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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 04.04.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 160/06
Rechtsgebiete: BAT, Landesverordnung, LBG


Vorschriften:

BAT § 40
Landesverordnung zur Aufhebung der Beihilfeverordnung vom 06.11.2003 Art. 2
LBG § 12
Durch Art. 1 der Landesverordnung zur Aufhebung der Beihilfeverordnung ist die Beihilfeberechtigung in den nicht von den Übergangsregelungen des Art. 2 genannten Fällen für nach dem 01.01.2004 eingetretene Beihilfefälle wirksam ausgeschlossen.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 160/06

Verkündet am 04.04.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 04.04.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.03.2006 - 1 Ca 3780 b/05 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über Beihilfeansprüche des Klägers.

Der 1942 geborene Kläger trat am 26.01.1970 als Medizinalassistent in die Dienste der Stadt D.... Im Anschluss an die dortige Beschäftigung war er ab dem 01.10.1979 im öffentlichen Dienst des Landes S... tätig. Vom 01.09.1986 bis 30.06.1992 arbeitete der Kläger für den D... (...) in Tansania. Nach seiner Rückkehr ging er zunächst keiner Tätigkeit nach. Seit dem 16.08.1992 ist der Kläger bei der beklagten Anstalt bzw. deren Rechtsvorgängerin, dem Land S..., als Angestellter beschäftigt. Er arbeitet als Oberarzt im Institut für P....

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden Kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) und die diesen Tarifvertrag ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweils geltenden Fassung Anwendung. In § 40 BAT heißt es:

"Beihilfen bei Geburts-, Krankheits- und Todesfällen und Unterstützungen Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen sowie von Unterstützungen werden die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen angewendet. ..."

In der Vergangenheit erhielten Mitarbeiter der Beklagten Beihilfeleistungen auf der Grundlage der Landesverordnung über die Gewährung von Beihilfe in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Arbeitnehmer und Auszubildende vom 09.10.1987 (Gesetzes- und Verordnungsblatt - GVOBl - Schleswig-Holstein 1987 S. 321 = Beihilfeverordnung). In dieser Verordnung heißt es unter § 1 Abs. 1:

"Für die Gewährung von Beihilfen in Krankheits-, Geburts- und Todesfällen an Angestellte, Arbeiter und Auszubildende der in § 1 Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes genannten Träger der öffentlichen Verwaltung sind die aufgrund des § 95 Abs. 2 des Landesbeamtengesetzes für die Beamten des Landes geltenden Vorschriften des Bundes in ihrer jeweils geltenden Fassung sinngemäß anzuwenden."

Durch Landesverordnung zur Aufhebung der Beihilfeverordnung vom 06.11.2003 (GVOBl Schleswig-Holstein 2003 S. 566 = Aufhebungsverordnung) wurde die Beihilfeverordnung zum 01.01.2004 aufgehoben. Art. 2 der Aufhebungsverordnung lautet:

"1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits bis zum 30.09.1970 eingestellt wurden und seither in einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis zu einem der in § 1 Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes genannten Träger der öffentlichen Verwaltung gestanden haben, erhalten weiterhin Beihilfen.

2. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am 01.01.2004 das 40. Lebensjahr vollendet haben und bis zur Aufhebung der Landesverordnung in Art. 1 volle Beihilfe aufgrund einer beihilfekonformen Privatversicherung erhielten, erhalten weiterhin entsprechend diesen Voraussetzungen eine Beihilfe in Anwendung des § 95 Abs. 2 Landesbeamtengesetz.

3 . Das Finanzministerium regelt weitere Voraussetzungen, Umfang und Höhe durch Erlass."

Durch Erlass des Finanzministeriums vom 06.11.2003 wurde u. a. Folgendes bestimmt:

"...

Beihilfekonform privat versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, denen zu ihren Krankenversicherungsbeiträgen kein Zuschuss i. S. d. § 257 Abs. 2 SGB V von ihrem Arbeitgeber gewährt wird, erhalten weiterhin eine Beihilfe nach den Beihilferegelungen des Landes. Voraussetzung ist, dass diese Personen am 01.01.2004 das 40. Lebensjahr vollendet haben (Art. 2 Nr. 2 der Landesverordnung zur Aufhebung der Beihilfeverordnung). Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am 01.01.2004 das 40. Lebensjahr nicht vollendet haben, haben keinen Anspruch mehr auf die Gewährung von Beihilfe. Diesem Personenkreis wird empfohlen, ihren Versicherungsschutz aufgrund des Wegfalls des Anspruches auf die Gewährung von Beihilfe anzupassen. ..."

Wegen des weiteren Inhalts des Erlasses wird auf Bl. 36 f. d. A. verwiesen.

Der Kläger hat eine private Krankenversicherung abgeschlossen. Die Beklagte zahlt ihm einen Zuschuss zu seinen Krankenversicherungsaufwendungen gem. § 257 Abs. 2 SGB V in Höhe der Hälfte des Betrags, der sich unter Anwendung des durchschnittlichen allgemeinen Beitragssatzes der Krankenkassen ergibt, höchstens die Hälfte des für die Krankenversicherung zu zahlenden Beitrags.

Im Oktober des Jahres 2005 beantragte der Kläger ohne Erfolg die Gewährung von Beihilfe für stationäre ärztliche Leistungen. Mit seiner Klage begehrt er die Zahlung einer Beihilfe in Höhe von 50 % der angefallenen Kosten.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, er falle unter die Übergangsregelungen nach Art. 2 Nrn. 1 und 2 der Aufhebungsverordnung. Im Übrigen sei die Aufhebung der Beihilfeverordnung arbeitsvertraglich unwirksam und verstoße gegen das Rechtsstaatsprinzip, weil ein Fall unzulässiger Rückwirkung vorliege.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.931,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat gemeint, die Übergangsregelungen der Aufhebungsverordnung erfassten den Kläger nicht. Die Aufhebung der Beihilfeverordnung berühre den Arbeitsvertrag nicht, weil es sich bei der Beihilfe um eine freiwillige Leistung des Landes handele. Es liege kein Fall unzulässiger Rückwirkung vor. Das Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Regelungen werde nicht geschützt. Schließlich hat die Beklagte vorgetragen, die streitgegenständlichen Aufwendungen seien teilweise gar nicht beihilfefähig.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und ist in seiner Begründung im Wesentlichen den Argumenten der Beklagten gefolgt.

Gegen dieses ihm am 29.03.2006 zugestellte Urteil richtet sich die am 19.04.2006 eingelegte Berufung des Klägers, die er am letzten Tag der bis zum 29.06.2006 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet hat.

Der Kläger vertritt weiterhin die Ansicht, sein Anspruch auf Beihilfegewährung sei bereits deshalb begründet, weil er unter Art. 2 Nr. 1 der Aufhebungsverordnung falle. Er stehe seit Januar 1970 in einem Arbeitsverhältnis zu Trägern der öffentlichen Verwaltung. Die 6-wöchige Unterbrechung im Jahr 1992 sei unerheblich, weil ein enger sachlicher Zusammenhang zu den Arbeitsverhältnissen vor und nach der Unterbrechung bestehe. Das folge aus der Legaldefinition des engen sachlichen Zusammenhangs in § 14 Abs. 3 S. 3 TzBfG, die auch hier gelte. Selbst unter Außerachtlassung der Definition bestehe wegen Anlass und Dauer der Unterbrechung sowie der Art der Weiterbeschäftigung ein solcher Zusammenhang. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts müsse die ununterbrochene Beschäftigung nicht bei einem Träger der öffentlichen Verwaltung des Landes Schleswig-Holstein erfolgt sein. Das Arbeitsgericht verkenne die Reichweite von Art. 3 GG, wenn es die Bevorzugung von "Landeskindern" rechtfertige.

Unabhängig davon falle er unter die Regelung des Art. 2 Nr. 2 Aufhebungsverordnung, der durch den Erlass des Finanzministeriums nicht wirksam habe eingeschränkt werden können. Die Verordnung habe der Exekutive nicht die Schaffung weiterer (einengender) Tatbestandsvoraussetzungen überlassen dürfen. Im Übrigen entfalte der Erlass keine Außenwirkung.

Mit der Aufhebungsverordnung habe das Land zudem in unzulässiger Weise in einzelvertragliche Positionen des Klägers eingegriffen.

Schließlich habe das Arbeitsgericht verkannt, dass hier ein Fall der generell unzulässigen echten Rückwirkung vorliege. Der Kläger könne nicht in die gesetzliche Krankenversicherung zurückkehren und habe nur mit großer Mühe und erheblichem finanziellen Aufwand die entstehende Versicherungslücke durch eine Vertragserweiterung seiner privaten Krankenversicherung notdürftig schließen können. Deshalb liege ein abgeschlossener Lebenssachverhalt vor. Jedenfalls werde er durch die rückwirkende Regelung in unzumutbarer Weise belastet.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck vom 21.03.2006 (ö. D. 1 Ca 3780 b/05) abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 1.931,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die beklagte Anstalt beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf Art. 2 Nr. 1 der Aufhebungsverordnung könne der Kläger seinen Anspruch nicht stützen. Weder die Stadt D... noch der ... gehörten zu den in § 1 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz genannten Trägern der öffentlichen Verwaltung. Das in Bezug genommene Land sei nach Wortlaut und Systematik das Land S.... Wegen der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, das den Ländern das Besoldungsrecht der Beamten zuweise, könne auch bei der Gewährung von Beihilfeleistungen an die Tätigkeit im Dienst des Landes S... angeknüpft werden. Zudem sei der Kläger nicht ununterbrochen bei einem Träger der öffentlichen Verwaltung tätig gewesen, weil er unstreitig im Jahr 1992 6 Wochen gar nicht beschäftigt gewesen sei. Während § 14 Abs. 3 S. 3 TzBfG von einer Unterbrechung ausgehe, die unter bestimmten Voraussetzungen unbeachtlich sei, verlange die Aufhebungsverordnung ein "ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis". Dort fehle eine § 14 Abs. 3 S. 3 TzBfG vergleichbare "Unbeachtlichkeitsregelung". Im Übrigen könne das Bundesgesetz nicht zur Auslegung von Landesrecht dienen.

Auf Art. 2 Nr. 2 Aufhebungsverordnung könne sich der Kläger nicht berufen, weil er die im Erlass des Finanzministeriums aufgeführte weitere Voraussetzung - kein Zuschuss i. S. d. § 257 Abs. 2 SGB V - nicht erfülle. Eine Voraussetzung für die Gewährung einer Vergünstigung könne auch durch Verordnung oder Erlass festgelegt werden. Der Beihilfeanspruch fuße im Übrigen nicht auf einer öffentlich-rechtlichen Norm, sondern auf dem einzelvertraglich in Bezug genommenen § 40 BAT.

Schließlich übersehe der Kläger, dass die Aufhebungsverordnung Beihilfeansprüche nur für die Zukunft ausschließe und somit keine Rückwirkung entfalte. Maßgebliche (abgeschlossene oder in Gang gesetzte) Sachverhalte seien die einzelnen Krankheitsfälle. Der streitgegenständliche Sachverhalt habe sich erst nach Inkrafttreten der Aufhebungsverordnung verwirklicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der vorbereitend gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Ergänzend wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und innerhalb der Berufungsbegründungsfrist auch begründet worden. In der Sache konnte sie jedoch keinen Erfolg haben.

Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung von Beihilfe besteht nach Aufhebung der Beihilfeverordnung durch die am 01.01.2004 in Kraft getretene Aufhebungsverordnung nicht mehr. Der Kläger kann sich auch nicht auf die Übergangsvorschriften gem. Art. 2 Nrn. 1 und 2 Aufhebungsverordnung berufen.

1. Nach § 40 S. 1 BAT, der in Folge vertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, werden für die Gewährung von Beihilfen in Krankheitsfällen "die bei dem Arbeitgeber jeweils geltenden Bestimmungen angewendet". Das bedeutet, dass sich aus der Tarifvorschrift nicht unmittelbar ein Beihilfeanspruch ergibt. Vielmehr kommt es darauf an, ob - und wenn ja - welche Regelungen der Arbeitgeber jeweils getroffen hat.

Rechtsgrundlage für die Gewährung von Beihilfen an Angestellte und Arbeiter sowie Auszubildende im Land S... war § 12 Landesbesoldungsgesetz in der Fassung vom 23.12.1977 (GVOBl Schleswig-Holstein 1977 S. 508). Gem. Abs. 2 dieser Vorschrift regelt der Minister für Finanzen und Energie durch Verordnung die Gewährung von Beihilfen an diesen Personenkreis, soweit tarifliche Regelungen nicht entgegenstehen.

Die aufgrund § 12 Abs. 2 Landesbesoldungsgesetz erlassene Beihilfeverordnung in der jeweils geltenden Fassung - einschließlich der mit einer weitgehenden Aufhebung verbundenen Änderung durch die Aufhebungsverordnung - ist damit eine bei der beklagten Anstalt "geltende Bestimmung" im Sinne d. § 40 BAT. Die beklagte Anstalt gehört zu den in § 1 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz genannten Trägern der öffentlichen Verwaltung. Es handelt sich um eine rechtsfähige Anstalt im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Landesbesoldungsgesetz.

2. Art. 2 Aufhebungsverordnung sieht in seinen Nrn. 1 und 2 im Sinne von Übergangsvorschriften Fälle vor, in denen Arbeitnehmer ungeachtet der Aufhebung der Beihilfeverordnung Beihilfe beanspruchen können. Der Kläger wird hiervon jedoch nicht erfasst.

a. Nach Art. 2 Nr. 1 Aufhebungsverordnung erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die bereits bis zum 30.09.1970 eingestellt wurden und seither in einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis zu einem der in § 1 Abs. 1 des Landesbesoldungsgesetzes genannten Träger der öffentlichen Verwaltung gestanden haben, weiterhin Beihilfen.

aa. Der Kläger steht nicht seit dem 01.10.1970 in einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis zu einem in der Vorschrift genannten Träger öffentlicher Verwaltung. Folglich stehen ihm auf der Grundlage von Art. 2 Nr. 1 Aufhebungsverordnung keine Ansprüche auf Beihilfe zu.

bb. Nach seinem erstmaligen Eintritt in den öffentlichen Dienst im Jahr 1970 hat das Beschäftigungsverhältnis des Klägers nicht ununterbrochen bestanden. Unstreitig war er im Jahr 1992 für 6 Wochen gar nicht beschäftigt. Diese Unterbrechung steht entgegen seiner Rechtsauffassung dem Beihilfeanspruch entgegen.

Der Wortlaut von Art. 2 Nr. 1 Aufhebungsverordnung geht von einem seit dem 01.10.1970 zu einem in § 1 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz genannten Träger bestehenden Beschäftigungsverhältnis aus und stellt nicht etwa auf die generelle Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst ab. Die Verwendung der Einzahl, sowohl bezogen auf das Beschäftigungsverhältnis als auch auf den Träger, macht deutlich, dass es sich nicht um mehrere Rechtsverhältnisse handeln darf, aufgrund derer die Beschäftigung erfolgt. Durch das Adjektiv "ununterbrochen" wird zudem betont, dass jede rechtliche oder tatsächliche Unterbrechung zum Wegfall der Beihilfeberechtigung führt. Bei Neubegründung eines Beschäftigungsverhältnisses innerhalb des in der Vorschrift bezeichneten zeitlichen Rahmens liegen folglich zwei Beschäftigungsverhältnisse vor.

cc. Der vom Kläger für die Annahme eines ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnisses ins Feld geführte § 14 Abs. 3 S. 3 TzBfG führt zu keiner anderen Beurteilung, insbesondere nicht zu einer Zusammenrechnung der Beschäftigungszeiten des Klägers vor dem 01.07. und nach dem 15.08.1992. Diese bundesgesetzliche Vorschrift geht gerade von einer Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses aus und bestimmt, wann diese unbeachtlich ist, nämlich wenn ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, was insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein Zeitraum von weniger als 6 Monaten liegt. Demgegenüber stellt Art. 2 Nr. 1 Aufhebungsverordnung gerade auf das ununterbrochene Beschäftigungsverhältnis ab. Anhaltspunkte dafür, dass eine Beschäftigung trotz tatsächlicher Unterbrechung als rechtlich ununterbrochen anzusehen ist, fehlen. Die Beklagte weist zudem zu Recht darauf hin, dass in Bundesgesetzen enthaltene Definitionen unbestimmter Rechtsbegriffe nicht ohne weiteres auf landesgesetzliche Regelungen übertragen werden können.

dd. Die Kammer teilt auch die Ansicht des Arbeitsgerichts, dass mit den in § 1 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz genannten Trägern nur solche der öffentlichen Verwaltung in Schleswig-Holstein gemeint sind. Das wird durch die Bezugnahme auf § 1 Abs. 1 Landesbesoldungsgesetz deutlich. In Art. 2 Nr. 1 Aufhebungsverordnung werden schon nach dem Wortlaut gerade nicht alle Träger der öffentlichen Verwaltung angesprochen. Vielmehr wird der Kreis der Träger durch die Verweisung eingeschränkt. Das Landesbesoldungsgesetz wiederum gilt nur für das Land S... und die dortigen öffentlichen Träger, wie die zweifache Erwähnung "des Landes" verdeutlicht. Weder der ... noch die Stadt D... gehören zu diesem Kreis.

Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gebietet nicht die Einbeziehung der dortigen Beschäftigungszeiten des Klägers. Vielmehr kann, wie es der Wortlaut von Art. 2 Nr. 1 Aufhebungsverordnung vorgibt, nach der Beschäftigung bei Trägern innerhalb und außerhalb Schleswig-Holsteins differenziert werden. Für diese Differenzierung besteht ein sachlicher Grund. Der die Leistung Gewährende kann eine bestimmte Beschäftigungsdauer zur Anspruchsvoraussetzung erheben und verlangen, dass die Tätigkeit ihm zugute gekommen ist. Damit wird an den Bestand eines Beschäftigungsverhältnisses i. S. eines Austauschverhältnisses angeknüpft und nicht, wie der Kläger mit dem Begriff "Landeskinder" Glauben machen will, allein an Herkunft oder Wohnort des Arbeitnehmers.

b. Nach Art. 2 Nr. 2 Aufhebungsverordnung erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die am 01.01.2004 das 40. Lebensjahr vollendet haben und bis zur Aufhebung der Landesverordnung in Art. 1 volle Beihilfe aufgrund einer beihilfekonformen Privatversicherung erhalten haben, weiterhin Beihilfen.

aa. Unstreitig erfüllt der Kläger diese Voraussetzungen. Allerdings hat das Finanzministerium von der in Art. 2 Nr. 3 Aufhebungsverordnung vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch gemacht und durch Erlass vom 06.11.2003 als weitere Voraussetzung bestimmt, dass dem Arbeitnehmer kein Zuschuss i. S. d. § 257 Abs. 2 SGB V gewährt wird. Weil der Kläger einen solchen Zuschuss erhält, entfällt seine Beihilfeberechtigung.

bb. Die Beihilfeverordnung konnte durch die Aufhebungsverordnung aufgehoben und die einengende Voraussetzung für die fortbestehende Beihilfeberechtigung durch Erlass des Finanzministeriums geregelt werden.

Festzuhalten ist zunächst, dass die Beihilfeberechtigung grundsätzlich durch einseitige Arbeitgeberregelung entfallen konnte. Denn § 40 BAT stellt dem Arbeitgeber Inhalt und Form der Ausgestaltung der Beihilfe frei. Maßgeblich ist nach dieser tariflichen Vorschrift die Regelung, die der Arbeitgeber getroffen hat.

Weder die erstmalige Regelung der Beihilfe noch ihre spätere Aufhebung bedurfte nach § 40 BAT einer gesetzlichen Regelung. Aufgrund von § 40 BAT kann der Arbeitgeber auf verschiedene Weise handeln. Er kann ergänzende Tarifverträge abschließen (vgl. etwa den Beihilfetarifvertrag des Bundes), gesetzliche Regelungen treffen oder Arbeitgeberrichtlinien erlassen.

Im vorliegenden Fall hat das Land Schleswig-Holstein die Beihilfe für den Personenkreis der Angestellten, Arbeiter und Auszubildenden durch die Beihilfeverordnung geregelt. Hierbei handelt es sich ebenso wie bei der Aufhebungsverordnung um eine Landesverordnung. Rechtsgrundlage beider Verordnungen war § 12 Abs. 2 Landesbesoldungsgesetz. Bei den Verordnungen handelt es sich nicht um formelle Gesetze, sondern um Verwaltungshandeln. Deshalb durfte die Aufhebungsverordnung ihrerseits die Regelung weiterer Voraussetzungen auf das Finanzministerium delegieren, wie in Art. 2 Nr. 3 Aufhebungsverordnung geschehen. All dies hält sich im Rahmen der durch § 40 BAT eröffneten Möglichkeiten.

Auch aus einem weiteren Grund kann der Ansicht des Klägers, es habe zur Aufhebung der Beihilfeverordnung einer gesetzlichen Regelung bedurft, nicht gefolgt werden. Der Vorbehalt des Gesetzes erstreckt sich nicht auf den Gesamtbereich leistender Verwaltung. Einer gesetzlichen Regelung bedarf es im Rahmen der Leistungsverwaltung dann, wenn die Beteiligung des Einzelnen an staatlichen Leistungen die notwendige Voraussetzung für die Verwirklichung von Grundrechten darstellt (vgl. BVerfG 18.07.1972 - 1 BvL 32/70 -, BVerfGE 33, 303 - Zulassung zum Hochschulstudium). Darum geht es im vorliegenden Fall aber nicht, sondern lediglich um die Bestimmung des Umfangs der Unterstützung in Krankheitsfällen. Der vom Kläger offenbar für richtig gehaltene Totalvorbehalt lässt sich weder aus der demokratischen noch aus der rechtstaatlichen Verfassungsentscheidung ableiten.

3. Entgegen der Ansicht des Klägers liegt weder ein Fall "echter" noch ein solcher "unechter Rückwirkung" vor.

Richtig ist, dass belastende Gesetze, die abgeschlossene Tatbestände rückwirkend erfassen, regelmäßig mit dem Gebot des Vertrauensschutzes unvereinbar und deshalb nach dem Rechtsstaatsprinzip grundsätzlich verboten sind (vgl. nur BVerfG 25.05.1993 - BvR 1509/91 -, BVerfGE 88, 384). Echte Rückwirkung liegt vor, wenn nachträglich ändernd in abgewickelte, der Vergangenheit angehörende Tatbestände eingegriffen wird. Im Gegensatz dazu steht die Einwirkung auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen (sog. unechte Rückwirkung).

Die Aufhebung der Beihilfeberechtigung greift weder auf einen in der Vergangenheit liegenden Sachverhalt zurück, noch wirkt sie auf einen bereits laufenden Sachverhalt ein. Ihre Wirkung entfaltet sich erst in der Zukunft. Anknüpfungspunkt ist der jeweilige Krankheitsfall, für den Beihilfe begehrt wird. Denn bei der Beihilfe handelt es sich um einen anlassbezogenen Zuschuss zum laufenden Entgelt (BAG 25.10.2001 - 6 AZR 560/00 - Ez-BAT BAT § 40 Nr. 20).

Selbst wenn man hier von einer unechten Rückwirkung ausgeht, weil sich die Aufhebung der Beihilfeberechtigung auf die in der Vergangenheit begründete und fortbestehende Krankenversicherungssituation in der Zukunft auswirkt, führt dies nicht zur Unanwendbarkeit der Aufhebungsverordnung auf das Arbeitsverhältnis des Klägers. Diese Form der unechten Rückwirkung ist grundsätzlich hinzunehmen. Eine Ausnahme gilt, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen das schutzwürdige Vertrauen des nachteilig in seinen Rechtspositionen Betroffenen den Vorrang verdient. Für das Gewicht des Vertrauensschutzes kommt es auf die Intensität der Nachteile an. Auch das Maß des berechtigten Vertrauens findet Berücksichtigung. Bedenken können durch Übergangsvorschriften ausgeräumt werden.

Es wird nicht übersehen, dass der Wegfall der Beihilfeberechtigung für den Betroffenen eine einschneidende Veränderung ist, die ihn zu einer verstärkten privaten Vorsorge zwingt. Das führt aber nicht dazu, dass Arbeitnehmer auf das Ausbleiben von Veränderungen im Bereich der Beihilfe vertrauen können. Sie müssen mit Einschnitten und sogar mit dem Wegfall der Beihilfeberechtigung rechnen, wenn an deren Stelle eine andere Form der Absicherung in Krankheitsfällen tritt. So liegt es hier. Der Kläger erhält zwar keine Beihilfe mehr. Ihm wird jedoch von seiner Arbeitgeberin - nach wie vor - ein Zuschuss gem. § 257 Abs. 2 SGB V gewährt, der im Übrigen nach Wegfall der Beihilfeberechtigung höher ausfallen dürfte als zuvor.

4. Schließlich liegt auch kein unzulässiger Eingriff der Beklagten in arbeitsvertraglich geschützte Positionen des Klägers vor.

a. Die beklagte Anstalt selbst hat gar nicht in den Arbeitsvertrag des Klägers eingegriffen.

Für die Aufhebungsverordnung zeichnet das Finanzministerium verantwortlich. Gleiches gilt für den Erlass vom 06.11.2003.

Die streitgegenständliche Veränderung hat sich somit nicht auf der vertraglichen Ebene ergeben. Vielmehr ist sie Folge der dynamischen Veränderung der Rechtslage, auf die § 40 BAT verweist.

b. Schließlich kann der Kläger nicht mit Erfolg geltend machen, er habe einen Anspruch auf Beihilfegewährung aufgrund betrieblicher Übung. Auf diese Grundlage hat der Kläger sein Begehren erstmals im Berufungsrechtszug gestützt. Ein Anspruch aus betrieblicher Übung kann aber nur entstehen, wenn für den Anspruch keine andere Rechtsgrundlage besteht. Sonst muss der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass der Arbeitgeber lediglich den anderweit begründeten Anspruch erfüllen will. Im vorliegenden Fall war die Beklagte in der Vergangenheit, d. h. bis Ende des Jahres 2003, nach der bis dahin geltenden Verordnungslage zur Beihilfegewährung verpflichtet. Schon aus diesem Grund kommt im vorliegenden Fall ein Anspruch aus betrieblicher Übung nicht in Betracht. Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Beklagte dem Kläger nach dem 01.01.2004 noch Beihilfe gewährt hat.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG. Die Parteien haben in der Berufungsverhandlung deutlich gemacht, dass bei der Beklagten eine Vielzahl von Arbeitnehmern von den hier streitgegenständlichen Fragen betroffen ist.

Ende der Entscheidung

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