistungsgefüge ist nur dann als dringlich zu qualifizieren, wenn bei Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar der Schließung des Betriebs führen. Regelmäßig setzt deshalb eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft (BAG, Urt. v. 20.08.1998 - 2 AZR 84/98 -, AP Nr. 50 § 2 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 01.07.1999 - 2 AZR 826/98 -, AP Nr. 53 zu § 2 KSchG 1969).

c) Schließlich verlangt die Rechtsprechung die Gleichbehandlung aller betroffenen Arbeitnehmer innerhalb eines Betriebs (BAG, Urt. v. 12.11.1998 - 2 AZR 91/98 -, AP Nr. 51 zu § 2 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 16.05.2001 - 2 AZR 292/01 -, NZA 2003, 147 ff.). Eine Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung, die nur einzelnen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern gegenüber ausgesprochen wird, verstößt, soweit es für die Differenzierung an einem sachlichen Grund fehlt, gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und ist gegenüber den betroffenen Arbeitnehmern unverhältnismäßig.

2. Zutreffend ist das Arbeitsgericht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen für eine Änderungskündigung aus dringenden betrieblichen Erfordernissen zum Zwecke der Herabsenkung der Lohnkosten bei Aufstellung des Sanierungskonzepts und Abschluss des SanierungsTV im November 2005 gegeben waren, weil sich der beklagte Verein zu diesem Zeitpunkt in einer finanziell existenzgefährdenden Situation befunden hat. Dem organisatorischen Konzept des Beklagten, das seinerseits Grundlage des SanierungsTV geworden ist, kann im Einzelnen entnommen werden, in welchem Umfang Leistungen abgebaut oder die Gehälter gekürzt werden sollen. Dass die im Sanierungskonzept vorgestellten Sanierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen zur Abwendung der drohenden Insolvenz des Beklagten geeignet waren und sind, ist vorliegend zwischen den Parteien unstreitig und wird vom Kläger auch nicht in Abrede gestellt. Da die Regelungen des SanierungsTV zudem allen Beschäftigten des Beklagten gleichermaßen zur Annahme angeboten worden sind, bestehen diesbezüglich auch keine Bedenken, hinsichtlich der Einhaltung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch den Beklagten, als dem die Kündigung aussprechenden Arbeitgeber.

3. Diese Voraussetzungen lagen - entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts -jedoch auch noch im Zeitpunkt des Zugangs der Änderungskündigung vom 23.12.2005 vor.

Im Ansatzpunkt zutreffend geht das Arbeitsgericht davon aus, dass maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt der Sozialwidrigkeit einer Kündigung der Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung ist (BAG, Urt. v. 27.02.1997 - 2 AZR 160/96 -, AP Nr. 1 zu § 1 KSchG 1969 'Wiedereinstellung'); wobei für die Änderungskündigung nichts anderes gilt (BAG, Urt. v. 12.11.1998 - 2 AZR 91/98 -, a.a.O.; ebenso KR-Rost, 7. Aufl., Rn. 106 e zu § 2 KSchG). Ende Dezember 2005, d.h. bei Ausspruch der Änderungskündigung, war die Umsetzung des Sanierungskonzepts zum Erhalt der Betriebe des Beklagten und zur Abwendung betriebsbedingter Kündigung nach wie vor dringend erforderlich. Die Sichtweise des Klägers, dass aufgrund der zwischenzeitlich bis Ende November 2005 erfolgten Zustimmungen von ca. 97 % der Belegschaft sein einzelner "Sanierungsbeitrag" zur Rettung der Betriebe nicht mehr zwingend erforderlich gewesen sei, ist verfehlt und wird dem Sinn und Zweck der Erarbeitung und Umsetzung eines Sanierungskonzepts in keiner Weise gerecht. Ließe man das Argument des Klägers zu, würde jeder Mitarbeiter seinen Beitrag als gering bezeichnen, sodass diese Betrachtung in einem Zirkelschluss endete (ArbG Kiel, Urt. v. 18.05.2006 - öD 2 Ca 87 c/06 -). Der Kläger verkennt, dass die Umsetzung eines umfassenden Sanierungskonzepts in der Regel nicht punktgenau auf einen Tag zu realisieren ist, sondern ein ggf. auch länger währender Prozess ist. Die Laufzeit des SanierungsTV endet nach dessen § 12 erst am 31.03.2008. Mithin hat der Beklagte auch am 23.12.2005 nach wie vor an der Umsetzung des Sanierungskonzepts festgehalten.

a) Arbeiten der Arbeitgeber und eine Gewerkschaft bei der Rettung eines existentiell gefährdeten Betriebs dergestalt zusammen, dass sie einen Sanierungsplan entwerfen und stimmt schließlich die Mehrheit der betroffenen Arbeitnehmer dem darauf beruhenden Sanierungstarifvertrag freiwillig zu, ist damit gleichzeitig von den Beteiligten zum Ausdruck gebracht worden, dass sie die Notwendigkeit einer Sanierung im Allgemeinen und die Wirksamkeit des angebotenen Sanierungskonzeptes im Besonderen anerkannt haben (vgl. Hromadka, DB 2002, 1322 ff., 1326). Die Zustimmung der überwiegenden Mehrheit der Arbeitnehmerschaft zur Entgeltabsenkung alleine behebt die finanzielle Notlage des Betriebs nicht ad hoc, vielmehr bedarf es noch der Umsetzung der (einvernehmlich) beschlossenen Entgeltabsenkung. Die Zustimmung zur Entgeltabsenkung hat mithin in aller Regel eine zumindest mittelfristige Langzeitwirkung. Sieht also das Sanierungskonzept den Wegfall von Vergütungsbestandteilen vor, die für die Zukunft die Höhe des Entgelts reduzieren, so lässt sich das Sanierungsziel, d.h. die Abwendung der Stilllegung des Betriebs oder der Reduzierung der Belegschaft, nur dann erreichen, wenn das Sanierungskonzept in seiner Gesamtheit und für den festgelegten Sanierungszeitraum vollumfänglich realisiert wird. Gerade bei der Einsparung von Personalkosten ist es daher entscheidend, dass die erst mit der Zeit amortisierende Entlastung des Betriebs durch alle Mitarbeiter getragen wird.

b) Dabei verbietet sich insbesondere eine pauschale Berechnung des Sanierungsbeitrags jedes einzelnen Arbeitnehmers. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Sanierungsbeitrag des einzelnen Arbeitnehmers für sich betrachtet vor dem Hintergrund der insgesamt zu erbringenden Sanierungsleistung im Personalkostenbereich möglicherweise als gering bezeichnet werden kann. Unabhängig davon, ob man diesen Betrag rechnerisch überhaupt exakt benennen kann, verbietet sich eine derartige Betrachtung allein schon deshalb, weil es sonst letztlich vom Zufall abhängen würde, wann ein Sanierungsbeitrag erheblich ist oder nicht. So wäre dies bei größeren Betrieben regelmäßig nicht der Fall, da sich die Sanierungslast auf viele Schultern verteilt, während bei kleineren Betrieben mit wenigen Mitarbeitern die Erheblichkeit regelmäßig zu bejahen wäre. Noch entscheidender dürfte jedoch sein, dass bei dieser Betrachtungsweise letztlich die soziale Rechtfertigung jeder Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung vom Zufall abhängen würde, ob und wie viele Arbeitnehmer der Entgeltabsenkung bereits zuvor freiwillig zugestimmt haben. Zudem könnte sich jeder betroffene Arbeitnehmer in gleicher Weise darauf berufen, dass sein Beitrag für den Erfolg der Sanierungsmaßnahme allein nicht erforderlich sei. Auch das Bundesarbeitsgericht stellt bei der Beurteilung der sozialen Rechtfertigung von Massenänderungskündigungen nicht auf die Erheblichkeit des Sanierungsbeitrags jedes einzelnen Arbeitnehmers ab (vgl. BAG, Urt. v. 20.08.1998 - 2 AZR 84/98 -, AP Nr. 50 zu § 2 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 06.03.1986 - 2 ABR 124/85 -, AP Nr. 19 zu § 15 KSchG; BAG, Urt. v. 09.04.1987 - 2 AZR 279/86 -, AP Nr. 28 zu § 15 KSchG 1969). Auch hier kommt es ausschließlich auf den vom Arbeitgeber zu erbringenden Nachweis des Vorliegens einer dringenden Sanierungsbedürftigkeit durch Vorlage eines qualifizierten Sanierungsplans an (BAG, Urt. v. 23.06.2005 - 2 AZR 642/04 -, AP Nr. 81 zu § 2 KSchG 1969).

c) Vor dem Hintergrund der Rettung von insolvenzbedrohten Unternehmen durch gemeinsame Anstrengungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmerschaft erscheint es daher zwingend notwendig, auf die Wirkungsdauer des Sanierungskonzepts als einheitliche Maßnahme zur Wiederherstellung der Rentabilität abzustellen. Schließlich würde die Herausnahme einzelner Arbeitnehmer aus dem unternehmerischen Konzept dem gerade intendierten einheitlichen Vorgehen des Arbeitgebers zuwiderlaufen und damit Präzedenzfälle schaffen, auf die sich andere, ursprünglich sanierungswillige Arbeitnehmer unter Verweis auf den Gleichbehandlungsgrundsatz mit der Begründung berufen könnten, es fehle für die Besserstellung der "Sanierungsunwilligen" am sachlichen Grund für die unterschiedliche Vergütungsregelung (vgl. BAG, Beschl. v. 21.06.1995 - 2 ABR 28/04 -, AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969). Dies würde in letzter Konsequenz zu dem weder vom Verhältnismäßigkeitsgrundsatz noch vom Gleichbehandlungsgrundsatz gedeckten Ergebnis führen, dass der zwischen dem Arbeitgeber und der Mehrheit der Arbeitnehmer ausgehandelte Kompromiss zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen gerade durch das Verhalten sanierungsunwilliger Arbeitnehmer nachträglich auch vom Rest der Belegschaft unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz wieder gekippt werden könnte. Eine Situation, die dem Interesse nicht nur des Arbeitgebers, sondern auch den Interessen der Sanierungsgläubiger diametral entgegensteht. Es ist daher nicht nur aus betriebswirtschaftlichen Gründen wünschenswert, dass alle Arbeitnehmer einem notwendigen Sanierungskonzept zustimmen, sondern aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten auch erforderlich, dass jenen Mitarbeitern, die sich der Notwenigkeit einer Sanierung bewusst verschließen, eine betriebsbedingte Änderungskündigung ausgesprochen werden kann. Dabei kann es vorliegend dahingestellt bleiben, ob dies eine ausdrückliche Androhung der Änderungskündigung durch den Arbeitgeber im Zeitpunkt des Änderungsangebotes erfordert. Vorliegend hatte der Beklagte nämlich bereits im Anschreiben an die Belegschaft vom 15.11.2005 einen solchen Hinweis erteilt.

d) Letztlich sind die vom Bundesarbeitsgericht zu § 15 KSchG entwickelten Grundsätze zur Änderungskündigung von Betriebsratsmitgliedern entsprechend auf die vorliegende Konstellation anzuwenden (BAG, Beschl. v. 21.06.1995 - 2 ABR 28/94 -, AP Nr. 36 zu § 15 KSchG 1969). Auch hier stellt das Bundesarbeitsgericht bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Änderungskündigung auf die unternehmerische Entscheidung in seiner Gesamtheit und nicht auf die isolierte Betrachtung des einzelnen Arbeitsverhältnisses ab. So sei es als unabweisbare Notwendigkeit anzusehen, dass, wenn ein Arbeitgeber ein einheitliches Umstrukturierungskonzept einführen will, grundsätzlich auch Organvertreter trotz Sonderkündigungsschutzes davon betroffen werden können. Dem habe auch der Gesetzgeber Rechnung getragen, wenn er unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 4 und 5 KSchG sogar die ordentliche Kündigung eines Betriebsrats ohne Betriebsratsanhörung im Falle der Betriebsstilllegung zulasse.

Wenn es aber bereits zulässig ist, einem Betriebsrat bzw. einem insofern vergleichbaren vertraglich oder tarifvertraglich unkündbaren Arbeitnehmer gegenüber eine betriebsbedingte Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung auszusprechen, ohne dass sich dieser auf seinen Sonderkündigungsschutz berufen könnte, so kann für einen Arbeitnehmer, der unberechtigterweise die Lasten einer notwendigen Umstrukturierung bzw. Entgeltabsenkung nicht mittragen will, nichts anderes gelten. Es scheint vielmehr geboten, gegenüber einem solchen Arbeitnehmer die Regelungen des Sanierungstarifvertrages per Änderungskündigung in Geltung zu bringen, um ihn nicht letztlich auch noch dafür zu belohnen, dass er seine Solidarität zur Rettung des Betriebs verweigert hat.

Anderenfalls bliebe dem Arbeitgeber zur Umsetzung eines zwingend erforderlichen Sanierungskonzepts nur die Möglichkeit, allen Arbeitnehmern von vornherein eine Änderungskündigung auszusprechen, ohne zuvor den für ein gedeihliches Miteinander wünschenswerten konsensual geprägten Weg zu beschreiten. Eine derartige Vorgehensweise widerspräche nicht nur dem Gerechtigkeitsempfinden, sondern auch dem gerade in einem Dauerschuldverhältnis notwendigen Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern. Deshalb erscheint es auch im Interesse des Betriebsfriedens geboten, eine durch die teilweise Umsetzung eines Sanierungskonzepts entstandene und sachlich unberechtigte Ungleichbehandlung durch Änderungskündigungen zu beseitigen.

e) Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz allein zur Begründung von Rechten eines Arbeitnehmers dient. Zwar verbietet sich grundsätzlich der Rückgriff auf den Gleichbehandlungsgrundsatz, um eine Änderungskündigung zur Entgeltkürzung sozial zu rechtfertigen (BAG, Beschl. v. 20.01.2000 - 2 ABR 40/99 -, AP Nr. 40 zu § 103 BetrVG 1972; BAG, Urt. v. 01.07.1999 - 2 AZR 826/98 -, AP Nr. 53 zu § 2 KSchG 1969; BAG, Urt. v. 28.04.1982 - 7 AZR 1139/79 -, AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 11. Aufl., Rn. 41 zu § 137). Dies gilt insbesondere dort, wo ein Arbeitgeber mittels einer Änderungskündigung die Herstellung eines einheitlichen Lohngefüges intendiert, also die Besserstellung einer Gruppe von Arbeitnehmern oder einzelner Arbeitnehmer bei entgeltbezogenen Sozialleistungen beseitigen will. Würde in solchen Fällen der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz herangezogen werden dürfen, würde dessen Funktion im Sinne eines in erster Linie zugunsten der ausgeschlossenen Arbeitnehmer wirkenden Gestaltungs- und Ordnungsprinzips in sein Gegenteil verkehrt. Diese Rechtsprechung des BAG bezieht sich jedoch auf Fallkonstellationen, in denen der Arbeitgeber ursprünglich unterschiedliche Arbeitsbedingungen durch eine Änderungskündigung angleichen, also eine früher bestehende Ungleichbehandlung ausgleichen will (vgl. dazu Ascheid/Preis/Schmidt, Kündigungsrecht, 2. Aufl., 2004, § 2 KSchG Rn. 255 m.w.N.). Überdies fehlte es in diesen Fällen entweder an einer Existenzbedrohung des betroffenen Betriebs oder eine solche war jedenfalls nicht schlüssig dargelegt. Im vorliegenden Fall geht es jedoch darum, ursprünglich gleiche Arbeitsbedingungen aufgrund eines Sanierungskonzepts für alle Arbeitnehmer in gleicher Weise abzuändern. Dass dabei gegenüber Arbeitnehmern, die einer freiwilligen Kürzung ihrer Bezüge zur solidarischen Rettung des Betriebs nicht zugestimmt haben, auf das "Zwangsmittel" der Änderungskündigung zurückgegriffen wird, ist vor dem Hintergrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes gerechtfertigt. So ist eine betriebsbedingte Änderungskündigung zur Entgeltabsenkung auch nur dann sozial gerechtfertigt, wenn neben der akuten Existenzgefährdung und eines tragfähigen Sanierungskonzepts alle Arbeitnehmer gleichermaßen einen Sanierungsbeitrag leisten. Dies setzt mithin grundsätzlich eine Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer bei der Umsetzung des Sanierungskonzepts voraus.

f) Dementsprechend ist für die soziale Rechtfertigung einer Änderungskündigung zur Entgeltreduzierung darauf abzustellen, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigungserklärung zur Existenzsicherung ein notwendiges und geeignetes Sanierungskonzept aufgestellt hat, welches noch nicht abgeschlossen ist, sondern sich noch in der so genannten Umsetzungsphase befindet. Ob und wie viele Arbeitnehmer dem Sanierungskonzept zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits freiwillig zugestimmt haben, spielt dagegen keine Rolle.

5. Hieran gemessen ist die streitgegenständliche Änderungskündigung vom 23.12.2005 sozial gerechtfertigt. Der Einwand, zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung habe die erforderliche Existenzgefährdung des Betriebs des Beklagten nicht mehr vorgelegen, greift bereits deshalb nicht, weil der maßgebliche SanierungsTV vom 29.09.2005 noch bis zum 31.03.2008 Bestand hat und bis dahin zur Erreichung des Sanierungszieles umgesetzt wird. Da das Sanierungskonzept seinerseits unstreitig den Erfordernissen der höchstrichterlichen Rechtssprechung zur Änderungskündigung entspricht, hat der Beklagte mit dem Ausspruch der Änderungskündigung lediglich die Umsetzung des Sanierungsplans fortgesetzt, nachdem der Kläger einer freiwilligen einzelvertraglichen Anerkennung des SanierungsTV nicht zugestimmt hatte. Die Änderungskündigung diente letztlich auch der nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geforderten Gleichbehandlung der von den Sanierungsmaßnahmen betroffenen Arbeitnehmer. Es ist zudem unstreitig, dass der Beklagte vor Ausspruch der Änderungskündigungen bzw. der einzelvertraglichen Vereinbarungen über die Inbezugnahme des SanierungsTV sämtliche, gegenüber der Entgeltkürzung milderen Sanierungsmittel ausgeschöpft hatte. Zudem ist unstreitig und durch das Wirtschaftsgutachten belegt, dass die mit der Änderungskündigung bewirkte Entgeltkürzung auch geeignet ist, die Sanierung der Betriebe des Beklagten herbeizuführen. Der Beklagte hat auch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Sowohl die im Sanierungstarifvertrag geregelte unentgeltliche Mehrarbeit, als auch die Streichung der Sonderzulagen und des Urlaubsgeldes stellen gegenüber einer potentiellen Beendigungskündigung eine mildere Maßnahme dar und sind mithin als verhältnismäßig zu betrachten. Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten, dass die Änderungskündigung für den Kläger eine besondere Härte bedeutet, welche er billigerweise nicht hinzunehmen brauche, sind nicht ersichtlich. Insbesondere ergeben sich solche Gesichtspunkte nicht aus seiner sozialen Situation oder seinen Unterhaltspflichten.

II. Nach alledem war die Berufung begründet und die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 64 Abs. 6 ArbGG.

Die Rechtssache hat über den vorliegenden Einzelfall hinaus rechtsgrundsätzliche Bedeutung, so dass die Revision zuzulassen war, § 72 Abs. 2 Ziffer 1 ArbGG.

Ende der Entscheidung

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