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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 06.04.2004
Aktenzeichen: 5 Sa 400/03
Rechtsgebiete: MBG Schl.-H., BGB, KSchG, SGB IX, ZPO


Vorschriften:

MBG Schl.-H. § 51 f.
BGB § 613 a Abs. 6
BGB § 133
BGB § 157
KSchG § 1 Abs. 2
KSchG § 2 Abs. 1
SGB IX § 85 ff.
ZPO § 148
1. Das Widerspruchsrecht gemäß § 613 a Abs. 6 Satz BGB ist als Gestaltungsrecht bedingungsfeindlich und kann als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung vom Arbeitnehmer weder ausdrücklich noch konkludent zurückgenommen werden.

2. Der Widerspruch i. S. v. § 613 a Abs. 6 BGB braucht nicht wortwörtlich ausgesprochen werden, sondern kann sich auch aus einer sinngemäßen Erklärung des Arbeitnehmers ergeben. Die Willenserklärung ist nach Treu und Glauben nach dem Empfängerhorizont auszulegen.

3. Es steht im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es den vom Schwerbehinderten anhängig gemachten Kündigungsschutzprozess gemäß § 148 ZPO aussetzt, solange über dessen Anfechtung der Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht rechtskräftig entschieden ist, oder dem arbeitsgerichtlichen Beschleunigungsgrundsatz Vorrang gibt und die Klage abweist (so auch: BAG, Urt. v. 26.09.1991 - 2 AZR 132/91 -; LAG Köln, Urt. v. 13.04.1999 - 13 Sa 1548/98 -)

4. Im Gegensatz zu personenbedingten Kündigungen ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Schwerbehinderung und einer betriebsbedingten Kündigung wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes aufgrund einer Teilbetriebsstilllegung oder widersprochenen Teilbetriebsübergangs eher unwahrscheinlich, sodass in diesen Fällen dem arbeitsgerichtlichen Beschleunigungsgrundsatz in der Regel der Vorrang vor einer Aussetzung zu geben ist.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein

Im Namen des Volkes

Urteil

Aktenzeichen: 5 Sa 400/03

Verkündet am 06.04.2004

In dem Rechtsstreit

hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 06.04.2004 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Otten-Ewer als Vorsitzende und d. ehrenamtlichen Richter Roland Baschnagel als Beisitzer und d. ehrenamtlichen Richter Bernd Siems als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichtes Elmshorn, Kammer Meldorf, Az. 5 Ca 644 c/03 vom 24. Juli 2003, wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Revision nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die soziale Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung.

Der 57-jährige Kläger, der einem Schwerbehinderten nach § SGB III gleichgestellt ist, war bei der Beklagten seit dem 01.09.1997 als Flugleiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 19,5 Stunden beschäftigt und erhielt Vergütung nach Vergütungsgruppe (VergGr.) IV b BAT. Die Beklagte hat den Betrieb des Flugplatzes H...-D... zwischenzeitlich durch Betreibervertrag vom 26.04.2002 an die Fa. H... A... GmbH i. Gr. mit Wirkung zum 01.05.2002 übertragen. Hierüber informierte die Beklagte die betroffenen Mitarbeiter am 26.04.2002 auf einer Personalversammlung, zu der sie mit Schreiben vom 16.04.2002 (Bl. 54 ff. d. GA.) unter Beifügung eines Personalüberleitungsvertrages (Bl. 57 ff. d. GA.) eingeladen hatte. Abschließend bat sie den Kläger, nach der Versammlung innerhalb einer Bedenkzeit von 10 Tagen eine Erklärung abzugeben. Mit Schreiben vom 21.05.2002 teilte der Kläger der Beklagten mit: (Bl. 61 d. GA.)

"... an dem mir von Ihnen zugesandten Übernahmevertrag habe ich kein Interesse".

Am 17.02.2003 hörte die Beklagte den Personalrat zur beabsichtigten Änderungskündigung an. Der Personalrat stimmte der Änderungskündigung mit Schreiben vom 03.03.2003 zu. (Bl. 72 d. GA.). Nachdem das Integrationsamt einer Änderungskündigung zugestimmt hatte, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 07.03.2003 zum 30.06.2003 und bot dem Kläger zugleich den Abschluss eines jährlich wiederkehrenden Saisonarbeitsvertrages für die Zeit von April bis Oktober als vollbeschäftigter Angestellter am Informationsschalter, eingruppiert nach Vergütungsgruppe VII BAT, an (Bl. 9 f. d.GA.). Der Kläger nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KSchG an.

Im Übrigen wird wegen des Sach- und Streitstandes, wie er in erster Instanz zur Entscheidung vorgelegen hat, auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Arbeitsplatz des Klägers aufgrund der unternehmerischen Entscheidung der Beklagten, den Flugbetrieb auf die H... A... GmbH zu übertragen, bei der Beklagten weggefallen sei. Der Kläger habe einem Betriebsübergang widersprochen und bei der Beklagten selbst bestehe keine Beschäftigungsmöglichkeit als Flugleiter mehr, sodass die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt sei.

Gegen dieses ihm am 04.08.2003 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit der am 19.08.2003 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen und zugleich begründeten Berufung.

Der Kläger rügt ins. die Personalratsanhörung. Dem Personalrat seien falsche Daten mitgeteilt worden, was sich aus der Stellungnahme des Personalrats vom 03.03.2003 selbst ergebe. Der Personalrat sei davon ausgegangen, dass er, der Kläger, halbtags "als stellvertretender Flugleiter 6 Monate BAT IV b" beschäftigt gewesen sei. Unstreitig sei er aber nicht nur saisonal beschäftigt gewesen. Des Weiteren habe das Arbeitsgericht verkannt, dass er seinerzeit nicht dem Betriebsübergang an sich, sondern nur dem ihm zugesandten Vertragsentwurf widersprochen habe. Die Änderungskündigung sei auch sozial ungerechtfertigt, da die Beklagte mehrere Stellenausschreibungen geschaltet hatte, welche seiner Qualifikation bei weitem mehr entsprochen hätten.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des am 24.07.2003 verkündeten Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn, Kammer Meldorf, Aktenzeichen 5 Ca 644 c/03, wird festgestellt, dass die Änderungskündigung vom 07.03.2003 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den Ablauf der Kündigungsfrist am 30.06.2003 unverändert fortbesteht.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Insbesondere sei der Personalrat ordnungsgemäß angehört worden. Bei den vom Kläger gerügten Angaben in dem Schreiben des Personalrats vom 03.03.2003 habe es sich nur um Schreibfehler gehandelt. Der Büroleitende Beamte S... habe den Personalratsvorsitzenden am 17.02.2003 umfassend über die Hintergründe der beabsichtigten Änderungskündigung unterrichtet. Die Beklagte bestreitet, dass mehrere Stellen vorhandenen gewesen seien, die der Qualifikation des Klägers mehr entsprochen hätten. Der diesbezügliche Vortrag des Klägers sei nicht einlassungsfähig.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache konnte sie indessen keinen Erfolg haben.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Änderungskündigung vom 07.03.2003 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis über den 30.06.2003 unverändert fortbesteht. Das Arbeitsgericht hat die Kündigungsschutzklage des Klägers im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

1. Die behauptete Unwirksamkeit der Kündigung beruht nicht auf einer fehlerhaften Personalratsanhörung. Gemäß § 51 Abs. 1 Mitbestimmungsgesetz Schleswig-Holstein (MBG) unterliegt jede personelle Einzelmaßnahme, d.h. auch eine Änderungskündigung, der Mitbestimmung des Personalrats und kann nach § 52 Abs. 1 MBG nur mit dessen Zustimmung getroffen werden. Der Arbeitgeber leitet das Mitbestimmungsverfahren durch eine umfassende Unterrichtung des Personalrats ein. Eine unzureichende Information und damit nicht ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrats steht einer unterbliebenen Beteiligung gleich. Eine ordnungsgemäße Beteiligung des Personalrates setzt voraus, dass der öffentliche Arbeitgeber den Personalrat über die beabsichtigte Kündigung umfassend informiert. Dem Personalrat sind mithin neben den Personalien des zu kündigenden Arbeitnehmers auch die Art der beabsichtigten Kündigung (ordentliche, außerordentliche oder Änderungskündigung), der Kündigungstermin sowie die Kündigungsgründe im Einzelnen mitzuteilen. Bei einer Änderungskündigung erstreckt sich die Informationspflicht auch auf die bisher ausgeübte Tätigkeit und den Inhalt des Änderungsangebotes.

Hieran gemessen und nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung der Berufungskammer fest, dass der Personalrat vor Ausspruch der streitgegenständlichen Änderungskündigung ordnungsgemäß angehört worden ist. Dem steht - entgegen der Auffassung des Klägers - auch nicht entgegen, dass der Personalrat in seiner Stellungnahme vom 03.03.2003 den Kläger als "stellvertretenden" Flugleiter bezeichnete und ausführte, dass dieser "mit einer 0,5 Stelle als stellvertretender Flugleiter 6 Monate BAT IV b" eingestellt worden sei. Die Beweisaufnahme hat zweifelsfrei ergeben, dass der Personalrat in dem Zustimmungsschreiben vom 03.03.2003 den bisherigen Beschäftigungsumfang des Klägers lediglich versehentlich mit halbtags für sechs Monate angegeben hat. Tatsächlich war dem Personalrat an Hand seiner Unterlagen und sonstigen Kenntnis bekannt, dass der Kläger durchgängig als Halbtagskraft beschäftigt worden ist. Der Personalratsvorsitzende hat in sich schlüssig und glaubhaft vorgetragen, dass dem Personalrat die genauen Daten zum Beschäftigungsumfang und zur Beschäftigungsart auch im Rahmen der Personalratsbeteiligung bei der seinerzeitigen Einstellung des Klägers mitgeteilt worden seien. Dem Personalrat habe der Arbeitsvertrag des Klägers vorgelegen. Zudem hat der Zeuge bekundet, dass der Kläger im Stellenplan, in dessen Besitz der Personalrat ebenfalls gewesen sei, als ganzjährige Halbtagskraft geführt worden sei. Bei der strittigen Passage im Schreiben vom 03.03.2003 habe es sich nur um einen Schreibfehler gehandelt, über den sämtliche fünf Personalräte hinweg gelesen hätten. Anhaltspunkte, an der Glaubwürdigkeit des Zeugen zu zweifeln, waren nicht vorhanden.

Die Personalratsanhörung ist auch nicht deshalb unwirksam, weil der Personalrat den Kläger als "stellvertretenden" Flugleiter bezeichnet hat. In dem Schreiben vom 24.03.2003 hat der Personalratsvorsitzende unwidersprochen erklärt, dass der Kläger in der Stellenübersicht der Kurverwaltung als "Vertreter des Flugleiters" geführt worden sei. Die Tätigkeit des Klägers umfasste unstreitig auch die Wahrnehmung als Flugleiter bei Abwesenheit des Flugleiters M.... Insoweit steht die Bezeichnung "stellvertretender Flugleiter" auch nicht dem Umstand entgegen, dass der Kläger als Flugleiter eingestellt war.

2. Die strittige Änderungskündigung ist auch nicht gemäß § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam. Nach dieser Vorschrift ist die (Änderungs-)Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen eines (Teil-)Betriebsübergangs unwirksam. Das Recht zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus anderen Gründen bleibt demgegenüber unberührt, § 613 a Abs. 4 Satz 2 BGB.

a) Vorliegend hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis nicht wegen des Betriebsübergangs gekündigt. Das Gegenteil ist der Fall. Die Beklagte hatte den Kläger mehrfach und ausdrücklich über den Betriebsübergang informiert und ihm auch einen mit der Erwerberin abzuschließenden Überleitungsvertrag unter Wahrung seiner bisherigen Besitzstände übermittelt. Die Beklagte hatte weder eine Beendigungs- noch eine Änderungskündigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt noch hat sie eine solche im Nachhinein wegen des Betriebsübergangs ausgesprochen.

b) Grund für die ausgesprochene Kündigung war vielmehr der Widerspruch des Klägers gegen den Betriebsübergang und der durch den Betriebsübergang bedingte Wegfall des Arbeitsplatzes bei der Beklagten. Gemäß § 613 a Abs. 6 Satz 1 BGB kann der Arbeitnehmer einem Betriebsübergang und damit bedingten Wechsel des Arbeitgebers mit der Folge schriftlich widersprechen, dass sein Arbeitsverhältnis bei dem bisherigen Arbeitgeber erhalten bleibt. Bei dem Widerspruchsrecht handelt es sich mithin um ein Gestaltungsrecht, das durch eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem bisherigen oder neuen Betriebsinhaber ausgeübt wird, § 613 a Abs. 6 Satz 2 BGB. Das Widerspruchsrecht ist als Gestaltungsrecht bedingungsfeindlich und kann als einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung vom Arbeitnehmer auch weder ausdrücklich noch konkludent zurückgenommen werden (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 30.10.2002 - 5 Sa 206 c/02 -).

c) Mit Schreiben vom 21.05.2002 hat der Kläger dem Betriebsübergang gegenüber der Beklagten wirksam widersprochen. Empfangsbedürftige Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen musste, §§ 133, 157 BGB. Im Rahmen der Auslegung ist festzustellen, ob ein bestimmtes Verhalten oder eine Erklärung als Willenserklärung aufzufassen ist und welchen Inhalt die Erklärung nach dem Empfängerhorizont hat.

Dies zugrunde gelegt, handelt es sich bei dem Schreiben vom 21.05.2002 um einen Widerspruch gemäß § 613 a Abs. 6 BGB. Das Schreiben ist erkennbar eine Reaktion und Antwort des Klägers auf die ihm zuvor erteilten Informationen zum Betriebsübergang betreffend den Flugbetrieb sowie den ihm übersandten Überleitungsvertrag. Denn die Beklagte hatte den Kläger zuvor mit Schreiben vom 16.04.2002 aufgefordert, nach der Betriebsversammlung vom 26.04.2002 innerhalb einer Bedenkzeit von 10 Tagen eine Erklärung abzugeben. Dieser Aufforderung kam der Kläger mit Schreiben vom 21.05.2002 nach. Er hat der Beklagten mitgeteilt, dass er kein Interesse an dem Abschluss eines Überleitungsvertrages habe. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine Wissensmitteilung, sondern um eine im Hinblick auf den zugesandten Überleitungsvertrag gezielte Willenserklärung.

Die Willenserklärung enthielt auch einen Widerspruch i. S. v. § 613 a Abs. 6 BGB. Aus der Sicht der Beklagten beinhaltete das Schreiben eine Antwort auf die vorangegangenen Informationen über den Betriebsübergang und ihrer unter Frist gesetzten Aufforderung vom 16.04.2002 an den Kläger, sich hierzu zu erklären. Mit den Worten an dem "Übernahmevertrag habe ich kein Interesse" hat er gegenüber der Beklagten unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass er ein Arbeitsverhältnis mit der Fa. A... nicht will. Nachdem der Kläger sowohl schriftlich über den Betriebsübergang informiert worden ist, als auch die Möglichkeit gehabt hat, sich zusätzlich auf der Betriebsversammlung zu informieren und ggf. Fragen zu stellen, musste die Beklagte das strittige Schreiben als Widerspruch zum Übergang des Arbeitsverhältnisses des Klägers auf die Fa. H... A... GmbH auffassen. Entgegen der Auffassung des Klägers hat er gerade nicht einzelnen Vertragspassagen des zugesandten Überleitungsvertrages widersprochen, sondern dem Abschluss eines Arbeitsverhältnisses mit der neuen Betreiberin insgesamt.

3. Die Änderung der Arbeitsbedingungen ist auch nicht sozial ungerechtfertigt, §§ 1 Abs. 2, 2 Abs. 1 KSchG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung u. a. sozial gerechtfertigt, wenn sie durch dringende betriebliche Gründe, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Bei der Änderungskündigung müssen sachlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die das Änderungsangebot rechtfertigen. Zu prüfen ist mithin, ob die unternehmerische Organisationsänderung (hier: sog. Outsourcing) des Arbeitgebers eine Änderungskündigung unabwendbar macht, und ob das unternehmerische Konzept nicht mit anderen Maßnahmen hätte realisiert werden können. Sofern die bisherige Beschäftigungsmöglichkeit ersatzlos weggefallen ist, hat der Arbeitgeber dem betreffenden Arbeitnehmer möglichst einen gleichwertigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Ist ein solcher Arbeitsplatz indessen nicht vorhanden oder derzeit nicht frei, kommt es nicht darauf an, ob die Beschäftigung in dem anderen Bereich für den betreffenden Arbeitnehmer zumutbar ist oder nicht. Der Arbeitgeber kann in einem solchen Fall nicht mehr tun, als dem Arbeitnehmer die andere Beschäftigungsmöglichkeit anzubieten, die er hat (ErfK/ Ascheid, 4. Aufl., § 2 KSchG Rn. 53).

a) Der bisherige Arbeitsplatz des Klägers als Flugleiter existiert bei der Beklagten unstreitig nicht mehr. Vielmehr ist dieser Arbeitsplatz unstreitig durch den Teilbetriebsübergang nunmehr bei der Fa. H... A... GmbH angesiedelt.

b) Die Beklagte hatte auch nicht die Möglichkeit, dem Kläger einen gleichwertigen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte selbst unterhält keinen eigenen Flugbetrieb mehr, sodass sie unstreitig keinen anderen Flugleiter-Arbeitsplatz hatte und hat. Die Beklagte konnte dem Kläger mithin nur einen anderen, freien Arbeitsplatz anbieten. Nach ihrem nicht widerlegten Vortrag war nach Ablauf der Kündigungsfrist nur der dem Kläger angebotene wiederkehrend befristete Saisonvollzeitarbeitsplatz am Informationsschalter der Kurverwaltung frei. Sofern der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitplatz geltend macht, muss er nach der abgestuften Darlegungs- und Beweislast vortragen, wie er sich konkret eine anderweitige Beschäftigung vorstellt. Sodann ist es Sache des Arbeitgebers, hierauf konkret zu erwidern und darzulegen und ggf. zu beweisen, dass eine solche Beschäftigungsmöglichkeit nicht zur Verfügung steht (BAG, Urt. v. 17.09.1998 - 2 AZR 419/97 -, AP Nr. 18 zu § 626 BGB).

Vorliegend hat der Kläger indessen nicht einmal ansatzweise vorgetragen, in welchen konkreten Bereichen er sich einen Einsatz hätte vorstellen können. Vielmehr hat er völlig unsubstantiiert behauptet, die Beklagte habe mehrere Stellenausschreibungen geschaltet, die weit aus mehr seiner Qualifikation entsprochen hätten als der angebotene Arbeitspatz am Informationsschalter. Indessen hat der Kläger weder "Ross noch Reiter" genannt, sodass eine Überprüfung verfügbarer Arbeitsplätze der Beklagten nicht möglich war.

4. Die Kündigung war auch nicht gemäß §§ 2 Abs. 3, 85 SGB IX unwirksam. Nach diesen Vorschriften bedarf die Kündigung eines Schwerbehinderten oder eines einem Schwerbehinderten Gleichgestellten der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Unstreitig hat das zuständige Integrationsamt der streitgegenständlichen betriebsbedingten Änderungskündigung zugestimmt. Da die hiergegen vom Kläger eingelegten Rechtsmittel (Widerspruch und nachfolgend Klage) gemäß § 88 Abs. 4 SGB IX keine aufschiebende Wirkung haben, durfte die Beklagte das Arbeitsverhältnis gemäß §§ 85, 88 Abs. 3 SGB IX binnen eines Monats nach Zustellung des Zustimmungsbescheides kündigen.

Vorliegend besteht auch nicht die Verpflichtung, den Kündigungsrechtsstreit bis zum rechtskräftigen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Anfechtungsverfahrens auszusetzen. Gemäß § 148 ZPO kann das Gericht den Rechtsstreit u. a. aussetzen, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder teilweise von einem Rechtsverhältnis (hier: Wirksamkeit der vom Integrationsamt erteilten Zustimmung) abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet. Sofern in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren rechtskräftig festgestellt werden sollte, dass die Zustimmung zur Änderungskündigung seitens des Integrationsamtes rechtswidrig erteilt worden ist, wäre die hier streitgegenständliche Kündigung wegen fehlender (wirksamer) Zustimmung unwirksam. Vorgreiflichkeit i. S. v. § 148 ZPO liegt mithin vor. Aus dem Wortlaut des § 148 ZPO folgt indessen, dass bei Vorgreiflichkeit es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts steht, den Rechtsstreit auszusetzen oder zu entscheiden. Bei § 148 ZPO handelt es sich um eine Kann-Bestimmung, die das pflichtgemäße Ermessen indiziert. Es steht auch dann im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, ob es den von einem Schwerbehinderten anhängig gemachten Kündigungsschutzprozess gemäß § 148 ZPO aussetzt, solange über die Anfechtung der Zustimmung des Integrationsamtes zu der Kündigung noch nicht rechtskräftig entschieden ist, wenn es die Kündigung für sozial gerechtfertigt hält und die Kündigung auch nicht aus sonstigen Gründen nichtig ist (BAG, Urt. v. 26.09.1991 - 2 AZR 132/91 -, AP Nr. 28 zu § 1 KSchG 1969 'Krankheit'). Im Rahmen der Ermessensentscheidung sind die Möglichkeit der Unwirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamtes und der daraus resultierenden Möglichkeit der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Kündigung sowie der arbeitsgerichtliche Beschleunigungsgrundsatz bei Kündigungsschutzverfahren gegeneinander abzuwägen (LAG Köln, Urt. v. 13.04.1999 - 13 Sa 1548/98 -, zit. n. juris).

Vorliegend war dem Beschleunigungsgrundsatz der Vorzug einzuräumen. Zum einen hat zwischenzeitlich die Widerspruchsbehörde den Widerspruch des Klägers gegen den Zustimmungsbescheid zurückgewiesen, was zunächst einmal die Gewähr für die Rechtswirksamkeit der erteilten Zustimmung erhöht. Der Kläger hat in dem vorliegenden arbeitsgerichtlichen Verfahren auch keine über die rein arbeitsrechtliche Beurteilung des Kündigungssachverhalts hinausgehenden Umstände vorgetragen, aus denen sich die mögliche Unwirksamkeit der erteilten Zustimmung ergeben könnte. Des Weiteren handelt es sich vorliegend um eine betriebsbedingte Änderungskündigung aufgrund des unstreitigen Wegfalls des vorherigen Arbeitsplatzes des Klägers, wobei der Wegfall des Arbeitsplatzes (Teilbetriebsübergang) erkennbar nicht in einem Zusammenhang mit der Schwerbehinderung bzw. Gleichstellung des Klägers stand. Ein derartiger Zusammenhang wird vom Kläger auch nicht behauptet. Bei personenbedingten Kündigungen gegenüber einem Schwerbehinderten ist ein ursächlicher Zusammenhang mit der Schwerbehinderung, den das Integrationsamt im Rahmen des Zustimmungsverfahrens nach §§ 85 ff. SGB IX zu beachten hat, denkbar. Demgegenüber ist ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einer Schwerbehinderung und einer betriebsbedingten Kündigung wegen Wegfalls des Arbeitsplatzes aufgrund Teilbetriebsstilllegung oder widersprochenen Teilbetriebsübergangs eher unwahrscheinlich, sodass in diesen Fällen dem arbeitsgerichtlichen Beschleunigungsgrundsatz in der Regel Vorrang vor einer Aussetzung zu geben ist. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren keine konkreten Umstände vorträgt, die aufgrund summarischer Prüfung den Schluss rechtfertigen, dass seine verwaltungsgerichtliche Klage erfolgreich sein wird. Im vorliegenden Fall würde die Aussetzung des anhängigen Kündigungsschutzprozesses bis zum rechtskräftigen Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Instanzenzuges womöglich zu einer jahrelangen Rechtsunsicherheit im Hinblick auf die Rechtswirksamkeit der Änderungskündigung und der damit verbundenen Änderungen der Arbeitsbedingungen führen. Dies ist insbesondere der Beklagten nicht zumutbar, die für die Führung ihrer Verwaltung und für ihren Haushalt Planungssicherheit haben muss.

Sollte sich im Nachhinein durch rechtskräftige Stattgabe der Anfechtungsklage im verwaltungsgerichtlichen Verfahren herausstellen, dass die hier streitgegenständliche Änderungskündigung mangels wirksamer Zustimmung des Integrationsamtes nichtig ist, so wäre der Kläger durch das in diesem Verfahren getroffene Urteil nicht gleichsam rechtlos gestellt, sondern könnte Restitutionsklage gemäß § 580 ZPO erheben (BAG, Urt. v. 26.09.1991, a. a. O.).

5. Nach alledem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs. 2 ArbGG rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich.



Ende der Entscheidung

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