Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Urteil verkündet am 30.05.2007
Aktenzeichen: 6 Sa 487/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 520 Abs. 3 Satz 2
Wiederholt der Berufungskläger in der Berufungsbegründung lediglich in verkürzter Form seinen erstinstanzlichen Vortrag, ohne sich im Übrigen mit der Argumentation des erstinstanzlichen Gerichts auseinanderzusetzen, genügt dies den an die Begründung zu stellenden Anforderungen nicht.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Im Namen des Volkes Urteil

Aktenzeichen: 6 Sa 487/06

Verkündet am 30.05.2007

In dem Rechtsstreit

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 30.05.2007 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden und den ehrenamtlichen Richter ... als Beisitzer und die ehrenamtliche Richterin ... als Beisitzerin

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.09.2006 (4 Ca 2208 e/05) wird als unzulässig verworfen.

2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung.

Der 1957 geborene, verheiratete Kläger trat am 31.07.2002 als Kraftfahrer in die Dienste der Beklagten. Sein Bruttomonatsgehalt betrug durchschnittlich 1.630,00 EUR.

Die Beklagte hat ihren Hauptsitz in B.... Sie unterhält mehrere Niederlassungen, u. a. in Q.... Dort betreibt sie ein Lager und betrieb vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung auch einen Fuhrpark einschließlich eines Bereiches "Spedition/Service". In den beiden letztgenannten Bereichen beschäftigte sie sechs kaufmännische Mitarbeiter sowie zehn Kraftfahrer.

Zur Firmengruppe gehört auch die Firma Friedrich S... GmbH & Co. Diese Gesellschaft sitzt ebenfalls in B... und hat denselben Geschäftsführer. Sie ist Eigentümerin eines LKW-Fuhrparks mit Firmenlogo. Ihre Fahrzeuge vermietet sie u. a. auch an die Beklagte. Diese nutzte in Q... ausschließlich von der Friedrich S... GmbH & Co. gemietete LKW. Gefahren wurden die LKW von den Kraftfahrern der Beklagten. Eine andere Firma der Firmengruppe ist Eigentümerin der Räumlichkeiten in Q..., die teilweise an die Beklagte vermietet wurde.

Die Beklagte arbeitete bereits in der Vergangenheit von ihrem Hauptsitz aus mit der Firma T... K... - B...- zusammen.

Die Beklagte entschied sich am 24.10.2005, mit Ablauf des 31.12.2005 ihre Aktivitäten in Q... umzustrukturieren: Kleinere Aufträge sollten nicht mehr angenommen werden, während das gesamte Großkundengeschäft der Niederlassung, etwa mit den Kunden "A..." und "H..." erhalten bleiben sollte. Es war geplant, die "Ausrollung" anderweitig, d. h. extern durchzuführen. Eigene Kraftfahrer sollten in Q... nicht mehr eingesetzt werden. Zudem war vorgesehen, die Speditionsdisposition/Verwaltung zentral am Hauptsitz in B... zu erledigen. Der Lagerbetrieb sollte hingegen unverändert erhalten bleiben. Von dieser unternehmerischen Entscheidung waren alle zehn Kraftfahrer sowie die sechs kaufmännischen Mitarbeiter betroffen.

Am 26.10.2005 erstattete die Beklagte Massenentlassungsanzeige (Bl. 23 d. A.). Anschließend kündigte sie mit Schreiben vom 28.10.2005 allen Kraftfahrern, einschließlich des Klägers, sowie den kaufmännischen Mitarbeitern der Q... Niederlassung fristgerecht. Die gemieteten LKW gab sie zum Jahreswechsel an die Eigentümerin, die Firma Friedrich S... GmbH & Co. zurück. Die Firma T... K... nahm zu Beginn des Jahres 2005 als Subunternehmerin der Beklagten die Abwicklung der Großkundenaufträge im Nahbereich H... mit eigenen Arbeitnehmern auf, die sie teilweise hierfür neu einstellte. Kraftfahrer der Beklagten übernahm die Subunternehmerin nicht. Andere ortsansässige Speditionsunternehmen beauftragte die Beklagte in Q... nicht mehr. Seit Anfang des Jahres 2006 stehen auf dem Gelände in Q... regelmäßig und zunehmend Zugmaschinen der Firma Friedrich S...GmbH & Co. KG.

Die Disposition und Auftragsbearbeitung erfolgt nunmehr wie folgt: In Q... wird nach wie vor Cargo-Sammelgut angeliefert. Das betrifft das Lager. Die Beklagte hat zum Jahreswechsel 2005/2006 die Großkunden informiert, dass die Auftragserfassung nunmehr über den Hauptsitz in B... erfolgt und eine Rufumleitung von der Niederlassung Q... nach L... eingerichtet. In das Büro der Firma T... K... legte die Beklagte vom Hauptsitz aus eine Leitung, an die zwei Drucker angeschlossen sind, die Ladelisten ausdrucken, die in B... erstellt werden.

Der zum 31.12.2005 gekündigte Kläger erhob fristgerecht Kündigungsschutzklage. Er hat u. a. die Ansicht vertreten, es liege ein Betriebsübergang auf die Firma T... K... vor. Diese Firma sei im Kellergeschoss des Firmengebäudes in Q... untergebracht. Der Arbeitsablauf auf dem Firmengelände habe sich nicht verändert. Dort hätten sich verschiedene Fahrzeuge und Wechselbrücken befunden. Alle Fahrzeuge hätten die Aufschrift der Beklagten getragen.

Das Arbeitsgericht hat im ersten Kammertermin gegen die nicht erschienene Beklagte ein der Kündigungsschutzklage stattgebendes Versäumnisurteil erlassen. Nach fristgerechtem Einspruch hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass kein Betriebsübergang vorliege. Hinsichtlich der Einzelheiten des erstinstanzlichen streitigen und unstreitigen Sachvortrages sowie der Anträge wird auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Gegen diese dem Kläger am 06.10.2006 zugestellte Entscheidung legte er fristgerecht Berufung ein. Mit seiner am 06.12.2006 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Berufungsbegründung macht der Kläger geltend, das Urteil des Arbeitsgerichts beruhe auf einer Rechtsverletzung. Die Kündigung sei aufgrund Verstoßes gegen § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam, weil zumindest ein Teilbetriebsübergang auf das Unternehmen T... K. festzustellen sei. Ein Betriebsübergang sei gegeben, da eine wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität auf einen Inhaber übertragen worden sei. Dies sei deswegen der Fall, weil dieselben Räumlichkeiten und das Groß- und Kleininventar, speziell der Fuhrpark, durch die T... K... genutzt würden. Auch sei ganz offensichtlich die Kundschaft identisch geblieben.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.09.2006 (4 Ca 2208 e/05) abzuändern und das Versäumnisurteil vom 10.05.2006 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung vom 06.11.2006 gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 13.09.2006 - 4 Ca 2196e/05 - zurückzuweisen.

Sie meint, die Berufung sei mangels ordnungsgemäßer Begründung unzulässig. Im Übrigen hält sie das angefochtene Urteil sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht für zutreffend. Die Kündigung sei nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden. Ein Teilbetriebsübergang auf die Firma T... K... liege nicht vor. Ein funktionsfähiger Teilbetrieb sei nicht übernommen worden, insbesondere nicht der Fuhrpark. Die Firma T... K... verfüge über eigene LKW und Fahrer. Wenn sie, wie vormals die Beklagte, daneben LKW bei der Firma Friedrich S... GmbH & Co. angemietet habe, sei zu berücksichtigen, dass derartige Betriebsmittel auf dem Markt frei erhältlich und insoweit austauschbar seien. Bei den vormals von der Beklagten und nunmehr von der Firma T... K... genutzten Fahrzeugen handele es sich nicht um dieselben. Es seien auch nicht die in der Vergangenheit von der Beklagten genutzten Räume angemietet und kein Inventar übernommen worden. Die Kundenbeziehungen seien ebenfalls nicht übergegangen. Die Beklagte führe durch die Firma T... ausschließlich Nahverkehrsfahrten durch, die von der Zentrale in L... disponiert werden. Nach Schließung der Speditionsabteilung in Q... habe die Beklagte die Firma T... K... in der Weise als Subunternehmer beauftragt, dass dieser die Transporte vorgegeben würden und sie dann nur noch die Ausrollung organisiere und für eine ordnungsgemäße Abwicklung verantwortlich sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht hinreichend begründet ist.

1. Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden. Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO müssen die Umstände bezeichnet werden, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Diese Vorschriften sind nach § 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren anzuwenden (BAG 10.02.2005 - 6 AZR 183/04 - EzA ArbGG 1979, § 64 Nr. 14; 25.03.2004 - 2 AZR 399/03 - EzA BGB 2002, § 626 Unkündbarkeit Nr. 4). Die Berufungsbegründung muss auf den konkreten Streitfall zugeschnitten sein und im Einzelnen erkennen lassen, in welchen Punkten rechtlicher oder tatsächlicher Art sowie aus welchen Gründen das angefochtene Urteil fehlerhaft sein soll (BAG 10.02.2005, a.a.O.). Dazu ist zwar keine schlüssige, rechtlich zutreffende oder vertretbare Begründung erforderlich (BAG 15.08.2002 - 2 AZR 473/01 - EzA ZPO § 519 Nr. 14). Die Berufungsbegründung muss sich aber mit den rechtlichen oder tatsächlichen Argumenten des angefochtenen Urteils befassen, wenn es dieses bekämpfen will (BAG 10.02.2005, a.a.O.; 15.08.2002, a.a.O.). Für die erforderliche Auseinandersetzung mit den Urteilsgründen der angefochtenen Entscheidung reicht es nicht aus, die tatsächliche oder rechtliche Würdigung durch den Erstrichter mit formelhaften Wendungen zu rügen, lediglich auf das erstinstanzliche Vorbringen zu verweisen oder dieses zu wiederholen (BAG 06.03.2003 - 2 AZR 596/02 - BAGE 105, 200; 16.06.2004 - 5 AZR 529/03 - EzA ZPO 2002, § 520 Nr. 3). Hat das Arbeitsgericht seine Entscheidung auf mehrere voneinander unabhängige, selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung für jede dieser Erwägungen darlegen, warum sie unzutreffend sein soll; anderenfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (BAG 21.11.2002 - 6 AZR 82/01 - BAGE 104, 16).

2. Diesen Anforderungen genügt die Berufungsbegründung des Klägers nicht.

a) Das Arbeitsgericht hat die Kündigung als durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt angesehen. Es ist von einer Teilbetriebsstilllegung, bezogen auf den Fuhrpark und die in der Niederlassung Q... betriebenen Spedition ausgegangen. In Folge dessen sei u. a. der Arbeitsplatz des Klägers als Kraftfahrer weggefallen. Einer sozialen Auswahl habe es nicht bedurft, weil allen vergleichbaren Mitarbeitern gekündigt worden sei. Die Kündigung sei nicht wegen Verstoßes gegen § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam. Denn ein (Teil)betriebsübergang auf das Unternehmen T... K... sei nicht festzustellen. Es fehle schon an der Darlegung abgrenzbarer Einheiten im Sinne eines Teilbetriebs. Der Kläger habe nicht substantiiert vorgetragen, dass der bisher in der Niederlassung Q... von der Beklagten genutzte Fuhrpark auf die Firma T... K... übergegangen sei. Maßgeblich sei insoweit die Übernahme von entsprechenden Kraftfahrern. Die bloße Fortführung bisher von der Beklagten geführter Touren stelle noch keinen Betriebsübergang dar.

b) Der Kläger hat innerhalb der Berufungsbegründungsfrist geltend gemacht, das Urteil des Arbeitsgerichts beruhe auf einer Rechtsverletzung. Die Kündigung sei aufgrund Verstoßes gegen § 613 a Abs. 4 BGB unwirksam, weil zumindest ein Teilbetriebsübergang auf das Unternehmen T... K... vorliege. Er könne nicht nachvollziehen, warum das Arbeitsgericht von einer bloßen Funktionsnachfolge ausgegangen sei, obwohl er vorgetragen habe, dass es sich um eine organisatorische abgegrenzte Einheit handele. Zur Begründung dieser Behauptung trägt der Kläger vor, eine wirtschaftliche Einheit sei "unter Wahrung ihrer Identität auf einen Inhaber übertragen worden". Dies sei deshalb der Fall, weil dieselben Räumlichkeiten und das Groß- und Kleininventar, speziell der Fuhrpark, durch die T... K... genutzt würden. Auch sei ganz offensichtlich die Kundschaft identisch geblieben. Zu der vom Arbeitsgericht bejahten sozialen Rechtfertigung der Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse hat sich der Kläger innerhalb der Berufungsfrist nicht geäußert, sondern erst mit Schriftsatz vom 24.05.2007.

Mit seinem innerhalb der Berufungsfrist vorgebrachten Tatsachenvortrag wiederholt der Kläger in verkürzter Form seinen erstinstanzlichen Vortrag, ohne sich mit der ausführlichen Argumentation des Arbeitsgerichts, mit der es den Betriebsübergang verneint hat, auseinanderzusetzen. Die Ausführungen finden sich auf den Seiten 7 - 9 des Urteils.

Verglichen mit seinen erstinstanzlichen Ausführungen ist der Vortrag in der Berufungsbegründung sogar noch weniger konkret und substantiiert. Wenn der Kläger behauptet, dieselben Räumlichkeiten würden genutzt, so hatte er dazu bereits vorgetragen, dass es sich nur um einen Teil der bislang von der Beklagten genutzten Räume gehandelt hat, nämlich die im Keller gelegenen (Schriftsatz vom 08.03.2006). Gleiches gilt für die Behauptung zur Nutzung des Fuhrparks. Auch hierzu hatte der Kläger erstinstanzlich bereits detaillierter vorgetragen (Schriftsatz vom 08.03.2006). Den vom Arbeitsgericht als entscheidend herausgestellten Punkt - fehlende Übernahme von entsprechenden Kraftfahrern - übergeht der Kläger völlig. Die Behauptung, Groß- und Kleininventar wäre von der Firma T... K... genutzt, lässt offen, was damit im Einzelnen gemeint ist. Entsprechendes gilt für die Behauptung, die Kundschaft sei identisch geblieben. Dieser Angriff lässt eine Auseinandersetzung mit der Begründung des Arbeitsgerichts vermissen, wonach mit den bei der Firma T... K... angetroffenen Mitarbeiter der bisherige Nah- und Fernverkehr nicht aufrechterhalten werden könne. Gar nicht bekämpft der Kläger die tragende Erwägung des Arbeitsgerichts zum ausgebliebenen Übergang eines wesentlichen Teils des Personals.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

Ende der Entscheidung

Zurück