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Beginn der Entscheidung

Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Beschluss verkündet am 13.03.2009
Aktenzeichen: 6 Ta 39/09
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 888
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Beschluss

Aktenzeichen: 6 Ta 39/09

13.03.2009

In dem Beschwerdeverfahren

betr. Zwangsvollstreckung

hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein am 13.03.2009 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht ... als Vorsitzenden beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Zwangsgeldbeschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 14.01.2009 - 1 Ca 1003 b/08 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Wert: 6.250,-- EUR.

Gründe:

I.

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Festsetzung eines Zwangsgeldes, mit dem die Weiterbeschäftigung des Klägers für die Dauer des Rechtsstreits erwirkt werden soll.

Der Kläger trat am 01.03.1986 als Chefarzt der Anästhesie- und Intensivbehandlungsabteilung in die Dienste des Beklagten. Er wurde im Kreiskrankenhaus W. eingesetzt. Mit Wirkung vom 01.10.2004 übertrug der Beklagte u. a. das Kreiskrankenhaus W. auf die neu gegründete "K. gGmbH". Dieses Unternehmen firmiert seit dem Jahr 2006 als R. K. gGmbH. Der Kläger ist seit dem 01.10.2004 im Rahmen einer Personalgestellung ausschließlich für die Kliniken des Kreises P. gGmbH bzw. die R. K. gGmbH tätig. Seine Vergütung erhält er nach wie vor von dem Beklagten.

Ab März 2004 wurden die Blutdepots und die Labore für das Transfusionswesen der Krankenhäuser W. und P. am Standort P. zusammengelegt. Der Kläger führte seit dem Jahr 2004 keinerlei eigene Blutuntersuchungen mehr durch, derartige Untersuchungen wurden für das Krankenhaus W. in P. erledigt. Auch nach der Zusammenlegung der Labore erhielt der Kläger sogenannte Rückläufer ausgefüllt von dem Blutdepot in P. zum Zweck der Abrechnung durch ihn. Auf diese Weise kam es dazu, dass der Kläger für von ihm lediglich veranlasste, nicht aber selbst durchgeführte Blutuntersuchungen die Liquidation vornahm.

Seit Dezember 2007 werden die Chefarztrechnungen der R. K. gGmbH durch die Firma U. C.-A.-S. GmbH (U.) durchgeführt. Auf einem ihm von U. zugesandten Erhebungsbogen gab der Kläger an, dass er u. a. für die Laborleistungen, Blutgruppenbestimmungen und Kreuzproben liquidationsberechtigt sei. Auf Grundlage dieser Informationen fertigte U.fortan die Patientenabrechnungen. Aufgrund einer Patientenbeschwerde stellte sich heraus, dass es zu doppelten Abrechnungen von Leistungen des Blutlabors in P. gekommen ist. Sowohl auf den Abrechnungen des Dr. H., dem die Blutdepots und Labore für das Transfusionswesen unterstehen, als auch auf den Abrechnungen des Klägers waren die Leistungen aufgeführt.

Die Beklagte nahm dies zum Anlass, dem Kläger Abrechnungsbetrug vorzuwerfen und kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 03.06.2008 fristlos.

Am 12.06.2008 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die außerordentliche Kündigung vom 03.06.2008, zugegangen am 05.06.2008, nicht aufgelöst worden ist. Für den Fall des Obsiegens mit diesem Antrag hat er beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihn zu den im Arbeitsvertrag vom 17.12.1985 geregelten Arbeitsbedingungen als "Chefarzt der Anästhesie- und Intensivbehandlungsabteilung" bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.11.2008 (Blatt 84 ff d. A.) den Anträgen des Klägers entsprochen. Hiergegen hat die Beklagte am 22.12.2008 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 20.02.2009 begründet.

Auf den Zwangsgeldantrag des Klägers vom 12.12.2008 (Blatt 98 d. A.) hat das Arbeitsgericht am 14.01.2009 gegen den Beklagten ein Zwangsgeld von 6.250,-- EUR, im Nichtbeitreibungsfall zwei Tage Zwangshaft für den Landrat, festgesetzt, weil der Beklagte der durch Urteil vom 17.11.2008 auferlegten Verpflichtung, den Kläger weiter zu beschäftigen, nicht nachgekommen sei.

Gegen diesen ihr am 20.01.2009 zugestellten Beschluss hat der Beklagte am 03.02.2009 sofortige Beschwerde eingelegt.

Der Beklagte behauptet, die Weiterbeschäftigung des Klägers sei ihm nicht möglich. Er, der Beklagte, verfüge seit Jahren nicht mehr über eine Anästhesie- und Intensivbehandlungsabteilung. Eine Verpflichtung zur Gewährleistung eines Einsatzes des Klägers bei den R. K. gGmbH im Rahmen einer Personalgestellung sei weder beantragt noch vom Arbeitsgericht tenoriert worden. Hinzu komme, dass der Weiterbeschäftigungstitel keinen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweise. Es dürfe nicht erst im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens geklärt werden, zu welchen genauen Arbeitsbedingungen die Weiterbeschäftigung erfolgen solle. In Ziffer 2 des Urteils vom 17.11.2008 fehle jeder Hinweis auf eine Weiterbeschäftigung im Rahmen der Personalgestellung bei der R. K. gGmbH. Auch sei nicht tenoriert worden, an welchem konkreten Ort die Weiterbeschäftigung zu erfolgen habe. Schließlich sei der konkrete zeitliche Umfang der Weiterbeschäftigung nicht tenoriert.

Der Beklagte beantragt,

1. der Beschluss des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 14.01.2009 - Az. 1 Ca 1003 b/08 - wird aufgehoben.

2. Der Antrag nach § 888 ZPO wird zurückgewiesen.

3. Die Vollstreckung aus Ziffer 2 des Urteils des Arbeitsgerichts Elmshorn vom 17.11.2008 - 1 Ca 1003 b/08 - wird bis zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde ausgesetzt.

Der Kläger beantragt,

die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Er meint, der hiesige Schuldner, der Beklagte, sei faktisch mit der R. K. gGmbH gleichzusetzen. Der Beklagte habe nicht vorgetragen, warum entgegen der jahrelangen Praxis der Kläger auf der weiterhin vorhandenen Stelle des Chefarztes der Anästhesie- und der Intensivbehandlungsabteilung bei den Kliniken des Kreises in privater Rechtsform nicht mehr eingesetzt werden könne. Der Titel, der die Verpflichtung des Beklagten zur Beschäftigung des Klägers ausspricht, sei auch vollstreckungsfähig.

Das Arbeitsgericht hat der sofortigen Beschwerde des Beklagten nicht abgeholfen und die Sache dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft und form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

1. Der in Rede stehende Anspruch auf Weiterbeschäftigung im gekündigten Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist kann nur durch Verhängung von Zwangsmitteln nach § 888 ZPO vollstreckt werden. Denn der Weiterbeschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers richtet sich immer auf eine unvertretbare Handlung des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber muss eine Mitwirkungshandlung (Zuweisung eines Arbeitsplatzes) erbringen (vgl. nur LAG Berlin 14.06.2001 - 9 Ta 998/01 -).

2. Entgegen der Ansicht des Beklagten hat der Titel, der die Verpflichtung zur Beschäftigung des Klägers ausspricht, einen vollstreckungsfähigen Inhalt. Die Zwangsvollstreckung setzt voraus, dass der Titel hinreichend bestimmt ist und aus ihm die wesentlichen Arbeitsbedingungen entnommen werden können (LAG Schleswig-Holstein 06.01.1987 - 6 Ta 157/86 - NZA 1987, 322). Der Titel, durch den der Arbeitgeber verurteilt wird, den Arbeitnehmer zu den in einem bestimmten Vertrag geregelten Arbeitsbedingungen weiter zu beschäftigen, genügt dem Bestimmtheitserfordernis. Das gilt jedenfalls dann, wenn die wesentlichen Arbeitsbedingungen aus dem Tatbestand oder den Entscheidungsgründen des Urteils hervorgehen. Erst wenn eine Auslegung nicht möglich ist, ist der Titel mangels Bestimmtheit für die Vollstreckung untauglich (LAG Hamm 21.11.1989 - 7 Ta 475/89 -). Im vorliegenden Fall kommt hinzu, dass der Beklagte nicht nur zu einer vertragsgemäßen Beschäftigung des Klägers verurteilt worden ist, sondern dass die Weiterbeschäftigung als "Chefarzt der Anästhesie- und Intensivbehandlungsabteilung" ausdrücklich in dem Tenor aufgenommen worden ist. Somit ist die Tätigkeit, auf die sich der Weiterbeschäftigungsanspruch bezieht, präzise beschrieben und bezeichnet sogar den Einsatzort. Aus dem Tatbestand und den Entscheidungsgründen des arbeitsgerichtlichen Urteils wird ferner deutlich, dass die Weiterbeschäftigung auf der vom Kläger zuletzt innegehabten Stelle im Krankenhaus in W. erfolgen soll. Über die ausdrückliche Nennung des Arbeitsvertrags im Tenor ergibt sich ferner, dass es um eine Vollzeittätigkeit geht. Der gesonderten Angabe einer täglichen, wöchentlichen oder monatlichen Arbeitszeit bedurfte es deshalb im Tenor nicht.

3. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann sich der Beklagte nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihm die Weiterbeschäftigung des Klägers objektiv unmöglich sei. Im Ausgangspunkt zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass die Vollstreckung unzulässig ist, wenn dem Arbeitgeber die Beschäftigung des Arbeitnehmers zu den ursprünglichen Arbeitsbedingungen nicht mehr möglich ist (vgl. nur LAG Hamm 29.08.1984 - 1 Ta 207/84 -; LAG Berlin 14.06.2002 - 9 Ta 998/01 -; LAG Schleswig-Holstein 11.12.2003 - 2 Ta 257/03 -). Ist dem Arbeitgeber die Beschäftigung des Arbeitnehmers objektiv unmöglich, etwa weil der Arbeitsplatz inzwischen aufgrund einer Organisationsentscheidung des Arbeitgebers weggefallen oder anderweitig besetzt ist, so hängt die Vornahme der geschuldeten Handlung nicht mehr allein vom Willen des Arbeitgebers ab. Unmöglichkeit liegt auch dann vor, wenn die Beschäftigung des Arbeitnehmers von der Mitwirkung eines Dritten abhängt, der diese aber verweigert (LAG Berlin 06.06.1986 - 9 Ta 6/86 - zum Hausverbot). In diesen Fällen scheidet eine Vollstreckung aus. Voraussetzung ist aber, dass der zur Weiterbeschäftigung verurteilte Arbeitgeber substantiiert darlegt, warum ihm die Beschäftigung des Arbeitnehmers objektiv unmöglich ist. Denn die Unmöglichkeit der Leistungserbringung stellt einen Einwand dar, für dessen tatsächliche Voraussetzungen der Schuldner in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtig ist (LAG Düsseldorf 08.10.1998 - 7 Ta 313/98 -; LAG Schleswig-Holstein 11.12.2003 - 2 Ta 257/03 -).

Der Beklagte hat die objektive Unmöglichkeit der Weiterbeschäftigung des Klägers nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Er kann sich nicht darauf berufen, er verfüge über keine Anästhesie- und Intensivbehandlungsabteilung. Bereits seit dem Jahr 2004 beschäftigt der Beklagte den Kläger nicht mehr auf einer eigenen Anästhesie- und Intensivbehandlungsabteilung, sondern setzt den Kläger als Chefarzt einer solchen Abteilung bei der R. K. gGmbH ein. Dort besteht der Arbeitsplatz unverändert fort. Der Beklagte hat nicht dargelegt, warum ein Einsatz des Klägers auf eben diesem Arbeitsplatz nicht mehr möglich sein soll. Der Beklagte hat insbesondere nicht behauptet, dass und aus welchem Grund sich die R. K. gGmbH nunmehr weigern, an der Beschäftigung des Klägers mitzuwirken. Schon wegen der 100%igen Beherrschung der Gesellschafterversammlung der R. K. gGmbH durch den Beklagten hätte es näherer Ausführungen dazu bedurft, was einer weiteren Personalgestellung des Klägers entgegensteht.

III.

Die Beschwerde ist daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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