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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 23.01.2008
Aktenzeichen: 6 Sa 151/07
Rechtsgebiete: TVG, BetrVG, BGB


Vorschriften:

TVG § 4 Abs. 5
BetrVG § 77 Abs. 3
BetrVG § 87 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 612a
1. Die Sperre des § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG gilt nicht, wenn es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen. Die Einführung eines Arbeitszeitkontos, das einer Umverteilung der wöchentlichen Arbeitszeit Rechnung trägt, ist nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG grundsätzlich mitbestimmungspflichtig. Ist die Vergütung von Mehrarbeit tariflich geregelt, dürfen die Betriebspartner die Zahlung der Mehrarbeitszuschläge nicht ausschließen, auch nicht im Zuge der mitbestimmungspflichtigen Einführung eines Arbeitszeitkontos.

2. Gewährt der Arbeitgeber nur solchen Arbeitnehmern eine Lohnerhöhung, die zuvor einer Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich zugestimmt hatten, kann dies sachlich gerechtfertigt sein, wenn er damit allein Vergütungsunterschiede ausgleichen will.


Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 151/07

Verkündet am 23.01.2008

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 23.01.2008 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 01.02.2007 - 5 Ca 1202 d/06 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Überstundenzuschläge für den Monat April 2006 in Höhe von 74,40 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu zahlen. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Gewährung von Ausgleichstagen sowie um verschiedene Zahlungsansprüche.

Der am ...1946 geborene Kläger trat am 04.09.1972 erstmals in die Dienste der Beklagten. Dieses Eintrittsdatum findet sich in seinen Gehaltsabrechnungen. Das Arbeitsverhältnis war zwischen dem 23.10.1976 und dem 02.01.1978 unterbrochen. Im Jahr 1983 wurde der Kläger nach einer zum 31.08.1983 ausgesprochenen Kündigung am 21.11.1983 wieder eingestellt. Seither arbeitet er ohne weitere Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses als Gießereiarbeiter. Der Kläger ist seit 1985 Mitglied der IG Metall.

Die Beklage betreibt an ihrem Standort in H. mit rund 150 Arbeitnehmern ein Maschinenbauunternehmen. Sie schloss am 12.10.1995 mit der IG Metall einen Anerkennungstarifvertrag. Danach fanden die Tarifverträge für die Metallindustrie Hamburg/Schleswig-Holstein Anwendung. Die Beklagte kündigte den Anerkennungstarifvertrag zum 31.12.1997.

Der Manteltarifvertrag für die Metallindustrie in Hamburg und Schleswig-Holstein (MTV) in der Ende 1997 geltenden Fassung definierte Mehrarbeit als "angeordnete Überschreitung der individuellen regelmäßigen täglichen Arbeitszeit, die bis zum Arbeitsbeginn des darauf folgenden Tages abgefordert wird". In § 2 Ziff. 2.1 sah der MTV einen Mehrarbeitszuschlag für die beiden ersten Überstunden täglich in Höhe von 20 % vor. Gemäß § 16 Ziff. 1.1 MTV sind Ansprüche auf Zuschläge aller Art innerhalb von vier Wochen nach Aushändigung oder Zusendung der Entgeltabrechnung, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen, schriftlich geltend zu machen. Nach Ablauf dieser Fristen ist eine Geltendmachung von Ansprüchen ausgeschlossen, § 16 Ziff. 1.2 MTV.

Die Beklagte zahlte dem Kläger im streitbefangenen Zeitraum (ab Mai 2004) einen monatlichen Festlohn in Höhe von 2.826,76 EUR brutto. Bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 35 Stunden ergibt sich somit ein Bruttostundenlohn in Höhe von 18,59 EUR.

Mit Datum 19.11.1999 schloss die Beklagte mit ihrem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zur Einführung eines Zeitkontos. Danach wurde "ein Zeitkonto von Minus 70 Stunden und Plus 105 Stunden vereinbart zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen". Zum Pluskonto heißt es in der Betriebsvereinbarung:

"Der Mitarbeiter leistet die 105 Stunden ohne Überstundenprozente. Der Abteilungsleiter ist verpflichtet, dem Mitarbeiter dafür Freizeit zu gewähren, wenn betriebliche Belange dies ermöglichen. Es sollte nach Möglichkeit auf die Interessen des Mitarbeiters Rücksicht genommen werden. Angefallene Mehrarbeitsstunden werden bei der Freizeitgewährung mit dem durchschnittlichen Verdienst der letzten drei Monate vergütet, wobei immer von der üblichen täglichen Arbeitszeit auszugehen ist."

Es wurde vereinbart, dass die Betriebsvereinbarung bis zum 31.12.1999 gültig ist. Wegen ihres weiteren Inhalts wird auf die Anlage B1 (Bl. 23 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 07.01.2004 an alle Mitarbeiter und bat um schriftliche Zustimmung zu einer Verlängerung der wöchentlichen Arbeitszeit um 3 Stunden ohne Lohnausgleich. In dem Schreiben heißt es:

"Wenn Sie diese Arbeitsvertragsänderung unterschreiben, erhalten Sie

1. die Gratifikation 2003 gemäß Aushang mit der nächsten Abrechnung

2. in 2004 das vertragliche Urlaubsgeld

3. ab 01.05.2004 eine Lohn-/Gehaltserhöhung von 2 %".

Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf die Anlage B 5 (Bl. 27 d. A.) verwiesen.

Der Kläger willigte in die angesonnene Arbeitsvertragsänderung nicht ein. Außer ihm lehnten drei weitere Arbeitnehmer die Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich ab. Die anderen 110 seinerzeit bei der Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer stimmten der Arbeitsvertragsänderung zu.

Mit Aushängen vom 30.04.2005 und 31.03.2006 kündigte die Beklagte eine 2prozentige Gehaltserhöhung für die Mitarbeiter an, die "freiwillig mit der Geschäftsleitung die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um drei Stunden ohne Lohnausgleich vereinbart hatten" (vgl. Anl. B 3 u. 4 = Bl. 25 f. d. A.).

Die Beklagte gewährte in den Jahren 2004 bis 2006 jeweils zum 01.05. Lohnerhöhungen von 2 %, allerdings nur den Mitarbeitern, die im Jahr 2004 der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich zugestimmt hatten.

Gemäß der Betriebsvereinbarung für die Abteilung Gießerei (Rotation) vom 28.02.2006 (Anl. K2 = Bl. 14 d. A.) haben sich die Gießereimitarbeiter bereiterklärt, eine freiwillige Schicht am Samstag abzuleisten. Auszugsweise hat die Betriebsvereinbarung folgenden Wortlaut:

"...

1. Die Gießereimitarbeiter erklären sich bereit, die produktionsbedingte Mehrarbeit in einer freiwilligen Schicht am Samstag von 06.00 bis 13.00 Uhr abzuleisten.

2. Die persönliche Wochenarbeitszeit der einzelnen Gießerei-Mitarbeiter ändert sich nicht und soll auf 5 Werktage verteilt werden.

3. Für die geleisteten Arbeitsstunden an den Samstagen wird ein Freizeitausgleich innerhalb der Woche (Mo. - Fr.) gewährt. Dieser Freizeitausgleich sollte innerhalb von 6 Wochen, unter Berücksichtigung betrieblicher Bedürfnisse, erfolgen.

...

5. Für die produktionsbedingte Mehrarbeit am Samstag wird freiwillig eine Samstagszulage von EUR 10,00 pro Tag gewährt.

6. Jeder Arbeitnehmer kann den Antrag stellen, sich seine geleisteten Überstunden mit der Lohnabrechnung auszahlen zu lassen.

..."

Die Beklagte zahlte an den Kläger in den Monaten Dezember 2005 sowie Januar und Februar 2006 jeweils 15 Stunden und in den beiden folgenden Monaten jeweils 20 Stunden seines Zeitguthabens aus. Im Mai 2006 zahlte sie an ihn weitere 80,81 Stunden des Guthabens aus. Bei den Auszahlungen legte die Beklagte jeweils den Stundenlohn von 18,59 EUR brutto zugrunde. Zuschläge zahlte sie nicht.

Der Kläger hat gemeint, er habe Anspruch auf einen Überstundenzuschlag in Höhe von 20 % für jede geleistete Überstunde. Im April 2005 sei ihm ein solcher Zuschlag gezahlt worden. Weder durch die Betriebsvereinbarung vom 19.11.1999 noch durch eine etwaige betriebliche Übung könne in seine tarifliche Rechtsposition eingegriffen werden. Der Kläger hat behauptet, er habe an 15 Samstagen gearbeitet und deshalb Anspruch auf 15 bezahlte Ausgleichstage. Er hat gemeint, er sei zu Unrecht von den Lohnerhöhungen in den Jahren 2004 bis 2006 ausgenommen worden. Die Ungleichbehandlung sei nicht gerechtfertigt und stelle zudem eine unzulässige Maßregelung dar. Schließlich hat der Kläger Zahlung eines Jubiläumsgeldes in Höhe eines Festlohns für seine über 20-jährige Betriebszugehörigkeit geltend gemacht. Durch die Aufnahme des Eintrittsdatums "04.09.1972" in die Verdienstabrechnungen habe die Beklagte dieses als richtig anerkannt. Der Kläger hat mit Schreiben vom 10.05.2006 u. a. die Überstundenzuschläge in Höhe von 20 % auf die Auszahlungen seines Zeitguthabens in den Monaten Dezember 2005 bis April 2006 geltend gemacht.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger noch ausstehende Überstundenzuschläge für den Zeitraum Dezember 2005 bis Mai 2006 in Höhe von insgesamt 614,47 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 15 bezahlte freie Ausgleichstage für 15 im Jahr 2006 gearbeitete Samstage zu gewähren,

3. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 678,36 EUR brutto innerbetriebliche Lohnerhöhung für den Zeitraum 01.05.04 bis 30.04.05 sowie weitere 690,36 EUR brutto tarifliche Lohnerhöhung für den Zeitraum 01.05.05 bis 30.04.06 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 173,02 EUR brutto innerbetriebliche Lohnerhöhung für den Monat Mai 2006 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

5. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ab 01.06.2006 einen monatlichen Festlohn von 2.999,78 EUR brutto zu zahlen, hilfsweise festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger ab dem 01.06.2006 einen monatlichen Festlohn von 2.999,78 EUR brutto zu zahlen

6. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Jubiläumsgeld in Höhe von 2.826,76 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, durch die Betriebsvereinbarung vom 19.11.1999 sei der nachwirkende Anerkennungstarifvertrag hinsichtlich der Überstundenzuschläge abgelöst worden. Die Betriebsvereinbarung wirke nach. Weil stets ihr gemäß verfahren worden sei, schließe auch die entstandene betriebliche Übung den Anspruch auf Überstundenzuschläge aus. In der Vergangenheit seien Zuschläge nur für reine Gießzeiten und gemäß betrieblicher Absprache gezahlt worden. Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger im Jahr 2006 an 15 Samstagen gearbeitet hat. Vielmehr sei er nur an 11 Samstagen tätig gewesen, für die ihm Freizeitausgleich gewährt worden sei.

Bei den Lohnerhöhungen habe es sich um eine Gegenleistung für die Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich gehandelt. Der Kläger sei mit den Mitarbeitern, die die Arbeitszeitverlängerung akzeptiert haben, nicht vergleichbar. Die Beklagte hat behauptet, sie gewähre ihren Mitarbeitern ein Jubiläumsgeld erst nach ununterbrochener 25-jähriger Betriebszugehörigkeit. Deshalb stehe dem Kläger ein diesbezüglicher Anspruch noch nicht zu. Schließlich hat sich die Beklagte auf die Ausschlussfristen gem. § 16 MTV berufen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Den Ansprüchen auf Zahlung von Überstundenzuschlägen stünde die Betriebsvereinbarung vom 19.11.1999 über die Einführung eines Zeitkontos entgegen. Bezahlte Ausgleichstage für im Jahr 2006 gearbeitete Samstage könne der Kläger nicht verlangen, weil er dem Vortrag der Beklagten, er habe lediglich an 11 Samstagen gearbeitet, wofür ihm ein Ausgleich gewährt worden sei, nicht substantiiert entgegengetreten sei. Anspruch auf Lohnerhöhung habe der Kläger nicht. Die Lohnerhöhung sei denjenigen Mitarbeitern vorbehalten, die einvernehmlich mit der Beklagten einen Änderungsvertrag geschlossen haben. Die Voraussetzungen für die Zahlung des Jubiläumsgeldes habe der Kläger nicht dargetan.

Gegen dieses ihm am 15.03.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 04.04.2007 Berufung eingelegt und diese am 14.05.2007 begründet.

Im zweiten Rechtszug verfolgt der Kläger alle Klagansprüche weiter und trägt vor, die Betriebsvereinbarung vom 19.11.1999 habe die tariflichen Ansprüche auf Überstundenzuschläge nicht verdrängt, denn durch Betriebsvereinbarungen könne nicht in tarifliche Rechte eingegriffen werden. Die Vereinbarung verstoße gegen § 77 Abs. 3 BetrVG. Die Ansprüche seien auch nicht verfallen, weil sie durch das Einstellen in das Arbeitszeitkonto gewährt und gewahrt worden seien. Überstundenzuschläge seien auch in der Vergangenheit vereinzelt gezahlt worden.

Der Kläger behauptet, seit Beginn des Jahres 2006 ununterbrochen jeden Samstag gearbeitet zu haben, insgesamt an 15 Samstagen. Weil ihm ein Festlohn gezahlt werde, müsse die Samstagsarbeit als Mehrarbeit zusätzlich vergütet werden. Außer den 10,00 EUR für jeden Samstag habe er keine Vergütung für die Samstagsarbeit erhalten.

Die Beklagte mache durch ihren Hinweis, dass der Kläger nicht bereit gewesen sei, freiwillig eine Verschlechterung seiner Vertragsbedingungen hinzunehmen und deshalb von den Lohnerhöhungen ausgenommen worden sei, deutlich, dass es sich um eine Maßregelung handele. Daher könne sich die Beklagte auch nicht auf die Ausschlussfrist berufen.

Der Kläger meint, die Unterbrechungen seines Arbeitsverhältnisses seien unschädlich, weil die Beklagte in den Abrechnungen den "04.09.1972" als Eintrittsdatum bescheinigt habe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 01.02.2007, Az. 5 Ca 1202 d/06, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger noch ausstehende Überstundenzuschläge für den Zeitraum Dezember 2005 bis Mai 2006 in Höhe von insgesamt 614,47 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen sowie im Weiteren die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 15 bezahlte freie Ausgleichstage für 15 im Jahr 2006 gearbeitete Samstage zu gewähren, weiter die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 678,36 EUR brutto innerbetriebliche Lohnerhöhung für den Zeitraum 01.05.2004 bis 30.04.2005 sowie weitere 690,36 EUR brutto tarifliche Lohnerhöhung für den Zeitraum 01.05.2005 bis 30.04.2006 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen sowie die Beklagte weiter zu verurteilen, an den Kläger 173,02 EUR brutto innerbetriebliche Lohnerhöhung für den Monat Mai 2006 zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen, weiter festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 01.06.2006 einen monatlichen Festlohn von 2.999,78 EUR brutto zu zahlen, sowie die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger ein Jubiläumsgeld in Höhe von 2.826,76 EUR brutto zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Entscheidung des Arbeitsgerichts und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie meint, der vom Kläger angenommene Verstoß gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG liege nicht vor, weil die Betriebsvereinbarung sich mit der Einführung eines Arbeitszeitkontos befasse. Im Übrigen sei mit einem Folgetarifvertrag (Anerkennungstarifvertrag) nicht zu rechnen.

Durch die Samstagsarbeit erhöhe sich die wöchentliche Arbeitszeit nicht, sondern verteile sich auf verschiedene Werktage. Die Samstagsarbeit habe nicht einen weiteren bezahlten Freizeittag zur Folge. Die Betriebsvereinbarung stelle sicher, dass derjenige Arbeitnehmer, der am Samstag arbeite, an einem anderen Tag Freizeit zur Erholung erhalte.

Indem der Kläger die Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich verweigert habe, habe er bewusst und gewollt auf zukünftige freiwillige Lohnerhöhungen verzichtet.

Die Beklagte meint, durch Angabe des Eintrittsdatums "04.09.1972" in den Gehaltsabrechnungen werde dem Kläger keine ununterbrochene Betriebszugehörigkeit bestätigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens im Berufungsrechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereitend gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist der Beschwer nach statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 64 Abs. 2 b; 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

In der Sache hat sie jedoch nur zu einem geringen Teil Erfolg.

1. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Überstundenzuschlägen für 20 im Monat April 2006 vergütete Überstunden. Dagegen sind seine Ansprüche auf Überstundenzuschläge für in den Monaten Dezember 2005 sowie Januar bis März 2006 und Mai 2006 vergütete Mehrarbeit gemäß § 16 MTV verfallen. Im Einzelnen:

a) Die Beklagte hat dem Kläger mit der Vergütung für den Monat April 2006 20 Stunden seines Zeitguthabens ausgezahlt. Dafür hat sie einen Stundensatz von 18,59 EUR brutto zugrunde gelegt. Zuschläge hat sie dem Kläger nicht gezahlt. All das ergibt sich aus der Abrechnung für den Monat April 2006 (Anlage K1 - Bl. 8 d. A.).

b) Die Beklagte ist jedoch gemäß § 7 Ziff. 2 MTV verpflichtet, dem Kläger einen Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 20 % zu zahlen. Bei 20 Stunden und einem Brutto-Stundenlohn in Höhe von 18,59 EUR ergibt dies - insoweit unstreitig - einen Mehrarbeitszuschlag in Höhe von 74,40 EUR brutto.

aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten findet der MTV auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Aufgrund des Anerkennungstarifvertrags vom 12.10.1995 galten die Tarifverträge der Metallindustrie Hamburg/Schleswig-Holstein bei der Beklagten. Der Kläger war als Mitglied der IG Metall tarifgebunden, die Beklagte als Partei des Tarifvertrags (§ 3 Abs. 1 TVG). Die Tarifgebundenheit endete aufgrund Kündigung des Anerkennungstarifvertrags mit Ablauf des 31.12.1997, § 3 Abs. 3 TVG. Ab dem 01.01.1998 wirkte der Anerkennungstarifvertrag jedoch nach, § 4 Abs. 5 TVG. Damit galten die Tarifverträge der Metallindustrie Hamburg/Schleswig-Holstein weiter. Zu diesen Tarifverträgen gehört auch der MTV.

bb) Soweit die Betriebsvereinbarung vom 19.11.1999 zur Einführung eines Zeitkontos bestimmt, dass der Mitarbeiter "die 105 Stunden ohne Überstundenprozente" leistet, verstößt die Betriebsvereinbarung gegen den in § 77 Abs. 3 Satz 1 BetrVG verankerten Tarifvorrang. Gemäß dieser Vorschrift können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen, die durch Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise geregelt werden, nicht Gegenstand einer Betriebsvereinbarung sein. Die Vorschrift gewährleistet die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie. Dazu räumt sie den Tarifvertragsparteien den Vorrang zur Regelung von Arbeitsbedingungen ein. Diese Befugnis soll nicht durch ergänzende oder abweichende Regelungen der Betriebspartner ausgehöhlt werden (BAG 09.12.2003 - 1 ABR 52/02 - EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 6 m. w. N.). Eine gegen die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG verstoßende Betriebsvereinbarung ist - schwebend oder endgültig - unwirksam, wenn auch nicht nichtig.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gilt die Sperre des § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG allerdings dann nicht, wenn es um Angelegenheiten geht, die nach § 87 Abs. 1 BetrVG der erzwingbaren Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen (BAG GS 03.12.1991 - GS 2/90 - BAGE 69, 134). Diese ist aber nach § 87 Abs. 1 Eingangssatz BetrVG dann ausgeschlossen, wenn ein Gesetz oder ein Tarifvertrag, an den zumindest der Arbeitgeber gebunden ist, die mitbestimmungspflichtige Angelegenheit abschließend und zwingend regelt und damit schon selbst den Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts genügt (BAG GS 03.12.1991, a.a.O.).

Gemessen hieran ist die Regelung in der Betriebsvereinbarung zur Einführung des Zeitkontos, soweit sie sich zu den Überstundenzuschlägen verhält, nach § 77 Abs. 3 S. 1 BetrVG unwirksam. Dabei wird nicht übersehen, dass die Einführung eines Arbeitszeitkontos an sich eine nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG grundsätzlich mitbestimmungspflichtige Angelegenheit ist. Das nach dieser Vorschrift dem Betriebsrat zustehende Mitbestimmungsrecht besteht auch und gerade bei der Einführung und Ausgestaltung variabler Arbeitszeitmodelle (BAG 09.12.2003, a.a.O.). Dies gilt aber nicht in gleichem Maße für die Vergütung von Mehrarbeit. Die Frage, ob für Mehrarbeit Zuschläge gezahlt werden, betrifft keine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit. Es geht um zusätzliche Vergütung. Dieser Regelungsgegenstand war und ist durch den MTV geregelt. Die Betriebspartner durften also grundsätzlich ein Arbeitszeitkonto einführen; es stand ihnen aber nicht zu, im Zuge dessen die tarifvertraglich vorgesehenen Zuschläge für Mehrarbeit auszuschließen. Vor diesem Hintergrund kann die Argumentation der Beklagten nicht überzeugen, der nachwirkende Tarifvertrag sei durch die Betriebsvereinbarung vom 19.11.1999 abgelöst worden. Soweit ein Tarifvertrag Arbeitsentgelt und sonstige Arbeitsbedingungen geregelt hat oder üblicherweise regelt, entfaltet dieser Tarifvertrag weiterhin Sperrwirkung und schließt damit eine Betriebsvereinbarung, die die Rechtsgrenzen des § 77 Abs. 3 BetrVG nicht wahrt, aus. Dies gilt auch im Nachwirkungsstadium (vgl. Erfurter Kommentar/Franzen, 8. Aufl., § 4 TVG Rn. 62).

c) Mit seinem Anspruchsschreiben vom 10.05.2006 hat der Kläger die Ausschlussfrist gemäß § 16 MTV nur für die Überstundenzuschläge für den Monat April 2006 gewahrt. Nach § 16 Ziff. 1 des nachwirkenden MTV ist die Geltendmachung von Ansprüchen auf Zuschläge aller Art ausgeschlossen, wenn sie nicht schriftlich innerhalb von vier Wochen nach Aushändigung oder Zusendung der Entgeltabrechnung, bei der sie hätten abgerechnet werden müssen, erfolgt.

Die Lohnabrechnungen wurden dem Kläger jedenfalls in der ersten auf den Abrechnungsmonat folgenden Woche ausgehändigt. Das hat er in der mündlichen Verhandlung am 17.10.2007 eingeräumt. Für die im Monat März 2006 abgerechneten Mehrarbeitsstunden hätte danach spätestens fünf Wochen nach dem 31.03.2006 die schriftliche Geltendmachung erfolgen müssen. Diese Frist hat das Geltendmachungsschreiben vom 10.05.2006 nicht wahren können. Mit ihm sind allein die Zuschläge für die im Monat April 2006 abgerechneten Mehrarbeitsstunden fristgerecht geltend gemacht worden, nicht jedoch die für die in den Vormonaten abgerechneten Stunden.

Die Zuschläge für die mit der Abrechnung für den Monat Mai 2006 ausgezahlten Mehrarbeitsstunden hat der Kläger erstmals mit der streitgegenständlichen Klage geltend gemacht. Diese ist der Beklagten am 12.07.2006 und damit außerhalb der Ausschlussfrist zugestellt worden.

d) Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Zinsen sind ab Rechtshängigkeit zu zahlen, somit ab dem 12.07.2006.

2. Der Kläger kann von der Beklagten nicht verlangen, dass ihm 15 bezahlte Ausgleichstage für Samstagsarbeit im Jahr 2006 gewährt werden.

a) Die Klage auf (zukünftige) Gewährung von 15 Ausgleichstagen ist zulässig. Ein Leistungszeitraum braucht nicht genannt werden (vgl. BAG 22.10.1991 - 9 AZR 373/90; 25.08.1992 - 9 AZR 347/91 - für Zusatzurlaub).

b) Entgegen der vom Kläger vertretenen Ansicht ergibt sich ein Anspruch auf bezahlte Ausgleichstage nicht aus Ziff. 3 S. 1 der Betriebsvereinbarung vom 28.02.2006. Das ergibt die Auslegung der Betriebsvereinbarung. Wegen des normativen Charakters der Betriebsvereinbarung folgt die Auslegung den für die Gesetzesauslegung geltenden Regeln. Auszugehen ist deshalb zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Über den reinen Wortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Betriebsparteien zu berücksichtigen, soweit er in den Vorschriften Niederschlag gefunden hat.

In Ziffer 3 der Vereinbarung heißt es "Für die geleisteten Arbeitsstunden an den Samstagen wird ein Freizeitausgleich innerhalb der Woche (Montag bis Freitag) gewährt". Damit regelt die Betriebsvereinbarung eine Verlagerung der Arbeitszeit. Bei Samstagsarbeit wird ein freier Tag in der Woche gewährt, ohne dass sich die persönliche Wochenarbeitszeit oder die Verteilung dieser Arbeitszeit auf fünf Werktage ändert. Das macht Ziff. 2 der Betriebsvereinbarung deutlich, indem formuliert wird: "Die persönliche Wochenarbeitszeit der einzelnen Gießerei-Mitarbeiter ändert sich nicht und soll auf fünf Werktage verteilt werden". Die Verlagerung der Arbeitszeit hat auch keine Auswirkungen auf die Vergütung. Die Gießerei-Mitarbeiter, also auch der Kläger, erhalten ihren monatlichen Festlohn. Als Zuschlag für die Samstag-Schicht sieht die Betriebsvereinbarung in Ziff. 5 nur eine Zulage in Höhe von 10 EUR pro Tag vor. Es verhält sich also so, dass der Kläger seinen Festlohn sowie eine Samstagszulage in Höhe von 10 EUR erhält, wenn er in einem Monat jeweils von Montag bis Freitag und zusätzlich an einem Samstag arbeitet. Wird ihm im folgenden Monat an einem Wochentag Freizeitausgleich gewährt und arbeitet er an den übrigen Wochentagen (Montag bis Freitag), so erhält er auch für diesen Monat seinen Festlohn. Darüber hinaus kann er keine weitere Bezahlung für den Ausgleichstag verlangen, denn er erhält sein Festgehalt auch dann, wenn er den Ausgleichstag nimmt. Eine Gehaltskürzung findet nicht statt. Der Betriebsvereinbarung lässt sich daher weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Sinn und Zweck ein Anspruch auf zusätzliche Vergütung des bereits mit dem Festlohn vergüteten Ausgleichstages entnehmen.

Für die 11 Tage, an denen der Kläger im Jahr 2006 unstreitig Samstagarbeit geleistet hat, ist ihm Freizeitausgleich gewährt worden, nämlich am 03.03., 26.05., 06.07. und 14.07. sowie zwischen dem 24. und 28.07. und ferner am 09. und 10.08.2006. Diesem Vortrag der Beklagten zum Freizeitausgleich ist der Kläger nicht substantiiert entgegengetreten. Ebenso wenig hat er auf den Vortrag der Beklagten zu den im Einzelnen genannten Samstagen, für die eine Arbeitsleistung bestätigt worden ist, konkret erwidert. Er hätte vortragen müssen, an welchen Samstagen er tatsächlich gearbeitet hat. Die nicht weiter spezifizierte Behauptung, nach seinen Berechnungen habe es sich um 15 Tage gehandelt, ist nicht einlassungsfähig. Sie wird es auch nicht durch den Hinweis des Klägers, er habe seit Beginn des Jahres 2006 ununterbrochen jeden Samstag gearbeitet. Denn diese Behauptung steht nicht im Einklang mit seinem weiteren Vortrag, aus den Verdienstabrechnungen für die Monate Januar bis August 2006 ergebe sich, dass er mindestens an 13 Samstagen gearbeitet hat. Hinzu kommt, dass in den hier streitgegenständlichen Monaten von Januar bis Mai 2006 mehr als 15 Samstage lagen und zudem in den Verdienstabrechnungen für diesen Zeitraum nur für sechs Samstage Zuschlag gezahlt worden ist (vgl. Bl. 7 - 9). Insoweit lässt sich nicht feststellen, an welchen Samstagen der Kläger tatsächlich gearbeitet haben will.

3. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erhöhung seines Gehalts um jeweils 2 % für die Jahre 2004 bis 2006.

a) Der Kläger kann sein Begehren nicht auf den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz stützen.

aa) Der Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gegebenen Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet er nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbilldung (BAG 31.08.2005 - 5 AZR 517/04 - AP BGB § 613a Nr. 288). Die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes setzt eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers voraus. Im Bereich der Vergütung findet der Grundsatz Anwendung, wenn Arbeitsentgelte durch eine betriebliche Einheitsregelung generell angehoben werden und der Arbeitgeber die Leistungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip gewährt, wenn er bestimmte Voraussetzungen oder einen bestimmten Zweck festlegt (BAG 27.07.1988 - 5 AZR 244/87 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 83). Dem Arbeitgeber ist es verwehrt, einzelne Arbeitnehmer oder Gruppen von ihnen aus unsachlichen oder sachfremden Gründen von einer Erhöhung der Arbeitsentgelte auszuschließen. Nach dem mit der Gehaltserhöhung verfolgten Zweck ist zu beurteilen, ob der von ihr ausgeschlossene Personenkreis zu Recht ausgenommen wird (BAG 17.05.1978 - 5 AZR 132/77 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 42; 14.03.2007 - 5 AZR 420/06 - ). Steht eine Gruppenbildung fest, hat der Arbeitgeber die Gründe für die Differenzierung offen zu legen und so substantiiert darzutun, dass die Beurteilung möglich ist, ob die Gruppenbildung sachlichen Kriterien entspricht. Sind die Unterscheidungsmerkmale nicht ohne Weiteres erkennbar und legt der Arbeitgeber seine Differenzierungsgesichtspunkte nicht dar oder ist die unterschiedliche Behandlung nach dem Zweck der Leistung nicht gerechtfertigt, kann die benachteiligte Arbeitnehmergruppe verlangen, nach Maßgabe der begünstigten Arbeitnehmergruppe behandelt zu werden (BAG 14.03.2007, a.a.O.).

bb) Der Ausschluss des Klägers von den Gehaltserhöhungen in den Jahren 2004 bis 2006 war gemessen an diesen Rechtsgrundsätzen sachlich gerechtfertigt.

(1) Die Beklagte hat die Gehälter, Grundlöhne und Ausbildungsvergütungen nach einem bestimmten erkennbaren und generalisierenden Prinzip angehoben. Sie hat die Vergütungen der Mitarbeiter, die freiwillig mit der Geschäftsleitung die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit um drei Stunden ohne Lohnausgleich vereinbart hatten, jeweils zum 01.05. der im Streit befindlichen Jahre um 2 % erhöht. Damit hat die Beklagte zwei Gruppen gebildet. Sie hat entschieden, denjenigen Mitarbeitern, die der Arbeitszeiterhöhung ohne Lohnausgleich zugestimmt hatten, Leistungen zu gewähren, den übrigen vier Arbeitnehmern - darunter der Kläger - dagegen nicht. Der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz findet somit Anwendung, denn die Beklagte nimmt eine bestimmte Arbeitnehmergruppe von den freiwillig gewährten Vergütungserhöhungen aus.

(2) Im vorliegenden Fall rechtfertigt der Ausgleich von Vergütungsnachteilen der Gruppe der Mitarbeiter, die einer Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit ohne Lohnausgleich zugestimmt hatten, eine Ungleichbehandlung bei der Vergütungserhöhung.

Der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden (Urt. v. 14.03.2007, a.a.O.), dass ein sachlicher Grund für eine Differenzierung in der Anpassung unterschiedlicher Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft und der durch § 613a Abs. 1 S. 2 BGB begünstigten Arbeitnehmer liegen kann. In dem zugrundeliegenden Fall hatte der Kläger, dessen Arbeitsverhältnis im Wege des Betriebsübergangs übergegangen war, eine ihm angebotene Angleichung des Arbeitsvertrags abgelehnt. Vor diesem Hintergrund hat der Senat entschieden, dass die Herstellung einheitlicher Arbeitsbedingungen durch den Ausgleich von Nachteilen eine differenzierende Behandlung der verschiedenen Gruppen rechtfertigen kann. Eine Angleichung ist danach selbst dann legitim, wenn sie durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht zwingend gefordert wird.

Auch wenn es im vorliegenden Fall nicht um die Angleichung der Arbeitsbedingungen der Stammbelegschaft einerseits und einer übernommenen Belegschaft andererseits geht, lässt sich der die Angleichung rechtfertigende Gedanke, dass unterschiedliche Arbeitsbedingungen im Betrieb zu Problemen führen und die Zusammenarbeit erschweren können, übertragen. Die Nivellierung von als ungerecht empfundenen Besserstellungen beugt Neid und Missgunst innerhalb der Belegschaft vor. Ungleiche Arbeitsbedingungen, insbesondere im Entgeltbereich, demotivieren dagegen die schlechter gestellten Mitarbeiter und üben auf den Arbeitgeber einen Rechtfertigungsdruck aus. Die Herstellung von Entgeltgerechtigkeit kann daher durchaus ein sachlicher Grund für eine Ungleichbehandlung sein. Das gilt bei freiwilligen Leistungen des Arbeitgebers jedenfalls dann, wenn ihre Erbringung an keine weiteren Voraussetzungen gebunden ist als an das unterschiedliche Entgelt (vgl. BAG 26.09.2007 - 10 AZR 569/06 - DB 2007, 2778 - zum Ausgleich von Vergütungsnachteilen durch Sonderleistungen).

Vor diesem Hintergrund bezweckte die Beklagte mit ihrer Beschränkung der Vergütungserhöhungen auf die Arbeitnehmer, die der Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich zugestimmt hatten, einen Ausgleich gegenüber den Arbeitnehmern, die kein entsprechendes Opfer erbracht hatten und deshalb ihrer Ansicht nach in finanzieller Hinsicht bevorzugt waren. Die angenommene Besserstellung bestand tatsächlich und rechtfertigte die Differenzierung. Der Stundenlohn des Klägers betrug unter Zugrundelegung seines Festgehalts in Höhe von 2.826,76 EUR brutto und einer 35-Stundenwoche 18,59 EUR brutto. Demgegenüber betrug der Stundenlohn von Mitarbeitern mit einem entsprechenden Festgehalt bei einer 38-Stundenwoche 17,13 EUR brutto. Durch die Anhebung der Vergütung in den Jahren 2004, 2005 und 2006 um jeweils 2 % stieg der Stundenlohn von 17,13 EUR brutto auf 18,18 EUR. Damit ist die finanzielle Bevorzugung des Klägers durch die Gehaltserhöhungen zugunsten der Arbeitnehmer, die einer Arbeitszeitverlängerung ohne Lohnausgleich und damit einer Entgeltreduzierung bezogen auf ihren Stundenlohn zugestimmt hatten, noch nicht einmal ausgeglichen.

b) Die vom Kläger geltend gemachte Verletzung des Maßregelungsverbotes des § 612 a BGB liegt nicht vor.

aa) Gemäß § 612 a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme nicht benachteiligen, weil der Arbeitnehmer in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Eine Benachteiligung im Sinne von § 612 a BGB setzt nicht notwendig voraus, dass sich die Situation des Arbeitnehmers gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert. Das Maßregelungsverbot kann auch verletzt sein, wenn dem Arbeitnehmer Vorteile vorenthalten werden, die der Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gewährt, weil sie ihre Rechte nicht ausgeübt haben (BAG, 31.05.2005 - 1 AZR 254/04 - AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 175). Das Verbot ist aber nur dann verletzt, wenn zwischen der Benachteiligung und der Rechtsausübung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Die zulässige Rechtsausübung muss der tragende Grund, d. h. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme sein.

Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG 25.05.2004 - 3 AZR 15/03 - AP BetrAVG § 1 b Nr. 5; 12.06.2002 - 10 AZR 340/01 - BAGE 101, 312; 14.03.2007 - 5 AZR 420/06 - ).

bb) Gemessen an diesen Grundsätzen liegt kein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot vor. Die Beklagte hat im Berufungstermin nochmals deutlich gemacht, dass sie die ihrer Ansicht nach besser gestellten Arbeitnehmer nicht in gleicher Weise begünstigen wollte, wie die Arbeitnehmer, die sich mit einer Vertragsänderung einverstanden erklärt hatten. Deren Nachteile wollte sie schrittweise ausgleichen. Demnach hat die Beklagte nicht an die zulässige Ablehnung der Vertragsänderung angeknüpft, sondern an die als ungerecht empfundene Vergütungssituation. Diese Einschätzung war, wie die Ausführungen unter 3) a) zeigen, durchaus gerechtfertigt.

4. Der Kläger kann nicht verlangen, dass die von ihm begehrte monatliche Festlohnhöhe von 2.999,78 EUR brutto als für die Beklagte verpflichtend festgestellt wird. Wie unter 3. ausgeführt, hat er keinen Anspruch auf Lohnerhöhung für die Jahre 2004 bis 2006.

5. Schließlich kann der Kläger von der Beklagten zum jetzigen Zeitpunkt nicht Zahlung eines Jubiläumsgeldes in Höhe eines monatlichen Festlohns von 2.826,76 EUR brutto verlangen. Die Beklagte hat im Berufungstermin am 23.01.2008 nochmals betont, dass Voraussetzung für die Gewährung des Jubiläumsgeldes eine 25-jährige ununterbrochene Betriebszugehörigkeit ist. Demgegenüber hat der Kläger nicht dargelegt, dass dieser Anspruch schon nach 20-jähriger Betriebszugehörigkeit besteht und aus welcher Vereinbarung oder Zusage sich das ergeben soll. Der Kläger, der nach allgemeinen Grundsätzen für die für ihn günstigen Tatsachen darlegungs- und beweispflichtig ist, hat auch nicht vorgetragen, aufgrund welcher sonstigen Umstände er von einer Anspruchsvoraussetzung "20-jähriger Bestand des Arbeitsverhältnisses" ausgeht. Er hat insbesondere keine Fälle benannt, in denen Arbeitnehmer von der Beklagten bereits nach 20 Jahren entsprechende Jubiläumszahlungen erhalten haben. Auch hat er nicht geschildert, wann eine entsprechende Zusage gemacht worden sein soll. Demnach ist davon auszugehen, dass Anspruchsvoraussetzung für das Jubiläumsgeld eine 25-jährige ununterbrochene Betriebszugehörigkeit ist.

Der Kläger erfüllt diese Voraussetzung noch nicht. Zwar trat er erstmals im Jahr 1972 in die Dienste der Beklagten. Unstreitig war das Arbeitsverhältnis in der Folgezeit aber zweimal unterbrochen. Zuletzt war der Kläger am 21.11.1983 eingestellt worden. Seither war er durchgängig bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte muss die vor der letzten Unterbrechung zurückgelegten Betriebszugehörigkeitszeiten nicht bei der Gewährung des Jubiläumsgeldes berücksichtigen. Derjenige, der eine freiwillige Leistung gewährt, kann bestimmen, unter welchen Voraussetzungen die Leistung erbracht wird. Demnach kann der ununterbrochene Bestand des Arbeitsverhältnisses zur Anspruchsvoraussetzung erhoben werden. Vor dem Hintergrund, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unstreitig zweimal unterbrochen war, führt die Angabe des Ersteintrittsdatums "04.09.1972" in den Verdienstabrechnungen zu keiner anderen Beurteilung. Eine durchgehende Betriebszugehörigkeit wird damit nicht anerkannt.

6. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 2 Ziff. 1 ZPO.

Zur Zulassung der Revision sieht die Kammer keinen Anlass. Es handelt sich um eine am Einzelfall orientierte Entscheidung, die sich im Rahmen der höchstrichterlich aufgestellten Grundsätze zum allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz hält.

Ende der Entscheidung

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