Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 11.03.2009
Aktenzeichen: 6 Sa 383/08
Rechtsgebiete: ArbGG, StPO, ZPO, BGB


Vorschriften:

ArbGG § 66 Abs. 1
ArbGG § 72 a
StPO § 154
ZPO § 148
ZPO § 519
ZPO § 520
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 199 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 203
BGB § 204
BGB § 205
BGB § 206
BGB § 207
BGB § 208
BGB § 214 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB §§ 823 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 383/08

Verkündet am 11.03.2009

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 11.03.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und die ehrenamtlichen Richter ... und ... als Beisitzer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 25.09.2008 - 2 Ca 661 d/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht im Berufungsrechtszug nur noch gegen den vormaligen Beklagten zu 2) Schadensersatzansprüche geltend.

Die Klägerin betreibt ein Paketdienstunternehmen.

Der Beklagte war, wie auch der zunächst als Beklagter zu 1) in Anspruch genommene Herr B..., bei der Klägerin als Transportfahrer tätig.

Der Beklagte gab Herrn B... am 03.11.2003 in den Betriebsräumen der Klägerin zwei von der Klägerin an die Fa. C... ... E... zu versendende Pakete der Fa. K... C....

Dieser nahm die Pakete auf das von ihm genutzte Transportfahrzeug und verließ damit das Betriebsgelände. Diese Vorgänge sind durch von der Klägerin installierte Videokameras aufgezeichnet worden. Später traf Herr B... sich außerhalb des Betriebsgeländes wieder mit dem Beklagten und gab diesem die beiden Pakete zurück. Der Beklagte wiederum händigte die Pakete einem Dritten aus, der sie weiterveräußern wollte.

Der Sicherheitsbeauftragte der Klägerin, Herr P..., erstattete am 04.11.2003 bei der Polizei Anzeige wegen der Entwendung dieser beiden Pakete (Anlage B 1 = Bl. 88 d. A.). In der Anzeige heißt es:

"Aufgrund von Diebstählen von Speichermodulen für PC's und Digitalkameras wurden Videokameras installiert. Am 03.11.2003 gegen 07:50 Uhr wurden zwei Pakete entwendet, im Wert von ca. 42.000,- €. Diese Pakete wurden mir vorher aus T... gemeldet. Dadurch kann ich feststellen, wo die Pakete zu den einzelnen Zeitpunkten sind.

Der Diebstahl wurde auf Video aufgezeichnet.

Auf dem Video konnte man sehen, dass die Person A... R... die Pakete dem Mitarbeiter T... B... übergab. Dieser tat die Pakete in seinen Lieferwagen und traf sich in T... wieder mit Herrn R..., um die Pakete erneut zu tauschen. Herr B... gab nach eigenen Angaben die Pakete an Herrn R...."

Die daraufhin eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungen befassten sich neben der Aufklärung des Vorfalls vom 03.11.2003 auch mit Ermittlungen wegen weiterer von der Klägerin angezeigter Paketdiebstähle vor dem 03.11.2003.

Am 27.01.2004 vernahm die Kriminalpolizei Herrn P.... Wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die Anlage B 3 (= Bl. 90 f. d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 09.12.2003 wandte die Klägerin sich in dieser Angelegenheit an den Beklagten. Dieser ließ mit Schreiben vom 15.12.2003 (Anlage K 3 = Bl. 66 d. A.) seines jetzigen Prozessbevollmächtigten erklären:

"Die von Ihnen erhobene Forderung ist unbegründet und wird zurückgewiesen. Unser Mandant hat nicht im erheblichen Umfang Pakete entwendet.

Wir stellen anheim, eine Beteiligung unseres Mandanten an den Vorfällen nachzuweisen, ebenso wie die Schadenhöhe.

Sofern Sie vermeintliche Ansprüche bereits jetzt gerichtlich geltend machen, bitten wir Sie uns als zustellungsbevollmächtigt anzusehen."

Das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wurde am 30.06.2004 gemäß § 154 StPO teilweise eingestellt (Einstellungsverfügung vom 30.06.2004 - Bl. 162 der Strafakte). Zur Anklage kam nur der Vorfall vom 03.11.2003 (vgl. Anklageschrift vom 30.06.2004 - Bl. 163 ff. der Strafakte). Das Amtsgericht H...-A... verurteilte den Beklagten und Herrn B... am 28.09.2007 wegen dieser Tat (gemeinschaftlicher Diebstahl). Das Urteil (Bl. 238 ff der Strafakten) ist rechtskräftig.

Die Klägerin führte vor dem Landgericht H... einen Rechtstreit gegen die A... I... T... (415 O 95/05), der im Dezember 2005 durch Vergleich endete. Die Klägerin verpflichtete sich, an die A... I... T... 71.101,28 EUR zu zahlen (Anlage K 4 = Bl. 73 f. d. A.).

Mit Schreiben vom 17.01.2008 (Anlage K 2 = Bl. 16 f. d. A.) forderte die Klägerin den Beklagten zur Zahlung von 129.666,50 EUR wegen der Entwendung der beiden Pakete am 03.11.2003 im Gesamtwert von 42.000,00 EUR sowie zweier weiterer Pakete im Wert von 43.751,00 EUR bzw. 43.915,50 EUR auf. Mit Mahnbescheid vom 01.04.2008, bei Gericht eingegangen am 19.03.2008, hat die Klägerin ihre behaupteten Ansprüche weiter verfolgt.

Sie hat behauptet, dass der Beklagte und Herr B... unter anderem die in dem Geltendmachungsschreiben aufgeführten Pakete widerrechtlich entwendet und ihr daher deren Wert zu ersetzen hätten. Bezüglich der Pakete W ... und W ... ergebe sich das bereits aus dem Urteil des Amtsgerichts H...-A... vom 28.09.2007. Die weiteren Taten aus dem Sommer 2003 seien im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Strafgericht ausdrücklich angesprochen worden. Bezüglich dieser Taten habe der Beklagte sich dahingehend geäußert, dass Herr B... ihm auch bei diesen Taten "nur" geholfen habe (Beweis: Beiziehung der Strafakten des Amtsgerichts H...-A...). Zum Nachweis für die Beteiligung beider an allen Taten hat sich die Klägerin außerdem auf das Zeugnis des verurteilten Hehlers T... C... D... berufen und angekündigt, dessen ladungsfähige Anschrift nachzureichen.

Die Klägerin hat gemeint, ihre Ansprüche seien nicht verjährt. Die Verjährung sei durch das Ermittlungs- und Strafverfahren bis zu dessen Abschluss am 28.09.2007 wirksam gehemmt gewesen. Denn es sei ihr nicht zumutbar gewesen, vor Abschluss des Strafverfahrens Klage zu erheben. Bei einer Klage vor dem 28.09.2007 wäre die Klägerin für eine Tatbeteiligung der Beklagten hinsichtlich aller Taten in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig gewesen. Den Diebstahl der Pakete am 03.11.2003 habe der Beklagte nur deswegen eingeräumt, weil er wegen dieser Diebstähle rechtskräftig verurteilt worden sei. Zunächst habe er seine zivilrechtliche Haftung auch für diese Pakete in Abrede gestellt, wie sich dem Schreiben vom 15.12.2003 (Anlage K 3 = Bl. 66 d. A.) entnehmen lasse. Der Diebstahl der Pakete im Sommer 2003 mit den Werten 43.751,00 EUR und 43.915,50 EUR werde nach wie vor in Abrede gestellt. Hinsichtlich des Beklagten stehe dieses im Widerspruch zur Aussage des Mitarbeiters P... in der Vernehmung am 27.01.2004.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin EUR 129.666,50 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2008 zu zahlen.

Die Beklagten haben jeweils beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat sich darauf berufen, dass Ansprüche der Klägerin verjährt seien.

Unmittelbar nach der Tat habe die Klägerin Kenntnis vom Schaden, vom Schädiger und sogar Kenntnis des Schadensvorgangs in allen Einzelheiten gehabt. Es sei für die Klägerin nicht notwendig gewesen, zunächst den Ausgang des Strafverfahrens abzuwarten. Den von der Klägerin behaupteten Wert der Pakete hat der Beklagte mit Nichtwissen bestritten. Er hat ferner bestritten, außer den beiden Paketen, wegen deren Diebstahl er vom Amtsgericht verurteilt worden ist, weitere Pakete entwendet zu haben.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Akte ... Js .../... des Amtsgerichts H...-A... beigezogen.

Mit Urteil vom 25.09.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen und dies damit begründet, dass Schadensersatzansprüche der Klägerin verjährt seien.

Gegen das ihr am 17.10.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 29.10.2008 Berufung eingelegt und diese am 25.11.2008 begründet.

Sie meint, solange in derselben Angelegenheit ein Strafverfahren laufe, könne ein ausreichender Kenntnisstand, der eine Klage ermögliche und damit die Verjährungsfrist in Gang setze, nicht vorliegen. Es sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar, wenn es der Klägerin unmöglich gemacht werde, als Geschädigte die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren für ihre zivilrechtlichen Ansprüche zu nutzen. Das Arbeitsgericht habe übersehen, dass sich die Klage nicht nur auf die am 03.11.2003 gestohlenen Pakete bezogen habe. Jedenfalls wegen der zuvor entwendeten Pakete habe die Klägerin den Ausgang des Strafverfahrens abwarten dürfen.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 25.09.2008 den Beklagten R... zu verurteilen, an die Klägerin € 64.833,25 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.02.2008 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er behauptet auch im zweiten Rechtszug, dass er außer den am 03.11.2003 begangenen Paketdiebstählen keine weiteren Diebstähle begangen und eingeräumt habe. Hierzu habe die Klägerin niemals substantiiert vorgetragen.

Der Beklagte meint, es sei unklar, wie sich der Klagebetrag in der Berufung zusammensetze. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass die Klägerin für die am 03.11.2003 gestohlenen Pakete eine Entschädigung gezahlt habe.

Schließlich hält der Beklagte an der Einrede der Verjährung fest. Hinsichtlich der Taten vom 03.11.2003 hätten der Klägerin Videoaufnahmen sowie sein umfassendes Geständnis vorgelegen (vom 07.11.2003). In dem Schreiben vom 15.12.2003 habe er bestritten, in erheblichem Umfang Pakete entwendet zu haben; das sei auch richtig, denn er habe nur einmal, nämlich am 03.11.2003 zwei Pakete entwendet.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist dem Beschwerdewert nach statthaft (§ 64 Abs. 2 lit. b ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.

B. In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Die Klägerin kann von dem Kläger keinen Schadensersatz wegen des Diebstahls der Pakete mit den Kontrollnummern W ..., W ..., W ... und Z... ... verlangen. Das hat das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden.

I. Die Berufungskammer teilt die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass Schadensersatzansprüche der Klägerin gegen den Beklagten wegen des am 03.11.2003 begangenen Diebstahls der Pakete mit den Kontrollnummern W ... und W ... verjährt sind. Der Beklagte ist deshalb nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung von Schadensersatz dauerhaft zu verweigern. Die unzweifelhaft bestehenden Schadensersatzansprüche der Klägerin aus Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten und aus unerlaubter Handlung (§ 280 Abs. 1 BGB, §§ 823 ff. BGB) waren zum Zeitpunkt der Zustellung des Mahnbescheids (Bl. 3 und 6 d. A.) am 03.04.2008 bereits verjährt, §§ 195, 199 Abs. 1 BGB.

1. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Diese Frist gilt auch für Schadensersatzansprüche, gleichgültig, ob sie auf Vertrag oder Delikt beruhen. Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt nach § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Damit hängt der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist von einem objektiven und einem subjektiven Merkmal ab. Der Anspruch entsteht regelmäßig mit seiner Fälligkeit (BAG 12.01.2005 - 5 AZR 145/04 - AP BGB § 611 Lehrer/Dozenten Nr. 162). Bei entstandenen aber noch nicht fälligen Ansprüchen beginnt die Verjährung mit der Möglichkeit, Stufen- oder Feststellungsklage zu erheben. Nicht erforderlich ist, dass der Berechtigte den Anspruch bereits beziffern kann (vgl. BGH 18.12.1980 - VII ZR 41/80 -BGHZ 79, 178). Die in § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB enthaltene subjektive Voraussetzung für den Verjährungsbeginn knüpft an die Kenntnis bzw. fahrlässige Unkenntnis des Gläubigers hinsichtlich aller Merkmale des Anspruchs an. Ausreichend ist im Allgemeinen eine solche Kenntnis, die es dem Geschädigten erlaubt, eine hinreichend aussichtsreiche - wenn auch nicht risikolose - Feststellungsklage zu erheben. Erforderlich ist, dass der Geschädigte über einen Kenntnisstand verfügt, der ihn in die Lage versetzt, eine auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützte Schadensersatzklage schlüssig zu begründen (BGH 06.11.2007 - VI ZR 182/06 - MDR 2008, 208).

2. Nach Maßgabe dieser Grundsätze hatte die Klägerin bereits Ende des Jahres 2003, spätestens aber im Jahr 2004, Kenntnis von allen relevanten Umständen des Schadensvorgangs bezogen auf den Diebstahl der Pakete mit den Kontrollnummern W ... und W .... Der Beklagte war am 03.11.2003 mit von der Klägerin installierten Kameras dabei gefilmt worden, wie er gemeinsam mit Herrn B... die in Rede stehenden Pakete aus dem Betrieb verbrachte. Der Sicherheitsbeauftragte der Klägerin, Herr P..., wertete die Aufnahme zeitnah aus und zeigte den Sachverhalt bereits am nächsten Tag bei der Polizei an (Anlage B1 = Bl. 88 d. A.). Aus der Anzeige geht hervor, dass Herr P... den Beklagten auf dem Video erkannt und das Vorgehen als Diebstahl gewertet hat. Auch die gestohlenen Pakete und ihren Wert konnte Herr P... bei seiner Anzeige gegenüber der Polizei spezifizieren. Das bedeutet, dass auch die Klägerin zu diesem frühen Zeitpunkt um die anspruchsbegründenden Umstände und die Person des Schuldners wusste. Dieses Ergebnis wird durch die Aussage des Herrn P... im Rahmen der zeugenschaftlichen Vernehmung vom 27.01.2004 bestätigt. Seinen im Rahmen der Vernehmung gemachten Angaben ist zu entnehmen, dass sowohl der Beklagte als auch Herr B... zu diesem Zeitpunkt ihre Tatbeteiligung bereits gestanden hatten. Durch die Aussage "er (der Beklagte) hat mir die Geschichte aus seiner Sicht erzählt und sagte, dass T... (Herr B...) mit der ganzen Sache nichts zu tun hatte, dass er, Herr R..., die Pakete von Herrn B... übernommen hat" wird seine Kenntnis des Geständnisses bestätigt. Daraus folgt, dass die Klägerin jedenfalls im Januar 2004 eine hinreichend aussichtsreiche Klage, sei es eine Zahlungs- oder Feststellungsklage gegen den Beklagten, erheben konnte.

Der Hinweis der Klägerin auf das Schreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 15.12.2003 (Bl. 66 d. A.) relativiert das Geständnis des Beklagten nicht und führt zu keiner anderen Beurteilung. In diesem Schreiben hatte der Beklagte abgestritten, in erheblichem Umfang Pakete entwendet zu haben. Ein konkretes Bestreiten gerade des Diebstahls vom 03.11.2003 lässt sich dem Schreiben dagegen nicht entnehmen. Erkennbar richtet sich das Bestreiten gegen den Vorwurf, in erheblichem Umfang - also mehr als einmal - Pakete gestohlen zu haben. Hinzu kommt, dass der Beklagte die Tat vom 03.11.2003 bereits im Rahmen der Durchsuchung seiner Wohnung am 04.11.2003 gegenüber der Polizei eingeräumt hatte. Nichts anderes geht aus dem polizeilichen Vermerk vom 15.12.2003 (Anlage B2 = Bl. 89 d. A.) hervor, in dem ein Telefonat mit Herrn P... wiedergegeben wird. In diesem Telefonat war davon die Rede, dass der Beklagte versuche, einen Zivilprozess zu vermeiden, in dem er mit der Klägerin bei der Aufklärung zusammenarbeite.

Die Kenntnis ihres Sicherheitsbeauftragten ist der Klägerin ohne Weiteres zuzurechnen. Jedenfalls wäre bei der Klägerin als juristischer Person bei einem Unterlassen des Informationsaustausches über die verjährungsrelevanten Tatsachen von grob fahrlässiger Unkenntnis auszugehen.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe den Ausgang des Strafverfahrens gegen den Beklagten abwarten dürfen. Ihr ist zuzugeben, dass dieses Verfahren vor dem Amtsgericht H...-A... aus nicht nachvollziehbaren Gründen von der Anklageerhebung bis zum Eröffnungsbeschluss fast drei Jahre gedauert hat. Diese fragwürdige Behandlung der Angelegenheit durch das Amtsgericht, das es nicht für nötig gehalten hat, auf 13 Sachstandsanfragen auch nur einmal zu reagieren, entbindet die Klägerin nicht von ihrer Obliegenheit, ihre zivilrechtlichen Ansprüche gegenüber den Beklagten in der gebotenen Weise zu verfolgen. Ein anhängiges Strafverfahren, das Tatsachen zutage fördern kann, die in einem Zivilverfahren von Nutzen sein können, führt nicht zur Hemmung der Verjährung. Die §§ 203 bis 208 BGB erfassen diesen Fall nicht. Wie § 148 ZPO verdeutlicht, besteht kein grundsätzlicher Vorrang des Strafverfahrens. In Betracht kommt bei Vorgreiflichkeit eines solchen Verfahrens allein eine Aussetzung des Zivilprozesses.

II. Wegen Diebstahls der Pakete mit den Kontrollnummern W ... und Z... ... kann die Klägerin von dem Beklagten keinen Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB oder §§ 823 ff. BGB verlangen. Diese Ansprüche sind zwar nicht verjährt; die Klägerin hat aber zu den Anspruchsvoraussetzungen nicht ausreichend vorgetragen. Wie im Berufungstermin deutlich geworden ist, hatte und hat die Klägerin von den anspruchsbegründenden Umständen bezogen auf die Entwendung dieser beiden Pakete keine Kenntnis, die ihr die Erhebung einer aussichtsreichen Schadensersatzklage ermöglicht hätte. Die Verjährungsfrist des § 195 BGB beginnt aber erst zu laufen, wenn der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Was die - von der Klägerin behaupteten - Diebstähle der Pakete mit den Kontrollnummern Z... ... und W ... betrifft, liegt kein unstreitiger Sachverhalt vor. Vielmehr hat der Beklagte die Entwendung dieser Pakete im ersten und auch im zweiten Rechtszug bestritten. Die Klägerin hat bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht konkret vorgetragen, wann genau, wie und unter welchen Umständen der Beklagte die besagten Pakete entwendet haben soll. Die Behauptung, dies sei im Sommer des Jahres 2003 gewesen, reicht zur Substantiierung nicht aus. Hinzu kommt, dass Herr P... im Berufungstermin angegeben hat, einer der Diebstähle sei im Januar 2003 begangen worden. Dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht H...-A... in dem dortigen Strafverfahren (... Js .../...) lässt sich gleichfalls nicht entnehmen, dass und - wenn ja - welche weiteren Diebstähle der Beklagte außer dem vom 03.11.2003 begangen hat. Der protokollierten Aussage können keine Einzelheiten zu derartigen Taten entnommen werden.

Der zum Nachweis für die Beteiligung des Beklagten sowie des Herrn B... an allen Taten benannte Zeuge D... war nicht zu vernehmen. Zum Einen hat die Klägerin bis zum heutigen Tag die ladungsfähige Anschrift des Zeugen nicht mitgeteilt. Zum Anderen wäre eine Vernehmung des Zeugen auf eine unzulässige Ausforschung hinausgelaufen. Denn erst durch die Vernehmung des Zeugen hätten die Einzelheiten der von der Klägerin nur pauschal behaupteten weiteren Taten ermittelt werden müssen.

Auch wenn das Arbeitsgericht die Klageabweisung allein mit der Verjährung der Ansprüche der Klägerin begründet hat, bestand kein Anlass, der Klägerin Gelegenheit zu geben, zu den Anspruchsvoraussetzungen weiter vorzutragen. Bereits erstinstanzlich war der Beklagte der Behauptung der Klägerin entgegengetreten, er habe weitere Diebstähle begangen. Auch der weitere Beklagte, Herr B..., hatte stets bestritten, gemeinsam mit dem Beklagten weitere Diebstähle begangen zu haben. Er hat darauf hingewiesen, dass die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin unsubstantiiert seien. Dennoch hat die Klägerin ihren Vortrag weder in der ersten noch in der zweiten Instanz präzisiert. Selbst das abermalige Bestreiten des Beklagten in der Berufungserwiderung hat sie nicht veranlasst, weiteren Vortrag zu leisten. Auch im Berufungstermin gelang der Klägerin keine Präzisierung, wann genau im Sommer 2003 der Beklagte auf welche Weise die weiteren in Rede stehenden Pakete entwendet haben soll. Hinzu kommt, dass Herr P... - wie bereits oben erwähnt - einen der Vorfälle dem Monat Januar 2003 zuordnete.

C. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen, § 97 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Revision bestehen angesichts der Kriterien des § 72 Abs. 2 ArbGG nicht.

Ende der Entscheidung

Zurück